Das Bündnis der Bürgerinitiativen zum Flächennutzungsplan (BBiGL) sieht sich nach Vorlage der Wohnraumbedarfsanalyse für die Stadt Bergisch Gladbach und den Kreis voll bestätigt. Die umfassende Untersuchung ist in der letzten Woche vom Institut Empirica, Berlin, im Auftrag der Kreissparkasse veröffentlicht worden.
Die Analyse ist eine Ohrfeige für die Politik der Stadt. Die Bürgerinitiativen haben die Pläne der Stadtverwaltung schon immer für völlig überzogen gehalten. Das wird nun durch die Zahlen sehr klar verdeutlicht.
Im in der Analyse angenommenen „Trendszenario“ liegt die Nettoausweisung von Wohnflächen noch unter dem aktuellen Entwurf des Flächennutzungsplanes, obwohl ein hoher Anteil Ein- und Zweifamilienhäuser (mehr als 50 %) angenommen werden, bei denen ein höherer Bauflächenbedarf besteht.
Wenn aber eine mögliche Bebauung von industriellen Brachflächen und eine Innenstadtverdichtung vorangetrieben würde, würde nur noch die Hälfte der von der Stadt beabsichtigten Flächenumwidmungen zu Bauland benötigt. Eine solche Verdichtung sei in der Lage, den tatsächlichen Bedarf von jungen Familien und Singlehaushalten nach finanzierbarem Wohnraum zu befriedigen.
Die Analyse bestätigt im übrigen auch die Zuwachsszenarien bei der Bevölkerung, indem sie die offiziellen Zahlen des Statistischen Landesamts NRW verwendet und auf offenbar von Bauträgern und Immobilienmaklern beeinflusste Phantasien verzichtet.
Dabei berücksichtigt sie auch die Altersstruktur der Stadt und den in den nächsten Jahren freiwerdenden Wohnraum. Die derzeitige Bautätigkeit reicht nach den vorgelegten Zahlen völlig aus, um den Wohnbedarf zu befriedigen.
Eines unterstreicht die Analyse aber unmissverständlich: Die Stadt hat es in der Hand zu entscheiden, welche Zukunft sie haben soll. Will sie Expansion um jeden Preis, wird sie Naturflächen zerstören. Die Analyse von Empirica zeigt, dass dies nicht sein muss, selbst wenn man moderate Wachstumsraten zugrundelegt.
Guten Tag, ich habe eine Frage: Wo bitte und wie kann die Empirica-Analyse im Original eingesehen werden ? Dank vorab und freundliche Grüße. Peter Ohlendorf
In folgendem Beitrag finden Sie eine ausführliche Darstellung der Inhalte und ein Link zum Download der gesamten Studie: https://in-gl.de/2018/03/16/wieviel-bauland-bergisch-gladbach-braucht/
Bereits in den beiden gemeinsamen Sitzungen des Flächennutzungsplanausschusses und des Stadtentwicklungs- und Planungsausschusses am 08.03.2017 und am 26.09.2017 hat die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen unter anderem beantragt, den FNP-Entwurf bezüglich der zugrunde gelegten Wachstumsprognosen der Bevölkerung zu überarbeiten. Als Grundlage haben wir die Wachstumsprognosen von IT NRW gefordert, da die Zahlen der Verwaltung nicht nachvollziehbar sind.
Beide Anträge fanden keine Mehrheit in den Ausschusssitzungen.
Die nun vorliegende Wachstumsanalyse der Kreissparkasse bestätigt die vielen Einwendungen aus der Bürgerschaft, welche ebenfalls als Grundlage die Zahlen von IT NRW fordern, sowie unsere Anträge.
Auch aus unserer Sicht hat eine Verdichtung im Innenbereich Vorrang vor einer Bebauung im Außenbereich. Allerdings kann dies auch nicht das Allheilmittel sein.
Bereits heute regt sich in einigen Stadteilen Unmut in der Bevölkerung, aufgrund der teils massiven Nachverdichtung.
Vor einer weiteren Verdichtung der Bebauung in der Innenstadt ist daher festzulegen, dass fußläufige Erholungs- und Grünflächen zur Verbesserung der Lebensqualität erhalten und neu geschaffen werden. Eine Bebauung der regionalen und überregionalen Frischluftschneisen, muss nicht nur im Außenbereich verhindert werden, da der Zusammenhang wichtig ist.
Genau solche Freiflächen, welche es zu erhalten gilt, könnten ebenfalls im FNP ausgewiesen werden, wie auch die erforderlichen Ausgleichs- und Kompensationsflächen, was aber fehlt.
Auch darf nicht vergessen werden, dass eine Verdichtung im Innenbereich ebenfalls eine weitere Belastung für die bereits heute stark beanspruchte Infrastruktur bedeutet.
Die Vergangenheit zeigt, dass sich eine Lösungsmöglichkeit für Verkehrsprobleme oder soziale Infrastrukturmaßnahmen verkompliziert, wenn diese erst innerhalb oder gar nach der Aufstellung der B-Pläne angegangen werden. Mit dem neuen FNP bietet sich die Möglichkeit, der Verwaltung einen anderen Weg vorzugeben. Aber auch dies findet keine politische Mehrheit.
Insgesamt werden daher im vorliegenden FNP-Entwurf die Ausweisung von möglichen Wohn- und Gewerbeflächen ohne sorgfältige Berücksichtigung der Folgen bezüglich Verkehr, Umwelt und Gesamtstadt dargestellt.
Dirk Steinbüchel
Planungspolitischer Sprecher der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen