Eneka Krämer-Rasquin, Rolf Jahn, Charlotte Loesch,  Friedrich Förder, Ursula Clemens-Schierbaum

In ihrer zweiten Ausstellung zeigt die Galerie Partout ein Potpourri an beinahe malfrischen Kunstwerken. Die Galeristin Ursula Clemens-Schierbaum präsentiert zehn Hauskünstler und ihre Sicht auf das Thema „Sommerfrische”.

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Text: Antje Schlenker-Kortum, Fotos: Helga Niekammer

Sommerfrische nennt die Galeristin Ursula Clemens-Schierbaum die Ausstellung. Schon das ist erfrischend, angesichts der Dürre im letzten Sommer und hinsichtlich der düsteren Aussichten für die kommenden Jahre.

Im Gegensatz zu Klimawandel sei Sommerfrische ein „vergessener Begriff”, betont Clemens-Schierbaum in ihrer Begrüßung. „Dabei beschreibt er im besten Sinne alles Positive, was den Sommer ausmacht. Frische Luft und gesundes Leben in der Natur und im Grünen. Also all das was verloren geht, wenn es uns eben nicht gelingt, den Klimawandel aufzuhalten.”

Ausstellung „Sommerfrische”
Öffnungszeiten: dienstags und donnerstags, 16 bis 19 Uhr,
… und nach persönlicher Vereinbarung
Ansprechpartner: Dr. Ursula Clemens-Schierbaum

Partout Kunstkabinett
Straßen 85, 51429 Bergisch Gladbach

Liebevoll stellt die Galeristin die Kunstwerke ihrer Künstler vor, die für ihr Empfinden „die schönsten und unbeschwerten Seiten des Sommers in Kunst übersetzten”. Dieses Mal ist Michael Broermann als Gastkünstler dabei.

Charlotte Loesch, Kulturreferentin des Rheinisch Bergischen Kreises, begrüßt Künstler und Gäste

Die Einführungsrede hielt Charlotte Loesch, die neue Kulturreferentin des Kreises RheinBerg. Seit dem Debut im Januar habe sich in Herkenrath ein Ort des Kulturschaffens, des Experimentierens und Austauschs entwickelt, konstatiert Loesch. Hier sei ein moderner Begegnungsraum für Künstlerinnen und Künstler entstanden, aber eben auch für kulturinteressierte Besucherinnen und Besucher.

„Kultur wird hier aktiv mitgestaltet. Das zeigt sich auch an der schönen Gemeinschaft von Galerie und Ateliers.” Das sei für die Stadt Bergisch Gladbach und für den Rheinisch-Bergischen Kreis ein schönes Signal und eine neue und wichtige Anlaufstelle für die Kulturszene.

Der Begriff  Sommerfrische, der im 19 Jahrhundert verbreitet war, beschreibe den Erholungsaufenthalt der Städter auf dem Lande zur Sommerzeit. Loesch stellt das doppelbödig, vermeintlich „leichtfüßig anmutende Thema” einem Bild  der Bibel gegenüber. „Der Mensch, in seiner durchgetakteten Welt sehnt sich doch immer nach Natur, nach dem draußen sein, nach Wurzeln in seiner Entwurzelung. Er sehnt sich symbolisch zurück in den Garten der Schöpfung, zurück ins Paradies, aus dem er vertrieben wurde, aus dem er sich letztlich selbst vertrieben hat.”

Loesch wünscht der Galerie „ein weiterhin gutes Gelingen und ein weiters Aufblühen dieses neuen Kulturortes in Bergisch Gladbach und den Rheinisch Bergischen Kreis.” Bei diesem Statement hörten die Kulturschaffenden aufmerksam hin. Mit der Auflösung des Atelierhaus A24 ist die freie Szene der Stadt zwar nicht verschwunden aber sie ist empfindlich getroffen und zersplittert.

Ganz in diesem Sinne legen wir Ihnen diese Ausstellung ans kulturliebende Herz.

Für alle Neugierigen, ein kleiner sommerlicher Aperitif:

Eneka Krämer-Rasquin, ist einigen bekannt, spätestens als Überraschungskünstlerin der ersten Partout Ausstellung „durchdacht und intuitiv”. Diesmal überraschte sie mit sommerlich gemalten Landschaften in satten Öl-Acryl, einer experimentellen Farbenmixtur. Eine kleine aber feine Serie von gefühlt vertrauten Landschaften.  Aber „keine konkrete Landschaft” wolle sie abbilden, sie sollen suggestiv wirken „Es könnte hier überall sein”, betont sie ganz überzeugt mit ihrem dezenten spanischem Akzent.

Für Krämer-Rasquin leben wir alle unter einem Himmel, „aber jeder unter einem anderen Horizont.” Ihre Phantasie-Landschaften illustrieren eine typische Charakteristik könnte man sagen, so wie man sie überall im Rheinland kennt und liebt. Parallel dazu zeigt sie uns gemalte Strände aus ihrer Heimat Spanien. Bekannt ist sie dem ein oder anderen Gladbacher Kunstliebhaber vielleicht schon mit ihren sehr architektonischen Stadtbildern in Collagentechnik.

Lehrreich, aber nicht belehrend, wie das Kunst eben kann – führen uns die Werke ganz spielerisch an naturverbundene Themen. Eben keine Untergangsszenarios, sondern ganz nach dem Motto: freuen wir uns über das, was wir (noch) haben, preist diese Kunst eine Ode an das Leben. Wie beispielsweise das “Vogelgezwitscher” von Rolf Jahn. Auch seine Interpretation des Themas macht Lust darauf, Natur wieder zu entdecken und erst gedanklich und dann wirklich zu erleben.

Die Malerei von Judith Farro sprüht nur so von Eigensinn, südlichem Flair und natürlichen, temperamentvollen Dynamiken. Lassen Sie sich inspirieren von neuen Zusammenhängen und benachbarten Naturellen. Schon eine andere Perspektive ergibt völlig andere Gedankengänge.

Die Serie „Der Wald in mir” von Masaki Hagino könnte man als zeitgemäße Interpretation der Sehnsucht und Entwurzelung interpretieren, von der Loesch in ihrer Begrüßung sprach. Bei Hagino ist das Wissen um seine künstlerische Art der malerisch-technischen Bearbeitung ein Erlebnis. Fragen Sie unbedingt nach.

Friedrich Förder ist in Sommerfrische (hier im Hintergrund, vorne ein Werk von Michael Broermann) mit minimalistischen, orange farbenen Drucken, seiner “Fundstücke” zu sehen. Wenn man weiß, inwiefern Naturstrukturen ihn inspirieren, was das Naheliegende,  was diese Frottagetechnik für sein Arbeiten bedeutet, dann erkennt man ganze Universen darin. Lassen Sie sich von der Galeristin  davon erzählen. 

Michael Broermann läßt sich aus jederlei Perspektive frisch interpretieren. Seine raumgewordenen Zeichnungen sind toll zum Entdecken und Experimentieren. Ob Frauen-Silhuetten oder wie hier im Bild „Warten auf Europa”, man wird mitgerissen von einer Art Picasso-ähnlichem Frühlingsgefühl. 

Heike Manleitners Werke erhalten durch die vielen Rohre des ehemaligen Maschinenraums eine beinahe theatralische Stimmung. Im Zusammenhang zum Thema Sommerfrische meint man eine unwirkliche und zugleich märchenhafte Landschaft wahrzunehmen. Foto: ASK

Der Gedanke scheint absurd, einen” Flügel” in Stein zu hauen. Doch Ursula Clemens-Schierbaum beschreibt, wie Uwe Tillmann eine inneliegende, natürlich im Stein verborgene Form herausschält . Was also bedeutet Natur für einen Bildhauer? 

Detlev van Ravenswaay findet man wieder beinahe installativ an den Fenstern inszeniert. Seine Wolkenbilder fügen sich scheinbar natürlich in die technische Kulisse und zugleich schaffen sie neue Fenster mit sommerlichen Aussichten. An dieser Stelle sei schon vorab auf seine Ausstellung “Mondsüchtig”, am 20.07. in der Galerie Partout hingewiesen. Foto: ASK 

Veronika Moos webt aus winzigen Elementen, flächige Strukturen zu geheimnisvollen Objekten. Wie schon in der vorigen Ausstellung ” durchdacht und intuitiv”. In Sommerfrische erscheinen ihre Objekte ebenso gesucht und gefunden werden zu wollen wie die Musen, aus denen sie vermutlich hervorgegangen sind. Ganz beiläufig hängen, liegen sie liebevoll inszeniert, betont unauffällig im Galerieraum. 

Ganz ähnlich wie in ihren Objekten hat Veronika Moos im Video “watching water” gefundene Materialien verwoben. Diesmal Fotos und Filmschnipsel, die sie zu einem Bilderteppich in einem Kunstfilm verarbeitet hat. Dieses Foto kann nur symbolisch stehen für eine Videoinstallation die nicht unterhalten will, wie man es von Filmen gewohnt ist. Dies ist  ein Kunstwerk das zu Recht Zeit fordert.

Öffnungszeiten: dienstags und donnerstags, 16 bis 19 Uhr und nach persönlicher Vereinbarung
Ansprechpartner: Dr. Ursula Clemens-Schierbaum
Partout Kunstkabinett, Straßen 85, 51429 Bergisch Gladbach

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