Die Radfahrer-Demos der Kidical Mass sind in Schildgen und Rösrath auf eine sehr große Resonanz gestoßen. Viele Kinder und ihre Eltern machten sich damit für sichere Schulwege stark. Und eine stärkere Berücksichtigung des Radverkehrs bei geplanten Umbauten in Schildgen.
In Schildgen haben am Sonntagnachmittag fast 400 Teilnehmer der Kidical Mass kurzzeitig den Ortskern des Stadtteils eingenommen und für ein mittleres Verkehrschaos gesorgt. Die Fahrraddemo für Kinder und Eltern setzt sich für sichere Schulwege ein.
„Sicherheit und Eigenständigkeit auf dem Schulweg sind heute für Grundschüler keine Selbstverständlichkeit mehr“, sagt Sprecher Henning Schmitz vom Organisationsteam der Kidical Mass. „Vor 35 Jahren konnte ich im 2. Schuljahr problemlos alleine zur Schule laufen. Heute bringen die Eltern ihre Kinder mit dem Auto, weil sie Angst haben ihre Kinder alleine über die Hauptstraßen laufen zu lassen.“
Man wolle den Druck auf die Politik erhöhen, endlich auch die Sicherheit von Kindern und Radfahrern bei der Gesetzgebung zu berücksichtigen. Dies werde im Verkehrsministerium nach wie vor verschlafen, so Schmitz.
„400 Teilnehmer sind ein starkes Mandat für den Stadtrat, bei der anstehenden Umgestaltung des Schildgener Ortskerns den Interessen besonders der jungen Radfahrer einen hohen Stellenwert einzuräumen“, erklärt Bernd Beckermann vom ADFC.
Ein Signal an die Politik
Es ginge aber nicht nur um ein Signal an die Politik, ergänzt Schmitz, „sondern auch darum, sicheres Fahrradfahren für die Kinder und auch die Eltern erlebbar zu machen.“ Dadurch solle das Fahrrad als Alternative zum Elterntaxi wieder ins Bewusstsein gerufen und eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster aufgebrochen werden.
Das gelang, als sich der lange und bunt geschmückte Tross mit einem Klingelkonzert über die Altenberger-Dom-Straße schob und mitten im Ortszentrum alle Kinder noch einmal anhalten ließ, um die Fahrbahn mit bunter Kreide zu bemalen. Autofahrer waren von den langen Rückstaus wenig begeistert, aber sie sind es gewohnt.
Die jungen und alten Fahrradfahrer machten ihre Forderungen unbeirrt sichtbar: viele bunte Fahrräder zierten die Fahrbahn, ein Plakat forderte eine Fahrradstraße für Schildgen.

Polizei begleitet die Demo in Rösrath
Auch in Rösrath fand am Sonntag erstmals die bunte Fahrrad-Demo Kidical Mass statt und hat ganz offensichtlich den Nerv der Zeit getroffen. Fast 400 Radfahrer:innen allen Alters kamen um 15 Uhr zum Sülztalplatz und übertrafen damit die Erwartungen der Veranstalter:innen von „Rösrath Velo City“ bei Weitem.
Zentrales Motto der Demonstration ist die Forderung nach besseren und vor allem sichereren Fahrradwegen nicht nur für Schülerinnen und Schüler.
Von der Polizei gesichert setzte sich der Tross über die Scharrenbroicher Straße in Bewegung und fuhr anschließend über die Sülztalstraße und die Hauptstraße nach Hoffnungsthal zur Abschlusskundgebung auf dem Schulhof der GGS Hoffnungsthal.
Bei der Abschlusskundgebung in Hoffnungsthal konnten die Kinder den Schulhof mit Kreide bemalen und ihre Verbesserungsvorschläge auf den ausgehängten Stadtplänen direkt eintragen.
Die friedliche und fröhliche Prozession sendet ein klares Signal an die Rösrather Politik, dass es auch bei uns jede Menge Menschen gibt, die gerne besser mit dem Fahrrad unterwegs sein möchten.
Veranstalter-Team restlos begeistert
Die Veranstalterin Silke Klemm meinte: „Ich war ganz überwältigt, dass wir auf so viel Resonanz gestoßen sind. Das hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Offenbar haben wir hier den Nerv der Zeit getroffen.“
Johannes Thies: „Für uns war das erst der Auftakt. Wir bleiben weiter am Ball und werden uns für bessere Bedingungen für die aktiven Verkehre und damit auch für die Aufenthaltsqualität in der Stadt einsetzen.“
Mit dieser ersten Kidical Mass wird Rösrath zudem Teil einer großen Bewegung, die an diesem Aktionswochenende über 130 Veranstaltungen in ganz Deutschland zählte. Rösrath Velo City bedankt sich bei ADFC und Polizei RheinBerg für die Unterstützung bei Vorbereitung und Durchführung.
400 zu Rad in Schildgen, 400 in Rösrath – wow!
Damit ist der alte Spruch „Aber bei uns im Ort gibt’s ja gar keine Radfahrer!“ eindrucksvoll widerlegt.
Auch im Alltag wären viel mehr Menschen per Fahrrad unterwegs, wenn sie sich dabei nicht permanent (real oder gefühlt) in Lebensgefahr begeben müssten. Gelegenheitsradler werden abgeschreckt, auch unter der Woche mit dem Rad zur Arbeit und zum Einkaufen zu fahren. Und Eltern haben Angst, ihre Kinder zur Schule oder zu Freunden fahren zu lassen. Was nicht nur zu vielen vermeidbaren Autofahrten (und damit weiterer Gefährdung von Schüler:innen) führt, sondern auch die eigenständige Entwicklung von Kindern hemmt.
Das ist kein Naturgesetz, sondern die Folge jahrzehntelange verfehlter Verkehrspolitik, die einseitig auf das Auto gesetzt hat. Wenn es gelingt, das zu korrigieren, werden Viele auf Fahrrad und ÖPNV umsteigen – mit dem erfreulichen Nebeneffekt, dass die Straßen ruhiger werden und der verbleibende KFZ-Verkehr flüssiger rollt.
Das ganze Palaver um sichere Radwege sind blauer Dunst.
Solange Eltern Ihren Kindern nicht vorleben wie es gehen muß (auch in der Freizeit) kann es nicht funktionieren.
Wir bekommen es tagtäglich an einer Hauptverkehrsstraße mit. Es wird auf der falschen Seite gefahren, Eltern fahren voraus mit dem Handy vor’m Gesicht und lassen Kleinkinder aus den Augen. Fehlende Beleuchtung in der Dämmerung ist ebenso ein Thema.
„Nur sollten im gleichen Atemzug die jugendlichen bis erwachsenen Radfahrer aufgefordert werden, endlich Vorbild für die Kinder zu sein. “
Sehr richtig, Herr Havermann. Ergänzen Sie jetzt noch Radfahrer mit Autofahrer und Fußgänger, denn diese haben ebenfalls eine Vorbildfunktion. Es sind ja auch nicht in erster Linie Fahrradfahrer, die das Leben von Kindern auf dem Schulweg gefährden. Nebenbei ist „Disziplinieren“ wohl immer noch Aufgabe der Ordnungsbehörden, ansonsten könnten Sie ja auch vom ADAC fordern Strafzettel an Raser zu verteilen. Wenn Sie dagegen Verkehrserziehung meinen, sowas machen Verkehrsclubs in der Tat, auch der ADFC.
Ich glaube man kann wohl feststellen, im gesamten Straßenverkehr herrscht viel zu viel Ellbogen-Mentalität, für Kinder bleibt da kaum noch Platz. Mehr Entspanntheit täte gut und vor allem braucht es endlich einen gesunden Modalsplit.
Endlich Gesetze auch für Kinder. Sind dann die Erziehungsberechtigten bei Nichtbefolgen aus der Haftung.
Die Forderungen der Kinder, Eltern und dieses Mal sogar des ADFC sind mehr als berechtigt. Dadurch wird vielleicht das Treiben der „Hubschrauber-Eltern“ etwas eingedämmt.
Nur sollten im gleichen Atemzug die jugendlichen bis erwachsenen Radfahrer aufgefordert werden, endlich Vorbild für die Kinder zu sein. Was die gemeinen Radfahrer*innen teilweise auf der Straße anstellen, ist gemeingefährlich. Überfahren roter Ampeln, ob auf Radweg oder Straße, Überfahren von Fußgänger-Überwegen auf dem Rad, Fahren entgegen der Einbahnstraße (leider jetzt weitgehend erlaubt), Fahren auf Bürgersteigen oder in Fußgängerzonen, Fahren ohne Lichte im Dunkeln, man könnte die Liste ohne Probleme verlängern.
Vielleicht sieht mal der ADFC seine Aufgabe auch darin, solche Radfahrer zu disziplinieren statt immer nur Feind Nr. 1, die Autofahrer, für alles und jedes verantwortlich zu machen, was im Straßenverkehr falsch läuft.