Für Peter Merz ist seine Tätigkeit als Drehorgelspieler nur ein Hobby, wie er erklärt. Reich werden könne man damit nicht, wenn man bedenkt, wie teuer die Anschaffung so einer Orgel ist, und wie teuer die Notenlochbänder sind, die er einlegt.

Aber regelmäßig neue Musikrollen und die anfallenden Reiseunkosten kann man damit einspielen. 80 € muss man für eine Rolle hinlegen, zum Beispiel eine mit Barockmusik, die er mir zeigt, verschiedene Stücke, deren Titel alle auf Englisch formuliert sind.

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„Händel hat ja viele Jahre seines Lebens in London verbracht.“

Peter Merz in der Bergisch Gladbacher Fußgängerzone

Seine erste Orgel hat Peter Merz damals selber gebaut. Das war ein Baukastensatz von einem Berliner Orgelbaumeister. Aber neben dem Zusammenbau musste man dann die individuelle äußere Gestaltung der Drehorgel selbst vornehmen. Während er erzählt, strahlt ihm die Freude an seinem Hobby aus seinem Gesicht. Vor lauter Begeisterung vergisst er das Spielen und damit auch die Einnahmen, die während dieser Zeit möglich wären.

„Am meisten fasziniert mich am Orgeldrehen, wenn ich anderen damit eine Freude machen kann.“

Von manchen Leuten wird seine Orgel offensichtlich als Mittel zur Entschleunigung in unserer schnelllebigen Zeit empfunden. In Köln, wo er zu Hause ist, spielt er einmal im Monat auf der Severinsstraße statt in  der Hektik von Hohe Straße und Schildergasse.

Weitere Porträts in unserer Serie 
„Menschen in der Fußgängerzone“ 
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Dort auf der Severinsstraße hatte er auch das Erlebnis mit einer der Nonnen, die sonst immer geschäftig und eilig durch die Gegend rennen. Sie hatte ihm gesagt:

„Ich freue mich, dass Sie mit Ihrer Musik den Menschen auf der Straße  Freude bereiten und danke Ihnen für die innerliche Ruhe, die Sie uns damit schenken.“

Seit einem halben Jahr ist Peter Merz arbeitslos. Vorher war er als Anzeigengestalter bei einem Kölner Zeitungsverlag tätig. Da diese Firma aber nun zentral für ganz Deutschland ihre Anzeigen in Halle an der Saale setzen lässt, fiel der Arbeitsplatz in Köln weg.

Ein Wechsel des Arbeitsorts kam für ihn mit seinen mehr als 60 Jahren nicht mehr in Frage, und er ließ sich eine Abfindung zahlen, die ihm den Weg bis zur Verrentung ebnet.

„Wenn Sie für hiesige Tageszeitungen gearbeitet haben und damals schon die Orgel drehten, sind Sie doch sicher schon öfter interviewt worden.“
„Nein, noch nie.“

Nur eine Studentin, die eine Arbeit über Kopfbedeckungen schrieb, hatte ihn schon einmal interviewt. Denn einen Menschen mit einem Zylinder auf dem Kopf sieht man ja eher selten in einer Fußgängerzone.

 Drehorgeln haben eine lange Tradition. Nach dem 7jährigen Krieg erhielten in Österreich und Preußen Kriegsversehrte anstatt einer Rente  die Lizenz, sich in der Öffentlichkeit als „Orjelsmann“ den Lebensunterhalt zu verdienen. In Berlin gehörten  Drehorgeln bis in die 20er Jahre zum Straßenbild.

Das Innenleben der Orgel

Immerhin hat die Orgel von Peter Merz drei Register: Zauberflöte, Zimbel und Violine. Kein Vergleich mit den 88 Registern und über 6000 Pfeifen der Altenberger Domorgel.

Dafür kann man die Domorgel auch nicht in der Fußgängerzone hören, während Peter Merz sich durchaus auch Orgelkonzerte im Altenberger Dom anhört, wie ich am Sonntag nach dem Interview feststellen konnte, als wir uns dort zufällig begegneten.

Dass in der Gladbacher Fußgängerzone keine Bäume mehr zu sehen sind, findet der Orgeldreher enttäuschend. Er fand die Stadt einmal sehr schön, sie scheine aber immer mehr an Reiz zu verlieren.

Peter Merz’ Engel

Wie an vielen Stellen fehlte auch bei dem alten Pflaster einfach die Pflege. Damit hätte man die vielen Stolperfallen vermeiden können. Stattdessen wird nun einfach etwas Neues hingeklotzt, das dann vielleicht wieder nicht gepflegt wird.

Das Wichtigste im Leben von Peter Merz ist ihm neben seinem Hobby seine Familie, seine Frau, mit der er nun schon 37 Jahre verheiratet ist, und seine zwei Töchter. Die eine arbeitet als Krankenschwester, die andere als Erzieherin. Er freut sich schon auf seinen ersten Enkel, der bald zu erwarten ist.

Wenn man will, kann man „dä Orjelsmann“ auch zu besonderen Gelegenheiten engagieren, wie z.B. Hochzeiten. Sicher wird er seinen Teil zu Ruhe und Freude der Gesellschaft beitragen.

Kontakt:

  • Zu erreichen ist Peter Merz unter der E-Mail-Adresse petermerzkoeln@gmx.de

ist pensionierter Lehrer, Mitglied von Wort und Kunst, Verfasser von "Der letzte Lehrer"

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