Kastriot Krasniqi, Direktkandidat der SPD für die Bundestagswahl in Rhein-Berg, versucht die Wähler:innen mit einem ungewöhnlichen Politiksprech zu überzeugen. Mal leicht ironisch und augenzwinkernd, nicht immer auf Parteilinie, aber stets wohlüberlegt und ausgewogen. Ein Portrait eines Politikers, der auf das Prinzip Offenheit setzt.

„Authentisch und kompetent, erfrischend ehrlich, korrekt ohne ideologische Keule und erhobenen Mittelfinger“ – das sind einige der Kommentare zu Krasniqis Auftritten. Die Wähler:innen erlebten ihn in den vergangenen Tagen unter anderem in der Wahlarena und im Bürgerclub des Bürgerportals.

Sie trafen dabei auf einen Politiker, der keinen Hehl aus seiner Ehrfurcht vor dem Amt des Volksvertreters macht. Der Respekt vor der Aufgabe hat. Respekt vor der Erwartungshaltung der Wähler:innen, auf schwierige Fragen der Zeit passende Antworten zu geben. Der sich nicht scheut bei einer Frage auch einmal zu passen. „Ich bin ein Neuling in der Politik“, sagt er dann. 

Haifischbecken Politik

Das ist ungewohnt offen und ehrlich, zuweilen aber auch verwirrend. Denn es hebt sich vom stromlinienförmigen Polit-Sprech ab, den Polit-Profis so gerne an den Tag legen. Die damit schnelle Punkte und Applaus bei ihrem Publikum erzielen. Ob Krasniqis wohlüberlegte und wohldosierte Art der Kommunikation  im Haifischbecken der Politik erfolgreich ist, wird sich zeigen müssen.

Was macht ihn anders? Der Bezug zu seiner Vita kommt im Gegensatz zu Mitbewerbern authentischer herüber, wenn er ihn überhaupt herstellt. 

Als Vorsitzender des Integrationsrates in Bergisch Gladbach verweist er – und das erst auf Nachfrage – auf seinen eigenen Migrationshintergrund. Er und seine Familie haben Flucht erfahren müssen, wissen wie sich ein Neuanfang anfühlt.

Foto: Thomas Merkenich

Keine Partei-Folklore

Mit der Erzählung will er keineswegs Punkte sammeln sondern zeigen, was ihn bei seinem Engagement an- und umtreibt. Die Integration von Menschen, da ist er überzeugt, sei sowohl von einer Hol- als auch einer Bringschuld geprägt. Zum Beispiel in punkto Sprache. 

Dass er sein halbes Leben bereits in der SPD verbracht hat (er trat mit 14,5 Jahren ein), diesen Umstand deutet er nicht in Arbeiter-Folklore um. Nüchtern betrachtet sei die SPD diejenige Partei, die für ihn die größte politische Schnittmenge biete – Punkt. Er betont immer wieder, dass Politik aus Kompromissen bestehe. So könnte man wohl auch seine Parteimitgliedschaft verstehen.

Botschaften als Trojaner

Er kann aber auch anders. Wenn er auf der politischen Bühne der Wahlarena einem Christian Lindner die Zugehörigkeit zur FDP „zugesteht“, wenn er verschmitzt ein Angebot für eine Ampelkoalition macht, dann lauschen Wähler:innen verdutzt den Worten hinterher.

Solche Botschaften verpackt er geschickt in seine ansonsten ausgewogenen Redebeiträge. Spitzen oder Attacken schickt er dann als Trojaner los. Relativiert sie aber gleich, wenn er meint, er könne ja nicht für die Bundesgenossen der Partei sprechen. 

Die soziale Gerechtigkeit ist sein großes Thema. Die Partei hat es in ihrer Kampagne zum Begriff „Respekt“ verdichtet. Er verstehe darunter vor allem Zusammenhalt der Gesellschaft , stabile und sichere Renten, an die schwachen und schwächsten Mitglieder der Gesellschaft denken. Das gelte auch für den Klimaschutz, der für alle leistbar sein müsse.

An Umweltschutz habe die SPD schon immer gedacht, erklärt er. Einen Hype um das Thema Klimaschutz macht er nicht. Von kurzen Trends in der politischen Agenda scheint er nichts zu halten. Die große Linie muss für ihn stimmen. „Respekt“, das ist ihm wichtig.

An Details arbeiten

Wer Krasniqi im Wahlkampf erlebt merkt aber auch: Um das Ticket nach Berlin zu lösen, was mit Blick auf seinen NRW-Listenplatz 45 ohnehin schwierig ist, sollte er sich in Details einarbeiten. „Sichere Renten“ reicht nicht als Schlagwort.

Botschaften werden selten mit Fakten unterlegt. Da kommt bei den Wähler:innen mitunter nur ein plakativer Anspruch statt einer konkreten Lösung an. Wer politischen Gestaltungswillen demonstrieren will, sollte mehr liefern.

Foto: Thomas Merkenich

Und auch ein gewisses Maß an Bissigkeit lässt Krasniqi in seinem Auftritt vermissen. Das mag dem Umstand geschuldet sein, dass er sehr ausgewogen argumentiert. Aber Wahlkampf bedeutet auch, sich am politischen Mitbewerber zu reiben, zu polarisieren, Alternativen zu entwickeln, auf Fehler zu verweisen.

Tatsächlich taucht der politische Gegner nur selten in seinen Redebeiträgen auf. Beispiel Klima: Krasniqi stellt klar heraus, dass es keinen Planeten B gibt. Klimaschutz sei das Gebot der Stunde. „Es gibt Parteien, die stellen das infrage, das ist traurig genug“, lautet sein Kommentar. Mit solchen „Attacken“ fliegt Krasniqi angesichts der Dramatik der Lage unter dem Wahlkampf-Radar durch.

Favorit Ampel

Inhahtlich setzt er auf klassische Positionen der Sozialdemokratie: Mindestlöhne, gegen das ausschließliche Wirtschaftlichkeitsprinzip im Gesundheitssektor (seinem Schwerpunktthema), für eine Regulierung der Mieten und staatlich gelenkten Wohnungsbau, stärkere Besteuerung der Leistungsträger der Gesellschaft.

Schwarz-rot, da legt er sich fest, wäre für ihn keine Option. Die Inhalte passten nicht zusammen. Sein Favorit sei die Ampel.

Dass die SPD in den Umfragen derzeit vorne liege zeige, dass man einen Nerv treffe, sagt Krasniqi. Und bleibt weiter im Ungefähren. Das kennt man zuweilen aber auch von einem Olaf Scholz.

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ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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4 Kommentare

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  1. Erst „Respekt”, jetzt „Offenheit” … Na, dann stelle ich doch diese offen gebliebene Frage, mit allem Respekt versteht sich, noch einmal an den Vertreter der S(!(PD:

    – Stichwort: „Respekt” insbesondere für finanziell schlechter Gestellte vs. Freiheit nach Kontostand
    oder Zur zwanglosen „Entscheidungshilfe“ für (noch) nicht Geimpfte per kommender Kostenbewehrung der Test-Option.

    Müsste nicht in puncto finanzieller Zugang zur Testoption (auch als Teil der offiziell weiterhin betonten Impf-Entscheidungsfreiheit) soziale Gleichheit bestehen (es geht dabei nicht um eine Bewertung der Impfentscheidung als solcher)?

    Diese ab dem 11.10. geplante Kostenbewehrung für vermehrt notwendige Tests im Rahmen der 3G-Regel (als noch trialer Basis einer Teilhabe am öffentlichen Leben),

    sie werde ab 11.10. dann ein guter „Hebel“ zur Steigerung der „Impfwilligkeit” sein,
    so sagte also der aktuelle Showrunner in der Kanzleriade (ein ganz „zwangloser Hebel” sozusagen, auch in der physikalischen Analogie interessant).

    Eine solche Kostenbewehrung der Tests würde / wird nun aber ausschließlich diejenigen treffen, die finanziell schlechter gestellt sind;
    bei ihnen würde / wird dieser ganz „zwanglose Hebel” sehr zwangsläufig wirksam;

    finanziell Besser-(und aufwärts)Gestellte hingegen könnten weiterhin Testungen als Option im 3G-Szenario nutzen, sähen die Freiheit ihrer Impfentscheidung nicht unter den zart zwingenden „Hebel” ihrer finanziellen „Alternativlosigkeit” gestellt.

    Der Unterschied zwischen denen, die sich dann weiterhin (ggf. „nur”) testen lassen können (wenn sie das wollen)
    und denen, die sich das dann nicht mehr leisten können (obwohl sie es wollen),

    er läge / liegt also ausschließlich im zufälligen Pegelstand ihrer Portemonaies,
    der zugleich den Grad der Freiheit ihrer (nach wie vor ausdrücklich freien) Impfentscheidung ganz „zwanglos” markieren bzw. eben „freundlich” aushebeln soll.

    Klingelt an dem Punkt irgendetwas gerade bei der S(!)PD … Oder auch bei Ihnen ganz persönlich, Herr Krasniqi …?

  2. @J.Felder:
    Wie derzeit auf der größten aller Bühnen und geradezu dramödisch deutlich,
    können sich favoritable Konstellationen ganz plötzlich verändern (es braucht dazu nur entsprechend talentierte Konkurrenten) …

    Aber Ernst beiseite:
    Ich bin sicher, dass auch die übrigen und ganz hiesig für aussichtsreich Befundenen noch ihr förderliches Portrait bekommen …

    Interessant wäre als Abrundung übrigens noch ein pointiertes Sammelporträt der (sehr mutmaßlich, über hochwahrscheinlich, bis so gut als sicher) „Vergeblichen”

    – denn immerhin gibt‘s im RBK insgesamt neun (!) real existierende Direktkandidaten, was zumindest unter demokratiedynamischem Aspekt definitiv gewürdigt sein sollte!

  3. Ein nettes Portrait über jemanden, der laut Bürgerportal keine Chance hat.

    Oder will man in der Redaktion noch ein paar Zweitstimmen für die SPD generieren?

    1. Sehr geehrter Herr Felder, Zweitstimmen kann man nicht „generieren“, die müssen von den Wähler:innen persönlich abgegeben werden. Wir informieren, über alle lokalen Kandidat:innen, lediglich die Partei „dieBasis“ hat auf unsere Anfrage nicht reagiert. Alle Beiträge zur Bundestagswahl finden Sie hier:

      https://in-gl.de/schlagwort/bundestag/