Die Laurentiusstraße soll nun in einer einjährigen Testphase zur Fahrradstraße werden

Bei der nächsten Sitzung des Ausschusses für Strategische Stadtentwicklung und Mobilität steht das Thema Radverkehr vielfach auf der Tagesordnung. Die Haltung der Verwaltung zum Vorschlag, die Laurentiusstraße zur Fahrradstraße zu machen, zeige jedoch, dass das Thema Verkehrswende dort noch nicht angekommen ist, urteilt der ADFC Rhein-Berg.

Bei der ersten Sitzung des Ausschusses für Strategische Stadtentwicklung und Mobilitätletzten (ASM) im November 2020 stand die Förderung des Radverkehrs am Beispiel Laurentiusstraße auf der Agenda – die für Radfahrende in beide Richtungen frei gegeben werden soll.

Hinweis der Redaktion: Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Stellungnahme des Vorsitzenden des ADFC Rhein-Berg, Bernhard Werheid. Die gesamte Tagesordnung der Ausschusssitzung mit allen Dokumenten finden Sie im Ratsinformationssystem.

Die Stadtverwaltung hatte drei Vorschläge erarbeitet, wie die gegenläufige Verkehrsführung in der Einbahnstraße funktionieren sollte. Damals beschloss die Politik, eine vierte Lösung zu fordern: Die Einrichtung einer Fahrradstraße.

Hierbei ist folgender Hintergrund interessant: In Köln gibt es weit mehr als 80 Fahrradstraßen und monatlich kommen neue hinzu. Die erste wurde 1993 eingerichtet, der Radverkehrsanteil liegt aktuell bei 25 Prozent.

Und Bergisch Gladbach? Der Fahrradanteil liegt hier bei 4 Prozent. Hier gibt es keine Fahrradstraßen, keine Einzige!

Der ADFC hat dies seit Jahren gefordert, ohne Erfolg. Letztes Jahr hatte die CDU im Verkehrsausschuss die Frage an ein Planungsbüro gestellt, was Fahrradstraßen eigentlich bedeuten. So kann man keine Verkehrswende machen. Aber die Zeiten haben sich ja seit der letzten Kommunalwahl geändert, oder?

Man hat leider etwas vergessen. Man hat den Planern und der Straßenverkehrsbehörde von der Verkehrswende nichts erzählt. Also entscheiden sie wie es schon früher funktioniert hat. Das zeigt sich in der Beschlussvorlage für die nächste Sitzung des ASM am 23. Februar.

In der Vorlage plädiert die Verwaltung – wenig überraschend – für die alte Variante 3 als Vorzugsvariante. Also für die Einrichtung eines Schutzstreifens für Radfahrend. Da braucht man nur ein paar Striche auf die Fahrbahn zu malen. Die Variante 4, die Fahrradstraße, wird dagegen verworfen.

Interessant ist die Argumentation: Die Verwaltung behauptet, dass der Radverkehr nicht die dominierende Verkehrsart in Bergisch Gladbach ist und auch in Zukunft nicht sein wird.

Und sie hat Recht! Wenn man den Radverkehr auf diese Art und Weise boykottieren kann, wird es in unserer Stadt keine Verkehrswende geben. Auch deshalb ist der ASM am kommenden Dienstag die Nagelprobe für die 3er-Koalition.

Was steht sonst noch an?

Top 9: Straßenbauprogramm Erneuerung Elfenpfad (gegenüber Kreishaus). Kosten 160.000 Euro. Jeder Bürger der Stadt kann der Straße einen Besuch abstatten, um sich selber ein Bild zu machen.

Top 12. Antrag, den Radschutzstreifen auf der Altenberger Dom Straße auf max. mögliche Breite zu vergrößern Die Stellungnahme der Verwaltung ist sehr witzig. Nach dem Motto: Wer nicht will, dem fällt schon so einiges ein: „Die Verkehrsteilnehmer sind so sehr an die Aufteilung des Straßenraumes gewöhnt, da kann man doch nicht …“ und „die Markierungen würden auf einer zunehmend sanierungsbedürftigen Fahrbahndecke aufgetragen“

Top 14: Die FWG möchte die Radverkehrsachse (schon wieder Fahrrad-Thema) Rösrath-GL-Leverkusen entwickeln lassen. Sehr vernünftig! Die Stadtverwaltung hat beim Kreis (die haben die komplette Planung bezahlt) angerufen und nachgefragt, ob der Kreis da was geplant hätte. Auch sehr witzig – das ist nun wirklich Aufgabe der beteiligten Kommunen)

Top 21: Schaffung einer Investitionstransparenz Ausbau des Radinfrastruktur (sehr wichtig).

Top 22: Stadtradeln fördern (letztes Jahr war keine Zeit, dafür aber Corona).

Ganz schön viele Fahrradthemen – ich bin gespannt.

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Seit Gründung des ADFC Kreisverbandes RheinBerg-Oberberg e.V. in 2013 bin ich im Vorstand, seit Herbst 2015 Vorstandsvorsitzender.

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4 Kommentare

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  1. Die Verwaltung ist noch nicht in der Verkehrswende angekommen. Das glaube ich nicht. Aber sie hat ja nicht nur das Wunschdenken der Radfahrer zu befriedigen, es gibt ja auch noch andere Verkehrsteilnehmer. Kradfahrer, Rollstuhlfahrer und nicht zuletzt die Autofahrer. Alle haben ihre Berechtigung und das sollte keiner abstreiten. Aber was ich glaube, es gibt Menschen die nicht begreifen wollen, dass nicht alles machbar und möglich ist. Die Stadt ist gewachsen wie sie ist und unser Leben ist mit dem Wachstumsmotor auf eine Ebene des stetigen neuen Anspruchsdenken gelandet. Was ich nicht will, ich bin 85 und meine Kiste soll nicht mit dem Lastenrad auf den letzten Weg gehen.

  2. Kleine Korrektur:
    In der Novembersitzung des ASM wurde nicht die Einrichtung einer Fahrradstraße ‚gefordert‘, sondern lediglich die Verwaltung beauftragt, diese Option ebenfalls zu prüfen. Mit dem erwartbaren Resultat: Es wurden alle Argumente zusammengesucht, die auch nur irgendwie dagegen sprechen (könnten).

    Es stimmt, Bergisch Gladbach hinkt beim Radverkehr gegenüber anderen Städten etwa 20 Jahre hinterher. Die Verwaltung hat daran mit Sicherheit ihren Anteil, auch wenn es unfair wäre, ihr den alleinigen Schwarzen Peter zuzuschieben.
    Fahrradstraßen sind ein wichtiges Element der städtischen Verkehrswende, um Radfahrenden mehr Sicherheit zu geben und für mehr Gleichberechtigung der Verkehrsmittel zu sorgen. Es ist gut, wenn darüber endlich ernsthaft geredet und auch
    gehandelt wird! Ob die Laurentiusstraße dabei ein geeignetes erstes ‚Versuchsobjekt‘ ist, sei dahingestellt – das möge der Ausschuss entscheiden. Ich frage mich, was der Sicherheit hier dienlicher wäre: ‚Fahrradstraße‘-Schilder an den Straßenenden – oder visuelle Markierungen auf dem Boden, die Autofahrende deutlich auf Fahrrad-Gegenverkehr hinweist?

    An die Vorkommentierenden:
    Das Kernproblem ist und bleibt, dass seit Jahrzehnten ausschließlich der motorisierte Verkehr gefördert wurde und diesem 90% des verfügbaren Verkehrsraums zugestanden wird. Fußgänger und Radfahrende müssen sich allzuoft um die verbleibenden 10% streiten – natürlich kommt es da mal zu Konflikten.

  3. Werter Radfahrer,
    wie wahr, wie wahr, Ihr Kommentar, was Herrn Werheid gewaltig gegen den Strich gehen wird. In keinem seiner mir bekannten Stellungnahmen lässt der oberste Radfahrer GLs Kritik an den Radfahrer aufleben, es sind immer nur die Autofahrer. Das mutet an wie, als wenn er den Teufel mit dem Beelzebub austreiben will, wobei Letzterer die Radfahrer sind.

    Damit kein falsches, mir schon nachgesagtes Bild entsteht: Es müssen sehr viele Auto von der Straße weg, aber nicht alle. Es muss viel mehr für Radfahrer getan werden, aber nicht alles. Warum z.B. die Laurentiusstraße Fahrradstraße werden m u s s , erschließt sich mir nicht. Wer m u s s denn diese Straße auf dem Weg zu Innenstadt unabänderlich mit dem Fahrrad nehmen? Das ist ein reines Politikum, eine Machtprobe, die Herr Werheid gerne gewinnen will.

    Man sollte sich hüten, die Verkehrssituation derart einseitig zu sehen wie der ADFC. Jesus konnte zwar aus Wasser Wein machen, Herr Werheid aber nicht aus einem beherrschend motorischen Individualverkehr in kurzer Zeit eine Fahrradwelt. Natürlich wäre das eine Idealsituation, aber es werden alte Menschen, Menschen mit Behinderung, Eltern mit Kindern etc. vergessen.

    Darum, nur in der Gesamtbetrachtung der Verkehrssituation liegt der Segen, nicht plötzlich in der einseitigen Bevorzugung von Radfahrern, wenn die auch viel zu lange benachteiligt wurden.

  4. Sehr richtig! Schafft endlich den privaten und geschäftlichen Autoverkehr ab! WIR RADFAHRER FORDERN und was andere Verkehrsteilnehmer wollen, interessiert uns nicht besonders. Sollen die doch sehen, wie sie klar kommen.
    ICH fahre nicht auf dem Radweg, weil der so uneben ist. ICH rase auf dem mir genehmen (ebenen) Radweg ohne Rücksicht auf Fußgänger. ICH fahre gegen die allgemeine Fahrtrichtung, weil mir ein Wechsel auf die andere Straßenseite nicht zugemutet werden kann. ICH klingele Fußgänger einen halben Meter rückwärtig an, damit sie endlich Platz machen; mangels Klingel am Rad überhole ich einfach so – sollen die blöden Fußgänger doch gefälligst aufpassen. ICH habe als Radfahrer im GL-Kreisel grundsätzlich Vorfahrt usw. …

    Der ADFC macht sich die Mühe, Verbesserungen für Radfahrer vorzuschlagen. Dass diese manchmal über das Ziel hinaus schießen ist, wie bei anderen politischen Forderungen, normal. Leider werden die Bemühungen des ADFC um ein vernünftiges Miteinander aller Verkehrsteilnehmer durch die Mehrzahl der Radfahrer in Frage gestellt.