Den Park von Haus Lerbach verdankt Bergisch Gladbach vor allem zwei Berlinern: Die „Schloss“-Herrin Anna Zanders und der Gartengestalter Albert Brodersen teilten vor gut 100 Jahren ihre Garten- und Naturliebe und schufen in Bergisch Gladbach ein grünes Refugium, das in seinen Grundzügen nach wie vor erkennbar ist – und mit der Sanierung von Schloss Lerbach wieder zur Blüte gebracht wird.

Albert Brodersen und Anna Zanders gestalteten von 1898/99 bis 1910 gemeinsam den Park Haus Lerbach und sie teilten ihre Garten- und Naturliebe. Anna Zanders wuchs zwar in der Großstadt Berlin auf, liebte aber die Natur mehr als die Stadt. Die Neugestaltung des Parkgeländes lag ihr sehr am Herzen.

Anna Zanders in den 30er Jahren. Foto: „Lobpreis der Weiblichkeit“ S.37 Hrsg. Stiftung Zanders

Anna Zanders war passionierte Gärtnerin und stets sprach sie mit Wärme von ihrem Park. Im Park-Wald kannte sie jeden Baum, so berichteten ihre Gäste. Sie selbst pflanzte Bäume und verpflanzte aber auch große, ausgewachsene Bäume. „Die Axt ist das wichtigste Gerät des Gärtners“ oder „Man muss dicht pflanzen und dann durchforsten“, so soll sie sich öfters in punkto Parkpflege geäußert haben.

Ihren straffen Arbeitsalltag begann sie morgens früh mit einem ausgedehnten Rundgang durch den Park. Danach tauschte sie sich regelmäßig sowohl mit ihren Gärtnern als auch mit ihrem Parkgestalter A. Brodersen aus.

Die erörterten Aufgaben hielt sie in Kladden fest. Eine Notiz von August 1930 lautet z. B.: „Östlich vom Gartenhaus eine Fliedergruppe gepflanzt, großen trockenen Nussbaum geschlagen, zwei neue Pflanzen rechts vom „Milchweg“ im kleinen Waldstück Sträucher und Bäume geschlagen“ oder von Juli 1932 „Erdbeeren in den Sorten König Albert und Sankt Joseferdbeeren sind zu pflanzen“.       

Der Umbau des Parks als Lebensaufgabe                                                                                                                                                           

Richard mit seiner Mutter Maria Zanders (um 1885). Quelle: Beatrice Busjan/Yvonne Groß: Anna Siemens und Hertha Siemens, hrsg. von der Werner-Siemens-Stiftung Ch-Zug, Schwerin 2020

Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes Richard 1906 tat ihr der Park und die Leitung des Guts gemäß ihrer eigenen Aussage in dieser schweren Zeit gut und brachten ihr „wohltuende Ablenkung“.

Um den Park-Umbau, der für sie zur Lebensaufgabe wurde, kümmerte sie sich nun alleine. Bis zu ihrem 81. Lebensjahr kurz vor Ihrem Tod 1939, so berichtete ihre Schwester Hertha, war sie mit Verbesserungen in ihrem Park beschäftigt.

Im Park halfen ihr eine Vielzahl an erfahrenen Gärtnern. Bis 1910 hatte sie den Gartengestalter Albert Brodersen an ihrer Seite, wobei Brodersen sich an den Grundsatz hielt, das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden.

Französische Birnen und deutsche Äpfel

Dies kam Anna Zanders gelegen und gemeinsam legten sie den Nutzgarten, den Obst- und Gemüsegarten an, geometrisch angelegt und mit Natursteinmauern terrassiert. Die Terrassierung glich die bestehenden Höhenunterscheide in dieser Gartenpartie aus. Ab 1906 wuchsen hier viele verschiedene Apfel und -Birnbäume.

Bei den Birnen wählte Anna Zanders gerne französische Sorten aus wie „Gute Luise“ (seit 1778 kultiviert) „Alexander Lucas“ (Züchtung von 1874) oder „Gräfin von Paris“ (1889 in einer frz. Gartenfachzeitschrift vorgestellt).  

Bei den Äpfeln bevorzugte sie regionale Sorten u.a. „Boskop“, „Ontario“ (1922 von der „Deutschen Obstbau-Gesellschaft empfohlen), „Freiherr von Berlepsch“, „Rheinische Winterrambur“.

Vegetarierin mit Selbstversorgung

Anna Zanders war überzeugte Vegetarierin und versorgte sich mit frischem Gemüse und Obst aus ihrem hauseigenen Garten. Das Obst, neben Äpfeln und Birnen unter anderem Pflaumen, Reineclauden (spezielle meist grüne Mirabellensorte), Pfirsiche und Kirschen verwendete man zum direkten Verzehr, Einmachen, Saften und Backen. In der Nähe des Gemüsebeets befanden sich die Kräuterbeete, die von hochstämmigen Beerensträuchern eingerahmt waren

Es gab einen Walnussbaum in der Mitte eines kleinen Rondells und ein Maulbeerbaum am Eingang zum Wirtschaftsbereich, zu dem die Gewächshäuser für Wein, das Gärtnerhaus und der Geräteschuppen zählten.

Direkt vor dem Turm steht der Ginko. Foto: Thomas Merkenich

Im Gärtnerhaus wurden die Blumen für die Terrassenbeete gezogen und in der Arbeitshalle überwinterten die Kübelpflanzen. Der mächtige Ginko Baum am Haupteingang in der Nähe des Turms stammt, so sagt man, von Albert Brodersen. 

Anna Zanders hatte oft Gäste in Haus Lerbach, die auch den Park schätzten. Ihr häufiger Gast Friedrich Paulsen mochte besonders die frühmorgendliche friedliche Stimmung im Park. Er schrieb in den 30er-Jahren u.a.: 

„Der Garten war 40 Jahre lang Gegenstand sorgsamer Pflege. Er lag in einem Tal, das ein nicht eben wasser-reicher Bach durchzog, ein Teich war von jeher aufgestaut, einen zweiten hatte man im vergangenen Jahr auf einer feuchten und wenig ertragreichen Wiese angelegt“. 

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Viele stellten und stellen sich die Frage, warum Anna Zanders ausgerechnet einen Landschaftsgärtner aus Berlin mit der Parkumgestaltung beauftragte, der übrigens nach Anna Zanders „den Park sehr einfühlsam gestaltete“.

Eine Bekanntschaft aus Berlin

Anna Zanders kannte Albert Brodersens deutschlandweiten guten Ruf. Sie begegnete Brodersen aber auch auf dem Berliner Gut Biesdorf ihres Bruders Wilhelm von Siemens. Wilhelm von Siemens zog 1888 mit seiner Familie nach Biesdorf, dessen Gutspark Albert Brodersen ebenfalls in einen englischen Landschaftsgarten umwandelte.

Biesdorf befand sich bereits länger im Besitz der Familie von Siemens und war Mittelpunkt für gesellige Treffen, Gartengesellschaften und Familienfeiern, an denen auch Anna Zanders teilnahm. In einem Brief vom 24.05.1889 erwähnte ihre Schwester Herta Harries Anna gegenüber eine solche Gartenfeier in Biesdorf, zu denen auch Albert Brodersen häufig eingeladen war.

Zur Person: Anna Zanders wurde 1858 als Tochter des Erfinders Werner von Siemens in Berlin geboren. 1887 heiratete sie Richard Zanders. Von ihrer Mitgift kaufte das Paar das Anwesen in Lerbach, riss die alte Burg ab und baute Haus Lerbach. Mit ihrem Mann begann sich 1897 den Bau der Gartensiedlung Gronauerwald. Richard Zanders starb 1906, Anna Zanders überlebte ihn um 33 Jahre.

Zwei „Zwitscherkisten“ erinnern in der Gartensiedlung an Anna und Richard Zanders.

Am regelmäßig stattfindenden „Kreativen Netzwerk“, in dem es um die Belange von Biesdorf ging, nahmen sowohl Albert Brodersen als auch Anna Zanders teil. Dies belegt eine der erhaltenden Teilnahmelisten.

Eine weitere Verbindung zu Haus Lerbach besteht darin, dass Brodersen mit Gabriel von Seidl, dem Architekten von Haus Lerbach, gut bekannt war. Ludwig Bopp, Seidels Bauleiter von Haus Lerbach, entwarf übrigens 1902 für Gut Biesdorf das Beamten-Wohnhaus mit sechs Mitarbeiterwohnungen und erbaute auf Empfehlung Anna Zanders 1904 das Obergärtnerhaus im Park von Biesdorf. 

Versierter Landschaftsgärtner und Gartenkünstler

Albert Brodersen. Gemälde von Max Liebermann. Foto: Heimatmuseum Hohenweststedt

Als Anna Zanders Albert Brodersen beauftragte war er als Landschaftsgärtner selbstständig. Seit 1894 mit 37 Jahren (16.11. 1857 geboren) betrieb er zusammen mit seinem Schwager Gustav Körner die Landschaftsgärtnerei seines Schwiegervaters. Diese Landschaftsgärtnerei „Körner & Brodersen“ gestaltete seinerzeit über zwanzig Parkanlagen und Villengärten unter anderem im Rheinland, in Berlin, im heutigen Polen und am Wannsee, dort z. B. den Villenpark des Malers Max Liebermann.

Alfred Lichtwerk, Direktor der Hamburger Kunsthalle, bemerkte Liebermann gegenüber, dass Brodersen „ein Landschaftsgestalter sei, dem es Spaß mache Probleme zu wälzen und aus dem Zeichnen ins Bauen zu kommen“. 

Man schätzte also A. Brodersen als sehr versierten Landschaftsgärtner, der sich im Gartenbau exzellent auskannte, und der die bestehende Schönheit einer Landschaft dazu nutzte, diese in seinen Parkgestaltungen sichtbar zu machen. 

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Brodersen veröffentlichte im damals einflussreichen Magazin „Die Gartenkunst“ und vergrößerte somit sein Renommee. 1910 verfasste er hier einen Artikel zum Park Haus Lerbach. Brodersen beschrieb, dass im Lerbacher Park von 1898 -1910 immer wieder viel an Gehölzen und Pflanzen verändert wurde. Große Bodenmodellierungen waren erforderlich, so setzte er fort, um einen geeigneten Bauplatz erstellen zu können.

Der alten Burg fehlte die Aussicht – sie musste weichen

Da die alte Burg am Weiher wenig Ausblick in die Umgebung des Parks bot, wurde diese daher in Form eines Landsitzes an anderer Stelle erhöht errichtet und zwar um neun Meter; „mit einer herrlichen Fernsicht“ wie Brodersen bemerkte.

Pflanzungen umschlossen zur Zeit der Parkentstehung eine Wiese und das Landhaus (später als Schloss bezeichnet) hatte gemäß Brodersen einen zentralen Einfluss auf die Umgebung der Landschaft. Brodersen beendete seinen Bericht wie folgt: „Bei der Betrachtung der Parkbilder wird erkannt werden, dass die gute Wirkung von Haus und Park erreicht wurde durch die sorgsame Rücksichtnahme auf vorhandene alte Bäume“.

In seiner „Skizze zum Englischen Gärten“ (1899 ebenfalls im Magazin „Gartenkunst“ veröffentlicht) äußerte er sich sowohl zu Englischen als auch zu deutschen Parks. Im Winter hielt er die Englischen für „mannigfaltiger und freundlicher auf Grund der Anpflanzung vieler immergrüner Pflanzen“.

Erkunden Sie mit unserer Panoramatour Schloss Lerbach von innen und außen. Ein Doppelklick öffnet und schließt die volle Ansicht, mit der besten Wirkung auf einem größeren Bildschirm, auf dem Handy im Querformat. Sie können über die blauen Punkte und die Navigation oben verschiedene Perspektiven ansteuern. Sie können die Ansicht drehen, Details heranzoomen. Hinter den roten Symbolen finden Sie Texte, historische und aktuelle Fotos. Manche Infos sind ein wenig versteckt. Die Aufnahmen wurden im Frühjahr 2023 gemacht.

Die deutschen Gartenkünstler kritisierte er, dass diese „zu einseitig in eine bestimmte Richtung, nur nach einer Schule“ agierten. In Deutschland, so Brodersen, würden zu wenig Gartenkünstler „Schule machen“ d.h. „solche Werke zu schaffen, denen man nacheifert“.

Eine Schullandschaft war für Brodersen eine Musterlandschaft, „in dem alles harmonisch zusammenstimmt und deren Schönheitsgefühl stark entwickelt ist“. Brodersen lehnte Parkgestalter ab, die Pflanzen ohne Rücksicht auf die Umgebung anordneten und ohne die Gesamtwirkung eines Parks zu berücksichtigen.

Brodersen stammte nicht wie viele seiner Gärtnerkollegen, z. B. Peter Lenne, aus einer Gärtnerdynastie. Er musste sich sein fundiertes Fachwissen erst an Hand vielschichtiger Ausbildungen erwerben. Er absolvierte unter anderen Ausbildungen 1874-1846 am „Königlichen Pomologischen Institut in Proskau/ Schlesien, in renommierten Gärtnereien wie in der „Eichbornschen“ Gärtnerei in Breslau, der „Dannemannschen Handelsgärtnerei“ in Görlitz, den Berliner Gärtnereien „August Borsig“ oder „Schütt“. 1884 bestand er sein Examen als Königlicher Obergärtner im Potsdamer Wildpark. Zahlreiche Studienreisen nach England, Italien, Frankreich, Wien, Moskau oder Budapest vervollständigten seine Qualifizierung als Landschaftsgärtner.

Seine Bekanntheit, sein guter Ruf und seine Verdienste um den deutschen Gartenbau verhalfen ihm 1909 zum Titel als Königlicher Gartendirektor. 1910 berief man ihn zum städtischen Gartendirektor der Reichhauptstadt Berlin. Im Nachruf im Magazin „Die Gartenwelt“ (24.01.1930, Berlin, Nr.4, S.56) zu seinem Tode 1930 lobte man ihn als Gartenkünstler „mit einem klaren Blick für die gegebene Schönheit eines Geländes und der wusste, diese mit einfachen Mitteln in geschicktester Weise zu nutzen und zu steigern.“ Der Verfasser dieses Nachrufes Prof. E. Barth würdigte ihn als einen Menschen mit einem großen Herzen, Kinderlieb, humorvoll, hilfsbereit und ein Familienmensch.

Anna Zanders und Albert Brodersen verband in ihrer gemeinsamen Parkgestaltung die Liebe zum natürlich gestalteten Garten. Beide besaßen diesen Blick für die bestehende Landschaft. Sie schufen gemeinsam dieses grüne Refugium, den Park Haus Lerbach. 


Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag ist der vierte einer sechsteilige Serie, in der wir Zeitzeugen zu Wort kommen lassen, den Schöpfern dieses englischen Landschaftsgarten nachgehen und uns ganz besonders mit der Gestalterin Anna Zanders beschäftigen und historische Fotos zeigen werden. Den ersten Teil der Serie unter dem Titel „Den Park von Schloss Lerbach wieder entdecken“ finden Sie hier. Im zweiten Teil schildern Augenzeugen, welche Erinnerungen sie mit dem Park verbinden. In der dritten Folge ging es um die Frage, was den Park als Landschaftspark im englischen Stil qualifiziert.


Die Autorin Annette Voigt ist eine Kennerin des Gartenstil des englischen Landschaftsgartens, Autorin des Buches „Gartennatur im Stil eines englischen Landschaftsgartens“, Freizeitgärtnerin, ehrenamtliche Helferin in den historischen Parks zu Wörlitz und zu Branitz und Veranstalterin von Bildvorträgen. Sie recherchiert seit längerem zur Geschichte des Parks Haus Lerbach. Die Ergebnisse stellt sie nun in dieser Serie vor.

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2 Kommentare

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  1. Ob wir das Schoss und den Park jemals wieder so schön erleben werden/dürfen/können?