Karl Ulrich Voss in der Fußgängerzone

Karl Ulrich Voss in der Fußgängerzone. Mit Einrad und dem realen Blog (l.)

Karl Ulrich Voss ist unermüdlich. Kurz nach fünf macht sich der Referatsleiter jeden Morgen auf den Weg nach Bonn, ins Bundesministerium für Bildung und Forschung. Und das ist nur sein halbes Leben. In seinem anderen Leben schreibt er Leserbriefe ohne Endefährt Einrad, argumentiert in gelber Weste mit Passanten, bloggt zweisprachig, erfindet Blogmaschinen – und tritt jetzt bei der Bundestagswahl als unabhängiger Kandidat an.

Dazu hat der 62-Jährige, der im Alter von 15 bis 25 Jahren in Schildgen und jetzt in Burscheid lebt, 224 Unterschriften gesammelt und sich so seine Zulassung zur Wahl erkämpt. Und auch jetzt fällt dem „Verwaltungsunmensch und Reparierer“ nichts in den Schoss: von den traditionellen Medien wird er wenig beachtet, bei Podiumsdiskussionen wie zuletzt im Albertus-Magnus-Gymnasium in Bensberg nicht zugelassen.

Bei einer Debatte in Wermelskirchen versuchte der promovierte Jurist sogar sich einzuklagen, erfolglos. Weil sich die Stadtverwaltungen auf die Linie festgelegt haben, nur Vertreter solcher Parteien einzuladen, die bereits im Bundestag oder Landesparlament mit einer Fraktion vertreten sind. Damit ist die AfD draußen, aber eben auch Voss.

Ein unhaltbarer Zustand, findet dieser ganz und gar nicht verbissene Kämpfer für die Gerechtigkeit: „Die Ausladung der AfD halte ich nicht mit der Rechtsprechung vereinbar: Sie haben als neue und wachsende politische Gruppierung mit einem (wenn auch von mir nicht geteilten) dezidierten thematischen Schwerpunkt und deutlichem medialem Echo bereits diejenige ausreichende Bedeutung, die durch öffentliche Podiums-Veranstaltungen nicht konterkariert werden darf.”

Gerade staatlich organisierte Veranstaltungen wie in den Schulen „dürfen den Willensbildungsprozess des Volkes nicht verzerren und dürfen faktische Unterschiede nicht verschärfen“, hielt er der AMG-Direktorin Cornelia Sanio mit Verweis auf ein Urteil des BVG vor, bekam aber noch nicht mal eine Antwort. Was er als „Verkrampftheit und fehlende Souveränität“ der Veranstalter wertet.

Dabei haftet Voss überhaupt nichts Ehrenrühriges an. Ihm gehe es doch nur darum, „Licht und Leben“ in die Demokratie zu bringen: „Wenn ich in einer Demokratie lebe, dann will ich es auch spüren.“ Inhaltlich wirbt er für die doppelte Staatsbürgerschaft und für die Wehrpflicht, aber gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Das ist nicht die Linie der CDU, aber selbst sein lokaler Konkurrent Wolfgang Bosbach lobt Voss als unermüdlichen Streiter für die Demokratie. Dennoch wurmen Voss die Ausladungen der Schulen gewaltig. Aber den Spaß am Wahlkampf will er sich dadurch nicht verderben lassen.

Lernen Sie Karl Ulrich Voss mit unserem Fragenbogen näher kennen.

Genug der Vorrede. Los geht’s.

Wie starten Sie in den Tag?
Heute und an anderen Arbeitstagen: Um ca. 5 h – mache das Frühstück und „düse“ per ÖPNV von Burscheid-Kuckenberg nach Bonn.

Was wollten Sie als Kind werden?
Reparierer.

Und was sind Sie geworden?
Verwaltungsunmensch, Ehemann, Vater, Großvater und Reparierer.

Wohin laden Sie Kollegen/Geschäftspartner am liebsten ein?
Weihnachtsmarkt oder Altenberger Dom oder beides.

Wohin gehen Sie gerne mit Familie/Freunden?
Italienisch.

Wohin gehen Sie, wenn Sie ganz für sich sein wollen?
Witzhelden, Funkturm, Abend.

Karl Ulrich Voss

Karl Ulrich Voss

Wie sieht für Sie ein perfekter Tag aus?
No day’s perfect. Aber der letzte Samstag in der Gladbacher Fußgängerzone, der war schon ziemlich dicht dran. Siehe WDR Lokalzeit Köln, Mediathek.

Lesen Sie mehr über Karl Ulrich Voss
Der Freihänder, taz
Der Einzelkämpfer, WDR-Lokalzeit
Leser fragen - Voss antwortet, KSTA
alle Beiträge über Karl Ulrich Voss
Website - Wahlblog - Facebook

Tee oder Kaffee; Bier oder Wein?
Typisch Jurist: Kommt darauf an. Morgens Tee, sonntags auch mal Kaffee;
abends Bier, häufig ohne Sprit, manchmal Wein, den immer mit Sprit.

Bitte ergänzen Sie: Bergisch Gladbach ist …
Bergisch Gladbach ist meine aus Burscheid noch immer neue, dabei aus Schildgen altgewohnte Kreisstadt.

Was ist der größte Pluspunkt des Rheinisch-Bergische Kreises?
Die Hanglage.

Was ist das größte Problem des Rheinisch-Bergische Kreises?
Die Randlage.

Wenn Sie drei Wünsche für Bergisch Gladbach frei hätten, würden Sie …
Wenn ich Gladbach hier durch Burscheid als Beispiel für andere Kommunen des RBK ersetzen darf: Eine stabile Gemeindefinanzierung außerhalb der hoch volatilen Gewerbesteuer. Das würde für mindestens drei Wünsche reichen.

Als Bundestagsabgeordneter würde ich mich dafür einsetzen, dass Bergisch Gladbach…
Nochmals Burscheid als pars pro toto: für Mitsprache-Optionen der Bürger/innen außerhalb eines Wahlkampfes, z.B. für Bürgergutachten auch zu Bundesthemen.

Was war Ihre größte politische Leistung?
10,9 Prozent bei der Burscheider Bürgermeisterwahl 2009: Aus dem Stand, als Ich-Partei und zum Discountpreis von 1.000 Euro = vier Monate beste Unterhaltung zu den Kosten einer kleineren Studienreise.

Was war Ihre größte Niederlage oder Ihr schlimmster Fehler?
Mich im Rahmen dieser Wahl zu Podiumsdiskussionen an den Schulen des Kreises anzumelden. Es heißt, dafür hätte ich keine ausreichende Bedeutung. Seltsam das.

Was Sie über die Bundestagswahl in Bergisch Gladbach wissen müssen
+ Alle Kandidaten im Wahlkreis 100
+ Fragen an Maik Außendorf (Grüne)+ 26 Frangen an Peter Ludemann (FDP)
+ 26 Fragen an Michael Zalfen (SPD), Zalfen am iGL Stamtisch
+ 26 Fragen an Wolfgang Bosbach (CDU)
+ 26 Fragen an Martin Haase (AfD)
+ 26 Fragen an Grischa Bischoff (Linke)
+ Briefwahl, Wahlverfahren, Wahllokale - so läuft es ab 
+ Alle Beiträge zur Bundestagswahl

Mein großes Ziel ist es, …
mal Schülerinnen und Schülern demonstrieren: Wir sind nicht nur Politikverbraucher. Wir können – mit viel Spaß – auch Politikmacher. Oder wie Beuys sagt: Jeder Mensch ist Politiker.

In Handarbeit hat Voss ein Gerät gebastelt, mit dem er sein Wahlblog auch auf der Straße präsentieren kann

In Handarbeit hat Voss ein Gerät gebastelt, mit dem er sein Wahlblog auch auf der Straße präsentieren kann

Was ist Ihre Stärke?
Neugier.

Was ist Ihre Schwäche?
Neugier

Wie sind Sie als Chef?
Teilnehmend.

… und was würden Ihre Mitarbeiter sagen?
Sie wollen kein oder noch kein Chef sein. Ich deute das als Zufriedenheit.

Worüber können Sie sich richtig aufregen?
Wenn schwergewichtige Themen aus der Wahl herausgehalten werden sollen, z.B. diesmal ausdrücklich von Bundesminister de Maiziére die Neuaufstellung und die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Und wenn dann für die Bürger/innen nur ein paar Bauklötzchen übrig bleiben. Und natürlich rege ich mich über mein Schulverbot auf, siehe oben.

Wer ist Ihr größtes Vorbild in der Politik?
Obama. Bevor er Präsident wurde.

Wer ist Ihr Vorbild im Privatleben?
Auch wenn es manchmal schwer ist, das zuzugeben: meine Frau.

Was war der beste Ratschlag, den Sie je erhalten haben?
Einradfahren. Von meiner Frau.

Welchen Ratschlag würden Sie Ihrem Nachfolger/Ihren Kindern erteilen?
Möglichst jedes Jahr ein neues Hobby / Projekt vornehmen. Perspektiven wechseln.

Welche Frage wurde nicht gestellt, würden Sie aber gerne beantworten?
Was ich ständig gefragt werde: „Warum tut man sich das an, so eine Ein-Mann-Kandidatur?“ Tja, das ist wohl für mich die einzige Form, ohne Stress Politik zu betreiben. Weil es auch wie Einradfahren ist: Man hat die Hände frei. Und man muss (nur) sich selbst überwinden.

Die Wochenpost hat den Kandidaten zu seinen Inhalten befragt:

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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