Auf den ersten Blick erscheint die neue Beschlussvorlage aus dem Dezernat von Ragnar Migenda zur Bebauung der Pferdeweise am Alten Marktweg offen: drei Varianten lassen der Politik die Wahl. Allerdings gibt die Verwaltung eine klare Empfehlung ab – und warnt vor ernsten Konsequenzen, sollte sich die Politik anders entscheiden.
Eigentlich war die Schlacht geschlagen, der Bebauungsplan für ein Projekt mit 23 Einfamilien- und einem Mehrfamilienhaus auf der Hochwasser-gefährdeten Wiese an der Alten Marktstraße an der Grenze von Refrath zu Köln war bereits auf der Basis eines einstimmigen Beschlusses des Planungsausschusses aus der Prioritätenliste der Stadt Bergisch Gladbach gerutscht.
Doch dann legte der Investor WvM /WFJ mit einer Reihe von Gutachten, einer öffentlichkeitswirksamen Petition und dem Vorschlag einer Kita nach – und zwang die Stadtverwaltung so, das Thema noch einmal aufzurollen.
Die Reaktion liegt jetzt vor, in Form einer 16-seitigen Beschlussvorlage für den Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss für seine Sitzung am 12. Juni (siehe Dokumentation unten). Darin lässt die Verwaltung formal offen, ob sich der Ausschuss für eine endgültige Beendigung des B-Planverfahrens entscheidet, oder eine weitere Prüfung der neuen Gutachten, oder das Verfahren ohne weitere Prüfung wieder aufnimmt.
Hochwasser-Risiken nicht ganz ausgeräumt
Es folgt eine umfangreiche Würdigung der neuen, vom Investor in Eigeninitiative vorgelegten Gutachten – in der es um die Gefahr geht, dass bei einer Bebauung bei Starkregen das Wasser nicht mehr auf der Pferdewiese zurückgehalten wird und versickert. Sondern sich auf die Grundstücke der Nachbarn bzw. in den ohnehin überlasteten Kölner Randkanal ergießt. Gefahren, für die die Stadt Bergisch Gladbach nach eigener Einschätzung im Zweifel haften müsste.
Auf Randaspekte, wie das Angebot des Investors, auf vier Einfamilienhäuser zu verzichten und stattdessen eine Kita zu bauen, mehr geförderten Wohnungsbau zu berücksichtigen und eine nachhaltige Wärmeversorgung umzusetzen, geht die Beschlussvorlage ausdrücklich nicht ein.
Auch kritischen Aspekte wie die Baulandentwicklung im Außenbereich, die angestrebte Dichte der Bebauung und die Defizite bei de Versorgungsinfrastruktur werden in dieser ad-hoc-Stellungnahme ausgeklammert. Statt dessen geht es konzentriert und gründlich um die Themen Grundwasser, Geländehöhen, Überflutungsflächen und Starkregen (und veröffentlicht dazu auch alle Gutachten des Investors).
Am Ende fällt die Empfehlung des zuständigen Beigeordneten Ragnar Migenda eindeutig aus. Von der Variante drei (Wiederaufnahme des B-Plan-Verfahrens) rät er „entschieden“ ab. Denn damit würden Abwägungsfehler und die Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens wahrscheinlich.
Aber auch die Variante 2, die gründliche Prüfung aller neuen Argumente, lehnt die Stadt ab. Auch hier gebe es rechtliche Risiken, mit der absehbaren Häufung von Starkregenereignissen wachse sie Gefahr von Haftungsansprüchen gegen die Stadt, von Eigentümern aus dem Neubaugebiet und aus der Anwohnerschaft.
Zudem würde die erneute Bearbeitung der Alten Marktstraße (mit insgesamt acht Arbeitsaufträgen) dazu führen, dass ein anderes dringendes B-Plan-Projekt aus der verbindlichen Bauleitplanung herausgenommen werden müsste.
Variante 1 („Das Verfahren zum Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 6130 – Alte Marktstraße – wird ohne weitere Prüfschritte eingestellt“) wird beim Fazit nicht mehr erwähnt, ist aber nach der Argumentation der Stadtplanung der einzige gangbare Weg.
Hinweis der Redaktion: Eine Anfrage des Bürgerportals an die Investoren zur Beurteilung der Beschlussvorlage ist noch unbeantwortet. Gegenüber dem KSTA äußerte sich WvM-Geschäftsführerin Erika Werres optimistisch, die offenen Fragen mit der Stadt einvernehmlich klären zu können.
Wie entscheidet sich die SPD?
Wie die politische Bewertung dieser Sachverhalte ausfällt, ist jedoch offen. Grüne und FWG lehnen das Vorhaben nach wie vor ab, auf Nachfrage des Bürgerportals sprechen sie sich die Fraktionsspitzen eindeutig für Variante eins und damit für das endgültige Aus des Projektes aus. CDU und FDP unterstützen dagegen die Investoren bei ihren Plänen.
Damit liegt die Entscheidung bei der SPD, die sich mit Blick auf den dringenden Bedarf an (geförderten) Wohnraum zuletzt uneindeutig geäußert hatte – und am Montagabend in einer Fraktionssitzung über das Thema debattierte. Das Ergebnis ist noch nicht bekannt.
Ich nehme die Entscheidung der Fraktionen Grüne,SPD, FWG zur Kenntnis, dass ein Bauprojekt ohne abschließende Prüfung und Begutachtung ausgeschlossen wird. Offensichtlich sind politische Abwägungen wichtiger als ein endgültiger Sachstandsbericht bzw. ein neutrales Gutachten, Ich gebe zu bedenken, das in BGL in naher Zukunft etliche Großprojekte ( z.b Wachendorf, Zanders) entwickelt werden müssen. Dies wird nur mit und durch Investoren erfolgen können. Wenn also Projektplanungen ohne abschließende, sachliche Abwägung aus politischen Gründen ausgeschlossen werden, ist meiner Meinung nach die Glaubwürdigkeit der Stadt BGL bei der Investorensuche zukünftig grundsätzlich belastet.
Für die Anwohner und Anwohnerinnen des Bensberger Marktweges/Im Holz wünsche ich mir eine aktive Aufarbeitung der Regenwasserproblematik sowie eine schnelle Lösung durch die zuständigen Behörden.
Liebe Frau Opiela
Zum GLÜCK sind in unserer Demokratie -zumindest manchmal- „politische Entscheidungen“ wichtiger als Investoreninteressen. Wir sind doch keine Bananenrepublik. Sie erleben doch selbst jeden Tag, wie gnadenlos zugebaut Refrath schon ist. Feiern wir lieber zusammen auf der geretteten Wiese eine Party !
Hallo Frau Opiela,
das Vorhaben wird doch seit Jahren begutachtet, sachlich geprüft, intensiv beworben und an allen möglichen Stellen diskutiert, auch bei uns im Bürger- und Heimatverein. Nach Abwägung aller Erkenntnisse, die auf dem Tisch liegen, ziehen nun Grüne, FWG, SPD, Stadtverwaltung und Bürgermeister den Schluss, dass mehr Gründe gegen die Bebauung sprechen als dafür. Was soll daran falsch sein? Natürlich ist das für die Investoren schlecht. Aber die Politik muss in erster Linie die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler im Auge haben. Und weshalb der Verzicht auf diese Bebauung andere Investoren von anderen Projekten abschrecken sollte, erschließt sich mir nicht. Ich wohne 500 m von der Alten Marktstraße entfernt und habe eine gute Vorstellung, was die Bebauung für den Verkehr in dieser Ecke bedeuten würde. Schon jetzt sind um das Gebiet herum zahlreiche Nadelöhre zu durchfahren. Ich freue mich deshalb über die jüngste Entwicklung.
Sehr geehrter Herr Dettmar, natürlich muss eine Stadt die Interessen der Bürger im Auge haben. Doch Sie muss unabhängig die Bedürfnisse aller berücksichtigen. Wohnraum ist so ein knappes Gut und von vielen vor allem von jenen mit kleinem Geldbeutel kaum zu erlangen. Da dürfen Eigennützigkeit keine Rolle spielen . 1959 lief ich durch die Stadt und fand keine bezahlbare Wohnung und das hat sich bis heute kaum geändert. Nun ist es das Wasser, ein anderes Mal waren es die Bienen und die Weitsicht. Ich finde schon, Menschen auf der Wohnungssuch sollten etwas mehr Hilfe erwarten können.
Die SPD kann doch nicht wirklich glauben, dass der geförderte Wohnraum mit 8 Wohnungen hier eine Rolle spielt. Die Häuser dort werden bei einem Quadratmeterpreis von 850€ aufwärts an die 900.000€ kosten. Dort muss mit einer weißen Stahlbetonwanne gebaut werden, das macht das Ganze noch teurer. Das ist doch kein Wohnraum für die vielgepriesenen „jungen Familien“. Ich kenne zumindest keine, die sich das leisten könnte.
Solche Wohnungen machen aber günstigere Häuser oder Wohnungen frei, die sich diese Familien dann leisten können, um dann später selber mal eine Stufe „höher“ zu ziehen.
Das ist natürlich ein Argument.
Ich glaube eher, dass die neuen Häuser und Wohnungen eher an Neu-Refrather gehen würden, die z.B. aus Köln flüchten.
Hilfe ! Refrath ist in den letzten Jahren gnadenlos versiegelt und zubetoniert worden ( „natürlich“ mit immer MEHR und nicht weniger Verkehr). Und ein Ende ist nicht abzusehen.
Dem Hochwasser sei „dank“ dass wenigstens diese Wiese an der Alten Marktstraße (hoffentlich) bleibt.
Was sagt eigentlich der Bürger-und Heimatverein Refrath ?
Herr Thiel,
Sie beschweren sich hier immer, dass Refrath zugebaut wird. Wohnen Sie in Refrath im gemütlichen Einfamilienhaus mit Garten?
Ihre präferierten Grünen oder SPD, so zumindest der Eindruck, sorgen dafür, dass in Randgebieten nicht gebaut werden soll. Somit bleibt nur die Verdichtung innerstädtisch.
Sagen Sie uns doch bitte, wie die Lösung aussehen soll? Kein weiteres Bauen vor der eigenen Haustür, Wertsteigerung des eigenen Hauses und die Probleme sollen in anderen Gebieten gelöst werden?
Sie haben schon mitbekommen, dass wir erhebliche Zuwanderung haben, aber keine ausreichenden Wohnungen?
Was soll die Lösung sein?
– Abschiebungen?
– Neue Siedlungen irgendwo im schwachbesiedelten Norden der Osten?
Die städtische Politik wird sich nicht trauen, sich für einen Weg der folgenden zu entscheiden:
– Kein Zuzug, Zubau und dadurch steigende Preise
– Zuzug, Verdichtung und Einrichtung neuer Baugebiete, um dem Druck von außerhalb auffangen zu können.
Bin auf Ihre konstruktiven Vorschläge gespannt und bitte nicht nur in Sichtweite um den eigenen Garten denken.
Das Argument der Flächenversiegelung wischen Sie einfach weg und unterstellen einfach mal die Verfolgung eigener Interessen? Das ist ziemlich kurzsichtig gedacht und sachlich unangemessen.
Sehr geehrter Herr Dr.Alban (wenn das Ihr richtiger Name ist)
Wie sollen wir zusammen kommen, wenn Sie mit keinem Wort auf die zunehmende Versiegelung und damit VerkehrsZUNAHME und Aufheizung in „unserer“ Stadt eingehen? Ich präferiere schon deshalb entgegen Ihrer Vermutung gar NICHT die Grünen und die SPD , weil diese ein riesiges Wohnquartier nach dem anderen absegnen. (Wachendorfgelände usw, allerdings von der damaligen Großen Koalition/Stadtverwaltung auf die Schiene gesetzt). Ich sehe nur die Investoreninteressen geschützt, da wäre die kleine Pferdewiese doch mal eine Ausnahme.