Jörg Krell. Fraktionsvorsitzender der FDP. Foto: Thomas Merkenich

In seiner Haushaltsrede begründet der FDP-Fraktionsvorsitzende Jörg Krell, warum die Liberalen des Entwurf der Verwaltung als „mutig“ beurteilen, sich nun aber verwundert die Augen rieben und nicht mehr zustimmen können. Der Weg von Grünen, SPD und FWG führe direkt in eine Haushaltssicherung.

Wir dokumentieren die Rede von Jörg Krell im Wortlaut:

Lieber Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger,

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der Haushalt 2023 sollte ein Haushalt des Übergangs, ein Haushalt des Einstiegs in eine nachhaltige, strukturelle Haushaltskonsolidierung werden.  

Mit der Einbringung des Haushalts hat die Verwaltung einen mutigen Entwurf vorgelegt – das war in den Vorjahren nicht so. Damit wurde ein Impuls gegen ein Weiter so gesetzt. Dieser Entwurf ist in erheblichen Teilen ein Verdienst unseres Kämmerers Thore Eggert.

Thore Eggert hat massgeblich dazu beigetragen, dass in langwierigen Verhandlungen im Verwaltungsvorstand und mit den Fachbereichsleitern dieser Entwurf in der Verwaltung verabschiedet und eingebracht werden konnte. Dafür unsere ausdrückliche Anerkennung. 

Diesem Entwurf, dem in den nächsten Jahren weitere Einsparungen und eine stärkere Prioritätensetzung folgen sollte, wollte die FDP zustimmen. Doch nach all den Beratungen in den Fachausschüssen, im Hauptausschuss und im AFBL und den Verhandlungen mit der FWG reiben wir uns verwundert die Augen:

1. Rot / Grün tut sich ja immer schwer mit finanzieller Konsolidierung. Stattdessen bürden sie  der Verwaltung immer weitere mehr oder weniger sinnvolle Aufgaben auf,  weichen mit ihren Anträgen den zaghaften Konsolidierungsansatz substantiell auf. Sie wollen niemanden in ihrer Wählerschaft weh tun.

Doch so funktioniert Konsolidierung nicht. Es geht nicht um einzelne Maßnahmen des freiwilligen HSK, sondern um das Paket als Ganzes. Es geht um das klare Bekenntnis zur Konsolidierung. Strategische Prioritätensetzung muss ein essentieller Bestandteil dieser Konsolidierung sein, insbesondere in Anbetracht der prekären Personalsituation.

Hatten sich nicht Rot / Grün im letzten Kommunalwahlkampf 2020 zusammen mit der FDP für eine strikte Haushaltskonsolidierung ausgesprochen? Das war zumindest die Basis für die Ampel. Man könnte schon fast von Wählerirreführung sprechen.

2. dann die FWG, die jetzt Zünglein an der Waage spielt. Sie fordert zunächst einen strikteren Sparkurs ein, stimmt aber für den von Rot / Grün aufgeweichten Haushaltsansatz, nachdem sie ein paar nicht nachvollziehbare Zusätze zur Zanders Entwicklung durchgesetzt hat. Das ist nicht gerade eine konsistente, glaubwürdige Politik.

3. die Kollegen der CDU lehnen in einer Art Fundmentalopposition den Haushalt ab, weil er in  ein finanzielles Desaster führe. Ein Konzept für einen Alternativansatz bleiben Sie schuldig. Im Widerspruch zu ihrem Anspruch unterstützen sie der Herausnahme von Massnahmen aus dem freiwilligen HSK.

Bei all den Diskussionen hätten wir uns mehr Führung durch den Bürgermeister gewünscht. Er hatte doch den Entwurf zum Haushalt mit großer Überzeugung dargestellt. Er hätte den Entwurf verteidigen müssen. Doch Fehlanzeige, stattdessen Verhandlungen mit der FWG.

Diese Diskussionen laufen vor dem Hintergrund sich verschlechternder wirtschaftlicher Randbedingungen seit der Aufstellung des Haushalts. Der Zermürbungskrieg in der Ukraine, die Inflation / Zinswende werden in der Realwirtschaft und damit bei den Steuereinnahmen noch deutliche Spuren hinterlassen.

Wofür steht die FDP:  

(1) für einen Einstieg in eine nachhaltige strategische Haushaltskonsolidierung mit der Verabschiedung des ursprünglichen von Thore Eggert vorgelegten freiwilligen Haushaltssicherungskonzepts. Zur Konsolidierung gehört auch eine langfristige Verbesserung der Einnahmeseite, sprich zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen durch die schnelle Entwicklung von Gewerbegebieten.

Konsolidierung heisst nicht Ausgabenkürzungen in allen Bereichen sondern Fokussierung auf gewählte Prioritätsfelder. Bei der Sanierung der Schulen, dem Ausbau der OGS und der Lösung der KiTa Krise müssen wir mehr Mittel, vor allem investive Gelder aufwenden.

Fokussierung ist auch das Gebot der Stunde angesichts des gravierenden Personalmangels. Auch nachhaltige Sozialpolitik funktioniert nur mit solider Haushaltspolitik. Es gilt zu vermeiden, in 2025 / 2026 in ein pflichtiges HSK zu fallen, das dann soziale Massnahmen beschränken wird.

(2) für die Kompensation notwendiger neuer Stellen durch Wegfall von Stellen in anderen Bereichen. Wir müssen bei den Themen „Aufgabenkritik“ und „Prozessoptimierung“ Tempo aufnehmen. Diese Themen stehen seit drei Jahren in den Haushaltsbegleitbeschlüssen. Wir sind weit zurück, wie uns auch der im Feb. d.J. verteilte Bericht der GPA bescheinigt.  

Die Stadt hat laut Herrn Sprenger 141 nicht besetzte Stellen. Für den Haushalt 2022 sind 65 (netto) zusätzliche neue Stellen genehmigt worden, die zu einem erheblichen Teil noch nicht besetzt sind. Mir hat noch niemand die Logik erklären können, in dieser Situation sieben (netto) weitere Stellen in 2023 hinzuzufügen. Wir brauchen kreativere Lösungen. 

(3) für eine nachhaltige Haushaltswirtschaft zusammengefasst in der Nachhaltigkeitssatzung. Wir fordern zusätzlich die Einführung eines Investitionscontrollings und einer Investitionspriorisierung nach den wichtigen strategischen Zielen auf der Basis verfügbarer Ressourcen. Die jetzt vorgelegte Investitionsliste ist ein Anfang. 

(4) für die stringente Umsetzung der Digitalisierung der Stadtverwaltung. Hier sind von Thore Eggert viele Projekte auf den Weg gebracht worden. Doch auch auf diesem Feld müssen wir die Schlagzahl erhöhen. Digitalisierung ist im Kern kein technisches Programm, sondern eine Frage von Organisation und Arbeitsprozessen.

Digitalisierung muss Chefsache werden, lieber Herr Bürgermeister. Nur dann wird Digitalisierung vom digitalen Dokumentenmanagement bis zum digitalen work flow und digitaler Projektsteuerung gelingen. Es braucht die enge Zusammenarbeit aller Fachbereichsleiter und ihrer Mitarbeiter. 

Der jetzt zur Abstimmung stehende Haushalt mit all seinen Modifikationen enthält die oben beschriebenen Ansätze, die der FDP wichtig sind, nicht mehr oder nur noch in eingeschränktem Masse. Daher wird die FDP gegen diesen Haushalt stimmen.

Der jetzt durch Rot/Grün + FWG zur Verabschiedung kommende Haushalt führt geradewegs in ein pflichtiges HSK mit dem bekannten Verlust an Gestaltungsspielräumen, gerade auch bei den freiwilligen Leistungen.  

Konsolidierung der Finanzen und Fokussierung auf Kernaufgaben sind ein Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen. Nur so erhalten wir die Gestaltungsspielräume, die wir dringend brauchen, um Bergisch Gladbach nach vorne zu bringen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Jörg Krell – Vorsitzender FDP-Fraktion im Rat der Stadt Bergisch Gladbach

Hier veröffentlichen die Ratsfraktion und der Parteivorstand der FDP Bergisch Gladbach ihre Beiträge. Kontakt: Dorothee Wasmuth. Mail: dorothee.wasmuth@fdp-bergischgladbach.de

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