Diese Karte weist aus, wo im künftigen Regionalplan Siedlungsfläche weggenommen (rot) oder hinzugeführt (grün) werden könnten.

Die Stadtverwaltung hat einen Entwurf für die Stellungnahme der Stadt Bergisch Gladbach zum Regionalplan vorgelegt, der auch in der Ampel-Koalition auf Überraschung und in Teilen auf Ablehnung trifft. Nach Angaben der Grünen wird es einem Änderungsantrag geben. Die Stadt macht in einem Punkt bereits einen ersten Rückzieher.

Der Regionalplan wird von der Bezirksregierung aufgestellt und ist so etwas wie ein Flächennutzungsplan auf höherer Ebene: er umfasst die ganze Region und legt in einem gröberen Maßstab fest, wo die Kommunen langfristig Bauland (für Wohnen und Gewerbe) ausweisen könnten oder aber Freiräume nicht angetastet werden dürfen.

Es geht also mal wieder um „Möglichkeitsräume“, die angesichts des Dilemmas zwischen Flächenverbrauch einerseits und Wohnungsnot sowie Gewerbenotstand andererseits heiß umstritten sind.

Verwaltung will Handlungsspielräume erhalten

Seit Monaten arbeitet die Stadtverwaltung am Entwurf einer Stellungnahme, die vom Stadtrat beschlossen werden muss. Ende vergangener Woche stelle sie dazu einige umfangreiche Dokumente als Beschlussempfehlung ins Ratsinformationssystem. Diese Empfehlung stieß jedoch nicht nur bei den Freien Wählern auf Überraschung.

Denn in vielen Punkten wendet sich die Stadtverwaltung gegen nach ihrer Meinung restriktive Ausweisungen von Freiflächen – und plädiert für eine möglichst großzügige Ausweisung potentieller Bauflächen. Die endgültige Streichung der sogenannten „weißen Flächen“, die beim neuen Flächennutzungsplan der Stadt offen geblieben waren, lehnt sie (mit Ausnahme der Krüger-Fläche im Neuborner Busch und des „Kölner Fensters“) ab.

Freie Wähler und Ampel fordern Änderungen

Die Freien Wähler hatten umgehend protestiert.

Aber auch die Grünen und ihre Partner im Ampel-Bündnis, die SPD und die FDP wurden von Teilen der Vorlage überrascht. Die Ampel sei damit nicht einverstanden und arbeite jetzt an Änderungsanträgen, bestätigte Theresia Meinhardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen dem Bürgerportal.

Dagegen stellte SPD-Fraktionschef Klaus Waldschmidt klar, dass sich die SPD noch nicht zum Entwurf der Verwaltung positioniert habe und sich erst in einer Klausur am Samstag mit dem Thema beschäftigen werden.

Brisante Aussage zu Flächen an der A4

In einem besonders kontroversen Punkt machte Ragnar Migenda, der als Beigeordneter sowohl für die Stadtentwicklung wie für den Klimaschutz zuständig ist und den Grünen angehört, bereits einen Rückzieher.

Mit Blick auf künftige Handlungsspielräume hatte die Stadtverwaltung in der Beschlussempfehlung argumentiert, eine Rücknahme von Siedlungsflächen entlang der A4 in Frankenforst (Regionalplan-Nummer R27) sein nicht hinnehmbar. Die Autobahn selbst sei eine klare Abgrenzung von Freiraum (Königsforst) und Siedlungsbereich.

Eine brisante Aussage – hatte die Stadt in den vergangenen Jahren doch immer wieder argumentiert, die Nutzung einer Fläche in diesem Bereich für die neue Feuerwache Süd sei eine absolute Ausnahme – und hier würden keine weiteren Freiflächen mit Gewerbe bebaut werden.

Migenda nimmt „Verhandlungsmasse“ vom Tisch

Nach wohl heftigen Protesten aus der Ampelkoalition erkannte die Verwaltung ihren Fehler rasch. In einem Schreiben an die Fraktionen stellt Migenda nun klar:

„Eine tatsächliche Nutzung als Gewerbegebiet ist auch aus Sicht der Verwaltung indessen zukünftig wenig realistisch – allein schon mit Blick auf die unbestritten hohe ökologische Wertigkeit der Flächen.“ Auch der Landesbetrieb Wald und Holz, dem die Flächen gehören, würde da nicht mitspielen.

Warum war diese Empfehlung dennoch in die Beschlussempfehlung der Stadt geraten? Auch dafür bietet Migenda eine Erklärung:

„Motivation hierfür war im Wesentlichen, diese Flächen angesichts des Mangels an Gewerbeflächen als „Verhandlungsmasse“ mit Blick auf die ebenfalls im Regionalplanentwurf enthaltene Rücknahme R19 („Spitze“) gegenüber der Bezirksregierung einzubringen.“

Im Klartext: Die Stadt wollte die Flächen an der Autobahn auf den Tisch legen, dann in den Verhandlungen mit der Bezirksregierung murrend zurückziehen – und im Gegenzug auf der Forderung nach Gewerbefläche an der Stadtgrenze im Osten zu Kürten-Spitze (R19) beharren.

Eine Kalkulation, die aufgrund der Empfindlichkeiten der Natur- und Umweltschützer, der Anwohner:innen und auch der Ampelkoalition, nicht durchgehen konnte. Was auch Migenda als „nicht zielführend“ einräumt.

Daher ändere die Verwaltung die Beschlussempfehlung dahingehend, dass der Ausweitung des Freiraums an der A4 im Regionalplan zugestimmt wird. Das solle aber mit der „nicht verhandelbaren“ Forderung an die Bezirksregierung verbunden werden, die Option für ein Gewerbegebiet Spitze im Regionalplan zu lassen.

Damit ist das Feuer aber noch nicht ausgetreten. Die Ampel wird weitere Änderungen der Beschlussfassung erarbeiten und wohl auch durchsetzen. Am 8. Juni wird das brisante Thema im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss behandelt, alle Dokumente (Stand gestern) können Sie hier nachlesen.


Hinweis der Redaktion: In einer ersten Fassung des Beitrags hatten wir geschrieben, die gesamte Ampelkoalition teile die Kritik der Grünen. Nach dem Statement von Klaus Waldschmidt haben wir diese Aussage differenziert.

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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3 Kommentare

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  1. Aus der Klimapolitik der Stadtverwaltung werde ich nicht schlau.

    Auf der einen Seite wird mit erheblichem Aufwand und größter Dringlichkeit
    – gemeinsam mit der Bürgerschaft – ein Konzept zum Schutz unseres Klimas erarbeitet (heißt „Integriertes Klimaschutzkonzept mit Handlungsfeld Klimaanpassung“).

    So, als hätte die Führung der Verwaltung erkannt, dass die Uhr beim Klimaschutz eher auf Fünf NACH als Fünf VOR Zwölf steht.

    Auf der ganz anderen Seite dagegen, im Rahmen der Regionalplanung, scheinen Bebauungen und Versiegelungen (selbst auf schutzwürdigen Arealen) für die Verwaltung sehr viel wichtiger zu sein als der Erhalt von Grünflächen, Pflanzen oder Wald.

    So, als solle im Grunde die Flächennutzungsplanung früherer Zeiten fortgesetzt werden. Eine Planung, in der Klima- und Umweltschutz letztendlich immer hintenan standen.

    Vielleicht ist das ja einfach der Unterschied zwischen Theorie und Praxis, zwischen Worten und Taten.

    Prima, dass nun auch die Grünen kritisch auf die Vorschläge der Verwaltung gucken. Hoffentlich gibt es nicht (wieder) zu viele Kompromisse. Der Klimawandel jedenfalls bleibt ziemlich kompromisslos.

    1. Die Verwaltung ist doch aktuell von der Ampel gesteuert, beide Dezernenten und der BM sind „Zugereiste“ und unsere Stadt Bergisch Gladbach ist für diese Herren leider„nur ein bezahlter Job“, der ihnen durch die Ampelparteien besorgt wurde. Diese Herren bestimmen zuerst einmal im Namen ihrer Auftraggeber alles anders zu machen wie bisher. Selbst der BM, der an der letzten Regierung selbst mitgemacht hat, wird jetzt von seinen „Möglichmachern“ gesteuert.
      Das ist soweit ja auch alles zu verstehen, hat aber nichts mit einer Demokratie zu tun, wie sie eigentlich sein sollte. Die Mehrheit der Wahlbürger hat nichts mehr zu sagen, nur noch in Bürgerbefragungen, die viel Aufwand machen, aber nichts bringen und auch nicht berücksichtigt werden ( Beispiel Schildgen!).
      Was soll also anders herauskommen als weitere Absichtserklärungen, die uns Bürger nichts bringen ausser noch mehr Verwaltungsabteilungen, mehr Personal, mehr Verwaltungsgebäude etc……
      Und alles bleibt wie es ist- und wir können uns aufregen und ärgern.

  2. Wo nimmt die Verwaltung die Motivation her oder, wahrscheinlicher, wer hat da seine Wünsche ultimativ plaziert? Wird es unser demokratisch gewählter Rat irgendwann mal schaffen, die Verwaltung zu disziplinieren, dass sie weisungsgebundene Einrichtung ist und nicht als Stetz mit dem Hund wedeln kann? Wie viel Zeit mag wieder nutzlos vergangen sein, obwohl man sich ja unterbesetzt fühlt, wissentlich Dinge in die Stellungnahme der Stadt für den Regionalplan zu stellen, die keiner will, und wie viel Geld, wo doch eigentlich alle sparen müssen? Allerdings kann man sich vorstellen, dass unsere Verwalter nicht nur eigenständig handelten, bekamen sie doch wahrscheinlich Forderungen, was sie zu tun hätten.

    Da kommt einem sofort das Bild eines Herrn Migend, EIN GRÜNER, vor’s geistige Auge, der blitzschnell gewisse Stellen im Vorschlag der Verwaltung zurücknahm. So schnell, dass es nach längerer Vorbereitung riecht nach dem Motto, wenn’s nicht geht, ich bin vorbereitet. So wie er schon mit den Flächen entlang der A4 in Frankenforst tricksen wollte.

    Ausweitung der Potentialflächen für Wohnbau und Gewerbe, d.h. mehr Einwohner und Fabriken, mehr LKWs und motorisierter Individualverkehr, ohne Konzepte, weder Infrastruktur noch Minderung des Verkehrschaos‘, keine Ertüchtigung des ÖPNV usw., usw., und woher nimmt die Stadt das Argument der Notwendigkeit, Zuzüge ohne Verbesserung der allgemeinen Lage zu priorisieren?