Im April wird die Fußgängerzone in Gladbach für Radfahrer geöffnet. Eine gute Entscheidung, findet der ADFC. Dafür hat er einige Argumente – und viele Tipps, wie das Miteinander von Radfahrern und Fußgängern gut funktionieren kann.

Fußgängerzonen sind ein Bestandteil autogerechter Stadtplanung. Die ersten Fußgängerzonen entstanden in den 1950er Jahren in der Phase des Wiederaufbaus nach den großflächigen Zerstörungen der Innenstädte im 2. Weltkrieg.

Seit 1981 gibt es die Fußgängerzone in Bergisch Gladbach, leider keine in Bensberg. Und Wermelskirchen schafft es auch nicht. Und wir sollten alle wachsam sein: Es gibt einen Trend zur Umkehr. Viele wünschen wieder den Autoverkehr und Parkplätze direkt vor ihrem Geschäft. Einige Städte folgen dem Trend, auch in NRW.

Aber sie irren sich: Natürlich gibt es Laufkundschaft-Verluste aufgrund des Internet-Bestellwahnsinns. Selbst die Geschäftswelt nutzt diesen neuen Paketlieferservice, was man leicht an dem Verkehr auch außerhalb der Lieferzeiten in der Fußgängerzone feststellen kann.

Das System „Fußgängerzone” kennt keine Radfahrer

Die Grundidee „Fußgängerzone“ ist die Trennung der Verkehrsarten. Fußgängerzonen schaffen kleine Reservate für Fußgänger in einer ansonsten auf den Autoverkehr ausgerichteten Stadtplanung. Fußgängerunterführungen, Tiefgaragen, Parkhäuser, Parkleitsysteme und U-Bahnen sind Teil des Systems.

Fahrradverkehr kommt in dieser Welt nicht vor. Radfahrer sind weder Fußgänger noch Autofahrer. Konsequenterweise müsste man für den Fahrradverkehr ein drittes, vollständig von den anderen Verkehrsarten getrenntes Verkehrssystem aufbauen – eine absurde Idee in engen Innenstädten.

Gut erforschte Sachlage: Radfahrern in Fußgängerzonen

Die Diskussionen über Radfahren in Fußgängerzonen sind so alt wie die Fußgängerzonen selbst. Schon seit den 1980er Jahren ist die Sachlage gründlich erforscht. Wesentliche neue Erkenntnisse sind seitdem nicht hinzugekommen:

  • Über die Zulassung von Radfahrern werden emotionsgeladene Debatten geführt.
  • Vor allem ältere Personen fühlen sich gefährdet.
  • Unfälle mit Fußgängern sind seltene und i.d.R. harmlose Ereignisse.
  • Wo Radverkehr erlaubt ist, gibt es weniger Unfälle.
  • Radfahrer passen ihr Verhalten an die Fußgängerdichte an.
  • Radwege durch Fußgängerzonen sind keine Lösung.

Radfahrer befahren Fußgängerzonen auch unerlaubt, wenn sie die Verbindung brauchen und Alternativen fehlen. Wenn es bessere Alternativen gibt, fährt kein Radfahrer freiwillig durch eine Menschenmenge.

Fußgängerzonen sind die Kehrseite der autogerechten Stadt. Wenn zahlreiche Radfahrer unerlaubt durch eine Fußgängerzone fahren, steht dahinter eine verfehlte Verkehrsplanung. Also muss die Verkehrsplanung korrigiert werden, nicht die Radfahrer.

Radfahrer müssen sich nach den Fußgängern richten

Auch wenn Radfahren erlaubt ist, müssen die Radfahrer sich nach den Fußgängern richten, nicht umgekehrt. Die Rechtslage entspricht der Zulassung von Radverkehr auf Gehwegen.

Nach der Straßenverkehrsordnung gilt für Fußgängerbereiche:

  • „Wird durch Zusatzschild Fahrzeugverkehr (Fahrräder sind auch Fahrzeuge!) zugelassen, so darf nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden. Die Fahrzeugführer dürfen Fußgänger weder gefährden noch behindern; wenn nötig müssen sie warten.“

Die Gruppe der Verkehrsrowdys wird sich auch weiterhin nicht an Verbote halten, aber für die überwiegend rücksichtsvolle Mehrheit bedeutet die neue Regelung einen Gewinn. Dennoch handelt es sich nach wie vor um eine Fußgängerzone, wo Radverkehr lediglich geduldet ist. Die Radler sind den Fußgängern untergeordnet. Wenn es erforderlich ist, müssen Fahrräder geschoben werden.

Mit dem Fahrrad in Gladbachs Fußgängerzone

Die Öffnung der Fußgängerzone ist ein weiterer Baustein hin zu einem sicheren, schnellen und attraktiven Radverkehrsnetz in Bergisch Gladbach und trägt zu einer verstärkten Nutzung des Fahrrades bei und fördert den Umstieg auf das Rad.

Das Zentrum einer Stadt muss vielen Ansprüchen gerecht werden, da wird es schon mal eng. Deshalb steigen immer mehr Leute aufs Fahrrad um. Das ist gut für die Gesundheit, gut für die Umwelt, schafft Platz auf den verstopften Straßen und obendrein geht’s auch noch schneller.

Das gilt natürlich auch für die Fahrt zum Einkaufen. Weil solch vernünftiges Verhalten belohnt werden soll, dürfen Radfahrer in Bergisch Gladbach voraussichtlich ab den Osterferien 2018 auch in die Fußgängerzone fahren, vorausgesetzt, sie halten sich an das vorgeschriebene Schritttempo.

Kein Durchgangsverkehr – dafür gibt es bald die Umweltspur

Weniger erwünscht ist der Durchgangsverkehr von Radfahrern, die die Fußgängerzone als autoarme Fahradroute sehen. Sie wollen oft nur schnell ans andere Ende und betrachten flanierende Fußgänger eher als Hindernisse.

Die Umfahrung der Fußgängerzone auf der Schnabelsmühle/Gohrsmühle soll im Frühjahr auf den neu eingerichteten Umweltspuren fertig werden. Parallel zur Fußgängerzone wird sie zwischen ev. Kirche und Driescher Kreisel für Radfahrer, die schneller vorankommen wollen, als gemeinsame Bus-/Fahrradstraße eingerichtet. Hier hat der Autoverkehr nichts zu suchen:

„Im Rahmen der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes ist die Einrichtung von Umweltspuren geplant, welche zu einer umweltfreundlicheren Abwicklung der Verkehrsströme beitragen sollen. Dafür sollen die Busspuren im gesamten Stadtgebiet auch für den Radverkehr freigegeben und mit Radpiktogrammen markiert werden.“ (Quelle: Integriertes Handlungskonzept Bergisch Gladbach-Bensberg) 

Als Radfahrer sind Sie Gast in der Fußgängerzone

Radfahrer sind in Bergisch Gladbach erwünscht und willkommen. Sie genießen uneingeschränkten Respekt, wenn sie auf ihr Auto verzichten. Als Gast in der Fußgängerzone genießen Sie das Privileg, mit Ihrem umweltfreundlichen Fahrzeug direkt zu Ihrem Einkaufsziel fahren zu können.

Grundlage dieser fahrradfreundlichen Regelung ist, dass Sie den absoluten Vorrang der Fußgänger respektieren und sich an die Regeln halten. Zeigen Sie durch Ihr Verhalten, dass Sie diese Gastfreundschaft zu würdigen wissen. Rücksichtnahme der Fahrradfahrer gegenüber den Fußgängern ist extrem wichtig.

Tipps zum Radfahren in der Fußgängerzone

Fußgängerzonen sind die unfallärmsten Verkehrsbereiche. Trotzdem fühlen sich manche Fußgänger von Radfahrern bedrängt. Das muss nicht sein, wenn Radfahrer sich an ein paar einfache Regeln halten

  • Fahren Sie nur in die Fußgängerzone hinein, wenn Sie dort etwas zu erledigen haben. Wollen Sie nur ans andere Ende, kommen Sie auf der Umweltspur Schnabelsmühle schneller voran.
  • Halten Sie sich an das vorgeschriebene Schritttempo! Es ist die Grundlage für das Miteinander auf Fußgängerwegen.
  • Fahren Sie vorausschauend! Fußgänger fühlen sich weniger belästigt, wenn man hinter ihnen vorbeifährt, anstatt noch eben vor Ihrer Nase durchzubrettern
  • Achten Sie auf ausreichenden Abstand! Niemand mag es, wenn ihm seine Mitmenschen zu dicht “auf die Pelle” rücken.
  • Halten Sie lieber an, wenn es eng wird und lassen Sie stets den Fußgängern den Vortritt. Es gibt Zeiten, da wird es richtig voll. Dann steigen Sie am besten ab.
  • Menschen wollen auch entspannt durch die Bergisch Gladbacher City bummeln und bewegen sich häufig nicht geradlinig – rechnen sie mit plötzlichem Richtungswechsel.
  • Fahren Sie nicht geradlinig sondern suchen sie die größtmögliche Lücke.

Apropos Klingel:

  • Wann immer Sie meinen, eine zu brauchen, sind Sie mit Sicherheit zu schnell.

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Seit Gründung des ADFC Kreisverbandes RheinBerg-Oberberg e.V. in 2013 bin ich im Vorstand, seit Herbst 2015 Vorstandsvorsitzender.

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3 Kommentare

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  1. Danke für den guten Artikel. Ich mache meine Erledigungen in der Stadt meistens mit dem Fahrrad und habe auch das Glück zu meiner Arbeitsstelle in der Stadt bei Wind und Wetter zu jeder Jahreszeit radeln zu können.So diene ich der Umwelt, brauche keinen Parkplatz, tue was für meine Gesundheit, spare Geld und habe auch noch Spaß dabei. Schon lange warte ich auf die Erlaubnis durch die Fußgängerzone fahren zu dürfen. Rücksichtsvolles Fahren finde ich selbstverständlich, egal mit welchem Verkehrsmittel. Ich freue mich und denke, dass es eine gute Sache sein wird. Fahrradfreundlich Städte haben eine höhere Lebensqualität.

  2. Sehr geehrter Herr Werheid,

    da sind aber einige Wünsche die Väter Ihrer Gedanken. Ich darf mir ein Urteil über Fahrradfahren oder nicht in Fußgängerzonen (Fgz) erlauben, weil ich bei sehr vielen, mehrtägigen Radtouren immer wieder durch Städte komme, die radfahrfreie und -verbotene Fgz haben. Dabei habe ich eins begriffen: Es gibt keine für alle tragbare Lösung!

    Die von ihnen verniedlichten „Rowdies“ sind rücksichtslos, erschrecken nicht nur alte Leute – von denen es immer mehr gibt, wie auch Sie wissen sollten – und Kinder, legen es manchmal auf solche Gelegenheiten an und sind nicht geeignet, sich in Fgz zu bewegen. In einer Fgz, in der Fußgänger und Radfahrer ähnliche Rechte haben, müsste viel reguliert und dafür mindestens Ordnungskräfte abgestellt werden. Wer zahlt das?

    Viele, auch jüngere Leute besitzen nicht das Gehör, ein leise von hinten sich näherndes Fahrrad zu hören. Ebenso wenig sind Radfahrer geneigt, ihre Klingel einzusetzen, wenn sie überhaupt eine haben. Wie also soll in einer Fgz während mittlerer Begehung das Miteinander gestaltet werden? Radfahrer sollen absteigen, und die Fußgänger? Die können nicht mehr, wie das eine FUSSGÄNGERUONE signalisiert, gehen, wie sie wollen, die Richtung plötzlich wechseln oder stehen bleiben.

    Ihre Tipps zum „Radfahren in der Fußgängerzone“ sind reines Wunschdenken, wie ich am Anfang schon behauptete. Alle richten sich an Radfahrer, von denen viele bis ins mittlere Alter hinein lachen werden. Aber nicht aus Spott sondern wegen der Undurchführbarkeit. Ich halte Ihre Tipps und die meisten anderen Ihrer Behauptungen für nicht zutreffend. Und da habe ich über die Radwege auf der Kölner Straße und die geplanten auf der Buddestraße noch nicht geschrieben. Was da abgeht und abgehen soll ist unverantwortlich.

    MfG
    Rolf Havermann

  3. „Die Gruppe der Verkehrsrowdys wird sich auch weiterhin nicht an Verbote halten, aber für die überwiegend rücksichtsvolle Mehrheit …“ ist ein Satz, der zwei Teile enthält: Im ersten Teil gibt man endlich zu, dass es Verkehrsrowdys überhaupt gibt – das wurde bisher vehement bestritten. Der zweite Teil ist nach meiner Beobachtung falsch: Es wird der Radweg auf den falschen Straßenseite genutzt, oft wird der für teueres Geld angelegte Radweg gar nicht genutzt, knapp hinter dem Fußgänger geklingelt, durch die Fußgängerzone schon heute zu schnell gefahren. Leider ist es nicht die „überwiegende Mehrheit“, die sich rücksichtsvoll verhält, sondern die Mehrheit der Radfahrer. Hinzu kommt, dass die ach so vorsichtigen Eltern ihren Kindern bewußt Fehlverhalten beibringen. Auch dass habe ich leider immer wieder beobachtet. Die gut gemeinten Tipps brauchen rücksichtsvolle Radfahrer eigentlich nicht, denn auch sie sind mal zu Fuß oder (oh Schreck) als Autofahrer unterwegs und achten deshalb von selbst auf ein gutes Miteinander.