Zum 2. Jahrestag des Hochwassers in 2021 melden sich der Bürgerverein Gierath-Schlodderdich und die Bürgerinitiative Dünnwald/ Höhenhaus in einem Brief an die Bürger:innen zu Wort. In einer Bestandsaufnahme fassen sie den aktuellen Stand der Erkenntnisse zusammen und listen erste Schutzmaßnahmen auf. Der Fokus müsse nun auf der Suche nach Retentionsflächen liegen – und einer fairen Lastenverteilung der betroffenen Stadtteile in Bergisch Gladbach und Köln.
Liebe Bürger von Köln Dünnwald, Köln Höhenhaus und Bergisch Gladbach Gronau,
das Extremwetterereignis vom Sommer 2021 jährt sich am Freitag zum zweiten Mal. Der Starkregen hat zu verheerenden Folgen in vielen Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geführt und über 170 Menschen das Leben gekostet. Auch unsere Stadtteile war betroffen. Glücklicherweise ist es bei uns nicht zu Personenschäden gekommen, gleichwohl erlitten viele Bürger teils hohe materielle Schäden sowie das individuelle Gefühl der Angst und Machtlosigkeit den Naturgewalten gegenüber.
In Dünnwald hat sich nach dem Hochwasser die Bürgerinitiative Hochwasserschutz Dünnwald / Höhenhaus gegründet, die durch detaillierte Recherchen maßgeblich dazu beigetragen hat das Flutgeschehen am 14. Juli nachzuvollziehen und mögliche Schutzmaßnahmen abzuleiten.
In Bergisch Gladbach hat der bereits seit vielen Jahren existierende Bürgerverein Gierath- Schlodderdich das Thema aufgegriffen und zunächst in einem Bürgerdialog die betroffenen Bürger und die zuständigen Verwaltungsbereich zusammengebracht.
Der Bürgerverein und die Bürger Initiative haben sich kontinuierlich abgeglichen und im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse aus den letzten beiden Jahren zusammengefasst.
Was wir inzwischen wissen
Flutauslöser – Sowohl in Gronau wie auch in Dünnwald haben vollgelaufene Regen Rückhaltebecken am 14. Juli die Überflutungsschäden maßgeblich verstärkt. In Gronau war es die planmäßige Notöffnung des HRB Kieppemühle und in Dünnwald die, obwohl in der Betriebsanweisung vorgegeben, nicht erfolgte Notschließung des Rechtsrheinischen Randkanal (RRK) Zulaufes zum Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Diepeschrath. Eine Notschließung hätte zu Rückstau im Kanal und letztlich auch Schäden vorwiegend auf Bergisch Gladbacher Seite geführt. Die Bachsysteme Mutzbach und Katterbach verfügen über keinen wirksamen Hochwasserschutz.
Abwassersystem – sowohl die Beobachtungen vom 14.7.2021 als auch Simulationen bestätigen Kapazitätsengpässe im Bergisch Gladbacher Regenwasser Ablaufsystem bereits für Starkregenereignisse mit Intensitäten „unterhalb“ bislang definierter Schutzziele.
Hochwasser: Stadt stellt Aspekte zu Ablauf- und Warnsystem klar
Die Stadt Bergisch Gladbach greift den Bericht des Bürgervereins Gierath-Schlodderdich auf. Zwei Abschnitte, in denen es um das Regenwasser-Ablaufsystem und sowie um das geplante Warnsystem seien zum Teil sachlich falsch und bedürften der Klarstellung.
Hochwasserrisiko – Während Hochwasserrisiken für die vorwiegend durch Schmelzwasser bedingten Frühjahrshochwasser kontinuierlich abnehmen, steigen Risiken durch Starkregenereignisse. Die über Jahrzehnte gestiegene Versiegelung in urbanen Gebieten und die zunehmenden Folgen des Klimawandels in Form von häufiger auftretenden Extremwetterlagen addieren sich in ihren Auswirkungen.
Regenwasser Retention – Eine Erweiterung des RRK mit all seinen Zuläufen und Rückhaltebecken wäre mit signifikanten Kosten und je nach Umfang auch mit erheblichen rechtlichen Hürden verbunden. Des Weiteren müsste man von Realisierungszeiträumen im Bereich von fünf bis über 10 Jahre ausgehen.Hochwasserschutzmaßnahmen sollten vorwiegend auf lokale Retention von Regenwasser setzen.
Im Idealfall können Retentionslösungen auch helfen Auswirkungen der ebenfalls zunehmenden Dürreperioden zu reduzieren. Hier ist auch jeder Grundstückeigentümer gefordert diese Option zu prüfen. Jegliche lokale Retention reduziert die Belastungen des Regenwasser Ablaufsystems. Unter dem Stichwort „Schwammstadt“ findet man Informationen zu diesem Thema.
Simulations Modell – Ein spezialisiertes Ingenieurbüro entwickelt im Auftrag der zuständigen Verwaltungen in Köln und Bergisch Gladbach eine Lösung welches sowohl die genaue Gelände Topografie, das Kanalsystem und erst seit diesem Jahr verfügbare Wetterdaten in einem ganzheitlichen Simulationsmodell berücksichtigt. Dieses rechnergestützte Modell wird kontinuierlich weiterentwickelt und gegen den Istzustand abgeglichen. Mit diesem Werkzeug werden exakte Bewertungen der Auswirkungen von Hochwasser Schutzmaßnahmen möglich.
Warnsystem – Eine frühzeitige Warnung hätte geholfen materielle Schäden zu reduzieren und wäre essenziell für Bürger, die bereits Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Flutschotts angeschafft haben. Die dazu notwendigen Technologien sind zu moderaten Kosten verfügbar. Bergisch Gladbach hat sich entschieden sukzessive ein Monitoring- und Warnsystem aufzubauen, welches auch für die Überwachung von Fluss Pegeln eingesetzt werden kann.
Objektschutz – Für Gebäude in möglichen Überflutungsbereichen sollte jeder Gebäudeeigentümer über geeignete Schutzmaßnahmen nachdenken. Der Markt bietet eine große Spannbreite an Lösungen von flutsicheren Fenstern oder Flutschotts bis hin zu einfachen Sandsäcken. In Dünnwald wurde ein Beratungstermin mit einem Infomobil vor Ort im Albus Weg durchgeführt.
Entscheidungsgremium – Die Verantwortung für Hochwasserschutz für Strunde, Mutzbach und RRK liegt bei Köln, Bergisch Gladbach und der Bezirksregierung Köln. Zukünftig sollen alle Maßnahmen an einem „runden Tisch“ mit Vertretern der Unteren Wasserbehörden und Abwasserverbände beider Verwaltungen, der Bezirksregierung sowie diversen Zweckverbänden (Strunde, Wupper, RRK) abgestimmt werden.
Erste Schutzmaßnahmen
Im dritten Jahr nach dem Hochwasserereignis vom 14. Juli werden erste Schutzmaßnahmen umgesetzt. Einige Projekte sind bereits konkret geplant, wie der Schutz von Haus Haan in Dünnwald (druckdichte Deckel) oder Maßnahmen am Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Diepeschrath (z.B. Anhebung Katterbachstraße).
Der Fokus wird insbesondere auf der Suche nach Retentionsflächen in Köln und Bergisch Gladbach liegen. Wichtig ist hier insbesondere ein faires Vorgehen für Unterlieger und Oberlieger. Eine Maßnahme im Ortsgebiet von Bergisch Gladbach darf keine negativen Konsequenzen für Kölner Bürger haben und umgekehrt.
Die Bürgerinitiative Hochwasserschutz Dünnwald und der Bürgerverein Gierath-Schlodderdich wollen sich gemeinsam in diesen Prozess einbringen und dazu in den „Runden Tisch“ integriert werden.
Anbei eine Liste der aktuell diskutierten Themen.
- Schutz von Haus Haan durch Abdichtung des RRK in diesem Bereich
- Klare Regelungen für den Betrieb des HRB Dieppeschrath, insbesondere bei Extremereignissen wie am 14.7.2021 sowie Reparatur der Zulaufschotts
- Umsetzung der Vorgaben für den Hochwasserabschlag des Mutzbachsystems in das HRB Diepeschrath
- Überprüfung des Katterbach Abschlages in den RRK unterhalb des HRB Diepeschrath
- Ertüchtigung der Strunde in Gronau zu einer höheren Durchflusskapazität ab dem HRB Kieppemühle
- Erweiterte oder zusätzliche Rückhaltebecken in beiden Stadtgebieten
- Nutzung des Gierather Waldes, des Dünnwalder Waldes und des Thielenbrucher Waldes für die Retention von Hochwasseranteilen, der dort jeweils fließenden Bäche
Die Auswirkungen des Klimawandels treffen uns alle und wir sind auch alle mitverantwortlich für die Ursachen. Unser Ziel ist die Interessen der von uns vertretenen Bürger bei allen zukünftigen Maßnahmen zum Hochwasserschutz zu wahren.
Wir bedanken uns für die bisherige gute Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Verwaltungsbereichen.
Der Bürgerverein sowie die Bürgerinitiative möchten mit ihrer vertrauensvollen Zusammenarbeit ein Zeichen setzen und die Handelnden ermutigen überkommunal zu denken und entsprechend zu handeln.
Die Zusammenarbeit auf allen Ebenen und zwischen den Städten wird zu einem gemeinsamen und besseren Schutz gegen Überschwemmungen durch Starkregen führen.
Bürgerverein Gierath-Schlodderdich
Jürgen Schlößer
Edgar Cürten
Bürgerinitiative Dünnwald/ Höhenhaus
Ulf Tenholte
Jürgen Hein
Detlev Tschentschner
Thomas Möritz
Die Stadtverwaltung bezieht zu den Punkten Ablauf- und Warnsystem Stellung; beide Themen bedürften einer Klarstellung:
https://in-gl.de/2023/07/18/hochwasser-stadt-stellt-aspekte-zu-ablauf-und-warnsystem-klar/
Die Baumaßnahmen sind das eine. Und auch die physischen Veränderungen insgesamt an Material.
Aber was ebenso wichtig ist sind die verlässlichen Informationen im Falle einer Extrem Situation. Wichtige Hinweise für die Bevölkerung die JEDER erhält.
Und genau das ist nicht richtig passiert.
Es gab zwar Warnungen auf Apps wie Nina oder auf manchen Nachrichtenseiten. Und auch einige Stellen warnten.
Das Problem ist aber:
A. Die Nimmt man nicht richtig Ernst mehr. Da der Spreu vom Weizen nicht getrennt wird. Schaut man sich die Warnungen im Roten Bereich an so ist fast alle paar Wochen hier im Bergischen absoluter Alarm.
Und das ist einfach nicht realistisch. So dass viele Menschen diese Warnungen einfach nicht mehr Ernst nehmen.
Auch die Wetterberichte sind oft mit viel zu überzogenen Vorhersagen überzogen. Im Sommer meist so: SAHARA-Glut rollt auf Deutschland zu. 45 GRAD ? oder im Winter ,,Meterhohe Schneemassen Erwachtet. DWD warnt´´
Und wenn dann wirklich mal Gefahr droht reagiert man dann zu spät. Weil es keine realistischen Bewertungen gibt.
B Es müssen alle Informiert werden. Wurden Sie aber nicht. Es haben hier keine Sirenen geheult, es gab keine Lautsprecherwagen oder SMS Nachrichten für alle.
Das geht viel weiter. In meinen Augen sollte man die Bevölkerung trainieren und schulen.
Um so Polizei und Feuerwehr zu entlasten und um Sofort zu helfen. So sollte es nach mir kostenlose Erste Hilfe Kurse geben, Kostenlose Kurse wie man sich verhält bei Stromausfall, Oder wie man sich bei Hochwasser verhält.
Oder kostenlose Trinkwasserstellen für kommende Hitzetage.
Es ist ja nicht nur das Hochwasser. Der Katalog ist groß: Hackerangriffe auf Infrastruktur, Hitze, Orkan, Hochwasser, Innere Sicherheit, Brände, Stromausfall, Wasserausfall, Austritt von Giften usw.
Ich finde es erschreckend das viele Menschen noch nie im Leben einen Feuerlöscher mal bedient haben.
Oder das viele auf Anhieb nicht wüssten wie sie eine Herz Lungen Massage machen müssten.
Die Bevölkerung sollte mit ins Boot gezogen werden. :) Zahlenmäßig sind die Zivilisten die Größte Masse. Und wenn die nicht Skills hat.
Dann bringen Feuerwehr, Polizei, Behörden und so nur bedingt was. Denn im Ernstfall kommt es auf das richtige Handeln jeden einzelnen an.