Rund 40 Menschen sind am Sonntag in der neuen Notunterkunft der Stadt aufgenommen worden. Sie kamen mit einem privat organisierten Bustransport. Die Stadt bereitet sich auf weitere Ankünfte vor – ab Montag auch durch offizielle Zuweisungen von der Bezirksregierung. Frank Stein fordert die Landesregierung auf, rasch Strukturen für die Aufnahme zu schaffen.

Der erste Bus mit Geflüchteten aus der Ukraine ist am Sonntagnachmittag in Bergisch Gladbach angekommen. Bereits am Freitagabend waren zwei Frauen und zwei Kinder von einem Bergisch Gladbacher zur gerade eröffneten Notunterkunft an der Saaler Mühle gebracht worden, im Laufe des Samstags folgten weitere acht Menschen.

Am Sonntag gegen 14 Uhr erreichte schließlich der erste privat organisierte Bustransport mit rund 40 Menschen an Bord die Anlaufstelle. Einige von ihnen zogen gleich in private Unterkünfte weiter. Insgesamt befinden sich nun rund 40 Personen in den Containern an den Otto-Hahn-Schulen.

Frank Stein mit Anne Paweldyk, Karin Hindrichs und Dominik Hohnbaum vom ASB. Foto: Thomas Merkenich

Mitarbeiter:innen der Feuerwehr und des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) nahmen die Ankömmlinge aus dem Bus in Empfang. Dominik Hohnbaum vom ASB: „Wir haben sie erst einmal in den Aufenthaltsraum geführt, wo schon warmes Essen, warme Getränke und Sitzgelegenheiten bereitstanden.“

Alle Personen wurden auf Corona getestet, außerdem standen ein Arzt der Feuerwehr sowie ein ukrainisch sprechender Arzt des ASB für etwaige gesundheitliche Probleme zur Verfügung. Auch eine psychosoziale Notversorgung von ASB und Feuerwehr war vor Ort.

Betreuungshelfer:innen gesucht

„Auf den ersten Blick schienen die Menschen sehr gefasst“, sagt Hohnbaum. „Wir rechnen aber damit, dass sich das in den nächsten Tagen ändern könnte, wenn sie etwas zur Ruhe gekommen sind.“

Am späten Nachmittag, als wir vor Ort sind, haben die Familien bereits ihre Zimmer bezogen und angefangen sich einzurichten. Die Mitarbeiter:innen von ASB und Feuerwehr machen sich bereit, noch einmal gemeinsam durch die Räume zu gehen, zu fragen, was an Kleidung, Spielzeug, vielleicht auch Medikamenten benötigt wird.

Einiges war bereits vorbeigebracht werden, unter anderem von ehrenamtlichen ASB-Mitarbeiter:innen, so Hohnbaum.

Das betont auch Anne Paweldyk, Geschäftsführerin des ASB Bergisch Land: „Bis jetzt sind alle, die sich hier engagieren, ehrenamtlich.“ Das müsse bald ins Hauptamt übergehen. Sie ruft daher auf, sich als Betreuungshelfer:in zu melden; Kenntnisse in Erster Hilfe würden dafür schon ausreichen.

Wer sich vorstellen kann, als Betreuungshelfer:in in der Notunterkunft zu arbeiten, wendet sich an Anne Paweldyk vom ASB:

Telefon: 02202 95566 23
E-Mail: a.paweldyk@asb-bergisch-land.de

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Private Initiative holt Flüchtlinge an der Grenze ab

Während wir uns unterhalten, laufen ein paar Frauen zu zweit oder in kleinen Gruppen an uns vorbei, nach kurzer Zeit kehren sie wieder zurück. Sie sehen müde aus. Kinder toben über den Weg neben der Notunterkunft, spielen sich einen Ball zu, probieren Fahrräder aus.

Dustin Timm organisiert Bustransporte. Foto: Thomas Merkenich

Dustin Timm schaut ihnen zu. „Kaum vorstellbar, was die Kleinen hinter sich haben.“ Er hat den heutigen Bustransport nach Bergisch Gladbach geführt. Timm ist der Lebensgefährte von Nataliya Alexeeva, die die erste Privatinitiative der Stadt ins Leben gerufen hatte.

Fast 600 Personen hat das Paar bereits mit einem gecharterten Bus von der polnischen Grenze ins Rheinland geholt. Inzwischen wenden sich auch andere Busfahrer an die beiden, die nicht wissen, wo sie die Flüchtlinge hinbringen sollen.

Schon morgen sollen die Menschen in Zimmer und Wohnungen umziehen, die Notunterkunft soll so schnell wie möglich geleert werden. Maximal 100 Personen können hier unterkommen, und niemand weiß, was morgen passiert, wann der nächste Bus kommt. Ab Montag können zudem offizielle Zuweisungen von der Bezirksregierung Arnsberg hinzukommen, sagte Ragnar Migenda, Sozial-Dezernent der Stadt Bergisch Gladbach.

„Wir wollen vor der Welle bleiben“

Auch Bürgermeister Frank Stein ist vor Ort. Er sagt: „Im Moment haben wir gute Zahlen, was die Unterbringung angeht. Aber ich mache mir große Sorgen, dass wir nicht in der Lage sein werden, die heutige Situation zu halten.“ Es gebe keinen Plan, keine Strategie vonseiten des Landes, ja, nicht einmal einen Krisenstab. Die Stadt sei komplett auf sich allein gestellt.

Was solle geschehen, wenn die Erstaufnahme an den Rand ihrer Kapazitäten oder darüber hinaus komme? Stein: „Ich appelliere dringend an das Land Nordrhein-Westfalen, Strukturen für die Aufnahme der Menschen zu schaffen.“

Auch Ragnar Migenda betont, dass man in absehbarer Zeit Unterstützung brauche. Aktuell sei die Stadt gut aufgestellt, was die dauerhaften Aufenthaltsmöglichkeiten angehe: Die Rheinisch-Bergische Siedlungsgesellschaft stellt 20 Wohnungen zur Verfügung, der Rheinische Turnerbund hat Zimmer angeboten.

Die Stadt stehe in Verhandlungen mit der evangelischen Kirche und dem Evangelischen Krankenhaus. Dennoch: „Wir wollen vor der Welle bleiben und nicht hinter ihr her laufen“, so Migenda.

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Laura Geyer

ist freie Reporterin des Bürgerportals. Geboren 1984, aufgewachsen in Odenthal und Schildgen. Studium in Tübingen, Volontariat in Heidelberg. Nach einem Jahr als freie Korrespondentin in Rio de Janeiro glücklich zurück in Schildgen.

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