Mit dem Begriff „Schloss Lerbach“ verbinden die Bergisch Gladbacher den weitläufigen Park fast noch mehr als das eigentliche Gebäude von Haus Lerbach. Unsere Autorin Annette Voigt hat Zeitzeugen getroffen, die diesen Park über viele Jahrzehnten kennen und lieben gelernt hatten. Einheimische Spaziergänger, Architekten, Besucher der Familie Zanders und auch der letzte Eigentümer aus der Familie erinnern sich.
Ecevit Cakmak erinnert sich gut an die Spaziergänge mit seinem kleinen Sohn durch den Park-Wald. Östlich vorbei am Gutverwaltungshaus über die Oberheidkamper Straße gab es einen direkten Zugang. Über den kleinen Wald gelangte er mit seiner Familie in den Park. An der Grenze zum östlichen Teil des Parks an der großen Trauerweide, deren Zweige tief runterhingen, hielten sie immer an. Hier spielte der Sohn so gerne.
„Es erschien uns im Park wie in einer anderen Welt, irgendwie eine Kunstwelt,“ erinnert sich Cakmak. Der Spaziergang führte am Teich vorbei und weiße, später auch schwarze Schwäne glitten vorbei. Eine der Schwäne wurde von einem Hund totgebissen und das war ein Skandal bei den Bergisch Gladbachern.
Die Hotelgäste auf der Terrasse, das war eine Parallelwelt und weit weg von den Spaziergängern. „Der Park-Teil, den wir besuchten, wirkte ruhig und sehr gepflegt. Eine richtige Sonntagsnachmittagserholung“, schwärmt Herr Cakmak noch Jahre später. An das Familienspektakel „das Goldene Ei“ erinnert er sich gut, „unglaublich viel Trubel, die Leute kamen von überall her, das war total bekannt“.
Der Park war für die Bergisch Gladbacher immer ein Ort der Erholung und Freizeitbeschäftigung. Hier ging man wie Herr Cakmak spazieren, besuchte den Weihnachtsmarkt, sammelte wie Herr Frings Maronen oder pflückte Blumen, war wie Herr Frohn und Herr Koch beruflich unterwegs, spielte wie Herr von Siemens im Park, besuchte zu den prominenten Lerbacher Musiktagen Open -Air-Konzerte mit Jazz und Klassik, nahm an einem Fotowettbewerb teil oder machte ein Picknick mit vorher bei Sternekoch Müller gekauften Picknickkörben.
Zur bekannten Osteraktion „das Goldene Ei“ trafen sich besonders viele Gladbacher zur Eiersuche. 1400 nummerierte Eier versprachen lukrative Preise. Das Goldene Ei war mit einem Wert von 500 Euro der Höhepunkt dieses Spektakels und lockte Besucher von weit her an. Ganz wie zu Anna Zanders Zeiten, die im Park u.a. Konzerte, Lesungen und Familientreffen veranstaltete.
Wilhelm Frings weiß von vielen schönen Erlebnissen im Park zu berichten. Er zog 1985 nach Bergisch Gladbach und seitdem war der Park „ein beliebtes Nahziel für Spaziergänge“. Er und seine Frau wählten den Zugang über den Wald, der automatisch zum Park führte.
Frings ist begeisterter Hobbyfotograf und fand hier immer seine schönsten Motive wie die Silhouette des Schlosses, die sich im Teich spiegelte, die üppig blühenden Rosenstämme am Herrensitz oder die alten Bäume mit ihren knorrigen Rinden und gefurchten Stämmen. „Besonders die Farbenpracht im Herbst beeindruckte mich sehr.“
Im vergangenen Jahr sammelte er hier noch Maronen und pflückte seitlich vom Schloss auf einer Wiese einen Strauß mit Schneeglöckchen. „Mein Lieblingsbaum, eine Buche, steht leicht gekrümmt links oberhalb im Park und an ihrem Fuß lehnt eine kleine Holzbank mit der Inschrift „TREES.“
Mit einem Rundgang um den Teich herum beendete das Ehepaar seine Park-Spaziergänge. „Mit dem Park waren im Grunde so etwas wie Rituale verbunden“, sagt Frings. Besucher nahmen die Frings auch immer mit nach Haus Lerbach. „Der Park mit seiner Ausstrahlung zog die Leute einfach an.“
Frings erinnert sich auch an einen schmalen kleinen Pfad vorbei an einem zweiten Teich zum alten Gasthaus Schwäke, den es schon lange nicht mehr gibt. Zu seinem sechzigsten Geburtstag 1997 bekam er eine Ballonfahrt geschenkt, die im Park Lerbach startete. „Der Ausblick über die Baumwipfel war einfach wunderbar“, so schwärmt er noch heute.
Der letzte Vertreter der Familie
Henrik von Siemens kam 1974 mit 14 Jahren nach Bergisch Gladbach und wuchs hier auf. Anna Zanders ist die Großtante seines Vaters Wendelin von Siemens, also Henriks von Siemens Ur-Großtante. „Im Park von Haus Lerbach war ich oft spielen. Hier bauten wir Brücken über den Fluss und picknickten auf den Wiesen. Der Park war ein einziges großes Abenteuer und ein toller Spielplatz. Wir haben aber nie hier gewohnt,“ erzählt von Siemens.
Von Siemens Vater besuchte oft seine Großtante Anna, besonders häufig zu Ostern. Er erzählte seinem Sohn Henrik später, dass er als Junge im Park oft mit einem kleinen Boot über den Teich ruderte. Die Familie seines Onkels war ebenfalls oft in Haus Lerbach zu Gast und übernachtete dann meistens im Parkwächterhaus, dem Gästehaus der Familie.
„Die uralten Bäume im Park aus der Entstehungszeit um 1900 wie die Hängerotbuche, die Grünbuche oder der Ginko machen diesen Park so einzigartig, so charmant. Der Park ist ein kleiner Schatz“, betont Henrik von Siemens – der bis zum Verkauf zur letzten Erben-Generation gehört hatte.
„Es ist uns wichtig Haus Lerbach, in gute Hände gegeben zu haben. An Menschen, die besonders pfleglich mit dem Park umgehen, damit sich die Bergisch Gladbacher Bevölkerung daran weiterhin erfreuen kann,“ sagt von Siemens. Er selbst hält sich jetzt wieder öfter in Bergisch Gladbach auf: „Je mehr Zeit ich hier verbringe, desto besser gefällt mir diese Stadt. Es ist eine Art späte Freude.“
Stadt Bergisch Gladbach ist Großwaldbesitzer
36 Hektar Land hatte die Stadt von der Papierfabrik Zanders übernommen. Jetzt kommen rund 240 Hektar von der Familie von Siemens dazu. Im Gegensatz zur Industriebrache können diese Flächen in der Regel nicht bebaut oder vermarktet werden, das Potenzial für die Stadt ist dennoch groß. Ökologisch und ökonomisch. Neben Wäldern, Wiesen und Äcker in Sand und Heidkamp rund um Schloss Lerbach gehören auch einige FNP-Flächen dazu.
Der Förster
Helmut Frohn, war von 1981 bis 2013 Förster unter anderem im Lerbacher Wald und im Park-Wald, der an das Herrenhaus nördlich angrenzt. „Der Park war schön und sehr abwechslungsreich. Es gab eine Harmonie im Park, in der Bäume, Blumen und Wald rundherum eine Einheit bildeten,“ berichtet Frohe. „Für mich war Haus Lerbach eine Herzensangelegenheit, denn hier konnte ich in Absprache mit der Eigentümerfamilie Wald und Park naturgemäß bewirtschaften und erhalten sowie die Großzügigkeit dieser Parkanlage betonen und bewahren.“
Damals waren die Türflügel am Pförtnerhaus immer weit geöffnet und auch die Hotelterrasse stand jedem offen. Der damalige Hoteldirektor bat ihn ab und zu, die Gäste durch Wald und Park zu führen und dies wurde immer sehr gerne angenommen, erzählt Frohn.
„Der Park ist ständig Veränderungen unterworfen, die die Natur hervorruft. Auch die beste Pflege- und Erhaltungsmaßnahme nähert sich somit nur bedingt dem ursprünglichen Park an, die dennoch zum Schutz und Erhalt unbedingt nötig ist“, bemerkt der Fachmann. „Der Park wirkte keinesfalls verwahrlost. Wer heutzutage behauptet, dass seit Ende der 80er Jahre nichts mehr für den Erhalt des Parks getan wurde, der irrt absolut“.
Der Architekt
Ralph Koch hat als junger Architekt vor Inbetriebnahme des Hotels in den 90 er-Jahren an den Sanierungsarbeiten des Herren und des -Gärtnerhauses (am äußeren Rand des Parks gelegen) mitgewirkt. „Das ganze Ensemble, also das Herrenhaus mit seinen Anbauten, war für mich prägend und das Sanierungsprojekt war ein sehr schönes Projekt, denn es war kein „0 acht 15“-Projekt, sagt Koch heute.
Bis zu dieser Zeit kannte er Haus Lerbach allenfalls aus der TV-Sendung Forstinspektor Buchholz. Haus Lerbach hinterließ bei Herrn Koch einen bleibenden Eindruck und auch noch heute interessiert er sich dafür, was aus Haus Lerbach im Laufe der Jahre so wurde und werden wird. „Haus Lerbach hat Kultcharakter.“
Bei seiner Arbeit war Haus Lerbach, die Bauten und der Park, für den Architekten etwas ganz Besonderes. Er erinnert sich an Gespräche mit Frau von Siemens, die hier wohnte und die ihm viel über die bewegte Geschichte von Haus Lerbach erzählte.
Das alte Gemäuer mit seinem eigenen Charakter und wie der Park angelegt war, das sprach Koch sehr an. „Es führte eine lange Anfahrt zum Herrenhaus hinauf und ich fühlte mich regelrecht empfangen.“ Damals gab es im Park viele Events wie z. B. das großes RTL- Betriebsfest mit einer großen Bühne mitten im Teich und über das Parkgelände verstreut Lautsprecher und Lampen oder eine italienische Opernnacht mit Feuerwerk und großem Buffet der Althoffgruppe.
„Haus Lerbach ist ein Kleinod, ein Objekt, das behutsam wieder auf die Beine gestellt werden muss, denn es ist historisch gewachsen,“ bilanziert Koch.
Schloss Lerbach wird 2026 ein Dorint-Hotel
Nach Sanierung und Ausbau soll Schloss Lerbach 2026 als Vier-Sterne-Superior Dorint Hotel wieder seine Türen öffnen. Die Kölner Hotel-Kette hat für den Betrieb bereits sehr konkret Pläne, vom 140-Plätze-Restaurant und einem Bankett-Bereich bis hin zum Weinkeller.
Zeitzeugen in der Literatur
Es wurde auch viel über Haus Lerbach geschrieben. Diese Autoren sind ebenfalls Zeitzeugen, die in ihren Artikeln und Publikationen festhalten, wie sie Haus Lerbach erlebten. Die folgenden Veröffentlichungen erschienen alle im Rheinisch Bergischen Kalender.
Marie Luise Mettlach, Autorin und Heimatforscherin, erinnert sich: „Auf meinem Weg zum Restaurant strahlte der Park immer eine gewisse Ruhe aus und wechselte wiederholt seine Perspektiven“. Für sie ist und war Haus Lerbach „die Perle des Bergischen Landes“. „Haus Lerbach gehörte auf jeden Fall zu den rund 25 Schlössern und Burgen im Bergischen Land dazu“, über die ich damals schrieb, begründet Frau Mettlach ihre Reportage über Haus Lerbach von 1992 („Vom Rittersitz zum Gourmet Tempel Schloss Lerbach“, Rheinisch Bergischer Kalender).
Ursula Schmidt-Goertz schrieb 1968 den Beitrag „Europäisches Haus in bergischer Au, zwischen Vergangenheit und Zukunft zu Zeiten des Gustav-Stresemann-Instituts“. „Besonders eindrucksvoll zeigt sich der von Jahr zu Jahr schöner werdende Park. Wer das einst verwilderte Gelände noch in Erinnerung hat, erfreut sich an der gepflegten Landschaft mit Waldwegen, Putten, Weiher, die von draußen eingesehen werden kann, auch wenn der Park für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich ist“, so die Autorin.
Jochen Hild erkannte 1969 in seinem Artikel „Park von Haus Lerbach – ein Landschaftsgarten“„ein Nebeneinander von italienischen, französischen und englischen Stilelementen, die sich mit modernen Elementen der Gartenkunst vermischten, wobei Sträucher und Bäume in ihrer Vielfalt und vielen seltenen Arten den Park zu etwas Besonderem machten“.
Der Park war für den Biologen und Landschaftsökologen „ein echtes Kleinod der bergischen Landschaft“ „Diese Natur mit ihren Schönheiten sollte noch lange in seiner Abgeschiedenheit und Verträumtheit erhalten bleiben“, so wünschte es sich Hild bereits vor über 50 Jahren.
Sabine Kuhnle verfasste 1992 den Artikel „Eine Kostbarkeit: Landschaftsgarten im englischen Stil“. Sie bezeichnet Haus Lerbach als „ein Juwel der Landschaftsarchitektur im Rheinisch-Bergischen Kreis“. „In diesem Garten bot die Umgebung wie Wald, Geländemodellierungen, Teiche, Viehweiden ideale Voraussetzung“, betonte sie.
Viele Stimmungen ergaben sich gemäß ihrer Beobachtung beim „Durchschreiten“ des Parks bei den Parkbesuchern. Offene Wiesenräume mit Blumen und einzelne Bäumen wirkten auf die Landschaftsarchitektin, die 1988 ihre Diplomarbeit über Erhalt und Wiederherstellung des Parks verfasste heiter, Nadelgehölze düster und Teich und Bachlauf belebend. „Diese Vielfalt an Eindrücken macht den Park Lerbach attraktiv“.
Erkunden Sie mit unserer Panoramatour Schloss Lerbach von innen und außen. Ein Doppelklick öffnet und schließt die volle Ansicht, mit der besten Wirkung auf einem größeren Bildschirm, auf dem Handy im Querformat. Sie können über die blauen Punkte und die Navigation oben verschiedene Perspektiven ansteuern. Sie können die Ansicht drehen, Details heranzoomen. Hinter den roten Symbolen finden Sie Texte, historische und aktuelle Fotos. Manche Infos sind ein wenig versteckt. Die Aufnahmen wurden im Frühjahr 2023 gemacht.
Friedrich Paulsen schilderte schon Ende der 1930er Jahre auf zwölf Schreibmaschinenseiten seine regelmäßigen Besuche bei Anna Zanders. Sein Bericht befindet sich heute im Nachlass von Anna Zanders. Er lernte sie im Sommer 1930 bei einer Studienfahrt der Gesellschaft zur Erhaltung deutscher Burgen auf der Donau kennen.
Paulsen mochte den Park Lerbach und empfand diesen als Paradies für Vögel. „Anna Zanders sprach mit Wärme von ihrem Park und kannte im anschließenden Wald jeden Baum“. „Der Garten war 40 Jahre lang Gegenstand sorgsamer Pflege. Er lag in einem Tal, das ein nicht eben wasserreicher Bach durchzog, ein Teich war von jeher aufgestaut, einen zweiten hatte man im vergangenen Jahr auf einer feuchten und wenig ertragreichen Wiese angelegt“, schrieb Paulsen.
„Wir führten viele Gespräche meistens im kleinen Pavillon, während sich chinesische Enten auf dem Teich tummelten“. Beide, so endet Herrn Paulsens Erzählung, „gingen danach durch den Garten in das herrliche Grün des Parks hinein“.
Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag ist der zweite einer sechsteilige Serie, in der wir Zeitzeugen zu Wort kommen lassen, den Schöpfern dieses englischen Landschaftsgarten nachgehen und uns ganz besonders mit der Gestalterin Anna Zanders beschäftigen und historische Fotos zeigen werden. Den ersten Teil der Serie unter dem Titel „Den Park von Schloss Lerbach wieder entdecken“ finden Sie hier.
Die Autorin Annette Voigt ist eine Kennerin des Gartenstil des englischen Landschaftsgartens, Autorin des Buches „Gartennatur im Stil eines englischen Landschaftsgartens“, Freizeitgärtnerin, ehrenamtliche Helferin in den historischen Parks zu Wörlitz und zu Branitz und Veranstalterin von Bildvorträgen. Sie recherchiert seit längerem zur Geschichte des Parks Haus Lerbach. Die Ergebnisse stellt sie nun in dieser Serie vor.