Seit dem 1. November arbeitet Zanders ohne Pachtvertrag für das von der Stadt Bergisch Gladbach gemietete Grundstück, eine tragfähige Lösung ist nicht in Sicht. Daher appelliert Bürgermeister Frank Stein jetzt an Eigentümer und Insolvenzverwalter, bis zur nächsten Ratssitzung ein Konzept für den Weiterbetrieb der Papierfabrik vorzulegen.
Er appelliere an Geschäftsführer und Gesellschafter der Zanders Paper GmbH und gleichermaßen an den Insolvenzverwalter, „endlich das neue Konzept vorzulegen, mit dem den seit Wochen bekannten Vorgaben der Stadt Rechnung getragen werden soll“, erklärt Bürgermeister Frank Stein: „Eine weitere vertragslose Hängepartie wäre brandgefährlich.“
Im Kern verlange die Stadt, „dass ein Nachweis über die Solvenz des Vertragspartners erbracht wird und der Insolvenzverwalter erklärt, dass er das angekündigte neue Konzept zur Fortführung von Zanders mitträgt“. Auf diese mehrfach schriftlich vorgetragene Forderung habe weder das Unternehmen noch der Insolvenzverwalter reagiert, heißt es in der Mitteilung der Stadt.
Mehr als ein Jahr hatten Zanders und Stadt über einen langfristigen Pachtvertrag für das Grundstück verhandelt. Immer wieder musste der kurzfristige Vertrag, der im Dreieck über den Insolvenzverwalter lief, verlängert werden. Weil Zanders die Bedingungen der Stadt für einen langfristigen Vertrag nicht erfüllt.
Insolvenzverwalter stellt sich quer
Zuletzt schlugen die Zanders-Eigentümer um den Schweden Tom Olander vor, einen mittelfristigen Zwischenvertrag bis Sommer 2021 abzuschließen. Damit sollte Zeit gewonnen werden, durch die Corona-Krise zu kommen und ein seit langem gefordertes Gutachten erarbeiten zu lassen.
Dafür wäre die Stadt nach eigenen Angaben sogar offen gewesen. Doch der Insolvenzverwalter stellte sich quer – und die Papierfabrik hängt seit dem 1. November in der Luft.
Die Ursache für die Blockade: Wenn Zanders irgendwann erneut insolvent werden sollte, müsste die Stadt die Mieten womöglich zurückzahlen. Ein Risiko, für das weder Stadt noch Insolvenzverwalter haften wollen.

Neuer Garant für Dreiecksverhältnis gesucht
Nun, da der Insolvenzverwalter für das Dreieckspachtverhältnis nicht mehr zur Verfügung stehe, seien für die Stadt zwei Dinge wichtig, sagte Stein dem Bürgerportal.
Zunächst müsse ein neuer Pächter als Vertragspartner der Stadt gefunden werden, der das Grundstück an Zanders untervermietet und das Haftungsrisiko übernimmt. Das könnte theoretisch ein Unternehmen aus Olanders Umfeld sein. Aber auch ein anderes mit Garantien ausgestattetes Konstrukt – solange die Zahlungsfähigkeit unstreitig sei.
Zum zweiten müsse nach wie vor der Insolvenzverwalter dem neuen Konzept zustimmen, da er ja weiterhin die Maschinen und Anlagen verpachtet.
Hintergrund: Nach der Insolvenz von Zanders 2018 hatte eine skandinavische Investorengruppe um Tom Olander und der Jool-Gruppe das Unternehmen gekauft, die Maschinen und Anlagen vom Insolvenzverwalter und das Grundstück (ebenfalls über den Insolvenzverwalter) von der Stadt gepachtet. Für einen langfristigen Mietvertrag verlangt die Stadt ein Gutachten, das die Überlebensfähigkeit von Zanders attestiert. Über dieses Gutachten wurde lange gestritten, im Oktober hatte Zanders angekündigt, angesichts der durch Corona verursachten Unsicherheiten erst 2021 liefern zu können.
In den vergangenen Wochen hatte die Stadtverwaltung unter Führung von Stein und mit Rückendeckung eines weiteren Rechtsanwalts von Zanders und dem Insolvenzverwalter gefordert, eine neue Lösung zu finden, die für die Stadt tragbar ist. Ohne Ergebnis, so die Stadt.
Daher geht der Bürgermeister jetzt mit seinem Appell an die Öffentlichkeit. Dabei betont Stein, in Absprache mit den Vorsitzenden aller Fraktionen im Stadtrat zu handeln.
„Weitere Hängepartie wäre brandgefährlich“
Der Stadtrat befasst sich im nichtöffentlichen Teil der Sitzung am 15. Dezember 2020 mit Zanders. „Ich hoffe sehr, dass ich dann dem Rat einen Vorschlag unterbreiten kann, der für die Stadt zustimmungsfähig ist. Eine weitere vertragslose Hängepartie wäre brandgefährlich. Das bereitet mir große Sorgen für den Papier-Standort Bergisch Gladbach,“ sagt der Bürgermeister.
Mit diesem öffentlichen Appell hoffe er, endlich Dynamik in die Verhandlungen zu bekommen, sagte Stein dem Bürgerportal. Das Ziel der Stadt und auch die Forderungen an den Investoren seien unverändert.
Das Unternehmen und auch der Insolvenzverwalter reagierten am Mittwoch zunächst nicht auf Anfragen des Bürgerportals.
Dokumentation:
Um die komplizierte Vorgeschichte und Faktenlage rund um Zanders klarzustellen hat die Stadtverwaltung eine detaillierte Darstellung vorgelegt, die wir im Folgenden dokumentieren:
„Seit nunmehr über einem Jahr wird intensiv an einem langfristigen Pachtvertrag zwischen der Stadt und der neu gegründeten Zanders Paper GmbH über die städtischen Grundstücke, auf denen sich die Papierfabrik befindet, gearbeitet.
Bis zu einer langfristigen, nachhaltigen Lösung für den Papier-Standort Bergisch Gladbach hatte die Stadt seit Jahresbeginn 2020 die vorübergehende Rechtskonstruktion akzeptiert, dem Insolvenzverwalter die Betriebsgrundstücke zu verpachten. Der Insolvenzverwalter verpachtete diese Grundstücke weiter an die Zanders Papers, die Stadt konnte somit die monatliche Pacht ohne insolvenzrechtliche Rückzahlungsrisiken einnehmen.
Mitte September 2020 stimmte die Zanders Papers GmbH einer vom Stadtrat am 1. September 2020 beschlossenen Absichtserklärung (Letter of Intent – LOI) zu. Dieser sah die Vorlage eines Sachverständigen-Gutachtens über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Zanders Papers GmbH bis zum 7. Oktober 2020 als Grundlage für einen langfristigen Pachtvertrag und damit die nachhaltige Sicherung des Standorts vor.
Bis zum heutigen Tage liegt ein entsprechendes Gutachten nicht vor. Vielmehr erklärte der Investor rund drei Wochen nach Unterschritt unter den LOI am 6. Oktober 2020, ein sogenanntes IDW S6-Gutachten nicht vor dem 30. Juni 2021 vorlegen zu können.
Der Investor erwarte einen „in-between-contract“, also einen befristeten Pachtvertrag ohne Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, mit Laufzeit bis um 30. Juni 2021.
Die Stadt hat im Interesse einer nachhaltigen Sicherung des Standortes sowohl dem Investor als auch dem Insolvenzverwalter die Bereitschaft signalisiert, die bisherige Rechtskonstruktion grundsätzlich bis zum 30. Juni 2021 fortzusetzen.
Hierzu sind Insolvenzverwaltung und Gläubigerausschuss allerdings definitiv nicht bereit. Der Pachtvertrag zwischen der Stadt und dem Insolvenzverwalter ist daher zum 31. Oktober 2020 ausgelaufen. Seitdem ist der Insolvenzverwalter nachvertraglicher – entgeltlicher – Nutzer der Grundstücke, ohne dass es einen Pachtvertrag gibt.
Vor diesem Hintergrund muss die Stadt darauf bestehen, dass ein anderer unstreitig solventer Pächter an die Stelle des Insolvenzverwalters tritt und die Grundstücke an Zanders Papers weiterverpachtet. Akzeptieren würde die Stadt auch, dass ein solcher Dritter bei einer unmittelbaren Verpachtung an Zanders Papers für die Verbindlichkeiten von Zanders Papers garantiert. Ein unmittelbarer Pachtvertrag mit Zanders Paper ohne eine solche Garantie ist der Stadt nicht möglich.
Die Stadt hat dem Geschäftsführer und dem Mehrheitsgesellschafter von Zanders Papers ihre Position mehrfach mitgeteilt. Erstmals vor Ablauf des befristeten Pachtvertrags mit Schreiben vom 20. Oktober 2020, um den drohenden vertragslosen Zustand im Interesse aller Beteiligten abzuwenden. Im Einvernehmen mit allen Fraktionsvorsitzenden des neuen Stadtrats hat die Stadt mit Schreiben vom 9. November 2020 mitgeteilt, die Frist für eine einvernehmliche, rechtlich belastbare Lösung bis zum 30. November 2020 zu verlängern. Auch diese Frist ist ohne substantielle Ergebnisse verstrichen.“
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Ob eine unklare Situation für die Mitarbeiter (übrigens glaube ich sind es eher 300 als 400, was aber letztlich nicht entscheidend ist) über Weihnachten besser ist als eine klare, wenn auch u.U. schlechte, hängt sicherlich von der persönlichen Sichtweise ab. Mir geht es auch nicht um 12.12. oder 31.12, es geht darum, dass hier die Planung unserer Stadt komplett blockiert werden von einem maroden Betrieb, dessen Führung sich nicht an Absprachen hält und immer wieder rumtaktiert und letztlich diese unsichere Situation für die Mitarbeiter verursacht.
# Lothar Eßer. Ein privates Unternehmen kann, muss aber nicht solch ein Konzept vorlegen. Das Datum 31.12.2020 ist deshalb von Wichtigkeit, weil an diesem Tag die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht endet. Je nach Lage müsste sich also Zanders erklären oder eben nicht. Bis dahin geht die Stadt meiner Einschätzung nach kein Rückzahlungsrisiko ein. Meine Einschätzung der juristische Lage basiert auf einem entsprechendem Rechtskommentar aus „Juraforum“: => „ § 130 Abs. 1 InsO gestattet die Anfechtung einer „kongruenten Deckung“ in Insolvenznähe (drei Monate vor dem Eröffnungsantrag). Problematisch kann es werden, wenn der Empfänger bei Erhalt der Leistung über konkrete Informationen verfügt, dass sein Gegenüber insolvenzreif ist. § 130 Abs. 1 InsO unterscheidet zwei Fallgruppen des „Wissensvorsprungs“. Zum einen ist die Handlung des Schuldners (Zahlung, Besicherung) anfechtbar, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag erfolgte, der Schuldner zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war und der Empfänger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners positiv kannte (§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO) oder Kenntnisse über Umstände der Zahlungsunfähigkeit hatte (§ 130 Abs. 2 InsO). Hier zeigt sich das Hauptproblem der Norm. Der Insolvenzverwalter muss im Anfechtungsprozess die subjektive Kenntnis des Empfängers von der Zahlungsunfähigkeit darlegen und beweisen (§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO). Das ist kaum möglich. Leichter ist der Weg nach § 130 Abs. 2 InsO. Hier genügt es, wenn der Insolvenzverwalter Umstände vorträgt, die aus Sicht eines redlichen und vernünftigen Menschen zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Derartige Umstände sind: entsprechende Presseberichte, Nichteinhaltung von Ratenzahlungsvereinbarungen, bloße Teilzahlungen trotz angedrohter Vollstreckung, Zahlung nach Androhung eines Fremdantrags, längeres Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, erfolglose Vollstreckungsmaßnahmen, vergebliches Einfordern von Forderungen über einen längeren Zeitraum. Hat der Verwalter derartige Umstände dargelegt, kommt es zu einer Beweislastumkehr. Der Empfänger muss nachweisen, dass er die Leistung annehmen durfte (z.B. weil noch keine Zahlungsunfähigkeit vorlag).“ -Kommentarende-. Da die Stadt in direkten Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter steht und aktiv um Transparenz der wirtschaftlichen Lage ersucht hat, es weiterhin keine öffentlichen Berichte zur möglichen Zahlungsunfähigkeit gibt, kann hier also kein Rückzahlungsrisiko gesehen werden und man kann die 26 Tage ruhig abwarten und dabei den weihnachtlichen Frieden der 400 Beschäftigten ungestört lassen.
Die Aufforderung für die Vorlage eines Konzeptes gibt es schon recht lange. Auch Herr Urbach und die CDU haben hier schon erfolglos gekämpft. Was also soll ein weiteres Zuwarten bringen??
Ich frage daher noch mal: außer, dass die Hiobsbotschaft für die Angestellten nicht vor Weihnachten käme – welchen Sinn macht es bis zum 31.12. zu warten? Der Investor will den Plan erst Mitte nächsten Jahres (frühestens…, da er ja sagte „nach COVID…) vorlegen…
# Lothar Eßser, zu Ihrer Einschätzung. „Stadt müsste ALLE bisherigen Mieten und Pachten zurückzahlen! „ . Wenn überhaupt, könnte man über ein sehr theoretisches Rückzahlungsrisiko ab 01.11.2020 diskutieren. Anscheinend haben Sie im Text überlesen, Zitat: „….hatte die Stadt seit Jahresbeginn 2020 die vorübergehende Rechtskonstruktion akzeptiert, dem Insolvenzverwalter die Betriebsgrundstücke zu verpachten. Der Insolvenzverwalter verpachtete diese Grundstücke weiter an die Zanders Papers, die Stadt konnte somit die monatliche Pacht ohne insolvenzrechtliche Rückzahlungsrisiken einnehmen.“ Dieser risikofreie Pachtvertrag zwischen der Stadt und dem Insolvenzverwalter ist zum 31. 11. 2020 ausgelaufen. Entgeltlicher Nutzer ist also seit 01.11.2020 der Insolvenzverwalter in direkter Haftung. Daher halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass sich dabei juristisch eine Rückzahlungspflicht für die Monate November u. Dezember ableiten lässt. Worin besteht also das Risiko bis zum 31.12.2020, dem Wiedereintritt der Insolvenzantragspflicht und damit einer juristischen Klärung der Situation, zu warten.
Ich sehe das ähnlich wie Herr Schreiner und Herr de Lamboy. Faktisch stirbt Zanders seit 30 Jahren. Auf 20 Hektar 300 Arbeitsplätze mitten in der Stadt ist absolut sinnfrei. Der Investor hatte lang genug Zeit, ein tragfähiges Konzept vorzulegen. Offenbar glaubt er selbst nicht mehr an die Möglichkeit eines solchen Konzepts, sonst hätte er es vorgelegt.
Ich habe selbst bei Zanders die Ausbildung gemacht, dort gearbeitet und kenne das Unternehmen seit über 40 Jahren (Meine Eltern und mein Großvater haben dort gearbeitet). Es tut weh, diese Entwicklung zu sehen. Objektiv macht aber eine solche Hängepartie keinen Sinn.
@Herr Wagner: warum nicht bis Ende des Jahres warten? Steht im Bericht: die Stadt müsste bei einer weiteren Insolvenz- und die ist aus meiner Sicht unabwendbar – ALLE bisherigen Mieten und Pachten zurückzahlen! Das sind MILLIONEN!! Warum sollen wir Bürger hierfür kollektiv haften, wenn ein ausländischer Investor nicht mal mehr auf Aufforderungen zur Vorlage des Konzeptes reagiert??
Mehmet Schreiner hat absolut recht, die Zandrianer um Herrn Olander haben, uns lange genug an der Nase herumgeführt.
Leider trifft es viele langjährige Mitarbeiter, die man bei einer Insolvenz vorrangig unterstützen muss.
Mit vielen handwerklich geschickten Facharbeitern könnte die Stadtverwaltung zum Beispiel unsere Schulen sanieren und Instandhalten, bestehende Randwege in Ordnung bringen, und, und ….
Warum jetzt diese Ungeduld ? Die Insolvenzantragspflicht ist pandemiebedingt bis zum 31.12.2020 ausgesetzt. Dann klärt sich doch ohnehin, ob das Unternehmen weiterbestehen kann oder nicht. Diese 28 Tage sollte die Stadt erst einmal abwarten. Ich wünsche den derzeit noch 400 Beschäftigten jedenfalls viel Glück und kreative tragfähige Lösungen. Wer glaubt, in der aktuellen wirtschaftlichen Lage schnell eine entsprechende Anzahl von Ersatzarbeitsplätzen auf diesem Gelände schaffen zu können verkennt die aktuelle wirtschaftliche Gesamtlage, die nur durch hohe staatliche Unterstützungsleistungen stabilisiert wird. Im Januar erwartet man eine hohe Zahl von Insolvenzen der sogenannten „Zombie-Unternehmen“. Wer in dieser Zeit 400 Arbeitsplätze gefährdet handelt fahrlässig. Für die Überplanung des Zanders-Gelände und den Rathausneubau kommt es auf ein paar Monate nicht an.
Macht den Laden endlich dicht und entwickelt dieses Sahnestück für neue, gewerbesteuerzahlende Firmen und mehr Arbeitsplätze als aktuell.
Aber da ihm seine Partei im Wahlkampf mit dem Antrag auf einen Pachtvertrag einen Bärendienst erwiesen hat, wird er diesen Schritt nicht wagen, um das Gesicht der Partei zu wahren.
Diese Sozi-Romantik hängt einem zum Halse raus.
Es muss der Politik um die Anzahl der Arbeitsplätze gehen, nicht um bestimmte bei einem bestimmten Unternehmen.
Wenn dadurch 400 ihren Job verlieren, aber 500 einen gewinnen, wurde richtig gehandelt.