Seit 2016 finden Frauen, die alleine oder nur mit ihren Kindern nach Bergisch Gladbach flüchten, Unterstützung in der Beratungsstelle „AnBe“. Corona hatte viele zurückgeworfen, dann begann der Krieg in der Ukraine. Und ausgerechnet jetzt, wo fast ausschließlich Frauen neu nach Bergisch Gladbach kommen, droht der wichtigen Anlaufstelle das Ende.
Man könnte sagen, es gibt keinen schlechteren Zeitpunkt für das Aus der „Anlauf- und Beratungsstelle für alleinreisende und alleinerziehende Flüchtlingsfrauen“ (AnBe) in Bergisch Gladbach.
Im September 2016 war die Stelle vom Verein „Frauen stärken Frauen“ eingerichtet worden, um geflüchteten Frauen in ihrer spezifischen Situation und mit ihren spezifischen Probleme zu helfen. Nun, wo die große Mehrzahl der ukrainischen Kriegsvertrieben weiblich ist, läuft die Finanzierung aus, und die AnBe verliert zum 31. August ihren Träger. Ohne eine neue Förderung will niemand die Trägerschaft übernehmen.
Die Leiterin der AnBe, Tixhe Sulejmani-Alili, sagt: „Wir haben jeden Tag Anfragen von Ukrainerinnen, aber wir müssen sie ablehnen, weil wir ihnen keine langfristige Betreuung garantieren können.“ Aus Erfahrung weiß sie, dass die Begleitung der Flüchtlingsfrauen Monate oder sogar Jahre dauern kann.
2021 betreuten Suleijmani-Alili und ihre Kollegin Katja Aghmir 107 Frauen, die schon in den Jahren zuvor zu ihnen gekommen waren. Sechs Frauen wurden erneut aufgenommen, nachdem sie sich eigentlich schon verabschiedet hatten, 22 kamen neu dazu. „Corona hat viele Flüchtlingsfrauen zurückgeworfen“, sagt Suleijmani-Alili.
Die, die schon 2015 und 2016 nach Bergisch Gladbach kamen, begannen oft erst später Deutschkurse zu besuchen, nämlich dann, wenn ihre Kinder einen Betreuungsplatz hatten. Mit Beginn der Pandemie wurden die Kinder nach Hause geschickt, die Kurse endeten oder wurden nur noch online angeboten.
Den Rücken stärken
Suleijmani-Alili sagt: „Die Menschen denken, die Flüchtlinge von damals müssten doch inzwischen angekommen sein. Aber für die Frauen aus Syrien, Somalia oder dem Iran war die Ankunft in Deutschland ein kultureller Schock. Der ist nicht in fünf Jahren verarbeitet.“
Ein Beispiel: Amal, die eigentlich anders heißt, war in Syrien mit 15 Jahren verheiratet worden, hatte mit 16 eine Tochter bekommen. 2018 kam sie, 23 Jahre alt, nach Bergisch Gladbach. Alleine. Sie war verloren, sagt sie. Daher nahm sie das Hilfsangebot eines Mannes an. Doch damit schlitterte sie in eine gewalttätige Beziehung, wurde ausgenutzt und erpresst.
Dass sie das Recht hat, ihren Freund bei der Polizei anzuzeigen, dass sie es schaffen kann, alleine zu sein – das alles lernte sie bei der AnBe. Sie sagt: „Mein Rücken ist gestärkt.“
Investition in die Zukunft
Tixhe Suleijmani-Alili sieht die Arbeit der AnBe als Investition in die Zukunft. Denn: Die Frauen werden hier nicht nur bei Alltagsproblemen begleitet. Sie werden informiert, aufgeklärt und gestärkt. In der Einzelberatung, aber auch in regelmäßigen Veranstaltungen zum Thema Frauenrechte, Verhütung, Genitalverstümmelung. „Es sind vor allem die Frauen, die die Kinder erziehen“, sagt Suleijmani-Alili. „Sie geben dieses Wissen an die nächste Generation weiter.“
Deshalb, findet sie, müsste es eine Stelle wie die AnBe eigentlich überall geben. Die Stadt Bergisch Gladbach sollte stolz darauf sein, sie zu haben. Und noch mehr: Sie sollte dafür sorgen, dass die Beratungsstelle dauerhaft finanziert wird. „Wenn man sich die Weltsituation anschaut, ist klar: Es wird immer Flüchtlinge geben, und darunter werden immer Frauen sein, die alleine mit ihren Kindern kommen,“ weiß Suleijmani-Alili.
Was die AnBe braucht, ist die Finanzierung einer Vollzeit-Stelle, aufgeteilt auf zwei Mitarbeiterinnen. Und einen neuen Träger. Wenn sich niemand findet, werden sehr viele Frauen bald vor verschlossenen Türen stehen.