Vom Ausstellungsprojekt über temporäre Ateliers und einem Medienlabor bis zu einem Kreativitäts-Quartier. Die Bandbreite der Projektideen, welche Vertreter:innen Kunst- und Kulturszene beim Bürgerforum #aufzanders vorgestellt haben, war ein Stück weit erwartbar. Spannend wird die Frage, was Politik und Verwaltung mit den Vorschlägen nun anstellen. Wir stellen die Ideen vor und unterziehen sie einem redaktionellen Kultur-Check.

Wie können Kunst und Kultur im Zanders-Gelände sinnvoll integriert werden? Antworten auf die Frage erhofften sich neben Bürgern auch Politik und Verwaltung bei der Vorstellung von Projektideen für das riesige Gelände in der Stadtmitte.

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Aus Anlass eines Bürgerforums hatte das Projektteam Zanders der Stadtverwaltung eingeladen, gefolgt waren am Samstag gerade einmal sechs Vertreter:innen aus Kunst und Kultur mit fünf Vorträgen.

Projektideen liegen vor, Partizipation wichtig

Harald Mohr vom Stadtverband Kultur machte klar, dass kulturelle Nutzungsszenarien schon 2020 im Beteiligungsprozess zu Zanders skizziert worden seien. Beispielhaft nannte er multifunktionale Mehrzweckräume für die Bürgerschaft, Künstler:innen und Kulturschaffende, Ateliers oder ein Kultur-Café als zentralen Treffpunkt. Prozesse würden derzeit u.a. mit der Entwicklung des kulturpolitischen Leitbildes laufen, das auch das Zanders-Areal in den Fokus stelle.

Auf Kritik traf bei Mohr die fehlende Kommunikation um die Künstlerin Iris Stephan, die bereits seit Oktober 2022 auf Zanders kreativ arbeitet und sich auf künstlerische Spurensuche begibt. Die späte Information über dieses Projekt habe für „Irritationen“ gesorgt, merkt Mohr an.

Zugleich monierte der Verbandsvertreter einen fehlenden Sitz des Stadtverbandes Kultur im Zanders-Ausschuss des Stadtrats. „Es ist schwierig sich einzubringen, wenn Kunst und Kultur nicht in den Ausschuss eingebunden sind“, so Mohr.

Man müsse die Beteiligung von Kunst und Kultur trennen von der Frage, wer Mitglied in solch einem Ausschuss sei, erklärte Bürgermeister Frank Stein am Ende der Veranstaltung auf Nachfrage des Bürgerportals. Kunst und Kultur sollten selbstverständlich nicht nur Beobachter des Prozesses sein. Die Mitgliedschaft in einem formalen Gremium sei dazu aber nicht zwingend vonnöten.

Kultur-Check der Redaktion: Die Kritik ist teils berechtigt. Vom Vertreter einer Vielzahl freier Kulturschaffender hätte man sich aber mehr Details und kreative Ansätze für Kunst und Kultur auf dem Zanders-Gelände gewünscht. Auch wenn es schon oft gesagt wurde.

„Kultur für alle!“

Sigrid Brenner und André Eigenbrod von der Kreativitässchule Krea forderten in ihrem Vortrag „Kultur für alle!“. Sie präsentierten ihre Version von einem Krea-Quartier auf dem Zanders-Gelände, einem soziokulturellen Kompetenz-Zentrum. Und verwiesen mit gleich sechs Trägerschaften (u.a. Jugendclub, Kreaschule, Spielegruppen etc) auf ihre Expertise in diesem Bereich.

Treffpunkte und Freiräume wolle man schaffen, Vielfalt und Diversität der Gesellschaft sollten sich in Programm, Publikum, Team und Netzwerk wiederfinden. Integration sei ebenso ein Thema. Den beiden Vertretern aus der Jugendkulturarbeit schwebt ein „dritter“ Ort auf dem Zanders-Gelände vor. Der als öffentlicher und zugleich nicht-kommerzieller Ort das Zuhause sowie Schule/Beruf ergänzen solle.

Brenner und Eigenbrod füllten das Konzept mit ersten Ideen: Bildung und Jugendkulturarbeit wolle man ermöglichen. Die Rede war auch von einem Pop-up Museum.

Kultur-Check der Redaktion: Klingt bunt und nach Leben. Die Krea hat das Know-how, solch ein Krea-Quartier mit Leben zu füllen. Wenn sie mit ihrem Konzept nicht gleich schon den Umzug ihrer Schule aus Refrath in die Innenstadt im Auge hat?!

KuWiMe

Laut Karsten Panzer fehle es an Angeboten für die künstlerische Arbeit. Produktions- und Präsentationsmöglichkeiten für zeitgerechte Kunstformate seien in der Stadt Mangelware. Bestehende Kulturangebote seien oft konservativ, bedienten ein älteres Publikum und würden so zu einer Spaltung der Generationen führen.

Dem begegnet der Künstler mit dem Vorschlag eines Projekt- und Werkraums für Kunst, Wissenschaft und Medien (KuWiMe). Damit will er nichts weniger als eine Brücke zwischen Gesellschaft und Technologie schlagen, die zum Beispiel mit der Künstlichen Intelligenz völlig neue Herausforderungen schaffe.

In diesem interdispziplinären, international ausgerichteten Forum will er Wissenschaft und Medientechnologie miteinander vermählen, für Panzer die „Garanten des gesellschaftlichen Fortschritts“. Art & Science würden der Stadt zu einer neuen Perspektive verhelfen.

Kultur-Check der Redaktion: Kann man machen. Wenn das Projekt nicht selbst Gefahr läuft, die postulierte Spaltung der Rezipienten durch einen zu verkopften Ansatz weiter zu vertiefen, statt Brücken zu bauen. Mit der Kunsthochschule für Medien in Köln hat man zudem etablierte Konkurrenz in der Nähe.

Böhm – Kraft – Werk

Konreter wurde Alexander Kierdorf, der für den Bergischen Geschichtsverein ein Ausstellungsprojekt im alten Kraftwerk vorschlug. Dort könne man eine Pop-up Fotoausstellung mit den Bauten der Böhm-Dynastie etablieren – jenen Architekten, die das Bild der Stadt nachhaltig geprägt haben.

Und die den potentiellen Ausstellungsort gleich mit gebaut haben. Der Entwurf des Kraftwerks stammt von Architekt Dominikus Böhm, dem Vater der Brüder um Gottfried Böhm.

Das Projekt basiert auf einer konzipierten Fotoausstellung von Karl-Josef Gramann, die bereits für 2021 aus Anlass des 100. Geburtstages von Gottfried Böhm geplant und wegen Corona abgesagt wurde.

Im von Böhm entworfenen Kraftwerk bleiben die alten Turbinen erhalten. Hier könnte ein Ausstellungsraum entstehen. Foto: Thomas Merkenich

Es lasse sich mit wenig Aufwand im Kraftwerk implementieren, so Kierdorf. Besucher könnten mit einem Shuttle-Service zum Kraftwerk gebracht werden, das Gelände für Fotografen geöffnet werden.

Kultur-Check der Redaktion: Neben konzeptionellen Ideen braucht es auch attraktive, leicht zu realisierende Interimsprojekte, um das Gelände im Zeitraum zwischen Planung und Realisation kontinuierlich zu bespielen. Diese Pop-up Fotoausstellung leistet genau das – und inszeniert ein spannendes Thema Stadtgeschichte und Architektur auf Zanders.

Raum für Künstler:innen

Bereits seit Oktober 2022 arbeitet die Refrather Künstlerin Iris Stephan auf dem Zanders Gelände. Sie hatte sich mit einem Stipendium der Stiftung Kunstfonds bei der Stadt beworben – und wurde genommen. Sie untersucht seither die Geschichte des Areals und seiner prägenden Familie, sammelt Spuren, setzt Bezüge, entwickelt Arbeiten.

Es ist nur folgerichtig wenn sie diese Pioniernutzung ausdehnen mag und vorschlägt, Ateliers im Werkstattgebäude zu schaffen. Acht Räume hat sie dafür identifiziert, inklusive Lager. Die Größe sei ideal, baulich müsse nichts verändert werden, die Atmosphäre passe einfach für Künstler:innen. Im Magazin könne man zudem Kapazitäten für Events bereitstellen, wie zum Beispiel für Ausstellungen.

Einziges Manko: Die Heizung. Sie sei abgestellt worden (wie die gesamte Infrastruktur auf dem Gelände), dafür verlange es nach einer Lösung.

Kultur-Check der Redaktion: Macht Sinn, zumal Atelier-Räume rar und teuer sind. Unser Tipp: Auch an Musiker:innen oder Schauspieler:innen denken und gleich kleine und große Probenräume mit realisieren! Und auch ein Stadtschreiber hätte auf Zanders gleich die richtige Perspektive.

Ertüchtigung hat Vorrang

Ein Ranking der Projektideen werde es nicht geben, erklärte Projektleiter Udo Krause im Anschluss an die Präsentationen. Vielmehr wolle man die Konzepte aufbereiten und dem Planungsausschauss Zanders als Informationen zur Hand geben.

Hoffnung auf eine konkrete, zeitnahe Realisation machte Bürgermeister Stein keinem der Vortragenden.

„Die Ertüchtigung des Geländes wird zunächst das Thema der Zukunft sein“, sagte er vor Ort. Insofern müsse man nachdenken was tatsächlich möglich sei. Immerhin: „Jede Idee hat meine Sympathie“, machte der Rathaus-Chef zum Schluss klar.

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ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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