Die Stadtverwaltung wird eine weiteres Flüchtlingsheim einrichten und dazu das ehemalige Hotel „Haus Pohle” in Schildgen belegen, heißt es in der offiziellen Pressemitteilung. Ab wann und in welcher Größenordnung dort Flüchtlinge einziehen werden, wer die Unterkunft betreiben wird und ob Umbauten notwendig sind, ist noch alles offen.
Zu allen Fragen will Bürgermeister Lutz Urbach am Dienstag (18 Uhr, Bürgertreff Schildgen) den Anwohnern Rede und Antwort stehen. Soweit er es kann. Denn die Verwaltung informiert die Bürger in diesem Fall sehr früh, weil sie verhindern will, dass in Schildgen Gerüchte entstehen. Dabei muss sie in Kauf nehmen, auf einige Fragen selbst noch keine Antworten zu haben.
Das Hotel mit Restaurant an der Kreuzung von Altenberger-Dom-Straße und Schlebuscher Straße ist erst vor wenigen Wochen geschlossen worden und stand zum Verkauf. Das aus dem 19. Jahrhundert stammende Fachwerkhaus war seit 1990 von der Familie Kohle betrieben worden, die dann aber doch gescheitert war und vor einem Schuldenberg kapituliert hatte.
Insgesamt gab es im Hotel 17 Betten in fünf Doppel- und sechs Einzelzimmern. Im Restaurant war Platz für bis zu 60 Gäste. Daraus lässt sich schließen, dass diese Unterkunft etwa 30 Flüchtlinge aufnehmen kann – und damit weit kleiner sein wird als zum Beispiel das Lübbe-Gebäude (100, demnächst womöglich 140 Personen) oder die Turnhalle in Sand (78).
Nach wie vor ist die Stadtverwaltung ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, kleinere oder größere Unterkünfte zu mieten oder anzukaufen. Zuvor hatte sie bereits angekündigt, neben der Grundschule in Frankenforst ein Containerdorf zu errichten.
Die Anwohner in Schildgen werden gerade informiert. Wir dokumentieren den Wortlaut des Schreibens:
Liebe Anwohnerinnen und Anwohner,
die Nachrichten zur Flüchtlingssituation in NRW aus Landesverwaltung und Bezirksregierung überschlagen sich zur Zeit, und somit geht auch das Ringen um die Unterbringung von Flüchtlingen in Bergisch Gladbach weiter.
Um die aktuelle Situation zu meistern, sind hier nicht nur Kreativität und Improvisationskunst gefragt, sondern alle Bürgerinnen und Bürger in der gesamten Stadt sind aufgerufen, den aus Krisen- und Kriegsregionen zu uns kommenden Flüchtlingen mit Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit zu begegnen.
Ich bin mir sicher, dass Sie – ebenso wie die Bewohnerinnen und Bewohner der anderen Stadtteile Bergisch Gladbachs – diese Ausnahmesituation weiterhin positiv mittragen. So können wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass die geflüchteten Menschen sich in unserer Stadt auch in den nächsten Wochen und Monaten willkommen und gut aufgehoben fühlen.
Ich möchte Sie mit diesem Schreiben informieren, dass die Stadt Bergisch Gladbach das Hotel Haus Pohle in Schildgen für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen wird. Daher möchte ich Ihnen die Möglichkeit geben, mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung über die neue Situation zu reden, Fragen zu stellen und zu diskutieren.
Sie sind hiermit herzlich eingeladen, zur Informationsveranstaltung zur Flüchtlingsunterbringung in Schildgen zu kommen. Diese findet statt am kommenden Dienstag, 1. September 2015, um 18:00 Uhr im Bürgertreff Schildgen, Am Schild 31, 51467 Bergisch Gladbach.
Mit herzlichen Grüßen, Lutz Urbach
Bereits 820 Flüchtlinge untergebracht
Die Zuweisungen von Flüchtlingen nach Bergisch Gladbach halten an: aktuell sind bereits 800 Flüchtlinge in der Stadt untergebracht. Hoffnungen, die Aufnahme der 78 Flüchtlinge in Sand würde die sogenannten Regelzuweisungen unterbrechen, haben sich nur zum Teil erfüllt. Nach einer dreiwöchigen Pause kamen in der vergangenen zwei Wochen erneut 45 weitere Flüchtlinge, für die kommende Woche sind 20 avisiert – und die Stadtverwaltung geht davon aus, dass diese Zahlen vorerst noch steigen werden.
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Das weitere Schicksal der 78 Flüchtlinge in Sand ist nach wie vor offen. Bislang konnten sie noch nicht einmal ihren Asylantrag stellen – allerdings könnte jeden Tag der Bus kommen, der sie zu diesem Zweck zu einer Außenstelle des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Dortmund bringen wird. Von dort werden sie dann in eine (wahrscheinlich andere) Unterkunft verwiesen.
Die Versuche, den Landesinnenminister mit Briefen von Bürgermeister und SPD sowie einer Petition zu einer Änderung dieser Praxis zu bringen, zeigen bislang keine Resonanz.