Bei den Stadtwerken in Aachen und Schwäbisch Hall macht sich Unmut über Bergisch Gladbach breit. Gerne hätten die beiden aufstrebenden Energieunternehmen mit der Strundestadt neue Stadtwerke gegründet und dem Platzhirsch RheinEnergie Paroli geboten. Doch läuft nun es darauf hinaus, dass Bergisch Gladbach gar keine Stadtwerke gründet, sondern das Angebot der RheinEnergie annimmt, 49,9 Prozent der Belkaw zu attraktiven Konditionen zurückzukaufen.
Dass sie in dem komplizierten Bieterverfahren verloren haben, müssten die Stadtwerke wohl oder übel akzeptieren. Doch zumindest eines der beiden Unternehmen vermutet faules Spiel, mit dem die Stadtverwaltung Bergisch Gladbach so nicht durchkommen dürfte. „Spätestens im Konzessionsverfahren kann denen das ganz schnell um die Ohren fliegen”, sagt ein Stadtwerke-Manager, der Einblick in die Verhandlungen hatte, namentlich aber nicht genannt werden darf.
Sein Vorwurf: Im Gegenzug für das hoch dotierte Angebot der RheinEnergie an die Stadt Bergisch Gladbach gibt es eine stillschweigende Übereinkunft, dass das künftige Gemeinschaftsunternehmen Belkaw/Bergisch Gladbach auch bei der folgenden Konzessionsvergabe zum Zug kommt. „Das wäre eine Koppelung, die eindeutig verboten ist”, wettert der Strommanager.
Bürgermeister Lutz Urbach hält dagegen: „Wir haben sehr gute Fachleute auf unserer Seite, haben uns bei jedem Schritt gegen jede Eventualität abgesichert. Wenn jemand klagen will, ist das sein gutes Recht – aber ich mache mir da keine großen Sorgen.”
Ein Thema, zwei rechtlich strikt getrennte Verfahren
Allerdings, in der öffentlichen Debatte über das ohnehin hochkomplexe Thema war untergegangen, dass es bei der Neuordnung der Energieversorgung um zwei sachlich eng verbundene, rechtlich aber separate Dinge geht. Um den Einstieg der Stadt Bergisch Gladbach ins Energiegeschäft einerseits, um die Neuvergabe der Konzession andererseits:
- Auslöser der Aktivität war die Tatsache, dass Ende 2014 die Konzession der Belkaw ausläuft. Hinter dem Begriff „Konzession” verbirgt sich das Recht, städtischen Grund und Boden für Strom-, Gas- und Wasserleitungen zu nutzen, dafür wird eine Abgabe fällig. Sollte ein anderes Unternehmen die Konzession erlangen, müsste es sich mit der Belkaw über die Übergabe der Stomnetze einigen, gleichzeitig aber auch anderen Anbietern die Durchleitung von Strom erlauben.
- Im Vordergrund stand bislang die Frage, in welcher Form sich Bergisch Gladbach am Energiegeschäft beteiligt: als Eigentümerin neuer Stadtwerke gemeinsam mit einem externen Partner – oder als Teilhaber der Belkaw. Diese Frage ist zwar noch nicht politisch entschieden, aber Urbach gibt ein klares Votum für die Belkaw ab. Als Argument führt er neben den finanziellen Vorteilen an, dass die Belkaw bereits über Kunden und Netze verfügt. Nur läuft die Konzession bald ab.
Daher ist es kein Zufall, dass beide Verfahren in Bergisch Gladbach als Einheit betrachtet worden sind. Es macht ja keinen Sinn, dass sich die Stadt in der Hoffnung auf satte Gewinne für knapp 80 Millionen Euro bei der Belkaw einkauft, die Konzession für die Stromdurchleitung dann aber an ein ganz anderes Unternehmen geht.
Theoretisch wäre das möglich, räumt Bürgermeister Urbach ein. Aber: „Wir haben natürlich ein Interesse daran, dass die Konzession am Ende da landet, wo wir uns engagieren.” Allerdings habe die Stadt auch Vorsorge getragen für den Fall, dass es anders ausgeht.
Lesen Sie mehr, diskutieren Sie mit: Urbach plädiert für Rückkauf der Belkaw Was Sie über die Neugründung von Stadtwerken wissen müssen Stadtwerke: Rechnung ohne die Bürger Debatte zum Thema auf der iGL-Facebookseite
Aus der Sicht der (voraussichtlich) unterlegenen Stadtwerke in Aachen oder Schwäbisch Hall sieht die Sachlage jedoch etwas anders aus. Einerseits haben sie nach wie vor das Gefühl, in dem Verhandlungspoker genutzt worden zu sein, um das Angebot der RheinEnergie in die Höhe zu treiben. Diesen Unmut hatte Stawag-Chef Christian Becker bereits öffentlich geäußert.
Bei der Konzession entscheidet nicht das höchste Angebot
Darüber hinaus kritisieren sie vor allem, dass mit der Entscheidung über die Beteiligung an der Belkaw auch schon die Konzessionsvergabe vor-entschieden sei – und dass sich die RheinEnergie diesen Schritt durch eine finanzielle Leistung in Form der hohen Garantiedividende erkauft hat. Urbach hatte selbst angekündigt, dass er sich daraus einen jährlichen Gewinn von zwei bis vier Millionen Euro pro Jahr verspreche.
Ein direkte oder indirekte Zahlung für die Konzession ist jedoch verboten. Denn die Konzession gewinnt nicht, wie man eigentlich vermuten könnte, wer das höchste Angebot macht. Sondern allein qualitative Kriterien wie Effizienz und Versorgungssicherheit geben den Ausschlag; für die Abgabe selbst gibt eindeutige Obergrenzen. Erst im Dezember 2013 hatte der Bundesgerichtshof die Konzessionsvergabe von 26 Gemeinden in Schleswig Holstein für ungültig erklärt, weil sie bei einem nicht vollständig transparenten Verfahren private Anbieter benachteiligt hätten.
Die nächsten 4500 Seiten starke Schriftsätze drohen
Koppelgeschäfte sind rechtswidrig. Das weiß eines der beiden beteiligten Stadtwerke ganz genau – denn es hatte diesen Weg selbst erwogen und ein Gutachten dazu eingeholt. Die Juristen stellen darin aber klar: die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises für einen Anteil an gemeinsamen „Stadtwerken Bergisch Gladbach” zugunsten der Stadtkasse sei ein Verstoß gegen die Konzessionsabgabenverordnung.
Diesen rechtswidrigen Weg gehen zu wollen unterstellt man nun dem Duo Stadtverwaltung/Belkaw. Zwar zahlt in diesem Fall die Belkaw keinen Kaufpreis an die Stadt, sondern umgekehrt kauft die Stadt einen Anteil. Aber die hohe Garantiedividende von angeblich 5,3 Prozent könnte eine solche überhöhte Leistung sein.
Eine Klage von einem der Stadtwerke ist eher unwahrscheinlich, schließlich befinden sie sich selbst in der Hand von Kommunen.
Dennoch wird das Energiethema Bergisch Gladbach noch eine Weile erhalten bleiben. Denn die Konzessionsvergabe wird kein Klacks. In Stuttgart, wo ein solches Verfahren zur Zeit läuft, haben die Bewerber gerade 4500 Seiten starke Schriftsätze eingereicht. Bergisch Gladbach hat zwar schon vor mehr als einem Jahr vorsorglich um Interessensbekundungen gebeten – aber dieses Verfahren steht laut Urbach noch ganz am Anfang – und am Ende soll der Stadtrat entscheiden.
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