Die Bürgerinitiative Nußbaum schlägt Alarm, weil im Prozess des Flächennutzungsplans bereits Entscheidungen getroffen seien, die auf falschen Annahmen beruhten. Sie wirft dem Stadtrat konkrete Verfahrensfehler vor, die den FNP nach ihrer Meinung anfechtbar machen. Außerdem gibt es Ärger um Waldstück mit weiterem Spekulanten.
Vor einigen Wochen wurden in einer öffentlichen Ausschuss-Sitzung der Stadt Bergisch Gladbach über den Entwurf zum Flächennutzungsplan entschieden. Einzelne Mitglieder im Ausschuss kannten jedoch die Inhalte der zur Abstimmung stehenden Vorlagen nicht, in einem Fall wurde sogar die Unterlage überhaupt nicht verteilt. Die Politiker sahen sich daher wiederholt nicht in der Lage, einzelne Punkte ausreichend zu verstehen und weigerten sich hier abzustimmen. Auch Berechnungsgrundlagen sowie Datenlagen waren nicht klar bzw. widersprüchlich.
Hinweis der Redaktion: Die Autorin ist Mitglied der Bürgerinitiative Nussbaum, mit der der Text abgestimmt ist. Es handelt sich um eine Stellungnahme der Initiative und nicht um einen Beitrag der Redaktion des Bürgerportals.
Mehrere Stadtratsmitglieder äußerten daher laut ihren Unmut: „Ich kann hier keine Entscheidung treffen, da ich die Zusammenhänge in dieser Komplexität nicht verstehe, ich benötige mehr Zeit dazu.“
Anstatt daraufhin die Details zu erörtern oder die Abstimmung zu verschieben, entschied Sitzungsleiter Lennart Höring (CDU) „zügig weiterzukommen“.
Ein Zuschauer kommentierte dies mit den Worten „In keiner Geschäftsleitung kann mit einer so widersprüchlichen Informationslage eine Entscheidung mit dieser Tragweite getroffen, wieso geht das hier? Das ist sehr auffällig, wie hier einzelne Mitglieder und Fraktionen vorgehen. Dies wird der Landesregierung nicht egal sein können.“
Laut BI-Sprecher Lothar Esser habe die Stadt zwar das Baufenster, nicht aber die Anzahl der Wohneinheiten reduziert. Demnach müsste man sogar damit rechnen, dass auch Hochhäuser, Funkmast und Aldi im Naherholungsgebiet errichtet werden.
Diese und andere Hintergründe haben aber alle Mitglieder des Stadtrates, die dem Entwurf am 26. September im Bergisch Löwen zugestimmt haben, offenbar gar nicht gewusst. Während der gesamten Sitzung mahnten Politiker immer wieder an, dass sie keine Zeit hatten, die Anträge im Detail zu studieren.
Darüber hinaus wurde beschlossen, bereits jetzt bei der Bezirksregierung einen Antrag auf Änderung des Regionalplans zu stellen – obwohl noch kein endgültiger Flächennutzungsplan vorliegt, für den eine solche Änderung eventuell 2019 erforderlich wäre.
Warum passierte dies? Dieser vorzeitige Antrag auf eine Änderung des Regionalplans würde quasi zu einem „Freibrief“ für die Stadtverwaltung führen, ohne demokratische Legitimation, kritisierten die kleineren Fraktionen während der Sitzung. Trotz dieses erneuten Protests wurde auch diese Abstimmung „durchgezogen“.
Ferner gaben die Fraktionen von CDU und SPD an, ihren jetzt beschlossenen Entwurf mit den Bürgerinitiativen zuvor abgestimmt zu haben. Dies ist jedoch gar nicht der Fall gewesen.
Ärger um Waldstück mit weiterem Spekulanten
Es gibt nun Ärger um ein Gebiet südlich des Nußbaumer Feldes: Eine Schafswiese und ein großes Waldstück, das sich bis zum Pannenberg zieht, sollen nach dem Willen des Stadtrats wieder in den Plan aufgenommen werden und den Baggern zum Opfer fallen. Damit widerspricht man der vorherigen umfangreichen Anhörung von öffentlichen Trägern und Fachleuten.
BUND weist Fledermäuse nach
Parallel hat nun ein Kölner Eigentümer, Herr K., die schnellstmögliche Rodung mehrerer Waldparzellen mit einem mehr als 60 Jahre alten Baumbestand angekündigt. Er will damit offenbar – ohne rechtliche Grundlage – Fakten schaffen und erreichen, dass Umweltschützer sein lukratives Geschäft mit der Umwandlung in Bauland nicht mehr verhindern können.
Aufgrund der Dringlichkeit, die schützenswerten Tierbestände offiziell zu bestätigen, ist der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) aktiv geworden. So wurden mit einem Spezial-Messgerät Fledermäuse bereits in den betroffenen Parzellen nachgewiesen, was eine Rodung damit untersagt. Die Anwohner haben daher eine auf öffentliches Baurecht spezialisierte Kölner Kanzlei beauftragt.
Es brodelt in ganz Nußbaum
Es brodelt immer noch gewaltig in ganz Nußbaum. SPD und CDU verkaufen die beschlossene Bebauung von fünf Hektar als „Kompromiss“, obwohl unter den Fraktionen bereits 2016 klar war, dass man die Hälfte des Feldes bebauen will, so ein Ratsmitglied. Nur aus taktischen Gründen wurde zunächst das gesamte Nußbaumer Feld in die Planung aufgenommen.
Die Verkleinerung des Baufensters auf dem Feld wurde von den großen Parteien damit begründet, dass so die Frisch- und Kaltluftentstehung weiter sichergestellt werden soll. Die gute Luft sei jedoch durch die derzeitig geplante Bebauung weiterhin gefährdet, so die Nußbaumer und fordern eine Untersuchung von unabhängigen Klima-Experten.
Auch das von den Parteien ebenfalls als „Kompromiss“ verkaufte geplante Baufenster des Nußbaumer Feldes entspricht noch nicht den Vorstellungen der Nußbaumer. Der für die Naherholung wertvollere Teil des Feldes um die Obstwiese herum und ein wichtiger städteverbindender Wanderweg zwischen Odenthal und Paffrath sind nicht ausgenommen.
Man darf vorhandene Infrastruktur, wie den in jedem Navigationsgerät eingetragenen Wanderweg, nicht zurückbauen. Auch sei der Blick auf Köln zugebaut, wenn man vom Wald herkommend das Feld betritt. Eine genaue Absprache hierzu hat es nicht gegeben, obwohl dies behauptet wird.
Verwaltung und Stadtrat vereint im „Adenauer Prinzip“
Im Jahr 2009 wurde im Freiraumkonzept und später im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) vom Rat der Stadt die gesamte Fläche Nu7 ausdrücklich geschützt und auch die Verwendung als Reservefläche wurde untersagt. Nun will man davon nichts mehr wissen, gemäß des Adenauer Prinzips. Der Nachkriegskanzler hatte sich häufiger eines egoistisches Vorgehens mit beharrlichem Verschweigen der jüngeren Vergangenheit bedient.
In der Klima-Karte der Stadt Bergisch Gladbach ist die Bedeutung der Kaltluft-Ströme, die auf dem Feld entstehe, selbst für Laien erkennbar:
Die Stadtverwaltung ignoriert in ihrer Planung auch den Landschaftsbeirat als Träger öffentlicher Belange (TÖB), der eine großflächige Bebauung des Nußbaumer Feldes kategorisch abgelehnt.
Eine Bebauung von fünf Hektar auf dem Feld gilt immer noch als großflächig und somit als ein Verstoß gegen Weisungen der Kreisverwaltung. Auf entsprechende Einwände der Ratsmitglieder der Linken und der Grünen wurde überhaupt nicht eingegangen, sondern die „Macht“ der Koalition genutzt, um etwas derartig Kontroverses einfach durchzuwinken.
Die Zuschauer der öffentlichen Sitzung fragten sich, warum überhaupt eine zweistündige Debatte geführt wird, wenn alles vorher unter den Fraktionsvorsitzenden ausgehandelt wird. Ein Lehrstück an Politik wurde ungeachtet der über 400 Zuschauer im Bergisch Löwen nicht gezeigt.

Die Bürgerinitiative ruft erneut alle Beteiligten auf, ihre finanziellen Interessen zurückzustecken und den regulären Ablauf des demokratischen Prozesses abzuwarten. Weiter bittet sie um Einbeziehung in die Gespräche und auch ein offenes Ohr für Argumente. Man fordert die Stadt und Stadtrat auf, sich an ihre eigenen Beschlüsse (ISEK 2030) zu halten.Aus Sicht der Bürgerinitiative sollte auf eine Bebauung des Nußbaumer Feldes gänzlich verzichtet werden, da das Stadtgebiet genügend Ausweichflächen hat, die leichter zu erschließen sind. Nur ein Prozent der Flächen Gladbachs werden als Friedhöfe oder Parkanlagen genutzt.
Es bleibt abzuwarten, ob Stadtrat und Stadtverwaltung sich überzeugen lassen, im Fall Nußbaum ihr Vorgehen nach dem Adenauer – Prinzip aufzuweichen und das Bauvorhaben dort aufgeben.
Weitere Beiträge zum Thema:
Zu dem sehr merkwürdigen Abstimmungsverhalten der GroKo in der FNP-E. – Ausschusssitzung mit der falschen Behauptung, man hätte die von Ihr sanktionierten Änderungen mit den Bürgerinitiativen abgestimmt, gehört der positiv beurteilte Bürgerantrag eines Marc Krüger, der wohl ein Bürger besserer Güte, besseren Entgegenkommens oder einfach besserer Durchsetzungskraft darstellt als die meisten anderen Bewohner unserer Stadt. Es ist unglaublich, wie hier einem Einzeltäter mit machtvollem Unternehmen im Rücken gegen alle Usancen von Demokratie, Rechtbewusstsein und gesetzlichen Vorschriften Rechte eingeräumt werden, die z.B. den Bürgerinitiativen verwehrt sind. BBi-GL, das „Bündnis der Bürgerinitiativen Bergisch Gladbachs für einen zukunftsorientierten FNP“, hatte für die Ausschusssitzung den Antrag gestellt, auch reden zu dürfen, um die Belange der Bevölkerung vortragen zu können oder zu einzelnen Abstimmungen deren Unmöglichkeiten aufzudecken. Das hat man abgelehnt mit dem Hinwies, das sähen die Statuten nicht vor. M. K. aber darf einen Bürger-Antrag stellen, dem ein Waldgebiet von 13,5 ha zum Opfer fallen würde.
Hier kommt erneut zutage, dass Verwaltung bei der Planung und den Abstimmungen für den FNP den ganzen und die GroKo den größten Teil Ihres Augenmerks auf wirtschaftliche Belange legen, die nur Industrie, Immobilien- und Bauwirtschaft zu Nutzen kommen.