Bei der Katholischen Jugendagentur gibt es mit Serv In und InBeCo zwei Beratungsstellen, die Kindern und Jugendlichen mit Behinderung helfen, einen Platz in der Mitte der Gesellschaft zu finden. Der 12-jährige Daniel hat hier einen Weg gefunden, in einem Verein Fußball zu spielen. Hört sich trivial an, ist es aber immer noch nicht.

Daniel spielt Fußball. Jeden Samstagmorgen fährt der zwölfjährige Junge zum Training des BSV Viktoria Bielstein. Ein ganz normales Hobby? „Nein, das war ein langer Weg bis dorthin“, erzählt Anne Skribbe von der Katholischen Jugendagentur Leverkusen, Rhein-Berg, Oberberg. Sie leitet für die KJA die beiden Beratungsstellen InBeCo und Serv In. 

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Diese Service-Stellen sorgen im Rheinisch-Bergischen und im Oberbergischen Kreis dafür, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung ihren Weg in unser aller Gesellschaft finden. Dafür unterstützen Serv In und InBeco Familien bei der Suche nach Freizeitangeboten und helfen bei der gesamten Umsetzung mit.

So organisieren sie beispielsweise Begleitpersonen oder Fahrdienste. Sie sind auch beim ersten Zusammentreffen dabei, etwa wenn das Kind und seine Familie zum ersten Kennenlernen ins Jugendzentrum vor Ort gehen und man sich mit den Mitarbeitenden des Jugendzentrums trifft. 

Genau diesen Mitarbeitenden von Vereinen, Jugendzentren oder Ferienfahrten greifen Serv In und InBeCo ebenfalls unter die Arme. Sie coachen alle, die lernen möchten, wie sie Inklusion in ihren Freizeitangeboten umsetzen können. 

Anne Skribbe leitet die Beratungsstellen InBeCo und Serv In.

Was machen Kinder mit Behinderung nach der Schule?

Im Zweifel unternehmen Kinder mit Behinderung außerhalb der Schule wenig und haben kaum Kontakte. „So war das auch bei Daniel“, sagt Skribbe.

Einerseits müssten Jugendliche mit Behinderung meist weite Wege zur Förderschule fahren und wären unter der Woche erst spät nachmittags zu Hause, berichtet sie. Dann fehlten meist Zeit und Energie, um noch etwas zu unternehmen.

Einfach in der Nachbarschaft klingeln gehen, das ginge für Daniel nicht. Kontakte im Wohnumfeld seien die Ausnahme, berichtet Skribbe.

Ich erlebe das wirklich nur sehr selten, dass Kinder mit Behinderung andere Kinder in ihrer Wohngegend überhaupt kennen.

Anne Skribbe

Wie ist es, wenn dich an deinem Wohnort niemand kennt?

Das möchte Skribbe ändern: „Für mich ist es eine Art Grundrecht, dass man als Mensch dort, wo man wohnt, bekannt ist. Dass Daniel, wenn er aus der Haustür kommt, bekannte Gesichter sieht und auch die anderen wissen: ‘Das ist der Daniel.‘“

Darum macht sie sich dafür stark, dass Daniel mindestens am Wochenende und in seinen Schulferien die Welt der Menschen mit Behinderung auch mal verlässt, denn diese Welt ist in sich recht geschlossen. Ziel ist es, dass der Junge sich in die Freizeitangebote und unter die Jugendlichen in seiner Umgebung mischt.  

Genau dasselbe wünscht sich auch Ramona Beer für ihren Sohn Daniel: „Es gibt insgesamt zwölf Wochen Schulferien. Ohne Förderschule sieht Daniel so gut wie keine anderen Kinder. Das kann lang werden.“

Beratung für Familien und für Anbieter von Freizeitangeboten

Im Rheinisch-Bergischen Kreis: 
InBeCo
Service-Stelle für Inklusion in der Freizeit
Mail: kontakt@inbeco
Telefon: 02202 – 936 22 – 46
Dr.-Robert-Koch-Str. 8, 51465 Bergisch Gladbach
Alle Beiträge über InBeCo

Im Oberbergischen Kreis:
Serv In
Service-Stelle für außerschulische Inklusion
Mail: kontakt@serv-in.de
Telefon: 02266 – 46 40 160
Adresse: Pfarrgasse 2a, 51789 Lindlar

TikTok Tänze tanzen, englische Songs verstehen

Gleichzeitig sind Veranstalter selten, die ein Kind mit Behinderung in ihre Angebote aufnehmen. Das hat auch Daniels Mutter erlebt: „Es gab viel Ablehnung, die sehr wehtut. Das hat mich aber auch zur Kämpferin gemacht.“

Schließlich hat Ramona Beer bei Serv In im Oberbergischen angefragt. „Das erste Treffen war nicht leicht für mich. Ich musste erstmal Vertrauen aufbauen“, erzählt sie. Auch für Daniel war es wichtig, sich persönlich mit den die Mitarbeiterinnen von Serv In zusammenzusetzen. Nur so konnte er erzählen, was er sich für seine Freizeit wünscht. „Etwas mit Musik machen“, war Daniels erste Wahl. Er interessiere sich sehr für Pop-Musik, und vor allem der deutsche Musiker Mark Forster sei sein Idol.

Es sei typisch, dass junge Menschen mit Behinderung sich eine Teilnahme an der Jugendkultur wünschen, sagt Skribbe: „Wenn eine geistige Behinderung eine Rolle spielt, verzögert dich dieser Wunsch vielleicht um ein paar Jahre, ist aber trotzdem da.“

Skribbe betont, dass die Jugendlichen mit Behinderung TikTok Tänze lernen und englische Songs verstehen wollten. „Sie möchten Graffiti sprayen und online Games zocken. Oder sie wollen in den Movie-Park fahren oder aus alten Sachen etwas Neues up-cyclen, so wie andere Jugendliche auch“, beschreibt Skribbe, was sie aus den Gesprächen mit den Jugendlichen in ihren Beratungsstellen erfahren hat.

Zirkuswoche in den Schulferien

Ein erster Erfolg für Daniel und Serv In war das Zirkusprojekt des Kreissportbundes. Nach vorbereitenden Gesprächen zwischen den beiden Organisationen konnte Daniel an diesem Ferienprojekt eine Woche lang teilnehmen. „Das hat ihm supergut gefallen“, bekräftigt Ramona Beer.

Danach suchte die Familie gemeinsam mit Serv In nach einem dauerhaften Freizeitangebot außerhalb der Ferien für Daniel. Serv In knüpfte Kontakte zu einem Chor und einem Jugendzentrum in der Nähe. Gemeinsam mit der Familie ist eine Kollegin mitgefahren, und alle haben sich vor Ort kennengelernt.

Für die Daniels weitere Teilnahme hatte Serv In eine Begleitung organisiert, sowie einen Fahrdienst. Leider ist zum Chor keine dauerhafte Verbindung entstanden. „Das hat nicht gepasst, aber das kommt auch vor“, kommentiert Skribbe den Rückschlag. Im Jugendzentrum gab es kaum gleichaltrige Kinder, so dass auch hier kein dauerhaftes Freizeitangebot für Daniel zustande kam.

Der BSV Viktoria Bielstein

Aber anders als bei Privatpersonen ist mit Serv In und InBeCo ein ganzes Netzwerk mit am Start. In diesem Netzwerk arbeiten Skribbe und ihre Kolleginnen regelmäßig und verlässlich mit dem Haus für Menschen mit Behinderung GmbH in Wiehl zusammen.

Über diese Verbindung sind sie in Kontakt mit dem Fußballverein BSV Viktoria Bielstein im Oberbergischen gekommen. Dort engagiert sich Geschäftsführer Christopher Pethe dafür, dass auch Kinder mit Behinderungen Fußball spielen.

Statt über all die Gründe nachzudenken, warum wir das nicht machen sollen, haben wir einfach angefangen.

Christopher Pethe

Mit dieser „Einfach mal anfangen“-Mentalität ist es 2019 im BSV Bielstein zu einer Fußballgruppe für Kinder mit Behinderungen gekommen. Der Verein habe durch die Förderschule in unmittelbarer Nähe schon Berührungspunkte zu Menschen mit Behinderung gehabt. „Warum sollen sie immer am Rand stehen, statt mal selber einen Ball über das Spielfeld zu kicken?“, beschreibt er seine Haltung. 

Seit fünf Monaten ist Daniel nun dabei. Er muss für sein Hobby immer noch ziemlich weit fahren. In unmittelbarer Nähe hat sich für ihn bisher noch kein Freizeitangebot gefunden. Aber er hat Spaß auf dem Fußballplatz.

In seiner Gruppe aus Kindern mit Behinderung tragen alle stolz das blaue Vereinstrikot des BSV Bielstein. Seine Spielgruppe ist integrativ. Das bedeutet, dass die Kinder als Gruppe aus Menschen mit Behinderung in den Verein integriert sind. 

Christopher Pethe engagiert sich dafür, dass auch Kinder mit Behinderungen Fußball spielen – was Daniel und seine Mutter sehr schätzen.

Mut fassen, sich beraten lassen

Nicht nur Daniel und seine Mutter sind froh über den BSV Bielstein. Auch Skribbe weiß die Offenheit des Vereins zu schätzen: „Es läuft viel über einzelne Personen, die sich engagieren. Die einfach den Willen haben, etwas zu verändern und Menschen mit Behinderung einzubeziehen.“

Der inklusive Idealzustand wäre, dass die Teilnahme von Menschen mit Behinderung am alltäglichen Leben ganz selbstverständlich und fest in der Gesellschaft verankert wäre. Dann würden Jugendliche mit Behinderungen sich regelmäßig in reguläre Ferienfahrten und Jugendgruppen mischen. „Bis dahin kann ich nur jeden aufrufen, Mut zu fassen und sich bei Fragen einfach an uns zu wenden“, ermuntert Skribbe. (Kontaktadressen siehe Kasten oben).

Serv In und InBeCo werden von der Katholischen Jugendagentur Leverkusen, Rhein-Berg, Oberberg betrieben. Seit fünf Jahren wird Serv In aus Mitteln des Oberbergischen Kreises finanziert. Der Rheinisch-Bergische Kreis fördert seit Januar diesen Jahres InBeCo. Dadurch können beide Beratungsstellen weiter ausgebaut werden.

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Junge Menschen von 6 bis 30 Jahren in ihrer individuellen Entwicklung zu stärken, zu begleiten und zu fördern, das ist das Ziel der Katholischen Jugendagentur Leverkusen, Rhein-Berg, Oberberg gGmbH (KJA LRO).

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