Sabrina Fahlenbock klagt den Rechtsanspruch ihres Sohnes auf einen Betreuungsplatz bei der Stadt Bergisch Gladbach ein. Die Rechtsanwältin möchte Druck erzeugen, damit die Stadt in der Kita-Krise rasch zu einer Lösung kommt. Ihr juristisches Wissen stellt sie auch anderen Eltern zur Verfügung.
Ihr Sohn sei 20 Monate alt und habe einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz, berichtet die Anwältin Sabrina Fahlenbock auf ihrer neuen Website „Platzrecht“. Ihre Suche nach einem Betreuungsplatz in Bergisch Gladbach sei jedoch erfolglos geblieben. Trotz Anmeldung bei Little Bird und Besuchen bei Tagen der offenen Tür in Kitas: „Nachdem wir im ersten Jahr nicht fündig wurden gehen wir wohl auch im kommenden Kita-Jahr 2023/2024 leer aus“, sagt Fahlenbock im Gespräch mit dem Bürgerportal. .
Klage als einziger Weg
Zwar habe die Stadt ihr zwei Plätze angeboten – in Schildgen und in Hand. Das sei für sie mit Wohnsitz in Moitzfeld und Kanzlei in Köln aber nicht praktikabel.
Das anschließende Gespräch mit dem Jugendamt sei erfolglos geblieben. „Man kann nur klagen – so das Ergebnis unseres Austauschs,“ berichten Fahlenbock. Diesen Weg geht sie nun, und betont, dass es dabei weder um die Mitarbeiter:innen im Jugendamt noch um die Leitungen in den Kitas gehe. Sie sei enttäuscht und entsetzt darüber, dass die Stadt den gesetzlich verankerten Anspruch auf frühkindliche Förderung missachte.
Zwar sei ihr klar, dass eine Klage weder zu mehr Kita-Plätzen noch zu mehr Fachkräften führen würde. Beispiele in anderen NRW-Gemeinden hätten jedoch gezeigt, dass dieser Druck dazu führen würde, das Thema der Kita-Krise nach vorne zu bringen, zur Chefsache zu machen.
„Die Verwaltung muss zum Handeln gewzungen werden. Es kann nicht sein dass das Thema auf dem Rücken der Familien ausgetragen wird“, sagt die Anwältin.
Webseite gestartet
Mit einer einstweiligen Verfügung hofft sie nun, dass die Stadt ihrer Familie eine Lösung anbieten wird. Wenn nicht, drohe der Stadt nach ihrer Aussage ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro – womit die Nichterfüllung des Rechtsanspruches geahndet würde. „Sollten dies alle rund 800 Familien durchsetzen, kommt unter dem Strich einiges für die Versorgung der Kinder zusammen.“ Das Geld könne man im städtischen Haushalt jedoch sinnvoller für die Kinder einsetzen.

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Ihr Wissen will Fahlenbock nun teilen und hat die Webseite platzrecht.de gestartet, die sich gerade im Aufbau befindet. Darauf befinden sich zwar auch die Kontakte zu ihrer Kanzlei, es gehe ihr aber nicht um eine Geschäftsanbahnung: „Meine Motivation sind die fehlenden Betreuungsplätze für die Familien in der Stadt.“ Es könne nicht sein, dass Kinder nicht gefördert würden. Mit der Webseite wolle sie Eltern gebündelt informieren.
Die Stadt will sich im Laufe der Woche offiziell zum Thema äußern. Anfragen der Redaktion zu möglichen Ad-hoc Kitas und zu konkreten Maßnahmen im Rahmen von Klagen könne man vorher nicht beantworten, heißt es in der Pressestelle.
Sowohl als Mutter, als auch als Erzieherin und Kitaleitung habe ich Verständnis für Frau Fahlenbocks Situation, die auch viele andere Eltern betrifft. Unterm Strich landet dieser Druck jedoch in den Kitas bei den Leitungen und beim pädagogischen Personal.
Entweder als Fall, bei dem man „mal wieder nicht helfen kann“ oder als zusätzliches Kind, dem man auf Grund des Personalmangels auch nicht gerecht werden kann, d.h. eine weitere Belastung für Kinder und Personal.
Und dann „überrascht“ es Eltern, Träger und die Gesellschaft insgesamt, dass in den Einrichtungen Fachkräftemangel herrscht? Es sollte ernsthaft mal darüber nachgedacht werden.
Also als Frühpädagogoge muss ich sagen, dass ich das Vorhaben als maximal gefährlich erachte. Die Dame soll gerne ihren Platz einklagen, aber doch bitte nicht noch dazu aufrufen und anderen Eltern dabei helfen. Wir sind in Kitas so schon maximal belastet, wenn dann noch der Betreungsschlüssel steigen muss, weil jeder seinen Anspruch einklagt ist man nur Teil des Problems…
In diesem meinen Sohn betreffenden Fall gibt es noch keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Köln, eine Entscheidung dürfte in den nächsten Tagen ergehen, ob die beiden angebotenen Plätze in der Kindertagespflege zumutbar sind. „Praktikabel“ ist dabei kein fest stehender juristischer Begriff. Wie Sie richtig anmerken, ist dies eine Einzelfallentscheidung.
Neben der Entfernung fließen auch zahlreiche andere Kriterien in die Bewertung ein, ob ein Kitaplatz zumutbar ist. Dazu zählen beispielsweise die zur Verfügung stehenden Transportmittel und die Nahverkehrsverbindungen. Beachtlich sind zudem die Aufgabenverteilung in der Familie, die Arbeitszeiten der Eltern und die Lage des Arbeitsplatzes. Eine grobe Richtschnur ist jedoch eine Dauer von 30 Minuten bzw. 5km pro Weg.
Danke für die Erläuterungen. Viel Erfolg!
Woraus ergibt sich der Rechtsanspruch eines „praktikablen“(!) Platzes und nach welchen Kriterien wird das beurteilt? Ist das eine Einzelfallentscheidung?