Die Pandemie stellt seit einem Jahr unser Leben auf den Kopf, mit mehr oder weniger einschneidenden Wirkungen. Wir lassen Bergisch Gladbacher:innen zu Wort kommen, die ihr Leben in der Pandemie beschreiben. In dieser Folge berichet Jörg Zbick aus dem Innenleben der GFO Klinken Rhein-Berg.
Was für ein Jahr. Am 26. März 2020 wurde in den GFO Kliniken Rhein-Berg der erste Patient mit einer Corona-Infektion nachgewiesen. Seitdem ist viel passiert. Wir haben zusammen geackert, gehofft und manchmal auch gebetet.
Gerade ganz zu Beginn der Pandemie, die Bilder aus Italien im Kopf, war die Situation geprägt von Angst, und auch Panik. Eigentlich kein Wunder, denn als Krisen-Manager sind wir alle nicht ausgebildet, weder die Pflegenden oder die Ärzte noch die Mitarbeiter:innen der Technik und der Verwaltung.
In diesen Tagen jährt sich unser Kampf gegen die Pandemie. Und bei all dem, was wir in dieser Zeit erlebt haben, darf man durchaus von Kampf reden. Werden wir genügend Schutzausrüstung bekommen und taugt die was?
Hinweis der Redaktion: Jörg Zbick ist Pressesprecher der GFO Kliniken Rhein-Berg. Zu diesem Klinikverbund mit Sitz in Olpe gehören das Marien-Krankenhaus, das Vinzenz-Pallotti-Hospital und das Reha-Zentrum Reuterstraße.
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Die 1. Welle: TV-Bilder, Sorgen, Dampf im Kessel
Im TV sehen wir Menschen in Komplettanzügen, die Übergänge mit Panzerband umwickelt, dazu ein Schutzhelm mit Vollvisier. Wir tragen Schutzkittel, Maske, Brille und Häubchen. Dabei immer die Bilder von Menschen vor Augen, die mittlerweile weltweit auf den Krankenhausfluren liegen und nur unzureichend versorgt werden können.
Werden wir die Lage bei uns kontrollieren, wenn die erste Welle auf uns zurollt? Anfangs gab es große Probleme bei der Bestellung der Schutzausrüstung und der Tests. Das allein führte schon zu großer Unsicherheit. Dazu die bangen Fragen: Werden wir glimpflich davonkommen? Wie schaffe ich es mich selbst nicht anzustecken? Wie schütze ich meine Liebsten zuhause?
Die schnell einberufene Task Force in den GFO Kliniken Rhein-Berg hatte von Anfang an alle Hände voll zu tun. Ständig ändernde Vorgaben, neue Falldefinitionen, aktualisierte Risikogebiete und dazu die teils kontrovers geführten Diskussionen über das richtige Vorgehen in unseren Kliniken sorgten für ordentlich „Dampf im Kessel“.

Die Phase der Unsicherheit und des Lernens
In dieser Phase mussten wir extrem flexibel reagieren und dies auch intern kommunizieren. Aber nicht nur organisatorisch, sondern auch pflegerisch und medizinisch musste oft spontan entschieden und gehandelt werden. Patienten mit einem anfangs leichten Verdacht verschlechterten sich plötzlich, einige verstarben. Es gab kein Schema, das man hätte anwenden können.
Eine Pflegende berichtet das so: „Oft waren wir die Einzigen, die die letzte Reise begleiteten, da die Angehörigen Angst hatten sich anzustecken. Wir haben die Verstorbenen in Leichensäcke in die Prosektur gefahren und den Reißverschluss über das Gesicht geschlossen. In solchen Situation gab es nur Gespräch mit den Kollegen, keine tröstende Umarmung. Als Pflegende auf einer Covid-Station wird man auch privat gemieden, selbst die Freunde der eigenen Kinder gehen auf Distanz, weil deren Eltern den Kontakt nicht erlauben.“
Die 2. Welle: an der Belastungsgrenze
Mit der zweiten Welle ab November hat sich die belastende Situation noch einmal deutlich verstärkt. Es gab teils massive Ausfälle bei der Pflege wegen Krankheit oder Quarantäne. Patienten wurden zunehmend angespannter und unsicherer, ob es der richtige Zeitpunkt für ihre OP sei.
In all diesen Krisensituationen wurde schnell klar, auf wen man sich verlassen kann, wer sich aktiv einbringt und konstruktiv an Lösungen mitarbeitet. Oder eben auch nicht. So haben sich über das Jahr hinweg starke Teams gebildet, berufs-, klinik- hierarchieübergreifend.
In der Task Force sind sich die Kliniken so nahe gekommen wie nie zuvor. Die einheitlichen Konzepte, aber auch die Notwendigkeit, sich abzustimmen, haben uns zusammenwachsen lassen. Ein besonders gelungenes Beispiel ist die Arbeit des Impfteams, hier spürte man deutlich, das ging Hand in Hand.
Ein weiteres ist die Mithilfe aller bei der Besetzung der Abstrichpunkte, die Einbindung der Reha Reuterstrasse, die Arbeit an den Screening-Point und die Unterstützung der Mitarbeiter bei der Umsetzung des Besucherkonzepts. Bei all dem waren starke Nerven und viel Fleiß gefragt.

Viele Hände greifen ineinander
Unsere Häuser wurden räumlich komplett umgekrempelt. Ad hoc entstanden neue Wegeleitsysteme, Ausweichräume, Schutzvorrichtungen und später dann sogar ein kleines Impfzentrum für unsere Mitarbeiter.
Ohne unsere Technik wäre das nicht möglich gewesen. Dank der IT und der Personalabteilung wurde die wichtige Digitalisierung mit Vollgas vorangetrieben und mit viel Aufwand das Arbeiten im Homeoffice ermöglicht. „Hört mich jemand?“
Die Krisen-PR lief zu Stoßzeiten nahezu rund um die Uhr. Die Öffentlichkeit wurde zeitnah und umfänglich informiert, die Presse hat neutral über uns berichtet.
Und immer wieder ganz weit vorne mit dabei unsere Hygienefachkräfte. Mit klaren Statements aus Olpe, stets ansprechbar und kompetent hier in Rhein-Berg.
Unsere Verantwortlichen haben – wie es sich gehört – Präsenz gezeigt und schlichtweg einen guten Job gemacht, egal ob Pflegedirektion, Ärztliche Direktion, Seelsorge, Geschäftsführung, Mitarbeitervertretung, Ethikkomitee, Qualitätsmanagement, Belegungsmanagement und viele andere mehr.

Die 3. Welle: Gemeinsam schaffen wir das
Gerade zu Beginn der Pandemie schien es so, dass jeder hier alles möglich machen und seinen Beitrag leisten wollte, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. So haben unsere Patienten und vor allem auch die Besucher, für die die Situation oft extrem belastend war, uns sehr gut unterstützt.
Liebe Bürger aus Rhein-Berg, vielen Dank für das Verständnis und die Mithilfe bei der Bewältigung der Pandemie in den GFO Kliniken Rhein-Berg. Weiter so, dann schaffen wir gemeinsam auch die dritte Welle!
Das alles hat uns gut getan. Das Einzige was wirklich immer fehlte, war Zeit zum Handeln. Alles musste schnell und situativ geregelt werden. Da war es sehr hilfreich, dass wir innerhalb unseres Trägers, der Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe, sehr gut vernetzt sind, aber auch in der Region über sehr gute Kontakte verfügen, wie zu den Behörden in Rhein-Berg, Gesundheitsamt, Feuerwehr und dem Krisenstab.
Mit vielen Aufgaben, Meinungen, Entscheidungen und noch mehr Emotionen hat uns Corona in diesem Jahr konfrontiert. Vieles davon war Neuland für uns und hat unterm Strich sehr gut geklappt. Sicher, es war eine große Kraftanstrengung. Aber manche Dinge wurden dabei auch einfach besser und haben sich weiterentwickelt. Ja, wir haben das gut hinbekommen. Bravo! Was für ein Jahr.
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