Im Hauptausschuss wie im Stadtrat sitzen sich Verwaltung und Politik gegenüber.

Damit die Stadt ab 2020 ohne neue Schulden auskommt, sind erhebliche Einsparungen notwendig – oder aber Steuererhöhungen. Daher will die Verwaltung jetzt sehr gründlich prüfen, wo gesparen werden kann. Und wie sie selbst organisiert ist. Aber dafür seien erst einmal höhere Ausgaben notwendig. 

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In einer Vorlage für die heutige Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses stellt schon der erste Absatz klar, dass der ersehnte Haushaltsausgleich, die so genannte Schwarze Null, im kommenden Jahr nur dank der Auflösung stiller Reserven gelingt. Damit die Stadt auch in den Jahren danach ohne frische Kredite auskommt, müsse sie mehr einnehmen oder weniger ausgeben – und zwar in der Größenordnung von 25 Millionen Euro pro Jahr.

Mit der Lösung dieses Dilemmas hatte der Stadtrat die Verwaltung bereits im Dezember beauftragt, mit einem Haushaltsbegleitbeschluss. Dabei solle, so die Politik, auch beim Personal nach Einsparungen geforscht werden.

Kann man machen, erklärt die Verwaltung. Aber nur, wenn man auch über die Aufgaben der Verwaltung spricht. Weniger Personal gleich weniger Kosten – und weniger Leistungen. Formal wird das so ausgedrückt:

„Die politisch geforderte Einsparung von Personalaufwand kann (…) nur im Zusammenhang mit den angebotenen Leistungen der Stadtverwaltung gesehen werden. Diese ist ein großes Dienstleistungsunternehmen, welche sich regelmäßig dadurch auszeichnen, dass die Personalkosten den wesentlichsten Faktor auf der Aufwandsseite darstellen. Wie mehrfach durch die GPA (Gemeindeprüfanstalt, die Red.) bescheinigt, sind die Potentiale an Personaleinsparung, welche nicht zu einem für die Kunden – also Bürger und Stadtrat – spürbaren Output-Verlust sorgen, bereits seit einiger Zeit gehoben. Und auch die Praxis zeigt, dass das aktuelle Aufgabenportfolio mit der aktuellen Personalausstattung kaum noch aufrecht gehalten werden kann.”

Hinzu kommt, auch dazu gibt es für den Hauptausschuss eine Vorlage, dass die Stadt  jetzt endlich über die Organisation der Verwaltung und über die Struktur der städtischen Beteiligungen entscheiden muss. Dazu wurde bereits eine Anwaltskanzlei und ein Wirtschaftsprüfer mit einer Untersuchung beauftragt, deren Ergebnisse jetzt vorliegen.

Rathaus Bensberg. Foto: Markus Ruhkiek

Im Bensberger Rathaus tagt nicht nur der Rat, hier sitzen auch große Teile der Verwaltung. Foto: M. Ruhkiek

Kontrolle funktioniert nicht

Die Ergebnisse in Kurzform: Die Beteiligungsstruktur der städtischen Gesellschaften ist im Prinzip in Ordnung. Offen ist „nur”, ob die eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen (Immobilienbetrieb, Abwasserwerk, Abfallwirtschaftsbetrieb) zu einem „Eigenbetrieb Daseinsvorsorge“ zusammen gelegt werden sollen.

Wichtiger ist jedoch, dass die Steuerung und Kontrolle der Beteiligungen nicht funktioniere und auch die  effektive politische Kontrolle nicht gegeben sei. Daher müsse die Steuerung grundsätzlich überarbeitet werden.

Hier kommt also eine Menge zusätzlicher Arbeit auf die Verwaltung zu. Das aber, heißt es in der Verwaltungsvorlage ausdrücklich, „erfordert hinreichende Ressourcen sowohl in finanzieller auch in personeller Hinsicht. Die derzeitige Ausstattung ist nicht ausreichend, um die beschriebene Qualitätsverbesserung zu erreichen”.

Also: mehr Personal. Aber gleichzeitig (siehe oben) soll die Verwaltung mit weniger Personal auskommen. Wie das?

Priorisierung aller Aufgaben

Die Verwaltung schlägt nun vor, alle Leistungen auf den Prüfstand zu stellen. Um herauszufinden, auf welche Leistungen verzichtet werden darf – und wie wichtig die anderen Aufgaben jeweils sind.

Das soll in einem mehrstufigen Verfahren geschehen, angefangen mit einem einfachen Fragebogen bis hinauf in die Verwaltungsspitze. Ergebnis soll ein flächendeckender Vorschlag der Stadtverwaltung an den Stadtrat sein, der sagt, welche Leistungen „zur intensiveren Prüfung” vorgeschlagen werden und welche weniger sinnvoll sind.

Dann liegt der Ball wieder bei der Politik, den Fachausschüssen und dem Stadtrat. Der soll entscheiden … . Nein, nicht welche Leistungen gestrichen werden sollen. Sondern „mit welchen Leistungen sich die Verwaltung im nächsten Schritt noch intensiver auseinandersetzen soll”.

Am Ende, so die Vorstellung der Verwaltung, gibt es „eine Priorisierung der städtischen Leistungen und somit die Schaffung einer Grundlage, auf welcher künftig entschieden werden kann, in welcher Reihenfolge auf Leistungen bei fehlendem Personal oder bei Einsparzwängen verzichtet werden kann.”

Nach dem Motto: uns fehlen 2,5 Millionen Euro? Dann werden also die nächsten X Punkte auf der Prioritätenliste gestrichen.

Die Amtszeit von Bürgermeister Lutz Urbach endet im Herbst 2020. Zuvor wird auch ein neuer Stadtrat gewählt.

Die Alternative? Steuererhöhungen

Allerdings, es gibt „immer” eine Alternative zur Streichung von Leistungen, heißt es in der Vorlage der Verwaltung: „Dieser Verzicht wird allerdings immer in Konkurrenz zu Steuererhöhungen betrachtet werden müssen.”

Konkret: Am Ende muss der Stadtrat entscheiden, ob er eher eine Erhöhung der Grundsteuer beschließt – oder (nur als Beispiel) die Ausgaben für die gefühlte Sicherheit oder die Sauberkeit reduziert.

Die Hoffnung der Verwaltung, und damit auch eine Begründung für den vorgeschlagenen aufwendigen Prozess ist diese: „Die hieraus resultierende Entscheidung kann auf einer solchen Basis der Bürgerschaft sehr konkret vermittelt oder sogar mit dieser diskutiert und abgewogen werden können.”

Zudem werde damit dem neuen Stadtrat (der im Herbst 2020 neu gewählt wird) eine gute Arbeitsgrundlage geschaffen werden, heißt es in der Vorlage. Nicht erwähnt wird dort, dass es 2021 auch einen neuen Bürgermeister geben wird. 

Dokumentation

Vorlage Haushaltsbegleitbeschluss

 Vorlage Optimierung der Konzernstrukturen 

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Neue Risiken für den städtischen Haushalt

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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3 Kommentare

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  1. Stadt stellt alle Aufgaben auf den Prüfstand. Überraschung?

    Tagesgeschäft bei Haushaltssicherung ist das! Wer hat’s gemacht?

    Als Bürger kann man sich nur die Augen reiben. War doch noch alles in bester Ordnung mit den Finanzen. Haushaltssicherung ja, allerdings mit der tollen Perspektive, ab 2020 ist es vorbei damit. Nur deshalb, so wurde der Eindruck vermittelt, ist es möglich, viele Projekte der Stadt neu und parallel anzugehen. Auch das war zum Augenreiben.

    Der Kauf des Zanders Geländes, eine Jahrhundert Chance, mit anschließender Steuerungs-, Planungs- und Verwaltungsverantwortung als Eigentümer. Von einer Entwicklung der Immobilie unter den besonderen Bedingungen Innenstadtlage, laufender über das Gelände dislozierter Betrieb einer Papierproduktion auf dem erworbenen Gelände, veraltete und teils notleidende Infrastruktur mit Investitionsstau und lange bekannte Finanznot des Unternehmens. Geradezu eine Rettungstat war das, so wurde es verkauft, bei gleichzeitigem Erwerb eines städtischen Filetgrundstücks.

    Die Jahrhundertplanung der Umsetzung einer verbesserten Anbindung der Innenstadt von Bergisch Gladbach nach Köln, die erfährt mit dem Projekt des zweiten S-Bahngleises einen Durchbruch. Allein für dieses Projekt werden in vielen Bereichen Ressourcen gebunden. Solche nur mit vielen Beteiligten umzusetzende Projekte sind sehr aufwendig, wie man weiß, deshalb dauern sie u.a. auch so lange. Es besteht ein hoher Abstimmungsbedarf, wenn es denn gelingen soll.

    Das Stadthaus, Sanierung oder Neubau, ganz nebenbei schon mal eine architektonisch ansprechende Lösung mit Kino vorgelegt am bisherigen Standort der Verwaltung, das könnte vielleicht hilfreich bei der Entscheidung für ein neues Stadthaus sein, zumindest aber die Stimmung heben. Dann die Planung des Stadthauses neu, bietet sich ja an am Bahnhof, wobei die Ausgangswerte der Kalkulation für den Neubau sich leicht erhöht haben, ca. das doppelte der zuerst genannten Summe. Die kann man aber natürlich nicht vergleichen, es ist ein ganz anderes Gebäude, als bei der ersten Kostenschätzung.

    Die Tiefbau Maßnahmen in der Stadt zum Hochwasserschutz sind noch nicht abgeschlossen, ob nötig oder nicht, die Umsetzung des InHK Bensberg ist stark erklärungsbedürftig, die Sanierung und Verlegung der Abfallwirtschaft wird durchgeführt, der FNP wird mal eben verabschiedet, die Antworten auf die Einsprüche lassen noch auf sich warten und die Straßenausbauplanungen laufen auf Hochtouren, die Verlängerung der Linie 1, CargoCap, eine Seilbahn durchs Tal der Strunde, der Bahndamm immer noch unbeantwortet und Krüger plant in der Kaltluftschneise. Das alles ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
    Wie geht das alles, wenn man aus den Beratungsergebnissen zugespitzt formulieren kann in irritierender Kurzform:

    „Die Beteiligungsstruktur der städtischen Gesellschaften ist im Prinzip in Ordnung. Offen ist „nur”, ob die eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen (Immobilienbetrieb, Abwasserwerk, Abfallwirtschaftsbetrieb) zu einem „Eigenbetrieb Daseinsvorsorge“ zusammen gelegt werden sollen. Wichtiger ist jedoch, dass die Steuerung und Kontrolle der Beteiligungen nicht funktioniere und auch die effektive politische Kontrolle nicht gegeben sei. Daher müsse die Steuerung grundsätzlich überarbeitet werden“.

    Die Verwaltung reagiert dann auf die Frage nach möglichen Einsparungen ganz bewährt, weil oft geübt mit der Aussage:

    Kann man machen (einsparen), aber nur, wenn man auch über die Aufgaben der Verwaltung spricht. Weniger Personal gleich weniger Kosten – und weniger Leistungen.
    Ein bekannter Reflex der dann da auftaucht, hier scheint für alle Beteiligte dringlich noch „room for improvement“.

    Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass ich gegen alle diese Projekte sei, weit gefehlt.

    Allerdings, hier brennt die Hütte meine Damen und Herren vom Rat der Stadt. Ein Haushaltsdefizit von 25 Millionen Euro ist nicht mal eben auszugleichen, wie wir aus leidvoller Erfahrung wissen. Wenn auch eine Stadt nicht vor einer Entlassungswelle steht oder Konkurs anmelden muss, wie das sonst üblich ist in der Industrie. Wer soll denn all die sichtbaren und auch noch nicht bekannten Lasten aus den vielen Projekten der letzten städtischen „Immobilieninitiativen“, ein wahrer Zunami für Bergisch Gladbach, wer soll die tragen?
    Alle Projekte gehören nach diesen öffentlich gemachten Erkenntnissen auf den Prüfstand, nicht nur die Aufgaben sollten kritisch untersucht werden. Das ist für eine Kommune unter Haushaltssicherung sowieso Tagesgeschäft, zumindest sollte das so sein und der Bürger kann das so erwarten von seiner Verwaltung. Also was soll das, die Aufgaben auf den Prüfstand zu stellen?

    Alle Projekte, auch die „Imageprojekte“ der Stadt, ja sogar die geförderten Projekte gehören mit einbezogen, da auch diese den Steuerzahler in GL auf Sicht Millionen kosten werden. Wollen wir den nächsten Generationen auch hier, wie beim Thema Nachhaltigkeit die Lasten dessen aufbürden, was wir „verfrühstückt“ haben?

    Warum nicht den Neustart mit einem Stadthaus in den denkmalwürdigen Gebäuden der Firma Zanders? Mehr Identität geht kaum, zumal diese Gebäude erhalten und unterhalten werden müssen. Eine solche Lösung kann man sich in Engelskirchen ansehen, aus Erfahrung lernen.

    Vielleicht ahnten die bodenständigen Bürger von Bergisch Gladbach auch schon viel früher den tatsächlichen Finanzstatus Ihrer Stadt, weshalb sich der Bürgermeister Anfang letzten Monats veranlasst sah, sich mit einem nicht wirklich überraschenden Statement zu Wort zu melden:
    „Bergisch Gladbach ist mir viel zu wenig selbstbewusst”

    Ob das Eine, das Verhalten und die Finanzsituation etwas mit dem andern, dem Mangel an Selbstbewusstsein zu tun hat?

  2. Die Hintergründe hat Herr Schulze gut erklärt.

    Zwei Ergänzungen meinerseits: Unternehmer, die sich in bundesweit ausgestrahlten Reportagen damit brüsten, dass sie keine bzw. kaum Steuern in der Stadt lassen, sollten nicht nur bei Flächenzuweisungen unberücksichtigt bleiben, man sollte für sie auch keine innerstädtischen „Ortsumgehungen“ planen. Alleine dafür werden an Externe regelmäßig stolze Summen verteilt. Dazu kommen weitere interne Kosten für das beteiligte Personal.

    Die Grundsteuererhöhung wird sicher kommen. Fraglich ist es, ob es dem Kämmerer gelingt, diese auf die kommende Gesetzesänderung zu schieben bzw. sie darein einzubetten, damit bei der Kommunalwahl keiner auf die Lokalpolitik zeigt.

  3. Bei einem jährlichen Defizit von 25 Mio. Euro ist zu wünschen, dass wirklich alle geplanten Ausgaben auf den Prüfstand kommen, ab sofort und incl. Betrachtung der großen, z.T. mehrjährigen Projekte, wie z.B. dem neuen Stadthaus.

    Stattdessen soll wohl erst in 2 Jahren angefangen werden zu sparen, und dann auch nur bei den Kosten für Leistungen gegenüber den Bürger*innen, Investitionen scheinen keine Rolle zu spielen.

    Fast scheint es, als würden sich der derzeitige Stadtrat und der Bürgermeister über die Zeit retten wollen. Die Anwendung des „schütt-aus-hol-zurück“-Verfahrens verschönt einmalig den aktuellen Haushalt. Die strukturelle Lösung des Finanzproblems von GL dagegen soll offensichtlich den ab 2021 Verantwortlichen überlassen werden. Über begründeten Widerspruch zu dieser Vermutung würde ich mich allerdings freuen…

    Bei dieser Gelegenheit mag man sich -wieder einmal- fragen, weshalb Bergisch Gladbach eigentlich chronisch pleite ist. GL macht doch den Eindruck einer „gesunden“ Stadt: Die Bevölkerung nimmt zu, die Einwohner verfügen zunehmend über eine mehr als durchschnittliche Kaufkraft, die Unternehmen scheinen erfolgreich zu agieren (Zanders aktuell natürlich leider ausgenommen), die Beteiligungsgesellschaften der Stadt machen grundsätzlich Gewinne und die Grundsteuer wird immer wieder angehoben.

    Ein wesentlicher Teil der Antwort darauf ist sicherlich, dass die größten Unternehmen von GL ihre Gewerbesteuer i. W. außerhalb von GL und von Deutschland entrichten.
    Diese Erkenntnis bringt natürlich keinen Cent mehr in die Kassen, sei dem Stadtrat aber doch zumindest in Erinnerung gerufen, wenn er z.B. über die -manchmal großzügige- Zuteilung von Grund und Boden (dem Kapital der Stadt) innerhalb des Flächennutzungsplanes bzw. Bebauungsplanes entscheidet.

    Darüber hinaus leidet der lokale Handel wahrscheinlich zunehmend unter dem Wettbewerbsdruck des Online-Geschäftes, so dass dieser Teil der Gewerbesteuer unter Druck bleibt.

    Einen weiteren Teil der Antwort soll nun offensichtlich die beschriebene Analyse der Kostenstruktur der Stadtverwaltung liefern. Man darf gespannt sein.

    Eines ist jedenfalls sicher: Die Erhöhung der Grundsteuer steht an und das Leben in GL wird teurer. Stadtrat und Stadtverwaltung sollten sich nicht damit abfinden und umfassend und sofort gegenzusteuern.