Vor dem Prolog steht ein Vers aus dem Johannesevangelium (8.7), aber noch davor steht eine Fußnote:
„Dieses Buch ist ein Roman. Alle Personen und Ereignisse sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie reale Begebenheiten sind zufällig.“
Das mag man glauben. Muss es aber nicht. Denn mit seinem neuen Krimi „Ein Bestatter auf der Flucht“ hat Reiner M. Sowa einen klassischen Schlüsselroman geschrieben, der von einigen prominenten Bergisch Gladbachern bevölkert ist, lebenden und verstorben. Und der es sich in sich hat; unsere Überschrift ist keine Übertreibung.
Im Mittelpunkt steht – wie immer – der Odenthaler Bestatter Ulrich Schwartz, der längst sein Eigenleben bis hin zu einer eigenen Facebook-Seite entwickelt hat, aber dennoch immer wieder an den verstorbenen Fritz Roth erinnert.
Gleich am Anfang, im Prolog, drängt sich jedoch eine ganz andere Person in den Vordergrund. Und zwar in einer recht prekären Lage. Die Szene wird auch in dem oben gezeigten Trailer zum Roman dargestellt: Da hängt jemand nackt an der Decke, vor einem Nagelbrett, und lässt sich von einer Domina in roten Lackstiefeln lustvoll quälen. Kennt man aus der einschlägigen Literatur längst? Dann hören Sie mal rein, in den Prolog, gelesen von Reiner M. Sowa:
Literarisch ist das von Anfang an sehr dicht, für die nur politisch Interessierten wird es ab 2:36 spannend. Und der Dialog ist für eine Sado-Maso-Szene dann doch eher ungewöhnlich:
Fingernägel bohren sich in seine Waden. Er stöhnte.
„Was hast Du Böses in deiner Amtszeit getan?“, fragte sie mit rauchiger Stimme.
„Nichts“, antwortete er laut atmend.
„Und die Kürzungen bei der Kultur, den Vereinen, der Personalabbau?“ Sie verstärkte den Druck ihrer Nägel und zog sie in Richtung Kniekehle.
Wer spricht da? Doch nicht etwa …!?! Jetzt wird der politisch neugierige Leser ein wenig auf die Folter gespannt.
Denn in der nächsten Szene geht es zunächst einmal um Ulrich Schwartz, der mit einem Geist aus seiner Vergangenheit konfrontiert wird, der von ihm Beihilfe zum Selbstmord verlangt, im weiteren Verlauf bei einem Unfall stirbt – wodurch der Bestatter dennoch unter Mordverdacht gerät.
Es geht weiter um Kommisar Gerd Kaschek und seine Kollegin Barbara Reuter (mit dem „unzähmbaren Zeugungswunsch“), die in einer merkwürdigen Dreiecksgeschichte ein gemeinsames Kind zur Welt bringen. Es geht um eine grüne Ente und um einen blauen Käfer, … Aber wir schweifen ab.
Merkwürdige Beobachtungen zwischen Rathaus und St. Laurentius
Zu unserer Geschichte, die einen starken politischen Fokus hat, gehört auf jeden Fall der neugierige Reporter mit direktem Blick auf den Konrad-Adenauer-Platz. Der informiert sich im Bürgerportal und beobachtet, wie eine Frau in auffällig hochhackigen roten Stiefeln den Markt überquert und in St. Laurentius verschwindet.
Dann öffnet sich die Rathaustür. Ein Mann erscheint. Überquert den Markt und verschwindet in der Kirche. Diesen Mann beschreibt der Reporter so:
Mehr brauchen wir eigentlich gar nicht zu verraten. Ganz können wir es aber nicht lassen. Denn Bürgermeister und Domina tauchen noch mehrfach auf, in einem nur sehr leicht abgewandelten Mittelteil und in einem Epilog.
In diesen Ergänzungen presst die Frau aus dem Mann heraus, wie er unwillige Ratsmitglieder überzeugt. Wie er sie mitunter auch kauft. „Nicht unbedingt illegal, aber er wusste, dass die Grenze zur Illegalität manchmal verschwamm.“
In der letzten Szene verrät die Domina, dass es bei der bevorstehenden Wahl einen weiteren Kandidaten geben wird, einen Unabhängigen. Den Bestatter Ulrich Schwartz. Dann eskaliert die Situation, es kommt zu einem fulminanten, blutigen und durchaus überraschenden Ende. Aber mehr verraten wir wirklich nicht.
Ständiger Kampf zwischen Kunst und Wirklichkeit
Reiner M. Sowa mit seinem neuen Roman
Trotz der Ähnlichkeiten zwischen Roman und Realität in Bergisch Gladbach betont Sowa, dass es sich um Fiktion handelt. Allerdings nicht nur. „Ich vermische so lange die Realität mit der Fiktion, bis niemand mehr erkennen kann, was in meinen Romanen das tatsächliche Leben und was meine schriftstellerische Freiheit ist”, sagt der Autor. Es sei ein „ständiger Kampf zwischen Kunst und Wirklichkeit. Ich lasse niemanden gewinnen.“
Direkt nach der Figur des Bürgermeisters gefragt sagt Sowa: „Das ist ein Spiel, die Beschreibung könnte auf viele Figuren passen. Es ist aber keine bestimmte gemeint.“
Allerdings sei es seine ganz reale Beobachtung, dass es wie im Roman auch in Bergisch Gladbach Menschen gibt, die sich nach „Politikern jenseits des Parteigezänks“ sehnten; die Kandidatur eines Unabhängigen hätte schon ihren Charme.
Fritz Roth: „Schreiben Sie das weiter!“
Das Buch, bereits das fünfte in der Bestatter-Serie, hätte eigentlich schon früher erscheinen sollen. Aber als „die reale literarische Vorlage“ Fritz Roth 2012 erkrankte und noch im gleichen Jahr starb, stockte das Projekt. Noch kurz vor dessen Tod hatte Sowa dem echten Bestatter Romanfragmente vorgelesen. Szenen, in denen Ulrich Schwartz mit seiner Arbeit hadert und von Kaschek auf die Idee gebracht wird, als Bürgermeister zu kandidieren.
Auch hier, berichtet Sowa jetzt, verwischen sich Kunst und Wirklichkeit. Roth habe ihm erzählt, tatsächlich mal „mit dem Hirngespinst Bürgermeisteramt“ geliebäugelt zu haben. Und dem Autor einen klaren Auftrag erteilt: „Schreiben Sie das weiter!“ Jetzt ist es der Sohn David Roth, der das Projekt gerne weiter begleitet.
Ein Roman ganz und gar aus Bergisch Gladbach
David Roth, Hans-Martin Heider, Reiner M. Sowa
Das Buch „Bestatter auf der Flucht” ist erneut in enger Abstimmung mit Hans-Martin Heider im Bergisch Gladbacher Joh. Heider Verlag erschienen und gedruckt worden. Zwar fehle inzwischen der Untertitel „Bergischer Krimi“, aber der Roman sei dennoch durch und durch ein Bergisch Gladbacher Produkt. Selbst Lackstiefel, Fesseln und Peitsche, die für den Trailer benötigt wurden, trieb Sowa vor Ort auf; diese Dinge hat Charlie’s Karnevalsshop in Refrath ganz real vorrätig. Den Trailer hat Sowas Tochter Ricarda produziert.
Der Roman „Ein Bestattet auf der Flucht“ (ISBN 978-3-87314-484-2) ist ab sofort für 14,80 Euro im Buchhandel erhältlich.
Die Premierenvorstellung findet am Dienstag statt, im „Haus der menschlichen Begleitung“ von Pütz-Roth, in Form einer dramatischen Inszenierung mit Orgelbegleitung. Karten dafür sollten Sie reservieren: 02202 9358 157 oder info@puetz-roth.de
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