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Angesicht der aktuellen Lage und der schlechten Aussichten von Wohnungssuchenden, bezahlbaren Wohnraum in Bergisch Gladbach zu finden, setzt sich in der Politik und Verwaltung die Einsicht durch, dass die Kommunen selbst neue Wohnungen bauen müssen, um allen Menschen eine menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Andernfalls drohen Obdachlosigkeit oder weitere Zeltstädte. Doch wer soll neue Wohnungen bauen?

Sollte die alte kommunale Rheinisch-Bergische Siedlungsgesellschaft RBS, an der die Stadt mit 32,85 Prozent beteiligt ist, verstärkt werden, soll die vorhandene Stadtentwicklungsgesellschaft SEB ertüchtigt werden oder gründet die Stadt stattdessen eine neue 100%ig stadteigene Wohnungsbaugesellschaft?

Immer weniger Sozialwohnungen bei der RBS.

Die Rheinisch-Bergische Siedlungsgesellschaft RBS hatte im Jahr 2008 noch 52% Wohnungen in der Sozialförderung. Im Jahr 2014 waren es nur noch 598 von 1906 Wohnungen (31%). Auch ist 2014 der Wohnungsbestand der Gesellschaft insgesamt leicht gesunken. Trotz offensichtlicher gestiegener Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt und zu wenig bezahlbaren Wohnraum stagniert die Tätigkeit für Neubau bei der RBS.

Seit Jahren fordern Kommunalpolitiker der LINKEN ein Wohnungsbauprogramm für Bergisch Gladbach und warnten vor den Problemen, vor denen die Stadt heute steht. Auf Druck der SPD nahm 2014 ein „Runder Tisch bezahlbarer Wohnraum“ in Bergisch Gladbach die Arbeit auf, doch hat dieser bisher keine konkreten Ergebnisse erzielt, die in konkretes Handeln der Stadt oder der RBS umgesetzt wurden.

Erst durch die aktuell unübersehbar katastrophale Situation auf dem Wohnungsmarkt und politischen Druck beginnt sich die Rheinisch-Bergische Siedlungsgesellschaft und die Stadt Bergisch Gladbach langsam zu bewegen.

So erarbeitet die Stadtverwaltung ein Handlungskonzept Wohnen und prüft die Gründung eines Wohnungsbauunternehmens.

Und auch RBS denkt darüber nach, wie sie ihren Wohnungsbestand erweitern könnte. In zwei Siedlungen könnte verdichtet werden, was jedoch planerisch und bauordnungsrechtlich kein einfacher und auch kein schneller Weg ist. Aktuell denkt die Gechäftsführung darüber nach in den nächsten zwei Jahren 200 neue Wohnungen zu bauen, von denen ca. 100 Wohnungen in Bergisch Gladbach gebaut werden könnten. Doch es fehlen die politischen Beschlüsse, die einen Startschuss setzen würden.

Geld ist genug da.

Die NRW-Bank und Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW stellen günstige Kredite für den Wohnungsbau zu Verfügung, welche nicht ausgeschöpft werden. Seit Jahren macht die RBS satte Überschüsse (in 2014 ca. 2 Mio €) und hat mit fast 22 Millionen € eine Eigenkapitalanteil von 31%. Der Geschäftsbericht der RBS 2014 weißt eine gesicherte Liquiditätslage aus, 63,5 Mio € Anlagevermögen und insgesamt Rücklagen von ca. 16,5 Mio €. Damit ist die RBS gesund und “grundsolide” und verfügt über genug Eigenkapital. Es ist also kein Problem von fehlenden Geld, warum jetzt noch nicht gebaut wird.

Grundstücke fehlen.

Was fehlt sind Grundstücke, bei denen die planungs- und bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen bestehen oder hergestellt werden können, um dort zu bauen. Die RBS weist daraufhin, dass sie Grundstücke erwerben könnte, da sie über keine “Reserven” oder “Vorräte” verfügt. Diese sollten bezahlbar sein und bleiben, denn die Siedlungsgesellschaft möchte bezahlbare Mieten.

Die kommunalen Anteilseigner, wie die Stadt Bergisch Gladbach oder der Rheinisch-Bergische Kreis werden aufgefordert der RBS Grundstücke zur Verfügung zu stellen, notwendiges Bau- und Planungsrecht zu schaffen und zügig Baugenehmigungen zu erteilen.

„Ohne Zuschüsse und Darlehen der kommunalen Gesellschafter könnte die RBS einiges Eigenkapital aufbringen und derzeit günstige Darlehen aufnehmen“, so die RBS auf ihrer Homepage. Insofern meldet sie sich aktiv als Kaufinteressentin für Baugrundstücke (Mehrfamilienhäuser) und hofft auf den einen oder anderen Zuschlag.

Doch genau hier zieren sich die Gesellschafter. Die Ausweisung von neuen Bauland könnte zwar billiges Bauland bereitstellen, aber dauert nicht nur Zeit, sondern ist politisch umstritten, denn dieses ist fast nur noch im Außen- und Randbereich möglich. Andere Grundstücke, auf denen gebaut werden darf, sind zwar vorhanden, werden aber zunächst zurückgehalten.

Private Investoren fallen aus.

Bei der aktuelle Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank sind öffentliche Fördermittel für private Investoren uninteressant, denn diese bekämmen das nötige Investitionskapital auf dem freien Finanzmarkt deutlich günstiger als öffentliche Fördermittel, die mit einer Sozial- und Mietpreisbindung verbunden sind.

Für private Bauherrn, Kapitalfonds oder gewinnorientiere institutioneller Anleger ist es in Bergisch Gladbach interessanter teuere Grundstücke zu kaufen und luxuriös zu bauen, statt bezahlbaren Wohnraum oder Sozialwohnungen.

Öffentlicher Wohnungsbau muss es richten.

200 neue Wohnungen, die die RBS in zwei Jahren im Rheinisch-Bergischen Kreis bauen könnte, wären zwar ein Anfang, doch tatsächlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn nach einer Studie des Pestel-Institut werden eigentlich ca. 2070 neue Wohnungen im Rheinisch-Bergischen Kreis benötigt. Allein in Bergisch Gladbach fehlen nach der Studie 800 Wohnungen.

Auch wenn die RBS aus dem Dornröschenschlaf aufzuwachen erscheint, hadert die Politik damit, der RBS den Auftrag zum Bauen zu geben, und dafür die nötigen Grundstücke bereitzustellen. In Bergisch Gladbach denkt man laut über die Gründung einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft nach, welche diese Grundstücke dann selbst benötigen würde, um zu bauen.

Es war nie ein Ziel der Stadtentwicklungsgesellschaft SEB günstigen Wohnraum zu schaffen. Ihre Tätigkeit zielte bisher auf möglichst hohe Preise und Erlöse bei dem Verkauf von städtischen Grundstücken. Mit ihrer Verkaufsstrategie und Grundstückwirtschaft hat die SEB in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass die Grundstückspreise in der Stadt regelrecht explodiert sind.

Nun wird überlegt, ob man wertvolles Kapital und eigene Grundstücke einfach aus der Hand und an die RBS geben soll oder es stattdessen lieber selbst vermarkten und in einer 100%ig eigenen Gesellschaft als 100% Eigenkapital behält.

Wie der Geschäftsbericht der RBS zeigt, könnte eine städtische Wohnungsbaugesellschaft gewinnträchtig arbeiten und damit das städtische Eigenkapital und die finanziellen Spielräume im Haushalt erhöhen. Dagegen würden Grundstücksverkäufe zu niedrigen Preisen und/oder Kaptalabfluss an die RBS, welche ja auch für den Rheinisch-Bergischen Kreis zuständig ist, möglicherweise finanziell und haushaltstechnisch ungünstiger ausfallen als die Investition in ein eigenes Unternehmen.

Sicher spielt in der Diskussion auch eine Rolle, dass in der Vergangenheit die RBS sich nicht sehr flexibel gezeigt hat. Ihre Belegungsstratgie und Mietpreiserhöhungen sind umstritten und werden öffentlich als “unsozial und rücksichtlos” kritisiert. Die RBS hat in den letzten Jahren faktisch nichts mehr unternommen, um der wachsenden sozialen Schieflage auf dem Wohnungsmarkt wirksam entgegenzusteuern, sondern viel Geld gesammelt ohne dieses für den Bau von neuen Wohnungen einzusetzen.

Die Stadt Bergisch Gladbach und deren Vertreter im Aufsichtsrat haben trotz 32,85% Anteil nur begrenzte Möglichkeiten zur Steuerung und Gestaltung. Zumindest dieses wäre bei einer 100%ig städtischen Gesellschaft anders, denn diese könnte Hand in Hand mit der Stadtentwicklungsgesellschaft SEB oder einer neuen Gesellschaft im Querverbund mit der Belkaw und den Bädern, wirken und auch Stadt neu entwickeln.

Bisherige Pläne reichen nicht aus.

100 Wohnungen in zwei Jahren, die die RBS jetzt für Bergisch Gladbach andenkt, sind deutlich zu wenig. Sollte die RBS sich an dieser Stelle nicht bewegen und mehr bauen wollen, bleibt ein eigenes städtische Wohnungsbauunternehmen (ob SEB oder neu), welches das Ziel hat den Bedarf mit mind. 700 neuen Wohnungen zu befriedigen, auf der Tagesordnung. Auch benötigen wir mind. 300 neue Notunterkünfte, in der die Stadt Menschen zeitweise vor Obdachlosigkeit bewahren kann.

Die restlichen benötigten Wohnungen könnten von privaten Investoren, die man dabei mit unterstützen sollte, gebaut werden. Um das ehrgeizige Ziel von 700 Wohnungen zu erreichen müsste man in den nächsten Jahren allerdings noch mehr Kapital in die Gesellschaft einbringen.

Warum sollte die Stadt zwei Wohnungsbauunternehmen stützen und somit weiter auf ein totes Pferd wie die RBS setzen, statt ausschließlich auf das eigene neue Unternehmen? Auch könnte der Verkauf der Anteile an der RBS an die anderen kommunalen Gesellschafter (wenn möglich und diese daran Interesse haben) für erhebliches Kapital sorgen, welches eine städtische Wohnungsbaugesellschaft gut gebrauchen könnte, um eine offensive Bautätigkeit zu beginnen.

Schnell und solide bauen.

Pollmeier Holzhaus

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Um möglichst schnell solide Wohnungen zu bauen, kann auch den Bau von stöckigen Holz- oder Systemhäusern geprüft werden, welche ohne Keller, sehr kostengünstig und in wenigen Wochen an dezentralen Standorten errichtet werden könne. Solche Häuser erfüllen alle Standards und werden sehr gut von den Mietern angenommen.


Mutiges und beherztes Handeln für die Menschen.

Es gib viele offene Fragen, die gerechnet und geklärt werden müssen. Leider bleibt wenig Zeit, denn der Bedarf an Wohnungen steigt jeden Tag an. Nachdem Politik, Verwaltung und RBS Jahre versäumt haben, muss nun schnell und dennoch sorgfältig gesprüft werden. Die Politik muss mutig und beherzt entscheiden und dann entschlossen handeln und umsetzen. Vielleicht könnten dann schon im Sommer 2016 die ersten neuen Wohnungen fertiggestellt werden.

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Tomás M. Santillán lebt seit seinem ersten Lebensjahr in Bergisch Gladbach Refrath. Bekannt wurde Tomás M. Santillán als Antragsteller des Bürgerentscheid gegen des Cross-Border-Leasing 2003 und seine Kandidaturen als Bürgermeister und Landrat. Heute engagiert er sich in unabhängigen Initiativen...

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