Seit dem Angriff auf Israel ist der Krieg im Nahen Osten omnipräsent. Auch in Bergisch Gladbachs Schulen, wo einige Schüler:innen Verbindungen ins Kriegsgebiet haben. In einem konkreten Fall kommt ein Schüler nicht mehr raus aus Gaza und damit zurück aus den Ferien. Wie gehen die Schulen mit dem Thema um? Welche Angebote gibt es zur Aufarbeitung? Fühlen sich die Schulen gerüstet?

„Der entsetzliche Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf den Staat Israel und seine Bevölkerung hat weltweit große Bestürzung und Besorgnis hervorgerufen (…) Auch bei Schülerinnen und Schülern werden die furchtbaren Bilder und Ereignisse Spuren hinterlassen haben“, heißt es in der jüngsten Schulmail des NRW-Ministeriums für Bildung und Schule.

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Staatssekretär Urban Mauer rät darin zu einer offenen Gesprächskultur an den Schulen, zu einem entschiedenen Entgegentreten bei „antisemitischen oder israeldämonisierenden und (…) menschenverachtenden Äußerungen“, nicht zuletzt bei kontroversen Haltungen auf dem Schulhof. Ergänzt wird die Mail durch Links, die zu Infomaterial über den Nahostkonflikt führen, zu Tipps im Umgang mit Antisemitismus.

Das Ministerium veröffentlichte die Mail fünf Tage nach Beginn des Krieges, da war das Thema bereits auf den Schulhöfen und in den Klassen angekommen. Fragen tauchen auf: Wie geht man mit dem Thema im Unterricht um? Gibt es Kontroversen? Wo gibt es Unterrichtsmaterialien zum Konflikt?

Das Bürgerportal konnte sich darüber mit drei weiterführenden Schulen austauschen.

Orientierung bieten

Am Berufskolleg GL habe man über die Klassenleitungen „Gesprächsbereitschaft angeboten“, heißt es an der Schule in Heidkamp, was in unterschiedlichen Ausprägungen angenommen werde. „Das Thema wird meist spontan besprochen, Sorgen und Ängste thematisiert“, erklärt Sabine Cramer.

„Die Thematik wird besonders in den Fächern Religion oder Geschichte aufgegriffen“, berichtet Sabine Hantel von der Gemeinschaftshauptschule im Kleefeld. Die Kolleg:innen setzten dazu in erster Linie das vom Ministerium bereitgestellte Material ein.

„Untern den Schülern selbst, zum Beispiel in den Pausen, scheint der Nahost-Konflikt kein vorrangiges Thema zu sein“, so die Beobachtung von Hantel. Dennoch bewege der Krieg die Schülerinnen und Schüler.

Grafik: Blackout

Schülerzeitung Blackout: Israel und die Hamas
Ihre Mitschüler:innen informiert die Schülerzeitung Blackout vom DBG online. Dort sind bereits zwei Beiträge zum Krieg in Nahost erschienen. Sie führen die wichtigsten Ereignisse seit des Überfalls der Hamas auf Israel chronologisch auf, geben Hintergründe zum langjährigen Konflikt zwischen Israel und Palästina, klären über die Terrororganisation auf. Eine Karte erleichtert die geografische Einordnung der Kriegsregionen.

Beitrag 1 vom 19. Oktober 2023
Beitrag 2 vom 21. Oktober 2023
Webseite der Blackout

Sachlich nicht korrekt

Rolf Faymonville vom Albertus-Magnus-Gymnasium (AMG) in Bensberg erzählt, dass der Nahost-Konflikt außerhalb des Lehrplans im Unterricht aufgegriffen würde, „um den Schülerinnen und Schülern eine Orientierung in der vielfältigen Meinungs- und Informationslandschaft zu ermöglichen.“ Da gehe es um die Historie von Israel, die Geschichte des Konflikts, aber auch verschiedene palästinensische Gruppierungen und Terror-Organisationen und deren Konflikte bei der Zweistaatenlösung.

Mit dem von Land bereitgestellten Unterrichtsmaterial ist Faymonville nicht zufrieden. „Lückenhaft, einseitig oder sachlich nicht korrekt“, die Lehrkräfte müsstens vieles überarbeiten, kritisiert er. Und fordert eine fundierte und didaktisch aufbereitete Materialsammlung aus dem Schulministerium.

Rolf Faymonville (Albertus-Magnus-Gymnasium, Bensberg). Foto: Thomas Merkenich

Das AMG habe jedoch durch seine Erziehungsarbeit im Bereich Antirassismus und Antisemitismus-Prävention viel Erfahrung, es herrsche eine offene, interkulturelle Stimmung. Kritik am Lehrmaterial äußern die anderen Schulen nicht.

Beide Parteien im Blick

„Viele Schülerinnen und Schüler sind emotional betroffen“, beobachtet Faymonville, sie sähen sowohl Israels Recht auf Selbstverteidigung als auch die „bedrückende Leidenssituation der Zivilbevölkerung im Gazastreifen“. Die Kinder und jungen Erwachsenen suchten Antworten, warum die Hamas ihre eigene Bevölkerung unter Druck setzt, und warum Israel im Kampf gegen die Hamas unschuldige Tote und Verletzte in Kauf nehme.

Es gebe keine Auseinandersetzungen zwischen pro-palästinensischen und pro-israelischen Schülern. Vielmehr herrsche Enttäuschung darüber, dass in den Medien nun kaum mehr über die schweren Angriffe der Russen auf die Ukraine berichtet werde.

Ein Schüler am BKGL (Foto) reiste in den Herbstferien in den Gaza-Streifen, er ist mit seiner Familie bislang nicht zurückgekehrt

Schüler sitzt in Gaza fest

„Die Stimmung in der Schülerschaft ist zum Teil besorgt“, sagt Sabine Cramer vom Berufskolleg. Gespräche gebe es besonders bei Verbindungen der Schülerschaft in Kriegsgebiet, „hier zeigt sich, dass (…) die Krise plötzlich „ganz nah“ ist und nicht nur eine von vielen Nachrichten aus den Medien.“

Cramer schildert einen Fall an der Schule, bei dem eine Mutter ihren Sohn nach den Herbstferien telefonisch entschuldigt habe. „Die Familie ist in den Ferien auf Familienbesuch gereist und sitzt nun im Gaza-Streifen fest. Man sei körperlich unversehrt und aktuell gut versorgt mit Lebensmitteln und Wasser.“ Die Familie, so Cramer, habe sich auf einer Krisenversorungsliste registriert, über welche die deutschen Behördenrasch Hilfe leisten könnten, aber es gebe noch keine Infos über eine Ausreise. Nach einem weiteren Anruf sei der Kontakt abgebrochen.

Anfragen zum Umgang mit dem Konflikt habe der Schulpsychologische Dienst beim Rheinisch-Bergischen Kreis bislang noch nicht gehabt, erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage und verweist auf Präventionsangebote zum Thema Extremismus.

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ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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1 Kommentar

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  1. Jetzt mal abseits vom schlimmen Krieg im Nahen Osten….. Da kann ich nicht viel zu sagen weil ich mich Geschichtlich nicht so gut auskenne. Jede Gewalttat und jedes Opfer ist eins zu viel. Egal auf welcher Seite.

    Aber eine Sache wichtige Sache möchte ich erzählen was ich als ja relativ Junger Mensch im Moment erlebe.
    Noch nie habe ich eine so vergiftete Stimmung in den Sozialen Medien erlebt. So voller Hass und verrohung.
    Damit meine Ich nicht wenn mal irgentwo eine Flagge heruntergerissen wird oder wenn eine Greta Thunberg/Lanz sich grenzwertig äußern. Oh nein. Ich meine oder bemerke jedenfalls in den Sozialen Medien wie TikTok,Facebook und Youtube richtigen Hass der Schamlos verbreitet wird. gegen Juden, Gegen Israelis und bedingt auch gegen andere Gläubige.

    Auch Teilweise werden verstörende Fotos und Videos von dem Konflikt hochgeladen mit denen Kinder und Jugendliche auch konfrontiert werden. Ob sie wollen oder nicht. Ich hatte zum beispiel kaum politische Kanäle abonniert und habe mich bewusst nicht geäußert. Und dennoch werde ich voll überflutet mir Hass.
    Was da im moment abgeht in den Sozialen Medien ist eine Schande für die Demokratie und Rechtsstaat. Und auch in unserer Gesellschaft. Und das spricht kaum jemand an.
    Inhalte werden erst sehr spät gelöscht. Bei anderen Themen wird zu viel und zu schnell gelöscht. Z.B. Gesundheitsbezogene Themen wie Corona oder wenn man mal ein Copyright von nem Musiktitel nicht hat.
    Auch das Jugendliche durch Soziale Medien schnell radikalisiert werden können. Man muss sich nur mal die Kommentarspalten vom Medienangebot Funk durchlesen und man sieht menschliche Abgründe… davon bekommen die Älteren nicht so viel mit weil sie Soziale Medien anders benutzen.
    Aber hier wird erst sehr spät gelöscht. Warum ?
    Und auch so im Umkreis bemerke ich Menschen die ungeheuerliche Aussagen machen :( in dem Bezug und auf auch so.
    Dinge die Ich vor einem halben Jahr noch für unmöglich gehalten habe. Die Gesellschaft spricht gehässiger und vulgärer. Streiten ist wichtig. Ich streite auch für Sachen und bin auch bedingt politisch. Keine Frage bin kein Unschuldslamm. Aber im moment sind viele viele Tabuzonen gebrochen wurden.

    So wie ich die Situation einschätze habe ich Angst dass viele Menschen bald Gewalt auch hierzulande anwenden. Ich hoffe das die Sicherheitsbehörden die Lage sehr sehr Ernst nehmen.
    Wenn Ich schon als Christ angst habe weil die Situtation in letzter Zeit schwieriger ist. Was denkt ihr wie sich im Moment Juden und Jüdinnen fühlen ? ich kenne keinen Juden und nur einen Israeli flüchtig. Aber ich glaube das sich viele sehr unwohl fühlen. Sie bemerken das was ich bemerke nur wahrscheinlich um ein vielfaches schlimmer.
    Auch ich habe in den letzten Tage viele erlebt weil ich mich für den Glauben einsetze.
    Aber ich wünsche Ihnen viel Kraft und Schutz. Das meine Ich nicht politisch sondern Menschlich.

    Ich weiß es nicht aber wir sollten als Gesellschaft aufpassen das wir dem Hass und der Gewalt keinen Raum geben. Viele schauen im Moment weg. Auch dieser Artikel hat bisher noch keinen Kommentar.
    Schlimm.

    Schon als Christ spüre Ich das das Klima und die Sprache rauer wird. Das macht mir sehr zu denken….. Und zu beten für mehr Frieden und Tolleranz. Vor allem bin ich nachdenklich und demütig und besorgt.
    Hier sind einige ganz gefährliche Menschen unterwegs die verharmlost werden. Und hier sind Menschen unterwegs die eigentlich ganz Bürgerlich sind aber verteufelt werden.

    Das können wir besser ! Den Hass und die Gewalt dürfen wir keinen Raum geben. Sonst wird die Situation hier kippen. Ich habe so ein Gefühl bei Entwicklungen das oft aber nicht immer richtig liegt. Wer meine Kommentare liest der weiß was ich meine.
    Wir sollten sensibler werden !

    PS: wenn ich die Gefühle mancher verletzt habe so bitte ich dies zu Entschuldigen.