Mit der Premiere von „Das Wunschstück“ eröffnet das THEAS am Samstag die aktuelle Spielzeit und gleichzeitig das Jugentheater-Festival „Bewegt“. Die Eigenproduktion des Jungen Ensemble beleuchtet humorvoll bis drastisch Wohl und Wehe des Alltags an deutschen Schulen: Und spannt den Bogen von Problemen der Infrastruktur über Lehrer, Lehrplan und Leistungsdruck hin zu möglichen Lösungen.

„Woran hakt es bei uns in der Schule?“ Eine Frage, banal wie alltäglich. Und doch so wichtig, vor allem für die Schüler:innen. Und um die geht es in der neuen Produktion des Jungen Ensembles am THEAS: „Das Wunschstück“ feiert am Samstag (9. September) Premiere und eröffnet damit zugleich die aktuelle Spielzeit und das Jugendtheater-Festival „Bewegt„.

Das Junge Ensemble, das sind – passenderweise – Schüler:innen im Alter von 12 bis 19 Jahren, die das Stück auf die Bühne bringen. Inspiriert durch die Mitglieder der Truppe, geschrieben von ihrem langjährigem Mitglied Eva Birkemeier. In jeder Hinsicht also ein Wunschstück – das Ensemble wählt sich seine Themen stets selbst und arbeitet sie aus. Diesmal Wünsche ans Schulsystem.

Fotos: Philipp J. Bösel

Youtube als Studiendirektor?

Die Themen liegen ja auch auf der Hand: Von maroden, schlecht ausgestatteten Toiletten geht es im atemberaubendem Tempo zum Lehrplan, der nach dem Geschmack einiger Pennäler viel detaillierter ausfallen dürfte.

Aber zu Lasten welchen Faches? Kunst, Musik, Sport, Religion? Was gehört überhaupt zur Allgemeinbildung? „Ausprobieren? – Ausprobieren!“ beschließen die Schüler:innen, legen los, und bekommen prompt die Quittung mit dem sterbenslangweiligen Fach „Finanzen und Steuern“. Was zu quietschvergnügten Sabotage-Akten (Penis-Spiel!) führt.

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Jugendtheater-Festival „Bewegt“ läuft ohne inhaltliche Abstriche

Das Programm des Jugendtheaterfestivals „Bewegt“, das am 9. September im Theas startet, wird trotz finanzieller Engpässe wie geplant realisiert. Möglich wird das erstmals stattfindende Festival für junges Theater sowohl durch eine Spendenverdopplungsaktion der Bethe-Stiftung als auch durch die Unterstützung lokaler Institutionen – und ein kräftig abgespecktes Budget.

Sind die Lehrer:innen das Problem? Oder sind es die Schüler:innen? Braucht es mehr Geld für mehr und gute Pädagogen? Oder für die Digitalisierung? Macht ein Leben ohne Schule überhaupt Sinn? Mutiert gar Youtube zum Studiendirektor?

Fächer und Fächer

So einfach lässt sich an der Schule nichts bewegen. Regisseurin Kristin Trosits hat dafür ein wunderbar kompaktes und zugleich aussagekräftiges Bild gefunden: Die Bühne wird von bunten Schließfächern dominiert, die mit ihren „Fächern“ sprichwörtlich ein Sinnbild der Schule darstellen.

Da lässt sich die Bildung gut wegschließen, verbarrikadieren – oder auch organisieren? Manche der Schüler:innen steigen der Bildung einfach auf den Kopf.

Foto: Philipp J. Bösel

Es ist schwer, Schule zu verändern. Das wird deutlich, als eine Schulverweigerin die Schränke beseite schiebt, mit enormem Krafteinsatz, keiner hilft der trotzigen Dame. Die bunten, einladenden Türen der Schließfächer verschwinden, die graue, abweisende Rückseite kommt zum Vorschein – Abwesenheit von Bildung als Einbahnstraße.

Ohne Schule geht es nicht, fehlende Bildung macht blind. Und überhaupt – es gibt Regionen in der Welt da sehnen sich Kinder so sehr nach Schule.

Das Wunschstück
Geeignet ab 12 Jahren, 7. Klasse
Mit Anna Marie König, Celina Richartz, Emilie Defeu, Enni Cramer, Eva Birkemeier, Juli Oessenich, Marcel Arancio-Klag, Marian Peterse, Nike Maslic, Noah Hellenbach, Pixie Zydra

Idee: Junges Ensemble am THEAS, Text: Eva Birkemeier
Regie: Kristin Trosits, Assistenz: Hannah Kolb

(Un)Tiefen des Bildungssystems

Eva Birkemeier und die Mitglieder des Ensembles haben spannende Charaktere entwickelt. Wie die leicht hochnäsige Streberin, die sich unterschiedliche Schulklassen passend zum Lerntempo wünscht. Oder den Azubi in der blauen Arbeiterlatzhose der so froh ist, dass er nicht wie alle anderem zum Abitur gezwungen wird und etwas Handfestes tun kann.

Oder das Mädchen, das geradezu fleht sitzenbleiben zu dürfen: „Mama, Papa, lasst mich das Schuljahr wiederholen!“ – Sagt ein Kind so etwas überhaupt frei heraus? Versagensängste von Eltern und Kindern in einem alltäglichen Teufelskreislauf – entlarvend.

Man will eigentlich alle Argumente unterschreiben, welche die Diskutanten da vorbringen – so realitätsnäh und plausibel fallen die Debatten zwischen den Schüler:innen aus. Egal ob es um Schulboykott oder Elitenunterricht geht. „Das Wunschstück“ greift insofern die (Un)Tiefen der Debatten um das Bildungssystem sehr gut auf und gibt – durchaus aus Sicht der Expert:innen – den Stand der Dinge wider.

Das Wunschstück – Aufführungstermine

9. September, 19 Uhr (Premiere)
10. September, 18 Uhr
12. und 14. September, je 10 Uhr (Schulaufführungen)
16. September, 18 und 21 Uhr (doppelte Aufführung!)
18. und 20. September, je 10 Uhr (Schulaufführungen)
22. September, 20 Uhr
24. September, 18 Uhr
Aufführungen jeweils mit Publikumsgespräch im Nachgang (außer Premiere)
Infos zu Tickets online

Zwölf Jahre aufgestaute Gedanken seien in den Text geflossen, sagt Autorin Eva Birkemeier, „natürlich auch positive“, beeilt sie sich zu ergänzen. Möglichst viele Meinungen sollten in das Werk einfließen.

Ja – Mitschüler:innen werden die Aufführungen auch besuchen. Die Debatten werden also weitergehen, wenn der Vorhang fällt.

Workshops zum Jugendtheaterfestival
Mit einem speziellen Angebot des THEAS können Schulen noch tiefer in das Festival eintauchen. So gibt es für die Produktionen „Transnormal“, „Happy Birthday Nano“ und „Lichterfangen“ Vorführungen mit anschließendem theaterpädagogischem Programm zum Thema (500,- Euro pro Schulklasse).
Im Anschluss an „Das Wunschstück“ und „Sophie Scholl“ finden Gesprächsangebote mit Ensemble und Regisseurin statt, die im Ticketpreis enthalten sind. Infos und Anmeldung bei der Schulkoordinatorin Vera Pilkuhn des THEAS (vera.pilkuhn@theas.de, 0177-46 21 251).

Das Programm des Jugendtheater-Festivals im Überblick

war bis Anfang 2024 Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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