Baurat Harald Flügge mit dem Vorentwurf für den Flächennutzungsplan

Baurat Harald Flügge mit dem Vorentwurf für den Flächennutzungsplan

Aussagen von Stadtbaurat Flügge im Bürgerportal-Interview stoßen auf Widerspruch. Benno Nudig, Vertreter der Initiative Im Aehlemaar in Schildgen bezieht die Gegenposition – und wirft in einem offenen Brief sieben Fragen auf.

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Offener Brief an Herrn Harald Flügge,
erster Beigeordneter der Stadt Bergisch Gladbach und Baurat

Sehr geehrter Herr Flügge,

Mit Befremden habe ich den Artikel „Harald Flügge weist Kritik an Flächennutzungsplan ab” gelesen.

Ihrer Meinung nach fehle vielen Gegnern noch immer das Verständnis, was Ziele und Verfahren eines Flächennutzungsplans tatsächlich seien. „Ein F-Plan ist ein Möglichkeitsmacher.”

Harald Flügge weist Kritik an Flächennutzungsplan ab

Aber gerade dagegen wehren wir uns ja. Der Vorentwurf des FNP ermöglicht Bebauung in Gebieten, die z.B. verkehrstechnisch völlig ungeeignet sind. Oder es wird eine Bebauung in wichtigen Grünzügen geplant, obwohl im Vorentwurf selbst eine Bebauung dieser Grünzüge ausgeschlossen wird.

Frage 1: Warum soll es möglich gemacht werden, Gebiete als Wohnbauland neu auszuweisen, wenn diese Gebiete ungeeignet sind?

Bedenken bezüglich der Verkehrssituation tun sie damit ab, dass es nicht die Aufgabe des FNP sei zu klären, wie die neuen Flächen an das Verkehrsnetz angeschlossen werden sollen. Das Mobilitätskonzept ist aber durchaus Bestandteil der offengelegten Unterlagen zum Flächennutzungsplan (Vorentwurf S. 7). Die Kapitel 3.6  „Mobilität” und 3.7 „Verkehrsprognose” behandeln dieses Thema. Und der Vorentwurf bestätigt die Bedenken: „Die Kapazitäten des Straßennetzes stoßen auf den Hauptverkehrsachsen zwischen den großen Ortsteilen an ihre Grenzen.”

Herr Flügge, sie weisen die detaillierte Kritik vieler Bürgerinitiativen zurück:  „Offenbar hätten viele der Gegner den Plan nicht genau studiert”. Es ist interessant, dass sie jetzt schon die Einwände inhaltlich beurteilen können. Ihre Mitarbeiter sind noch damit beschäftigt, die Stellungnahmen zu zählen und in Listen einzutragen. Man weiß nicht einmal, wie viele unterschiedliche Stellungnahmen es tatsächlich sind. Erst im nächsten Schritt werden die Stellungnahmen vom beauftragten externen Büro Post Welters ausgewertet. Dies wird wohl Monate dauern. Sie können aber angeblich jetzt schon die Kritik beurteilen.

Dass jetzt schon durch die Verwaltung eine Priorisierung der möglichen Wohngebiete stattfindet ohne dass die Auswertung des Stadtplanungsbüro Post Welters abgewartet wird, spricht für sich.

3400 Unterschriften in Schildgen und Katterbach zu FNP

Wir haben die Bewertung der Potenzialflächen Sc 16a Sc 16b und Sc 16c in Schildgen geprüft. Wenn sie schon die Zeit gefunden haben, sich mit unserer Kritik so detailliert auseinanderzusetzen, bitte ich um die Beantwortung folgender Fragen zu den Steckbriefen dieser Potenzialflächen:

Frage 2: Bitte nennen sie eine Kindertagesstätte in 300m Entfernung zu den Potenzialflächen, die freie Kapazitäten hat.

Frage 3: Wie verläuft der Weg von den Potenzialflächen zur Gemeinschaftsgrundschule Schildgen, Concordiaweg oder zur Grundschule Katterbach, der nur 600m beträgt.

Frage 4: Welche direkt angebundene Straße ist leistungsstark?

Frage 5: Wo verlaufen in 250m Entfernung 2 Buslinien?

Frage 6: Warum führt die Einstufung als sehr schützenswerter Boden nicht in die Bewertungskategorie durchschnittlich bis hohe Umweltrelevanz (s. Definition Steckbrief S. 5)?

Frage 7: Warum werden die Gebiete als im Freiraumkonzept ausgewiesene Kaltluftentstehungsgebiete, z.T. mit Funktion als Luftleitbahn nicht in die Bewertungskategorie durchschnittlich bis hohe Umweltrelevanz eingestuft (s. Definition Steckbrief S. 5)?

Frage 8: Laut Steckbrief s. 4 gilt: So führt zum Beispiel eine unzureichende Erschließung, die in der Regel mit einer Zusatzbelastung vorhandener Wohngebiete einhergeht, zu einer Abwertung der Flächenbewertung. Warum geht die zusätzliche Lärmbelastung der Anwohner z.B. auf der Voiswinkeler Straße (jetzt schon L-den 55 bis 65 dB(A)) nicht in die Bewertung ein?

Ich wehre mich entschieden gegen ihren Vorwurf, wir würden Bürger instrumentalisieren und nicht unvoreingenommen informieren. Unsere Kritik am FNP war stets sachlich und angemessen.

Erschreckend ist, welches Bild sie von den Kritikern des Vorentwurfes zeichnen. Viele hätten den Plan nicht genau studiert und es fehle das Verständnis, was Ziele und Verfahren eines Flächennutzungsplans tatsächlich seien. Wenn sie unsere Stellungnahmen und Einwände gelesen hätten könnten sie nicht zu einem solchen Urteil kommen.

Dabei könnte es für die Verwaltung so hilfreich sein, das Wissen alt eingesessener Bürger zu nutzen. Stattdessen wirken sie nur genervt von der Kritik der Bürger, die angeblich keine Ahnung haben und sich nicht ausreichend informieren.

Hier kann ich nur dazu raten, das Integrierte Stadtentwicklungskonzept Bergisch Gladbach – ISEK 2030 hervorzuholen und ab S. 96 zu lesen. Dort werden zwei Handlungsszenarien gegenübergestellt, der „passive Rückzug“, der auf die Verliererseite führt und die Strategie „Aktive Stadtentwicklung im Dialog“.

Der passive Rückzug wird wie folgt beschrieben: „Das Szenario „Passiver Rückzug“ beschreibt eine Entwicklungsperspektive, in der Stadtentwicklungsplanung von einem klassischen Rollenverständnis der Verwaltung geprägt wird und die leeren Kassen zu einer ausschließlichen Konzentration auf die elementaren Pflichtaufgaben der Kommune führen … . Die Beteiligungskultur konzentriert sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Pflichtbeteiligung in Planungsverfahren. Die Ausweisung neuer Bauflächen für Wohnen und Gewerbe mit geringen Qualitätsvorgaben wird als zentrales und einfaches Mittel der Stadtentwicklungspolitik eingesetzt, um neue Bewohnerinnen und Bewohner sowie Unternehmen anzulocken … .”

Ihre Äußerungen lassen befürchten, dass sie eher auf die Strategie „passiver Rückzug” setzen.

Ich erwarte mit Spannung die Beantwortung meiner Fragen. Nach ihren Äußerungen in diesem Artikel wird es nicht leicht sein, das Vertrauen in ihre Arbeit wiederherzustellen. Zeigen sie, dass die Bürgerbeteiligung für sie nicht nur eine lästige Pflichterfüllung ist und dass sie bereit sind, den Vorentwurf des FNP wirklich kritisch zu prüfen.

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Jahrgang 1962, in Schildgen aufgewachsen, verheiratet, Vater von 4 erwachsenen Töchtern und Großvater eines Enkelsohnes. Medizinstudium in Köln. Assistenzarzttätigkeit in den Bereichen Innere Medizin, Psychiatrie und Frauenheilkunde. Leitender Oberarzt an der Frauenklinik des EVK und betreut dort...

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1 Kommentar

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  1. Vielen Dank für Ihren offenen Brief! Spricht mir sehr aus der Seele. Besonders der Hinweis auf das äußerst lesenswerte ISEK 2030 war sehr wertvoll!!! Die Szenarien S. 96 ff. sollte sich jeder mal durchlesen. Beeindruckend, wie weit sich der jetzt vorliegende Entwurf des FNP sich von diesen Empfehlungen entfernt.
    Warum hat man nicht das Planungsbüro, das das ISEK erarbeitet hat, mit dem Entwurf des FNP bauftragt? Die haben sich doch schon eingehend und erfolgreich im Auftrag der Stadt mit der ganzen Materie beschäftigt. Und mit dem ISEK waren doch alle einverstanden, oder?