UPDATE 31.8.2011
Der Haupt- und Finanzausschuss hat trotz der scharfen Kritik von SPD und Linken die Sparvorschläge des Bürgermeisters mit den Stimmen von CDU und FDP abgesegnet.

Damit werden folgende Ausgaben gestrichen (Details finden sich weiter unten):

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  • Kulturförderung: 8517 Euro
  • Bürgerzentrum Refrath 5000 Euro.
  • Stadtbücherei 5500 Euro.
  • Schulmuseum 5000 Euro.
  • Löwenpass 10.000 Euro.
  • “Kein Kind ohne Mahlzeit” 5300 Euro.
  • Spielgruppen 14.000 Euro.
  • Straßen 20.000 Euro.

Eine sehr engagierte Debatte, ob es gerechtfertig ist, soziale Ausgaben zu streichen, statt bei der Kultur durchzugreifen, hat sich in der Facebookgruppe “Politik in Bergisch Gladbach” eine substanzielle Debatte entwickelt.

Hier beteiligt sich auch Bürgermeister Lutz Urbach und erläutert ausführlich, warum bei den Posten “Kein Kind ohne Mahlzeit” und Bürgerzentrum Steinbrüche Einsparungen möglich sind, ohne die Leistungen zurückzufahren – und was es mit der Villa Zanders auf sich hat. Urbach:

1. “Kein Kind ohne Mahlzeit”: Hier sind erfreulicherweise Spenden in so großem Maße eingegangen, dass diese den erforderlichen Betrag komplett abdecken. Es ist also kein städtisches Geld mehr erforderlich. Was ist daran “unglaublich”, Herr Samirae?

2. Vertrag mit dem Bergischen Löwen: Dieser Vertrag wurde von meinem Vorgänger, Herrn Orth (SPD), im Sommer 2009 – also kurz vor der Kommunalwahl – abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich längst eine haushaltswirtschaftliche Sperre des Kämmerers gefordert, weil völlig klar war, dass die Stadt in den Nothaushalt rutsche würde. SPD-Bürgermeister und SPD-Kämmerer haben aber bis zwei Wochen vor dem Wahltermin die Weltwirtschaftslage ignoriert und diesen Vertrag (wie auch andere Verträge) abgeschlossen. Dieser Vertrag wurde nun gekündigt!

3. Bürgerzentrum Steinbreche in Refrath: Hier wurde in den Haushaltsberatungen im November/Dezember 2010 ein Betrag eingestellt für den Fall, dass das Bürgerzentrum im Vorjahr mit einem Verlust abschließt. Der Jahresabschluss liegt nun vor. Es gibt keinen Verlust, der abgedeckt werden müsste.

PS: Die Facebook-Gruppe ist für alle offen, machen Sie mit!
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Ursprünglicher Beitrag vom 30.8.2011

Die Stadt Bergisch Gladbach befindet sich im Nothaushalt, daher werden ihr die Rahmendaten des Etats von der  Gemeindeordnung vorgeschrieben, die Einhaltung wird wiederum die Kommunalaussicht – in Gestalt des Landrats Rolf Menzel – kontrolliert. Und eben der hat nun moniert, dass eigentlich fest vereinbarte Einsparungen in Höhe von rund 100.000 Euro nicht realisiert werden können.

Lutz Urbach

Dabei kann es die Aufsicht nicht belassen und hat von Bürgermeister Lutz Urbach verlangt, in dieser Höhe an anderer Stelle zu sparen. Keine leichte Aufgabe für einen Haushalt, der an vielen Stellen bereits auf das Allernotwendigste heruntergefahren worden ist.

Zur Erinnerung: Bei einem Gesamtetat von 218 Mill. Euro (und einem ohnehin geplanten Minus von rund 28 Mill. Euro) sind 100.000 Euro eigentlich nicht viel, aber im Etat 2011 ist eben auch nicht mehr viel zu holen. Denn die Stadt kann nur bei rund einem Zehntel ihrer Ausgaben, den sogenannten freiwilligen Leistungen, sparen. Eine Summe von exakt 5.497.966 Euro wurde der Stadt für diese Aufgaben zugestanden. Alle anderen Posten im Etat sind gesetzliche Pflichtaufgaben. Um so schwerer die Aufgabe für Verwaltung und Rat, das Geld wieder hereinzuholen.

Aber der Reihe nach.

Wo sich die Einsparungen in Luft auflösten

Vor allem im Kulturbereich konnten Urbach und die Verwaltung ihre ehrgeizigen Sparziele nicht erreichen:

  • So sollte die Villa Zanders an den Förderverein Galerie+Schloss e.V. übertragen werden – doch konnten sich beide Seiten nicht über das künftige  Nutzung- und damit auch Finanzierungsmodell einigen. Statt erhoffter 100.000 Euro werden nach Einschätzung der Verwaltung weniger als die Hälfte eingespart werden; es bleibt ein Fehlbetrag von 54.720 Euro.
  • Beim Kulturzentrum Bergischer Löwe sollten eigentlich zehn Prozent des Theaterzuschusses gestrichen werden, nämlich 17.700 Euro. Doch dann stellte sich heraus, dass Stadt und die „Bürgerhaus Bergischer Löwen GmbH“ 2009 einen Vertrag geschlossen hatten, der einen Zuschuss von 350.200 Euro garantiert. Also fehlt hier das Einsparvolumen von 17.700 Euro komplett.
  • Beim Bergischen Museum in Bensberg gab es erst ein Problem mit der Übertragung an den Förderverein, wodurch auch hier ein Fehlbetrag von gut 30.000 Euro auftauchte und sich das Museum bereits in seiner Existenz bedroht sah. Doch hier hat die Verwaltung inzwischen eine Zwischenlösung gefunden: der Trägerverein übernimmt das Museum erst zum 1.1.2012 – und hat erst dann Anspruch auf entsprechende Fördermittel. Solange aber kann die Stadt eigene Ausgaben für wissenschaftliche Leistungen und eine Sekretärin streichen – und doch noch auf die geplanten Einsparungen von 30.779 Euro kommen.

Lange Rede, kurzer Sinn: nun müssen 72.420 Euro aus dem Etat gekitzelt werden.

Für diesen Restbetrag hatten sich Bürgermeister und Verwaltung bereits einen Plan zurecht gelegt, den sie dem Landrat beim nächsten Rapport am 5.9. vorlegen wollten. Doch damit hatten sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht – SPD, Grüne, Linke und Kiditiative befürchteten, dass hier am Rat vorbei Festlegungen getroffen werden.  SPD-Fraktionschef Klaus Waldschmidt stellte klar:

„Hier werden Zuständigkeiten des Rates missachtet. Alleine der Rat kann über Haushaltspolitik entscheiden, nicht der Bürgermeister.“

Damit war klar, dass der Haupt- und Finanzausschuss mitten in der Sommerpause zu einer Sondersitzung zusammen kommen muss.

Was zur Entscheidung auf dem Tisch liegt

Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) muss nun über die Verwaltungsvorlage befinden. Damit es für diese Einsparungen im bereits weit fortgeschrittenen Haushaltsjahr nicht zu spät ist hat Bürgermeister Lutz Urbach die entsprechenden Ausgaben mit einer vorläufigen Sperre versehen – und wer sich in der 32-seitigen Beschlussvorlage des HFA bis zu den letzten zwei Seiten durchgearbeitet hat, der findet hier auch die Details.

Im einzelnen sieht der Verwaltungsplan folgende, zum Teil sehr filigranen Einsparungen vor:

  • Kulturförderung: ein Fünftel der Stelle einer Mitarbeiterin kann vom freiwilligen in den Pflichtbereich umgetragen werden, das bringt 8517 Euro
  • Kulturförderung: Das Bürgerzentrum Refrath kommt mit weniger Zuschuss als befürchtet aus, das bringt 5000 Euro.
  • Stadtbücherei: Eine erkrankte Mitarbeiterin wird nicht vertreten, das bringt 5500 Euro.
  • Schulmuseum: Auch hier wird die Trägerschaft an den Förderverein abgegeben, das bringt 5000 Euro.
  • Löwenpass: Bei diesem Ausweis, der sozial Schwächeren Ermäßigungen bei öffentlichen Einrichtungen erlaubt, ergeben sich Einsparungen, weil das Bildungspaket der Bundesregierung hier Leistungen übernommen hat, das bringt 10.000 Euro.
  • “Kein Kind ohne Mahlzeit” in der Offenen Ganztagsschule: Auch hier ergeben sich Minderausgaben, die nun über das Bildungspaket der Bundesregierung getragen werden, das bringt 5300 Euro.
  • Spielgruppen: Hier war bereits eine Einrichtung geschlossen worden, die Abwicklungskosten fallen geringer als erwartet aus, das bringt 14.000 Euro.
  • Straßen: Weil die Straßen nach dem harten Winter aus einem anderen Topf für insgesamt 1,2 Mill. Euro instand gesetzt worden waren kann die übliche Flickschusterei im zweiten Jahr geringer als sonst ausfallen, das bringt 20.000 Euro.

Zwar fällt auf, dass nun statt im Kulturbereich stärker in den Bereichen Soziales und Kinderbetreuung gespart werden – doch betont die Verwaltung in der Vorlage, dass gerade diese Einsparungen nicht zu einer Einschränkung der Leistungen führen werden.

SPD kritisiert Kürzungen im Sozialbereich – und wirft Urbach Mogelpackung vor

Dennoch will die SPD genau an diesem Punkt angreifen. Die BLZ zititert Fraktionschef Waldschmidt mit harscher Kritik. Die Vorlage sei ein „Mogelpackung“, Bürgermeister Urbach habe „getrickst“ und „Etikettenschwindel“ betrieben – was sich auf die Umwidmung von freiwilliger zu Pflichtausgabe bei der Kulturförderung bezieht.  Waldschmidts zentrale Kritik ist aber die Kürzung beim Löwenpass:

„Das ist das einzige städtische Instrument, um einkommensschwachen Bevölkerungsschichten eine Förderung zur Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben zukommen zu lassen. Statt dessen kann der Repräsentationsetat des Bürgermeisters auch mal angetastet werden. Da sind gut 27 000 Euro Verfügungsmasse drin.“

Und wie stehen Sie zu dem Thema?

Soviel die Vorlage. Nun haben die Ratsmitglieder im Haupt- und Finanzausschuss das Wort. Sie vertreten die Interessen der Bürger gegenüber der Verwaltung – doch vielleicht wollen Sie sich selbst direkt zu Wort melden?

Der HFA tagt am Mittwoch ab 17 Uhr im Rathaus Bensberg. Die Sitzung ist zum größten Teil öffentlich. Wenn Sie vor Ort sind können Sie gerne per Twitter und Facebook live berichten – wir werden alle Beiträge auf einer sogenannten Twitterwall für alle abbilden. Auch für diejenigen, die mit Facebook, Twitter und all dem Zeugs nichts am Hut haben. Sie finden die Twitterwall ab Mittwoch nachmittag oben auf unserer Startseite.

Weitere Informationen:

des Bürgerportals. Kontakt: info@in-gl.de

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