Eine Aktion in der Fußgängerzone

Eine Aktion in der Fußgängerzone

87 Prozent der Bevölkerung sind für die Einführung von bundesweiten Volksentscheiden, laut einer Emnid-Umfrage von 2013.

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Diese sind nach meiner Meinung und der Meinung vieler Menschen unbedingt nötig, um der galoppierenden Politikverdrossenheit etwas entgegenzusetzen, was mehr Teilhabe ermöglicht, was bei vielen Menschen verlorengegangenes Interesse an Politik zurückbringt und dem Wort Demokratie (=Volksherrschaft) neues Leben einhaucht.

Als wir 2003 in Bergisch Gladbach den Bürgerentscheid gegen das Crossborderleasinggeschäft mit 95 Prozent der Teilnehmer gewannen, zeigte sich das hohe Interesse der Bevölkerung, quer durch die Parteien, wenn es um eine Entscheidung geht, die die ureigensten Interessen betrifft. Damals wurde ein Geschäft verhindert, bei dem unsere Kanalisation an eine amerikanische Firma „verhökert“ werden sollte. Ich benutze diesen saloppen Ausdruck, weil die genaue Darstellung an dieser Stelle zu viel Raum einnehmen würde. Die meisten Bürger erinnern sich an diese Aktion heute mit Dankbarkeit, und sogar Politiker aus den Reihen der damaligen Ratsmehrheit loben heute unsere Bürgerinititative.

Umso wichtiger wäre es, wenn solche Bürgerbeteiligung auch bundesweit möglich wäre, wie in allen oder fast allen Staaten der EU. Warum nur in Deutschland nicht? Sind wir dümmer oder unreifer als Iren oder Niederländer?

Nun sprechen sich alle im Bundestag vertretenen Parteien, außer der CDU, für bundesweite Volksentscheide aus. Auch 66 Prozent der CDU-Wähler und sogar zehn Prozent der CDU- Abgeordneten sind dafür. Es ist also nur eine Minderheit unserer Abgeordneten, die seit Jahrzehnten die erforderliche Grundgesetzänderung blockiert.

Am 29.6 und am 30.8. warben Mitglieder und Unterstützer von „Mehr Demokratie“ für dieses wichtige Ziel in unserer Fußgängerzone und sammelten Unterschriften, die an den Bundestag geschickt werden. „Mehr Demokratie“ ist der Verein, der sich vorwiegend für die Förderung von Bürger- und Volksentscheiden einsetzt, und der 2003 auch den Gladbacher Bürgerentscheid beraten hat.

Mitglieder der Aktion "Mehr Demokratie" in Bergisch Gladbach

Mitglieder der Aktion “Mehr Demokratie” in Bergisch Gladbach

Nun wollte „Mehr Demokratie“ am 30. August einen Pressetermin mit allen örtlichen Bundestagskandidaten vereinbaren. Der platzte leider. Warum? Und da kommt man dann ins Grübeln. Ins Grübeln, weil man überlegt, ob die Parteien, die sich öffentlich für Volksentscheide aussprechen, wirklich dahinterstehen oder hier nur ins populistische Horn tuten.

Ich stellte der Pressestelle von „Mehr Demokratie“ die Frage: „Hatten Sie zu dem Pressetermin alle Bundestagskandidaten in Bergisch Gladbach eingeladen, wenn nicht, warum nicht, und wie waren die Antworten der Kandidaten im Einzelnen?“

Die Antwort lautete: „Von den Direktkandidaten hatte einzig Herr Außendorf von den Grünen definitiv zugesagt. Von den Linken gab es eine Zusage, dass jemand kommt, allerdings war unklar, ob Herr Bischoff als Direktkandidat erscheinen würde. Herr Zalfen und die örtliche SPD haben trotz mehrmaliger Mails und Anrufe leider nicht reagiert. Herr Bosbach (CDU) war terminlich verhindert, allerdings gab es keine Reaktion auf die Einladung eines Vertreters der örtlichen CDU. Das Gleiche gilt für die FDP, auch hier hatte der Direktkandidat Herr Dr. Ludemann abgesagt und bzgl. einer Vertretung haben wir keine Rückmeldung bekommen. Einen Direktkandidaten der Piraten gibt es nicht. Auf Grund seiner Presserfahrungen schlug unser Pressesprecher daher vor, den Pressetermin abzusagen.“

Die Grünen und die Linke wollten zu dem Pressetermin erscheinen. Ein Applaus für sie! Ein Desaster, wenn man glaubte, alle Parteien würden zu ihrem Wort stehen! Ein Desaster auch, wenn man bedenkt, eine wie geringe Rolle bisher dieses Thema im Wahlkampf und auch bei den Journalisten im Fernsehen spielte!

In diesem Bürgerportal wurden die Leser aufgefordert, Fragen an alle unsere Kandidaten zu stellen. Alle Kandidaten außer dem der CDU äußerten sich positiv zu bundesweiten Volksentscheiden.

Aber nun erneut eine Frage an die Kandidaten: „Wie erklären Sie das Verhalten bei dem geplanten Pressetermin?“

Sind die Bekenntnisse einiger Kandidaten und ihrer Parteien reine Lippenbekenntnisse? Und die Empfehlung an alle Wähler: Prüfen Sie vor der Wahl Ihre Entscheidung, auch in Bezug auf das vergangene und das zukünftige Verhalten der Kandidaten zur Frage der bundesweiten Volksentscheide!

Die nächste Nagelprobe steht bevor: die Koalitionsverhandlungen nach der Wahl. Beobachten Sie auch dann genau das Verhalten der von Ihnen gewählten Volksvertreter!

ist pensionierter Lehrer, Mitglied von Wort und Kunst, Verfasser von "Der letzte Lehrer"

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9 Kommentare

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  1. Bürger fragen – Politiker antworten
    > http://echte.direkte.demokratie.yi.org/read__1-1360-1360

    Bis jetzt haben die wenigsten Politiker ihren vollmundigen Versprechen Taten folgen lassen. Abzulesen am konkreten Engagement der Politiker, die sich jetzt für (direkte) Demokratie aussprechen für Volksbegehren in der Vergangenheit. Bis auf wenige Ausnahmen (für die ich nicht mehr als eine Hand zum abzählen brauche, und da habe ich schon ehemalige Bundestagskandidaten und -abgeordnete mit eingerechnet.) ist da tote Hose.

  2. Danke, für die Antwort. Ja, die Seiten kenne ich schon. Wäre nur schön wir hätten ne Deutschlandwahlkreiskarte mit den besten Köpfen und die Arbeit wäre schon erledigt :).

  3. Guten Abend Herr Müller (und natürlich alle anderen…),

    da scheint ein Missverständnis vorzuliegen: Michael Zalfen antwortete Ihnen bereits am 13. August über Abgeordnetenwatch:

    > Betreff: Re: Eine Frage an Sie vom 13.08.2013 16:39
    >
    > Die SPD und die Grünen haben sich in der Frage von mehr Basisdemokratie klar
    positioniert. Wir unterstützen diesen Gedanken ausdrücklich. Über die Frage, wie
    das Ergebnis dieser Haltung in Koalitionsverhandlungen zu vertreten ist und welche
    Ergebnisse erreicht werden müssen, kann ich heute keine Vorraussagen treffen.
    Verhandlungen sind Verhandlungen und werden von den Verhandelnden gestaltet.
    Basisdemokratie ist wichtig, aber sollte ich zur Verhandlungsgruppe gehören, so
    stehen auf meiner Agenda wesentlich dringendere Themen, wie Mindestlohn,
    Basisrente, Steuergerechtigkeit. Ich werde mich gerne für diese Ziele verwenden,
    mit dem Vorbehalt des „Machbaren“.
    > mfg
    > Michael Zalfen

    Außerdem haben wir uns doch hier im Forum schonmal klar FÜR Volksentscheide positioniert.

    Besten Gruß

    Thomas Sussenburger

  4. Auf der volksentscheid.de gibt es einen Kandidatencheck, wo alle bundesweiten Direktkandidaten ihre Position zum bundesweiten Volksentscheid darstellen können. Dieses Thema wir darüber hinaus auf den folgenden Plattformen abgefragt:
    wahl-o-mat.de
    wen-waehlen.de
    abgeordnetenwatch.de

  5. Sogar hier schon die Propaganda Schreiblinge der AfD. Brrrrrr Überall, in jedem Forum in jeder Gruppe, die müssen echt nen haufen Kohle haben…
    Aber wichtige Frage:
    Gibts ne deutschlandweite Liste von Kandidaten, die sich glaubhaft für Volksentscheide einsetzen könnten?
    und weil der Bosbach oben genannt wurde, der hats schwer und ist ein Politiker mit Rückgrad :). Unter einer guten Führung, dürfte er ganz Mensch sein. Sorry für den Exkurs – I mog den Mo :)

  6. Nichts fürchten CDU/CSU, SPD, FDP und auch Grüne mehr als direkten Einfluss der Bürger. Wir sollen mal immer schön den wählen, der auf dem Schützenfest die meisten Hände schüttelt – das ist es dann auch schon mit Bürgerbeteiligung. Ansonsten hätten die geladenen Politiker doch ohnehin nur ihre von der Parteispitze vorkonfektionierten Sprechblasen abgesondert, deren Argumentation ist doch bekannt. Insofern ist keine Antwort dann eben schon eine Antwort. Keine Vertreter benennen zu können ist mir bei einer Mini-FDP ein nachvollziehbares Problem, bei CDU und SPD mutet dieses zunächst lächerlich an, bis man denn erkennt, dass das der ganz normale Umgang ist. In Abwandlung eines bekannten Spruches könnte man sagen: Das einzige was stört, ist der Bürger.

  7. Heute können Sie den Sprecher der Alternative für Deutschland direkt zu Thema Volksabstimmung befragen. Prof. Dr. Bernd Lucke ist heute auf Einlandug des Stadtverbandes Köln und des Kreisverbandes Rhein-Berg um 19.30 Uhr im „Bergischen Löwen“ in Bergisch Gladbach. Einlass ab 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
    http://www.afd-rbk.de/luckeingl/

  8. Es ist bemerkenswert, dass der Direktkandidat der Alternative für Deutschland keine Einladung erhalten hat, obwohl Volksentscheide zu ihren zentralen Forderungen gehören und im Parteiprogramm fest verankert sind. Nachzulesen auf http://www.alternativefuer.de.
    Mit der Alternative für Deutschland werde ich mich entschieden, ohne wenn und aber, für Volksentscheide einsetzen. Hier ist uns die Schweiz ein gutes Vorbild.
    Volksentscheide sind mit der heutigen technischen Infrastruktur schnell und leicht zu handeln. SIe müssen daher zu einem festen Bestandteil moderner Demokratie werden.
    Martin Haase, Direktkandidat der Alternative für Deutschland im Rheinisch-Bergischen Kreis

  9. Hallo, ich möchte hier noch einmal klarstellen, dass die Einladung an Herrn Bosbach via email am 26.8. erging für den Termin am 30.8., 11:00 Uhr! Vielleicht ein wenig knapp, wenn man bedenket, dass Wolfgang Bosbach schon ohne Wahlkampf einen vollen Terminkalender hat. Er hatte bei einem anderen Wahlkampftermin fest zugesagt. Er wäre gerne zu dem Termin gekommen.
    Einen örtlichen Vertreter zu entsenden war so kurzfristig leider nicht möglich, da diese an einem Freitagmorgen bedauerlicher Weise keine Zeit hatten. Es soll Leute geben, die berufstätig sind.
    Wie man hier lesen kann, scheint das aber allgemein ein terminliches Problem gewesen zu sein.
    MfG, Lennart Höring, Team Wir für WoBo