
Krüger hat kräftig in seine Kaffee-Rösterei investiert und beschäftigt allein in Bergisch Gladbach deutlich mehr als 1000 Arbeitnehmer. Hier wird aktuell weiter ausgebaut. Foto: Archiv
Krüger ist ein wachsendes Unternehmen, das seine Produktion im Gewerbegebiet Zinkhütte stetig erweitert. Damit steigt auch der Platzbedarf für die Verwaltung, daher denkt das Unternehmen offenbar darüber nach, irgendwann einen modernen Neubau für die Verwaltung zu errichten. Überlegungen dafür gehen aus einem Antrag hervor, den ein Unternehmen in der Zinkhütte im Rahmen des Beteiligungsverfahrens für den neuen Flächennutzungsplan im Rathaus eingereicht hat und der von der Stadt in anonymisierte Form veröffentlicht wurde.
Am 21. Februar gab ein Bote im Stadtbauamt ein Schreiben ab, adressiert an Stadtbaurat Harald Flügge, abgeschickt offenbar von Lebensmittelkonzern Krüger. Im Anschreiben und einem vierseitigen Antrag bezieht sich der Antragsteller auf ein zuvor geführtes Gespräch bei der Stadt Bergisch Gladbach.
„Wie vereinbart …” beantragt das Unternehmen, eine „parkartige Grünfläche” und eine Waldfläche im Anschluss an das Gewerbegebiet Zinkhütte in eine „gewerbliche Baufläche” umzuwandeln. Gleichzeitig skizziert das Unternehmen einen Plan, dort ein Verwaltungsgebäude zu bauen. Dabei geht es um den Neuenborner Busch, östlich der Zinkhütte.
Als Anlagen angefügt sind eine Raumwiderstandsanalyse auf 48 Seiten sowie eine Raumordnungsrechtliche Stellungnahme auf 17 Seiten. Diese Unterlagen hat die Stadtverwaltung am 4. Juli mit weiteren 4434 Einwendungen und Anträgen zum Entwurf des Flächennutzungsplans veröffentlicht. Gründlich anonymisiert und in 18 riesigen, weder durchsuchbaren noch indexierten Datenpaketen ins Internet gestellt.
Auf eine Anfrage des Bürgerportals im Juni antwortete die Verwaltung, ein Vorhaben Krügers, ein Verwaltungsgebäude zwischen Bensberger Straße und Zinkhütte zu bauen, sei nicht bekannt. Das Unternehmen antwortete nicht.
Dennoch gründete sich in Heidkamp eine Bürgerinitiative und im neuen Entwurf der Stadtverwaltung für den FNP findet sich auf der Seite 1023 eine Stellungnahme der Verwaltung: Sie empfehle, eine gegenüber dem Antrag verkleinerte Fläche „für eine gewerbliche Nutzung in den Flächennutzungsplan aufzunehmen”. In der beigefügten Karte ist ein Areal zu erkennen, das östlich an das Krüger-Lager anschließt und sich bis zur Bensberger Straße zieht.
Die Bürgerinitiative ging jetzt in die Öffentlichkeit, Krüger erklärt auf Anfrage, man werde „informieren, sobald es etwas konkretes zu berichten gibt”.
In den veröffentlichten Dokumenten (B4426-170221, siehe unten) begründet der Antragsteller den Bedarf für eine Umwandlung mit dem starken Wachstum des Unternehmens. Der Antragsteller nennt offenbar konkrete Umsatz-, Mitarbeiter- und Quadratmeterzahlen sowie Investitionssummen. Diese Angaben sind von der Stadtverwaltung vor der Insnetzstellung getilgt worden.
Öffentlich macht Krüger seit Jahren keine Angaben zur wirtschaftlichen Entwicklung, die letzten Zahlen stammen aus einem Interview des Bürgerportals mit Ko-Geschäftsführer Marc Krüger von Ende 2013. Damals hatte der größte Arbeitgeber der Stadt gerade die neue Kaffeerösterei und Kapselproduktion fertig gestellt und die Zahl der Beschäftigten mit 4800 angegeben, davon 1200 am Standort Bergisch Gladbach.
Das im Antrag beschriebene Unternehmen wächst weiter. „In Kürze” werde eine weitere Investition die Mitarbeiterzahl weiter erhöhen. Erweiterungsmöglichkeiten innerhalb des Gewerbegebietes Zinkhütte seien „stark limitiert”.
Flächen, die jetzt noch als Mitarbeiterparkplätze genutzt würden, seien bereits verplant. Das ist in der Anlage 4 dokumentiert – die von der Verwaltung komplett unlesbar gemacht wurde.
Da der Antragsteller „die erfolgreiche Unternehmenspolitik – auch und gerade in Bergisch Gladbach zukünftig fortsetzen” wolle, werde über den Neubau der Verwaltungszentrale nachgedacht.
Dort soll laut Antrag die bislang auf verschiedene Gebäude verteilten Verwaltungsabteilungen in einem modernen Gebäude zusammenlegt werden, mit „attraktiver und nachhaltiger Architektur und Gebäudetechnik”. Neben Büros könnten dort auch Laborräume, eine Kantine, Ausbildungs- und Schulungsräume, Fitnessräume und ein Betriebskindergarten entstehen.
Durch den Neubau gewonnene Flächen auf dem alten Betriebsgelände könnten für neue Produktionseinrichtungen genutzt werden.
Der Neubau könne nur im „Freiraum” entstehen, der sich an die Zinkhütte anschließt. Also die Waldfläche des Neuenborner Buschs, die bis zur Bensberger Straße reicht und Teil eines überörtlichen Grünzuges ist. Um dem Widerpruch von Naturschützern zu entgegnen hatte der Antragsteller bereits eine sogenannte Raumwiderstandsanalyse und eine rechtliche Bewertung erstellen lassen. Diese lasse „eine Realisierung der Verwaltungszentrale im betreffenden Bereich möglich erscheinen” lassen.
In der Analyse heißt es, durch eine Erweiterung des Gewerbegebietes Zinkhütte werde die Waldfläche zwar verkleinert, „die Durchgängigkeit des Grünzuges” und seine „freiraum- und siedlungsbezogene Funktionsfähigkeit” bleibe jedoch erhalten, wenn bestimmte ökologische Auflagen eingehalten würden. Alternative Flächen für eine Erweiterung stünden nicht zur Verfügung, daher sei das Vorhaben „ausnahmsweise” auch mit dem Landesentwicklungsplan vereinbar.
Eine Beurteilung, der sich die Stadtplaner im Rathaus zum Teil anschlossen. Zwar gebe es im südlichen Bereich des Neuenborner Buschs sensible Biotope, aber im gesamten Gelände auch „einige Bereiche mit geringem Widerstand. Das bedeutet, dass für diese Bereiche der Eingriff in die Natur als vertretbar angesehen wird”, heißt es im überarbeiteten FNP-Entwurf der Verwaltung.
In Abstimmung mit der Bezirksregierung Köln empfehle die Verwaltung daher, „die neu abgegrenzte Fläche für eine gewerbliche Nutzung in den FNP aufzunehmen.” Wie groß diese Fläche ist wird nicht genannt, die beigefügte Skizze umfasst jedoch einen Streifen von rund 1,6 Hektar. Laut Bürgerinitiative hatte das Unternehmen zunächst 4,5 Hektar ins Auge gefasst.
Wie immer beim FNP geht es auch bei diesem Antrag zunächst nur um Potenzialflächen; bevor gebaut werden kann, müsste ein Bebauungsplan mit einer weiteren Bürgerbeteiligung statt finden.
Am Freitag, und damit noch vor der Bundestagswahl, wollen die Fraktionen von CDU und SPD zum ersten Mal Stellung zu konkreten Flächen im FNP nehmen. Am Dienstag tagen der Stadtplanungs- und Entwicklungsausschuss sowie der FNP-Ausschuss ab 17 Uhr im Bergischen Löwen, um über den Neuentwurf der Verwaltung abzustimmen. Danach kommt es zu einer zweiten Offenlage – und die Bürger haben erneut die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben, bis Ende 2018 soll der Flächennutzungsplan verabschiedet werden.

Eine Luftbildaufnahme von 1945 zeigt, dass der Wald jüngeren Datums ist. Foto: Screenshot Raumwiderstandsanalyse
Dokumentation: Die Antragsunterlagen (von der Stadt anonymisiert):
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Eigentlich kann man einem heimischen und ortsansässigen Unternehmen mit einem solchen Geschäftserfolg nur gratulieren, was ich hiermit von Herzen machen möchte, Glückwunsch an die Führung der Firma Krüger.
Das sind Wachstumsraten, da kann man nur von träumen. Wohin führt das aber automatisch? Plötzlich spielt man in einer anderen Liga. Diese andere Liga erfordert, dass man sich völlig anderen Fragen stellen muss. Wer als Gladbacher Bürger die Firma Krüger in Bergisch Gladbach vor Augen hat, der sollte mal diesen link benutzen:
https://www.krueger-unternehmen.de/de/standort
Mit dem Geschäftsmodell der Firma scheint ein großer Flächenverbrauch einherzugehen, zumindest vermitteln die Bilder des firmeneigenen Internetauftritts mir diesen Eindruck.
Die Fragen die sich da stellen bewegen sich mit Sicherheit nicht nur im Bereich der Finanzierung dieses Wachstums, der operativen Umsetzung der jeweils standortbezogenen Maßnahmen für dieses Wachstum, um die Sicherstellung von Produktqualität, Mitarbeiterzufriedenheit, Vertriebserfolg und Kundenzufriedenheit sondern u.a. auch um CSR, Corporate Social Responsibility. Und es gibt weitere Fragen.
Wenn ich mit meinem Unternehmen dann mit den Wurzeln in einem innerstädtischen Industriegebiet liege, dann stellt sich auf diesem Wachstumspfad unweigerlich die Frage nach den Grenzen des Wachstums am Gründungsstandort. Die Heimatstadt zu beglücken, das ist eine tolle Sache und auch als Vorhaben gut gemeint, aber gut gemeint ist nicht auch zwingend gut gemacht, bitte nicht gegen den Willen der Bürger.
Die Verwaltung hat hier mit ihrer Informationspolitik der Firma einen Bärendienst erwiesen. Eine offensive Diskussion der Beteiligten mit allen Konsequenzen die sich daraus ergeben, die wäre für alle hilfreich gewesen. So verstärkt man nur das vorhandene Misstrauen.
Bei der letzten Erweiterung wurde von seiten der Bezirksregierung schon signalisiert, dass nun Schluss sei… aber mit einer schwarz-gelben Landesregierung sieht das natürlich nun ganz anders aus.
Warum Mitarbeiterparkplätze ebenerdig angelegt werden dürfen und nicht erst überbaut werden müssen, bevor neue Flächen geopfert werden, zeigt wie wenig die Stadt hier gewillt ist, gestalterisch einzugreifen.
Wer sich seine Umweltgutachten selbst schreiben läßt und erwarten kann, dass schon alles seinen vorbesprochenen Weg geht, hat doch schon gewonnen.
Grünzüge, Freiraum, Gleisanschluss – alles zu grüner Quatsch und zu vernachlässigen. Und die GroKo wird es absegnen.
Ein Trauerspiel.
Am 21.02.2017 erhielt Herr Flügge ein Schreiben, in dem die Fa. Krüger ihre weiteren Expansionswünsche konkretisierte. Entweder ignorierte die Verwaltung das Schreiben oder Herr Flügge hat es in seinem Schreibtisch verborgen oder es ist sonst wie untergetaucht. Sollte es aber incl. der „Vorgespräche“ und „wie vereinbart“ in der Verwaltung bekannt gewesen sein, haben die Herrschaften dort das Bürgerportal anlässlich dessen Anfrage im Juni ’17 schlicht und einfach BELOGEN. Wenn der „Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplans“ im Juni noch nicht „bekannt“ gewesen ist, hätte er kaum am 04.07 ’17 in den Eingaben der Bürger zum FNP-E. auf listige Art verborgen werden können. Hier wird ein perfides Spiel von Industrie und Verwaltung mit der Bevölkerung getrieben, das seines Gleichen sucht.
Krüger mag der größte Arbeitgeber in Bergisch Gladbach sein und vielen Menschen Lohn und Brot geben. Ob die Firma auch hier ihre Steuern zahlt, bleibt aber wegen bisher nicht veröffentlichter Zahlen verborgen und kann angezweifelt werden. Die Verwaltung rennt blind in die Falle, in die sie schon früher tappte, als es um das Hochregallager ging. Spinnt man den Faden weiter, und bleibt Krüger erfolgreich, muss man alle restlichen Flächen, nach der die Krake Krüger ihre Arme ausstrecken könnte, schon jetzt abschreiben. Die Stadtverwaltung wird immer wieder einknicken, wenn Krüger behauptet, man müsse dem eigenen Wachstum gerecht werden und auf weiteren, bisher nicht zum Areal der Firma gehörenden Flächen neue Bauten errichten. Dass dabei andere Brachflächen im Eigentum von Krüger unbebaut bleiben, die durchaus den Hunger des Unternehmens nach Produktions- oder Dienstleistungs-Fläche stillen würde, scheint die Verwaltung nicht zu kümmern.
Auf eine einzelne Firma, deren Zukunft ebenso abhängig ist von heute unbekannten Entwicklungen und die am Beginn des Zeitalters der Digitalisierung von dieser in erheblichem Umfang Nutzen in Form von Mitarbeiterentlassungen weiteren Profit erzielen wird, setzt die Verwaltung unserer Stadt erneut einen Teil der Zukunft Bergisch Gladbachs in unverantwortlicher Weise. Man muss sich fragen, warum im Rathaus keiner merkt, dass Krüger die Verwaltung an der Nase durchs Dorf führt. Die Beantwortung dieser Frage lädt zu erheblichen Spekulationen ein.