Die potentiellen neuen Gewerbeflächen im Gewerbekonzept liegen fast alle im Süden und Osten. Quelle: Gewerbekonzept GL

Quelle: Gewerbekonzept GL

Für den unbefangenen Betrachter sind es nur zwei kleine Streifen auf der Karte, für viele Bürger im Süden Bensbergs jedoch ein zwei ganz besondere Stückchen Erde: Die Flurstücke mit den Nummer 10 und 11 auf dieser Karte nördlich der A4 bezeichnen im Gewerbekonzept der Stadt Bergisch Gladbach potenzielle Gewerbeflächen – für viele Bensberger sind es jedoch sehr wichtige Grünflächen in „ihrem” Königsforst, für deren Unberührtheit sie kämpfen werden.

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Das wurde am Donnerstagabend bei einer Bürgerversammlung der Stadtverwaltung im Ratssaal des Bensberger Rathauses deutlich. Die Stadtverwaltung wollte über das „Integrierte Handlungskonzept Bensberg” reden und sich dabei ausschließlich auf das Zentrum und Bockenberg in den Blick nehmen. (Den Bericht über die Ergebnisse zum Integrierten Handlungskonzept finden Sie hier.)

Ein großer Teil der deutlich über 350 Teilnehmer wollte jedoch über die Gefahr von Gewerbeflächen im Königsforst reden. In den Ratssaal gebracht hatte sie ein Flugblatt ohne Verfasserangabe, das aus einem Beitrag der Bürgerinitiative Moitzfeld-Herkenrath zitiert. Die hat sich gegen ein mögliches Gewerbegebiet Voislöhe aufgestellt, hat aber auch ein waches Auge bei dem gesamten Thema. In dem Beitrag heißt es:

Der Tagesordnungspunkt im Flächennutzungsplan-Ausschuss am 2.12. 2015 (pdf) las sich ganz harmlos „Mengengerüst Flächennutzungsplan“ – aber dahinter steckte eine Bombe, die die Verwaltung für die weitere Gewerbeflächenplanung platzen ließ.
Die Pläne für die zahlreichen strittigen Gewerbegebietsplanungen entstammen einem Gutachten (dem „Gewerbekonzept“), dass davon ausging, dass 20 Hektar neue Gewerbeflächen gebraucht werden. Stattdessen hat Stadtbaurat Schmickler am 2.12.2015 die Politik nun dazu gedrängt, als Grundlage für den neuen Flächennutzungsplan 55 Hektar neue Gewerbeflächen auszuweisen.
Das heißt aber, es wird nicht nur um Voislöhe und die anderen bereits diskutierten Gewerbegebiete gehen, sondern noch um viele weitere Gewerbeflächen bei uns hier „im Grünen“. Falls diese Pläne umgesetzt werden würde das dazu führen, dass nicht nur Voislöhe, sondern auch viele weitere Freiraumflächen für immer verloren wären.

„Der Königsforst gehört zu Bensberg”

Darüber, so die energisch vorgetragene Forderung einiger Teilnehmer der Bürgerversammlung am Donnerstag, müsse an jetzt und hier reden. „Der Königsforst gehört zu Bensberg, da können Sie jetzt nicht ausweichen”, lautete die Forderung, die mit viel Applaus bedacht wurde.

Doch Bürgermeister Lutz Urbach blieb hart und setzte sein Thema durch. Über die Gewerbeflächen werde man reden, „aber nicht hier und nicht jetzt”, sondern im Rahmen der Beratungen des neuen Flächennutzungsplans.

Konsternierte Gesichter: Baurat Stephan Schmickler, Moderator Hartmut Welters, Planungschef Wolfgang Honecker, Bürgermeister Lutz Urbach. Foto: Helga Niekammer

Konsternierte Gesichter: Baurat Stephan Schmickler, Moderator Hartmut Welters, Planungschef Wolfgang Honecker, Bürgermeister Lutz Urbach. Foto: Helga Niekammer

Wer tatsächlich hinter dem Flugblatt steht, blieb bislang offen. Weder die Vertreter der Bürgerinitiative Moitzfeld-Herkenrath noch andere engagierte Bürger aus dem Bereich konnten sich am Freitag darauf einen Reim machen. Einige Ratsmitglieder und alteingesessene Bensberger Bürger wissen Bescheid, wollen aber keine Namen nennen, solange sich die Akteure nicht selbst zu Wort melden.

Eine neue Graswurzelbewegung

Unabhängig davon bildet sich aber schon eine weitere Graswurzelbewegung heraus. Auf Facebook riefen einzelne Personen dazu auf, sich zu informieren und Widerstand zu leisten. So heißt es:

In meinen Augen war es förmlich zu spüren, dass die Gewerbeansiedlung im Naturschutzgebiet schon beschlossene Sache ist. Ich bitte alle interessierte Bensberger hier sofort eine Bürgerinitiative zu gründen um hier alle rechtlichen Möglichkeiten auszuloten um diesen geplanten Alleingang der Stadtverwaltung unter Ausschluss der Bürger durchzuführen.”

Eine andere Person erinnert daran, dass es ja nicht der erste Versuch sei, diese Flächen im Königsforst für Gewerbeflächen zu nutzen; eine Bürgerinitiative „Interessensgemeinschaft Bensberg Süd” hatte sich dagegen mit Erfolg gewehrt – und auch die Naturschutzverbände seien bereits alarmiert.

Naturschützer sind präpariert

Nach diesen Informationen gehören die Gebiete nach dem Freiraumkonzeptkarten aus dem Jahre 2012 zum Ausläufer der „Bergischen Heideterrasse”, bildeten ein besonders schützeneswertes Biotop und als Fauna-Flora-Habitat-Zone einen Puffer zum Königsforst. Die Person schreibt:

Als Anwohnerin kenne ich den hohen Freizeitwert dieses Waldgebietes und weiß von viele Kindergärten, die diesen Bereich intensiv nutzen. Desweiteren ist es Lärm- und Immissionschutzzone für das gesamte Gebiet, eine Rodung würde nicht nur die Wohnqualität enorm verschlechtern, sondern auch die Immobilienwerte.”

Flächennutzungsplan-Verfahren sieht viel Bürgerbeteiligung vor

Nach Angaben von Lennart Höring, Ratsmitglied der CDU, Vorsitzender des Stadtentwicklungs- und Planungsausschusses sowie Bensberger, wird das Verfahren für den Flächennutzungsplan offiziell in einer Sondersitzung mehrere Ausschüsse am 30. August gestartet. Im Moment werde ein Vorentwurf erarbeitet, der im Herbst in einer „frühzeitigen Bürgerbeteiligung mit verschiedenen Beteiligungsformen (offene Bürgerversammlung, geschlossene Expertenrunden etc.)” gehen werde.

Bis Sommer 2017 werde der finale Plan erstellt, erneut öffentlich eingebracht und wiederum ein Jahr in der Offenlage diskutiert. Das gesamte Verfahren und der Zeitplan sind auf der Internetseite der Stadtverwaltung abrufbar. Termine für die Bürgerbeteiligung stehen noch nicht fest, werden aber frühzeitig bekannt gegeben.

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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