Die kreative Autonomie von Kindern und Jugendlichen steht im Fokus der aktuellen Ausstellung im der Bensberger Galerie Basement 16. Zu sehen sind weit über 100 Arbeiten aus den Atelierworkshops der Kreativitätsschule Krea in Refrath. Legt der Betrachter den Blickwinkel „Kunst von Kindern“ einmal ab, sind in der JugendArtGalerie spannende und erfrischende Entdeckungen zu machen.

Text: Holger Crump. Fotos: Thomas Merkenich

Wo sonst die Werke namhafter Künstler:innen die Wände zieren, sind Mitte Januar im Basement 16 weit über hundert Kunstwerke von 63 Kindern und Jugendlichen zu sehen. Die Bensberger Galerie zeigt in der Werkschau „Was ist Kunst? Das ist Kunst!“ Arbeiten von jungen Kreativen, die in verschiedenen Kursen der Refrather Kreativitätsschule (Krea) entstanden sind.

„Ausgangspunkt waren Workshops der Krea während der Ausstellungen von Hendrina Krawinkel und Hildegard Herget hier in der Galerie“, berichtet Carolyn Gates. Die Künstlerin arbeitet seit 20 Jahren als Dozentin an der Krea. „Die Kinder haben vor Ort Skizzen ausgewählter Werke erstellt und im Atelier der Krea umgesetzt.“

Foto: Thomas Merkenich

Zusammen mit zahlreichen Arbeiten aus anderen Atelierworkshops der Krea (Leitung Carolyn Gates, Uli Dirkorte) ist so der Fundus der Ausstellung im Basement 16 entstanden: Zu sehen sind neben Malerei auch Objekte, Keramik, Linolschnitt und vereinzelte Plastiken.

Die jungen Kreativen sind teils bereits Jahre an der Krea aktiv, manche starteten im zarten Alter von zwei Jahren. Ausgestellt werden nun selbst ausgewählte Werke kreativer Novizen im Alter von acht bis 23 Jahren.

Mit Stilen spielen

Die Macher:innen: André Eigenbrod (Kreativitätsschule), Daniela Demmer (Verein Kunstkönner), Carolyn Gates (Kreativitätsschule), Marlis Sauer (Basement 16), Foto: Holger Crump

„Die Kinder arbeiten bei uns völlig frei“, sagt Dozentin Gates. Aufgabe der Krea sei es, Freiräume zu schaffen, die Kinder und Jugendlichen dabei zu unterstützen. Neben Besuchen in Ausstellungen dienen auch Kataloge etablierter Künstler:innen als Inspirationsquelle für die Nachwuchsartisten der Krea.

So gibt es Werke in Anlehnung an David Kockney oder Gerhard Richter. Eine ganze Wand zitiert die abstrakte Malerei der Künstlerin Ruri Matsumoto.

Spannend für den Betrachter: Die Umsetzung eines einzigen Ausgangsmotivs durch verschiedene Kinder, etwa bei Arbeiten von Hendrina Krahwinkel. Manche scheinen ihren Weg bereits gefunden zu haben, erste künstlerische Handschriften tauchen hier und da auf.

Foto: Thomas Merkenich

„Es geht nicht darum, Bilder abzumalen“, unterstreicht Carolyn Gates, sondern um Anwendung der Techniken, um die individuelle, kreative Arbeit im Duktus etablierter Künstler:innen. „Es darf was dabei rauskommen“, lacht die Künstlerin, aber Scheitern gehöre ebenso dazu. Da würden dann auch mal Tränen fließen. „Danach wird es meist richtig gut!“

Gates führt mit den Kindern und Jugendlichen auch mal Krea-Nächte durch, bei denen bis in die Morgenstunden gemalt, gekocht und gequatscht wird. Auch eine lange Bob Ross-Nacht war dabei, berichtet Gates, bei der man sich in die Welt des berühmten TV-Mallehrers hineingefuchst habe.

Werkschau, nicht Verkaufsschau

So sind fotorealistische Arbeiten zu sehen, Werke im Stile des Pointilismus, van Gogh oder Edward Munch werden bei wenigen Kopien zitiert. Action Painting, Abstraktes, Naives – fast wähnt man sich in einer großen Sammlung der Moderne.

Kuratiert wurde die Ausstellung von den Kids selbst: Die gezeigten Arbeiten wurden ausschließlich von den Kindern und Jugendlichen ausgewählt. „Die jungen Leute teilen hier ihre Bilder, sagen uns Das bin ich, das habe ich gemacht“, erläutert Krea-Leiter André Eigenbrod. „Das ist ein wichtiger Schritt für die jungen Kreativen. Sie nehmen ganz bewusst den Dialog mit uns auf.“

Diese steht über und jenseits von Bewertung.

André eigenbrod, LeitEr Kreativitätsschule

Zu kaufen sind die Arbeiten nicht, auch wenn eine Galerie als Plattform der Ausstellung dient. Wer Interesse an einer Arbeit hat kann sich gleichwohl an die Krea wenden. Aber darum geht es laut André Eigenbrod bei der Ausstellung ganz und gar nicht. „Unsere Message ist: Die Arbeiten haben einen künstlerischen Wert, weniger einen ökonomischen“, sagt der Krea-Leiter.

Der künstlerische Ansatz in der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen wäre ganz ein anderer, würde man ihn auf den Verkauf ausrichten. „Das würde die Kinder in ihrer Freiheit begrenzen, sie würden gefallen wollen statt sich selbst auszudrücken“, so Eigenbrod.

Foto: Thomas Merkenich

Unvoreingenommer Blick

Und so erzählen die Arbeiten viel über den kreativen Prozess, der in den Ateliers der Krea stattfindet. Das Alter der Kinder steht mit Absicht nicht dabei. So können Besucher:innen unvoreingenommen auf die Werke zugehen.

Einem gestandenen Künstler nimmt man schließlich einen naiven oder spielerischen Duktus auch als Ergebnis einer künstlerischen Auseinandersetzung ab – und nicht als Unvermögen. Diese Einstellung hilft, spannende Entdeckungen in der Ausstellung zu machen.

„Die Kurse geben den Kindern auf einer ganz eigenen Ebene Halt“, erzählt die Mutter eines Krea-Schülers, die beim Aufbau unterstützt. Das sei besonders während Corona sichtbar geworden. „Die Kids lassen alles fallen wenn es in die Krea geht.“

Ihr Sohn ist mit mehreren Bildern in der Schau vertreten, an denen er teils über Monate malte. Sein Bildnis eines Greif, inspiriert von der Buch-Reihe „Gryphony“ des Schriftstellers Michael Peinkofer, wurde gar auf der Webseite des Fantasy-Autors veröffentlicht.

Was ist Kunst? Das ist Kunst!
JugendArtGalerie #1
Basement 16, Schlossstraße 16, 51429 Bergisch Gladbach
13. bis 21. Januar 2024
Di bis Fr 15 bis 18 Uhr, Sa und So 11 bis 15 Uhr
Rahmenprogramm: Offenes Ateiler am Sonntag, 14. Januar, von 11 bis 15 Uhr, keine Anmeldung, Leitung: Vanessa Jones (Kreativpädagogin)

Ausstellung in Kooperation von Kunstkönner e.V., der Kreativitätsschule Bergisch Gladbach e.V. und der Galerie Basement 16. Unterstützt vom Bergischen Bücherherz und Eddi Stoffel. Mehr Infos im Web: Kunstkönner und Galerie

Foto: Thomas Merkenich

Auftakt für junge Kunst

Geht es nach Galeristin Marlis Sauer, soll dies nicht die letzte Schau von jungen Talenten in der Galerie in der Schlossstraße gewesen sein. Künftig seien zum Jahresauftakt regelmäßige Ausstellungen mit junger, frischer Kunst denkbar, so Sauer.

Die aktuelle Ausstellung trägt nicht umsonst die Überschrift JugendArtGalerie #1. „Damit knüpfen wir an die über 25-jährige Tradition der JugendArtGalerie in Köln an, die ich dort als Mitarbeiterin im Schulamt realisiert habe“, so Sauer. In der Schau sind zentrale Meilensteine der Reihe in Büchern und Dia-Projektionen zu sehen.

Das Konzept der JugendArtGalerie verstehe sich als Forum für „Kinder- und Jugendkunst“. Das Präsentationsmöglichkeiten für Bilder, Objekte und Aktionen an Orten schafft, die einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind, macht Projektleiterin Daniela Demmer vom Verein Kunstkönner klar. Der Verein unterstützt die Ausstellung der jungen Kunst organisatorisch.

Freiraum statt Schule

Die JugendArtGalerie – ein Sprungbrett für angehende Künstler:innen? Nicht unbedingt. Nach Angaben der Krea erwägt derzeit nur eine Teilnehmerin aus den Atelierworkshops, tatsächlich Kunst zu studieren.

Aber darum geht es auch nicht. Die Krea ist ja keine Malschule, sondern vielmehr eine Einrichtung, die Freiraum zur Entfaltung von Kreativität schafft.

Und das kommt an. „Viele Kinder sagen mir: Ich könnte 1.000 Dinge in meinem Alltag abgeben. Nicht aber die Krea,“ freut sich André Eigenbrod.

Alle Fotos in der Diashow

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ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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