Die Stadt hat mit dem Integrierten Klimaschutzkonzept ein Gesamtpaket von Maßnahmen vorgelegt, das weit über die eigene Arbeit hinausgreift und der Verwaltung eine Vorbildfunktion zuschreibt. Dieses integrierte Konzept wird jedoch nur von Grünen und SPD getragen, die anderen Fraktionen lehnen es in Teilen ab. Nach der CDU äußert sich jetzt die FDP ausführlich zu ihren Vorbehalten – und lässt eine Strategie erkennen.

Die CDU-Fraktion hatte bereits im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss grundsätzliche Bedenken gegen das „Integrierte Klimaschutzkonzept“ (IKSK) und viele seiner 43 Maßnahmen geäußert. Die FWG schlug vor, bei der finalen Entscheidung im Stadtrat am 5. September alle Maßnahmen einzeln abzustimmen – und damit das Paket aufzuschnüren. Darauf läuft es nun offenbar hinaus, denn neben der CDU schließt sich auch die FDP dieser Strategie an.

Für das Gesamtpaket ist damit – wie Bürgermeister Frank Stein konstatiert hatte – keine Mehrheit absehbar. Verwaltung, Grüne und SPD argumentieren, dass die Stadt selbst nur für zwei Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich ist, für eine effektive Klimastrategie daher die gesamte Stadtgesellschaft in den Blick genommen werden müsse.

CDU: Politischer Diskurs im Hauptausschuss

CDU-Fraktionschef Michael Metten im Stadtrat. Foto: Thomas Merkenich

Die CDU lässt sich noch nicht in die Karten schauen. Seine Partei stimme sich in den nächsten Tagen und Wochen „mit verschiedenen Fraktionen“ ab, sagte CDU-Fraktionschef Michael Metten. Die CDU gehe davon aus, dass die Sitzung des Hauptausschusses am 30. August „der richtige Rahmen ist, um die grundsätzlichen Positionen im politischen Diskurs zu erörtern“.

Hintergrund: Die operativen Leitziele der Stadt

Die Stadtverwaltung hat sich nach eigenen Aufgaben diese Leitziele gesetzt: 

  • Vorbildfunktion für Bürgerschaft und Wirtschaft
  • Energetische Sanierung der eigenen Liegenschaften, umfassende Berücksichtigung des Klimaschutzes bei neuen Projekten, Ausbau der Photovoltaik 
  • Ambitioniertes Mobilitätsmanagement zugunsten von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr
  • Kommunale Wärmeplanung
  • Ressourcen- und flächensparende Stadtentwicklung
  • Klimaneutrale Entwicklung neuer Baugebiete
  • Umgestaltung der Starkregen- und Hochwassergefahrenbereiche
  • Unterstützung der Bürgerschaft und der Wirtschaft durch Sensibilisierung und Beratung

Erst danach, in den wenigen Tagen bis zur Ratssitzung, werde die CDU „ausloten, zu welchen Inhalten, es welche Mehrheiten gibt“, sagt Metten. Konkreter wird er nicht – aber damit ist deutlich, dass auch die CDU nur Teile mittragen und das Gesamtpaket aufschnüren will.

FDP: „Keine Umerziehung der Bevölkerung“

Dorothee Wasmuth (FDP). Thomas Merkenich

Welche inhaltlichen Vorbehalte die Opposition hat, wird aus einer Stellungnahme der FDP deutlich. Natürlich benötige die Stadt ein Klimaschutzkonzept, doch die Maßnahmen und Ausgaben für Kommunikation und Marketing seien „nicht sinnvoll“, sagt FDP-Parteichefin Dorothee Wasmuth.

Davon wären das Maßnahmenbündel 3 („Klimabildung“) und viele Einzelmaßnahmen betroffen (siehe Dokumentation unten).

Diese Aufgaben lägen nicht im Verantwortungsbereich der Stadt und würden von anderen Stellen (Bundesministerien, Kreis, Verbraucherzentrale o.ä.) bereits abgedeckt, erläutert Wasmuth. Daher sei es weder nötig noch (mit Blick auf den Fachkräftemangel) klug, dafür auch noch (zusätzliches) Personal der Stadt einzusetzen.

Statt dessen solle sich die Stadt „auf die klimarelevanten Maßnahmen konzentrieren, welche sie im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten tatsächlich beeinflussen und vor allem umsetzten kann“, erläutert die FDP-Vertreterin. Insbesondere sei es nicht Aufgabe der Stadtverwaltung „die Bevölkerung zu motivieren sich klimafreundlich zu verhalten und schon gar nicht diese umzuerziehen“.

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Für Bevölkerung, Gewerbe und Handel dürfe die Entscheidungsfreiheit nicht eingeschränkt werden, fordert Wasmuth. Dabei verweist sie auf „Maßnahmen wie der flächendeckenden Einführung ausschließlichen vegetarischen Essens in den Schulkantinen“. Es sei eine „Entscheidung der Kinder und ihrer Eltern, ob diese sich vegetarisch ernähren, nicht die der Stadtverwaltung“.

Nachgeschlagen: Als Maßnahme 1.7. (Dokumentation siehe unten) findet sich unter den „Einzelmaßnahmen der Stadtverwaltung“ neben dem „Bezug nachhaltiger Lebensmittel“ und der „Digitalisierung der Ratsvorlagen“ der Vorschlag: „Umstellung auf fleischarme/-lose Lebensmittelangebote in Schulen“.

Wie für die FWG ist es auch für die FDP darüber hinaus „unabdingbar, dass jede Maßnahme auf Ihre Wirtschaftlichkeit hin geprüft wird und die zu erwartenden Kosten so konkret wie möglich quantifiziert werden“. Im IKSK seien die Kosten zu generell formuliert worden – und daher „für uns nicht zustimmungsfähig“. (Siehe auch Zeit- & Ressoucenplan, Dokumentation unten)

Keine Mehrheit für das Klimaschutzkonzept

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition verfügen Grüne und SPD im Stadtrat nicht mehr über eine eigene Mehrheit, sondern sind auf wenigstens drei weitere Stimmen angewiesen. Nachdem CDU, FDP und FWG ihre Teil-Ablehnung signalisiert haben und die AfD ohnehin dagegen ist könnten diese drei Stimmen allenfalls noch von der Bergischen Mitte (Fabian Schütz, Iro Hermann) und dem fraktionslosen Ratsmitglied Frank Samirae kommen.

Bürgermeister Frank Stein hatte bei einer Veranstaltung der Grünen bereits die Befürchtung geäußert, dass das Integrierte Klimaschutzkonzept nun tatsächlich in den Verhandlungen der Fraktionen auseinander genommen und „filetiert“ wird.

Dokumentation

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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2 Kommentare

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  1. Hier übersehen die „Haushälter“ der FWG wie der FDP (u der CDU?), dass die haushaltswirksamen Maßnahmen des Klimaschutzkonzepts (IKSK) alle noch durch die jeweiligen Haushalte müssen – die Prüfung auf „finanzielle Machbarkeit“ erfolgt somit erst mit der(n) Haushaltsberatung(en).

    Das Konzept soll der Verwaltung zunächst nur die Richtung zeigen, welche Massnahmen sie als nächstes anstoßen sollte (notwendigerweise in dem Rahmen, den die Finanzen (gerade noch so zulassen – aber das ist Schritt 2).

    Drittens, das IKSK ist in der Erkenntnis aufgesetzt, dass die Stadt(verwaltung und Rat) selbst nur 2% der Treibhausgase durch Entscheidungen selbst vermeiden kann – den größten Teil kann nur die Stadtgesellschaft beisteuern.

    Den Menschen kann das nicht „verordnet“ werden, unsrer Bürger können das nur aus eigenem Entschluss leisten – dafür ist ein hoher Informations- und Kommunikationsaufwand erforderlich: deshalb die vielen kommunikativen Positionen im Konzept.

  2. Danke @Dorothee Wasmuth, sowas habe ich seit langem bei der FDP vermisst.

    Eventuell sollte die Stadt, anstatt nun auf allen Objekten eigene Photovoltaikanlagen aufzubauen, sich mit der gerade gegründeten Energiegenossenschaft zusammentun und die Dachflächen nur vermieten.