Erika Wolber ist eine von 220 ehrenamtlichen MiKibU-Mitarbeitern
Der Verein „Migrantenkinder bekommen Unterstützung” sorgt seit neun Jahren dafür, dass Kinder ohne gute Deutschkenntnisse in der Schule klar kommen. Die Arbeit wurde vielfach gewürdigt und wird immer wichtiger – doch jetzt braucht MiKibU selbst Hilfe, um weiter helfen zu können.
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Dirk Cromme
Das Thema Integration ist nicht erst seit der Flüchtlingswelle in 2015 akut. Im Jahre 2009 entwarf der Integrationsrat der Stadt Bergisch Gladbach (IR) ein Integrationskonzept. Zwei der Ziele waren:
Deutschkenntnisse sind der Schlüssel zur Integration. Deshalb werden alle Möglichkeiten des Erwerbs und der Vermittlung der deutschen Sprache genutzt und unterstützt.
Qualifizierte Bildungs- und Berufschancenn stehen auch Zugewanderten offen und werden von ihnen genutzt, so dass ihnen die sinnvolle Tätigkeit zum Erwerb des eigenen Lebensunterhaltes ermöglicht wird. Selbstbestimmtes Leben in einer Gemeinschaft schafft Anerkennung im gesellschaftlichen Umfeld.
Das damalige IR-Mitglied Dirk Cromme wollte es nicht beim Konzept belassen, sondern die Erreichung dieser Ziele praktisch unterstützen. Seine Idee basierte auf folgenden Gedanken:
Kinder, welche die deutsche Sprache nicht beherrschen, können dem Unterricht nicht folgen. Sie haben darum nur geringe Chancen auf einen guten Schulabschluss und eine Berufsausbildung nach ihren Wünschen und Fähigkeiten,
Lehrer sind damit überfordert, diese Kinder gezielt zu fördern,
ehrenamtliche Mentoren könnten diese Kinder unterstützen.
Die Grundschule Gronau und kurz darauf die GGS An der Strunde zeigten sich an einem solchen Projekt interessiert. Am 4.9.2009 erschien ein Aufruf im Kölner Stadtanzeiger, dem 12 Helfer/innen folgten.
Schon bald baten weitere Grundschulen um Hilfe. Im Jahr 2013 kamen die GGS Heidkamp, die EGS und die KGS Bensberg sowie die GGS Hebborn hinzu. Die Mentorenzahl stieg auf über 70. Da das Projekt ohne öffentliche Zuschüsse auf Sponsoren angewiesen ist, kam es zur Gründung des gemeinnützigen Vereins „Migrantenkinder bekommen Unterstützung (MiKiBU) e.V.“
Anfang 2015 erweiterte sich die Förderung mit den Grundschulen Moitzfeld und Bensberg auf 8 Schulen. 130 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer betreuten etwa ebenso viele Kinder.
Jutta Volk mit ihrem Förderkind in der GGS An der Strunde
Das Konzept
Das Ziel des Vereins ist die Förderung hilfsbedürftiger Kinder und Jugendlicher besonders aus Zuwandererfamilien. Ihr schulischer Weg und ihre Schulbildung werden durch ehrenamtliche Helfer begleitet und unterstützt, um
den Weg zur weiterführenden Schule zu ebnen
die beruflichen Chancen zu verbessern
die gesellschaftliche Integration zu erleichtern
Die Kinder werden von den Schulen vorgeschlagen. Erst nach schriftlicher Zustimmung der Eltern fördern die Mentoren vorwiegend nach dem Unterricht von Montag bis Freitag in den Schulräumen durch
Hausaufgabenhilfe: in der Regel 2 x, bei größerem Bedarf auch 4 x je Woche
Deutschhilfe: Mit selbsterstellten oder gekauften, pädagogischen Spielen, Büchern und anderem kindgerechtem Material wird vor allem Erzählen, Sprechen und Lesen gefördert.
Leseclubs (vorlesen und selbst lesen in Kleingruppen) an zurzeit 4 Schulen
Buchgeschenk zum Geburtstag jedes Schülers: So sollen die Schüler zum Lesen (ver)führt werden.
Ausflug je Schuljahr: MiKibU möchte den Kindern neue Erfahrungen vermitteln und ihnen zeigen, dass es in unserer Stadt und Gesellschaft Interessantes auch außerhalb von Familie und Schule gibt. So wurden u.a. das Rautenstrauch-Joest Museum, das Odysseum, Theatervorstellungen, ein Bauernhof und ein Zirkus besucht.
MiKibU-Kinder bei einer Aufführung des „Mitmach-Theaters Mathom“
Die ehrenamtlich tätigen Mentoren sind in der Regel einmal wöchentlich für 1 – 2 Stunden im Einsatz. Sie werden durch geeignetes Material, regelmäßige Treffen zum Erfahrungsaustausch, vor allem aber durch Fortbildungen unterstützt, wie z.B.:
Sozialer und kultureller Hintergrund von Zuwandererfamilien
Wie lernen Kinder heute lesen und schreiben?
Aller Anfang ist schwer…. – Lesemotivation bei Kindern aufbauen
„Ich bin dann mal bei mir“ Vom achtsamen Umgang mit sich selbst
Wie verläuft eine gelungene Integration?
Christiane Müller
Christiane Müller plant die MiKibU-Seminare und organisiert ihre Durchführung: „Die Fortbildungen sind meist schon kurz nach der Ankündigung ausgebucht und werden durchweg als gut und sehr hilfreich für die Mentorenarbeit beurteilt.“
Der Flüchtlingsstrom 2015 – 2016
Die ersten Flüchtlinge in Bergisch Gladbach wurden in Unterkünften unmittelbar neben der Grundschule Katterbach untergebracht, ihre Kinder meist dort eingeschult.
Die Schulleiterin Heike Bahr-Müller: „Diese Kinder können meist kein Wort Deutsch und brauchen ganz besondere Hilfe“. Um die Kinder auch in dieser Grundschule zu unterstützen, gab es im November 2015 eine MiKibU-Informationsveranstaltung, bei der 40 neue Mentoren gefunden wurden.
Wegen der besonderen Situation der Flüchtlingskinder setzten sich die Betreuer während des Unterrichts neben ihre Schützlinge um einzugreifen, wenn Hilfe erforderlich war.
Christel Polito
MiKibU-Mentorin Christel Polito betreute an der Hebborner Grundschule den siebenjährigen Husam aus Syrien. Als der mit seinen Eltern nach Katterbach umziehen musste, wechselte auch Christel Polito zur Grundschule Katterbach, um ihren Schützling nicht im Stich zu lassen. Sie berichtet von ihren Erfahrungen:
„Ich war positiv überrascht davon, wie wissbegierig er war und wie schnell er mit mir lernte. Innerhalb nur weniger Monate hatte er den Stoff aufgeholt und konnte bald dem Unterricht der Klasse folgen.“
Husam wird auch jetzt, im 3. Schuljahr, von Christel Polito betreut, denn trotz seiner guten Leistungen fehlen ihm natürlich viele Begriffe der deutschen Sprache, die hinterfragt und erklärt werden müssen. Inzwischen besucht auch Husams kleine Schwester Tsneem das erste Schuljahr in Katterbach. Sie bat um Unterstützung mit den Worten „Christel, ich benötige auch deine Hilfe!“ So wurde Tsneem ebenfalls ein „MiKibU-Kind“, das vor Kurzem voller Stolz ein Diktat mit 0 Fehlern präsentierte.
In Moitzfeld und später auch an anderen Schulen fand die Betreuung nicht im, sondern parallel zum Unterricht statt. Flüchtlingskinder aus den beiden ersten Schulklassen wurden zu bestimmten Zeiten aus dem Unterricht genommen, um ihnen als Gruppe erste Deutschkenntnisse zu vermitteln und den Unterrichtsstoff nachzuvollziehen.
Ende 2016 war die Anzahl der Mentorinnen und Mentoren auf 214 angestiegen, welche in 370 Wochenstunden 220 Kinder betreuten.
Kinder der GGS An der Strunde
Ein exemplarisches Beispiel
Amin, 10 Jahre alt, kam Anfang des Jahres 2016 mit seinen Eltern und zwei Geschwistern als syrischer Flüchtling nach Deutschland. Amin sprach kein Wort Deutsch, er hatte traumatische Flucht-Erlebnisse hinter sich und dadurch große Schwierigkeiten, sich in seine Klasse einzuleben. Von Beginn an begleiteten zwei unserer MiKibU-Mentoren, das Ehepaar Börger, Amin intensiv beim Lernen. Schnell entstand zwischen Amin und seinen Helfern ein gutes Vertrauensverhältnis.
Schon ein Jahr später beim Beratungsgespräch bezüglich des Übergangs auf eine weiterführende Schule wurde bestätigt, dass Amin inzwischen gut in die Klasse integriert war. Er hatte viele Freunde, war ein fröhliches, aufgewecktes Kind und konnte auf Grund seiner schulischen Leistungen ab Sommer 2017 die Realschule besuchen. Dieser Erfolg ist nach Aussage der Schule und der Eltern von Amin unter anderem auf die intensive Unterstützung der MiKibU-Mentoren zurückzuführen.
Amin mit seinem Mentor, Prof. Dr. G.-G. Börger
Ehrungen
Die Arbeit des Vereins wurde vielfach gewürdigt:
2014 kürt der Kölner Stadtanzeiger Dirk Cromme zum „Engel in Rhein-Berg“
Hedwig Neven DuMont bei der Feier zum 5-jährigen MiKibU-Bestehen: „Ich möchte euch das wirklich in Köln nachmachen“
Lutz Urbach bei der Verleihung der Ehrennadel an Dirk Cromme: „Hilfsbereitschaft ist ansteckend“
Beate Schlich, Fachbereichsleiterin Jugend und Soziales: „Wenn es den Verein MiKibU nicht schon gäbe, müsste er erfunden werden“
Guntram Schneider, Minister für Arbeit, Integration und Soziales bei seinem Besuch in der GGS Heidkamp am 12.03.2015: „Mit Hausaufgabenhilfe und Sprachförderung bis hin zu gemeinsamen Ausflügen leisten die Ehrenamtlichen einen unschätzbaren Beitrag zur Integration der jungen Menschen. Denn Bildung und Sprache sind der entscheidende Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe“
Auch Wolfgang Bosbach als Bundestagsabgeordneter, Bürgermeister Lutz Urbach und der damalige Staatssekretär für Integration Thorsten Klute haben MiKibU-Schulen besucht und sich dabei als Mentor versucht.
2016 besuchte eine chinesische Delegation MiKibU in der GGS Moitzfeld auf Empfehlung des Deutschen Beamtenbundes – Jugend NRW als „beispielhafte Initiative“
D. Cromme, Ch. Müller, Schulleiter Gunnar Treitschke, H. Stewen, Delegation
2016 wurde MiKibU nach den Beurteilungskriterien Effizienz, Wirtschaftlichkeit, Übertragbarkeit und Nachhaltigkeit aus 400 Bewerbungen für ein Beratungsstipendium von startsocial ausgewählt und gehörte zu den 25 Vereinen, welche im Juni 2017 von der Schirmherrin Angela Merkel im Bundeskanzleramt mit einer Urkunde geehrt wurden.
Angela Merkel mit start-social-Chef Dieter Düsedau, Christiane Müller, Henry Stewen
Ausblick
Kinder bis zur Realschule oder zum Gymnasium zu begleiten, erweist sich als immer schwieriger. Zwar ist es gelungen, die Anzahl der Mentorinnen und Mentoren konstant bei etwa 220 zu halten, welche aktuell in 425 Wochenstunden 236 Kinder zu betreuen.
Doch das reicht längst nicht aus, da eine zunehmende Anzahl von Flüchtlingskindern eingeschult wird. Diese benötigen verständlicher Weise eine besonders intensive Unterstützung und so fehlt es für viele andere Kinder, die ebenfalls unbedingt schulische Hilfe brauchen, an Kapazitäten.
Auf dem Schulhof der GGS An der Strunde
Karla Löwe, MiKibU-Koordinatorin an der GGS Moitzfeld:
„Zur Zeit betreuen wir mit 16 MentorInnen 20 Kinder. Wir können leider nur die mit den größten Lernschwierigkeiten aus den ersten beiden Klassen fördern. Es gibt allerdings eine große Zahl von weiteren Schülern mit und ohne Migrationshintergrund, für die nach unserer Meinung und der des Schulkollegiums Unterstützung erforderlich wäre. Wenn nur einige wenige Interessierte einmal pro Woche für 1-2 Stunden dazu kämen, könnten wir viel bewegen.“
Dieses Beispiel trifft auf fast alle unterstützten Schulen zu und zeigt, dass MiKibU dringend neue Mentoren finden muss, um allen Grundschulkindern, die Hilfe beim Lernen benötigen, helfen zu können.
Haben Sie Interesse mitzumachen? Wenn Sie Freude an der Arbeit mit Kindern haben und eine Stunde pro Woche erübrigen können, melden Sie sich unter info@mikibu.de.
Guten Tag ,
Braucht man in Refrath Mentoren ?
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Demblon
Sehr geehrter Herr Demblon, bitte wenden Sie sich direkt an MiKibU, die Mailadresse wird im Beitrag genannt.