Daniel Obst ist Vater und Klimaexperte – seit ihm klar wurde, dass seine zwei Kinder eines Tages fragen werden: „Papa, was hast du eigentlich gegen den Klimawandel getan?“ Hier gibt er 10 Tipps, wie Familien unkompliziert (und günstig) Klimaschutz in ihren Alltag integrieren können – von Second Hand shoppen bis Nachbarschafts-Netze knüpfen.

Bei den ersten vier Tipps geht es um die wichtigsten Mittel, mit denen Familien ihre Treibhausgasemissionen reduzieren können. Im Anschluss greife ich das relativ junge, sehr motivierende Konzept des Handabdrucks auf und gebe sechs Tipps, wie Familien in ihrem Umfeld klimaschützend aktiv werden können.

1. Das Auto (und Flugzeug) mal stehen lassen

Bei aller Liebe von uns Deutschen zum Auto und zur Fernreise: Mit Kindern stundenlang im Stau oder im Flugzeug zu sitzen, macht ehrlich gesagt wenig Freude. Wie wäre es, den nächsten Trip mal mit einem anderen Verkehrsmittel zu wagen?

Für den Urlaub oder Städtetrip: Kinder fahren bis 14 Jahre kostenfrei mit der Deutschen Bahn und haben in den Zügen genügend Auslauf. Im ICE geht es mit bis zu 300 Stundenkilometern zudem viel schneller als mit dem Auto auf der Autobahn.

Und für den nächsten Ausflug ins Grüne gibt es auch wirklich wundervolle Naturwunder in unmittelbarer Umgebung. Wer hat mit dem Fahrrad oder zu Fuß schon den Königsforst, Gierather Wald oder die Grube Cox erkundet?

Grube Cox in Bergisch Gladbach. Foto: Bernd Steinbüchel
Grube Cox in Bergisch Gladbach. Foto: Bernd Steinbüchel

2. Auf Ökostrom umstellen, oder noch besser: selbst produzieren

Laut dem Vergleichsportal Check24 ist Ökostrom, der ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, mittlerweile nicht mehr teurer als so genannter Graustrom – in dem leider immer noch knapp 40 Prozent klimaschädliche Kohle und Gas stecken. Der Wechsel zu einem Ökostromanbieter ist (etwa über Check24) denkbar einfach und dauert nur wenige Minuten!

Noch besser ist nur die eigene Stromerzeugung, etwa über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Eine günstigere Alternative: das so genannte Balkonkraftwerk. Die Stromerzeugung mit eigenen Augen sehen zu können, macht Kindern übrigens besondere Freude!

3. Fleischkonsum reduzieren

Die Tierwirtschaft verursacht knapp 20 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Den Fleischkonsum zu senken ist also eins der wirksamsten Mittel, um klimafreundlicher zu leben. Kinder empfinden das übrigens meist auch wegen des Tierwohls als sinnvoll.

Fleischersatzprodukte sind allerdings oft teuer – und nebenbei auch nicht unbedingt gesünder. Besser ist es, direkt zu pflanzlichen Alternativen wie Kichererbsen oder Kokosmilch zu greifen. Weitere Infos gibt es beim Bundeszentrum für Ernährung oder bei „All you can eat“.

Im „Kleiderladen“ des Kinderschutzbunds gibt es gut erhaltene Kleidung, Ausstattung, Spielzeug und Bücher für Kinder (und Erwachsene). Foto: Kinderschutzbund

4. Second Hand einkaufen

Alle neuen Dinge tragen durch ihre Produktion zum Klimaproblem bei. Dabei gibt es einen großen Markt an gebrauchten Produkten, ob Kinderkleidung, Spielsachen oder auch generalüberholte („refurbished“) technische Geräte wie Handys, Tablets oder Laptops. Die sind günstiger und oftmals sogar noch wie neu.

In Bergisch Gladbach gibt es sowohl tolle Läden für Second-Hand-Angebote als auch lokale WhatsApp-Gruppen – neben bekannten Angeboten im Internet wie den Apps Vinted oder Kleinanzeigen.

Unser Autor Daniel Obst aus Frankenforst ist Vater von zwei Kindern im Alter von 7 und 8 Jahren. Auf einer der ersten Fridays-for-Future-Demos im Jahr 2019 wurde ihm klar, dass seine Kinder ihn eines Tages fragen werden: „Papa, was hast du eigentlich getan?“ Seitdem versucht er, dieser Verantwortung gerecht zu werden.

Nach fast zwei Jahrzehnten als angestellter Projektleiter für die digitale Transformation großer Konzerne berät Daniel Obst seit 2021 Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Auf LinkedIn wurde er für seine Beiträge ausgezeichnet. Zusätzlich engagiert er sich für Klimaschutzbildung an Schulen und für Erwachsene.

Tipps zur Vergrößerung des Handabdrucks

In den folgenden sechs Tipps geht es darum, wie Familien mit ihrem Umfeld zusammen oder über ihr Umfeld hinaus klimaschützend wirken können. Wer den Begriff des Handabdrucks noch nicht kennt, findet im hier kürzlich vorgestellten Buch „Hoch die Hände Klimawende“ weitere Inspiration.

5. Nachbarschafts-Netze knüpfen

Wir Menschen glauben oft, wir wären die einzigen, die sich für den Klimaschutz und eine gesunde Zukunft unserer Kinder auf dieser Erde interessieren. Dabei zeigen Studien und Umfragen: Den allermeisten Menschen sind diese Dinge wichtig. Es macht also sehr viel Sinn, mehr darüber zu reden, mit Nachbarn, Familie und Freunden.

Dabei können nicht nur gute Gespräche entstehen – sondern vielleicht sogar eine so genannte „Sharing Economy“, also das systematische Ausleihen von Gegenständen, die man nicht täglich braucht, vom Rasenmäher bis zum Profi-Werkzeug. Das schont nebenbei auch den Geldbeutel.

Neben dem direkten Gespräch hilft bei der Absprache im Umfeld auch das Online-Portal nebenan.de.

Putzaktion in Rommerscheid. Foto: privat

6. In Umweltprojekten mitwirken

Zahlreiche Vereine und Organisationen engagieren sich für den Umwelt- und Klimaschutz vor Ort, auch hier bei uns in Bergisch Gladbach. Vom Ernten und Pflegeschnitt der Obstbäume in öffentlichen Parks über gemeinsames Müllsammeln bis zum Erkunden und Kennenlernen der lokalen Ökosysteme ist alles dabei (zum Beispiel beim Bergischen Naturschutzverein oder bei den Klimafreunden Rhein-Berg).

Als Gruppe machen diese Aktivitäten nicht nur mehr Spaß. Gemeinsam schafft man auch mehr und spürt, dass man nicht alleine mit den Sorgen um die Zukunft ist. Das gibt Hoffnung und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit – in Zeiten multipler Krisen wichtiger denn je!

7. Nachhaltig schenken

Menschen schenken gern und werden gerne beschenkt, Kinder erst recht. Es müssen aber nicht immer (neue, teure) Gegenstände sein. Das einfachste, günstigste und gleichzeitig wertvollste Geschenk ist unsere Zeit: zum Beispiel in Form von gemeinsame Ausflügen und Erlebnissen. Das schafft auch bei Kindern lang anhaltende Erinnerungen.

Wenn es doch ein materielles Geschenk sein soll, gibt es zahlreiche Portale mit Tipps für nachhaltige Produkte oder auch so genannte Siegel. Einen Überblick bietet das Portal Siegelklarheit. Und auch Geschenke können Second Hand sein!

Symbolbild: pixabay

8. Geld gut anlegen

Vor allem für die Zukunft unserer Kinder wollen wir gut vorsorgen. Je mehr Zeit das Geld auf Bankkonten und in Sparanlagen verbringt, desto größer ist seine potentielle Wirkung – für oder im schlimmsten Fall gegen das Klima. Denn Banken können in erneuerbare Energien investieren – oder in Kohlestrom.

Allerdings müssen Banken immer transparenter aufzeigen, wo genau sie investieren. Nachzulesen ist das etwa auf dem Portal Fair Finance Guide. So können wir entscheiden, was wir mit unserer Geldanlage unterstützen.

9. Klimaschutz an Kita und Schule nachfragen

Gibt es an den Kitas oder Schulen eurer Kinder Klimabildung, Klimaschutzaktionen? Fragt doch einfach mal! Denn unsere Nachfragen führen oft zu Angeboten. Ob Aufklärung, Mitmachaktionen oder Projektwochen – fast immer fallen solche Anregungen auf fruchtbaren Boden.

Anregungen für mehr Klimaschutz an Kindergärten und Schulen (und auch beim eigenen Arbeitgeber!) gibt es zum Beispiel bei Klimaschutz-Roadmap.

Foto: Philipp J. Bösel

10. Auf Klimademos gehen

Mark Twain soll einst gesagt haben: „Natürlich kümmere ich mich um die Zukunft. Ich habe vor, den Rest meines Lebens darin zu verbringen.“ Das gilt noch viel mehr für unsere Kinder.

Bei allem klimabedingten Extremwetter in diesem und den letzten Sommern ist offensichtlich, dass unsere bisherigen Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichen. Das attestieren auch die meisten Menschen aus der Wissenschaft. Es wird also nicht genügen, auf „die Politik“ zu warten.

Wenn wir mehr Klimaschutz wollen, müssen wir das auch sagen. Die nächste Gelegenheit dazu, das mit vielen anderen (auch Familien!) zusammen zu tun, ist beim kommenden globalen Klimastreik am Freitag, 15.9., ab 14 Uhr auf dem Marktplatz.

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3 Kommentare

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  1. Das sind ganz wunderbare Tipps, die Daniel Obst vorstellt. Vor allem wird deutlich, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz „kinderleicht“ und mit Spass geht. Diese Tipps beinhalten die drei E: Energie sparen – Energie effizient einsetzen – Energie selber erzeugen.

    Während Kinder das spielerisch im Alltag lernen, sind wir Erwachsenen oft zu „verkopft“, wittern zu oft Verbote, Bevormundung, Verzicht. Aber darum geht es gar nicht, sondern: Türen und Fenster weit öffnen, frische Luft reinlassen und einfach nachhaltig leben.

  2. Prima Tipps!
    Bei 1. würde ich das „mal“ streichen und formulieren: Das Auto (und Flugzeug) stehen lassen, wo immer es möglich ist.
    Und bei 3. Fleischkonsum beenden. (es geht ganz prima ohne!)
    Dann würde ich noch ergänzen:
    11. Politisch aktiv werden! (z. B. Mails und Briefe an Politiker*innen schreiben, Petitionen (unter)schreiben, sich Umweltgruppen und Vereinen anschließen…)
    12. Konsum deutlich einschränken
    13. Klimagerecht spenden, Reichtum teilen