Fast 200 Jahre Industriegeschichte sind 2021 von einem Tag auf den anderen zu Ende gegangen. Drei weitere Jahre wurden benötigt, um das 36 Hektar große Zanders-Areal von vielen Tonnen an Rohstoffen, gefährlichen Betriebsmitteln und gigantischen Maschinen zu befreien – um es für die Transformation zu einem neuen gemischten Stadtviertel bereit zu machen. Unsere Reporter und unser Fotograf haben den Prozess begleitet und begeben sich in diesem Bilderbuch auf eine Zeitreise.

Herzstück und Stolz der Papierfabrik Zanders war die PM3, eine 150 lange Papiermaschine, die 1992 für eine Millarde D-Mark gekauft und aufgebaut worden war. Aber nie wirklich ausgelastet wurde und damit den Anfang vom Ende der Papiertradition in Bergisch Gladbach einleitete.

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Ein Koloss für eine Milliarde D-Mark

Die Papiermaschine PM 3 steht für Superlative. Sie ist gigantisch, ihre Halle ist halb so groß wie der Kölner Dom, pro Minute spuckt sie genug Papier aus, um ein Fußballfeld zu bedecken. Vor 33 Jahren markierte sie den Übergang des Familienunternehmens Zanders zum internationalen Konzern – und damit auch den Anfang des Untergangs. Im zweiten Teil der Zanders-Serie schauen wir uns die Geschichte von Gebäude und Maschine an, bevor der Koloss in seine Einzelteile zerlegt wird.

Der Abbau der PM3

Wie die ganze Fabrik kam die PM3 Ende April 2021 zu einem abrupten Ende. Das Unternehmen war seit langem unterfinanziert, nun konnten nicht einmal mehr die CO2-Zertifikate bezahlt werden, der damalige Insolvenzverwalter stoppte das firmeneigene Kraftwerk und damit die gesamte Produktion.

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Zanders wird endgültig liquidiert

Insolvenzverwalter Mark Boddenberg gibt bekannt, dass eine Rettung der Papierfabrik Zanders nicht mehr möglich ist. Die verbliebene Investor habe sich gegen ein weiteres Engagement entschieden habe. „Die Liquidation wird nun unumgänglich“, sagte Boddenberg dem Bürgerportal. Bürgermeister Stein spricht von einem schwarzen Tag für die ganze Stadt und kündigt einen Runden Tisch für die Mitarbeiter an.

Was Zanders für Bergisch Gladbach bedeutet hat

Über viele Jahrzehnte hinweg war Zanders Bergisch Gladbach, und Bergisch Gladbach war Zanders. Nach 199 Jahren* wird diese Tradition zu Grabe getragen, die zweite Insolvenz hat die Papierfabrik nicht überlebt. In einer dreiteiligen Serie zeichnen wir die Erfolgsgeschichte Zanders nach, und die vielen Jahre des Niedergangs. Mit vielen historischen Fotos – und einigen Beiträgen zur Kultur.

Die noch nicht einmal 40 Jahre alte PM3 konnte immerhin noch verkauft werden. Schritt für Schritt wurde sie von Spezialunternehmen dokumentiert, demontiert und für den Transport fertig gemacht. Mehr als 500 Container wurden am Ende auf den Weg in die Türkei geschickt, wo die Papiermaschine wieder in Betrieb gehen soll.

Der Abtransport war oft Millimeter-Arbeit, weil zum Beispiel die riesigen Walzen durch schmale Ausgänge bugsiert werden mussten. Der Aufbau der Maschine Anfang der 90er Jahre war einfacher – damals war die Halle um die Maschine herum gebaut worden.

Die Fotos zeigen die fast leere Halle nach dem Ausbau der Papiermaschine. In dem Komplex soll ein Bildungscampus entstehen.

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Im Takt der Papiermaschine: Vom Alltag eines Papiermachers auf Zanders

Frank Detering machte eine Lehre als Papiermacher bei Zanders, arbeitete zuletzt an der riesigen PM 3, produzierte dort das letzte Papier in der Geschichte des Unternehmens. Am Ende des eigenen Arbeitslebens hilft er nun beim Rückbau seines alten Arbeitsplatzes. Und hat einen sehnlichen Wunsch, was die Zukunft des Areals betrifft.

Zanders: Die riesige Papiermaschine PM3 ist weg

5500 Tonnen schwer und 220 Meter lang: Diese Zahlen machen deutlich, welche Aufgabe es war, das Herzstück der Zanders-Papierfabrik zu demontieren und abtransportieren. Die ersten Arbeiten an der legendären PM3 hatten im August begonnen, jetzt meldet die Stadtverwaltung Vollzug. Wir haben es uns vor Ort angeschaut.

Wie ein Koloss klein gemacht wird

5500 Tonnen ist die Papiermaschine PM 3 von Zanders schwer, 200 Meter lang, acht Meter hoch. Das heißt, sie war es. Ein Besuch vor Ort zeigt, dass der Koloss in den letzten drei Monaten in seine Einzelteile zerlegt wurde, ein großer Teil ist bereits auf dem Weg in die Türkei. Bis zum 17. Dezember soll das Herzstück der ehemaligen Papierfabrik Zanders ganz aus Bergisch Gladbach verschwinden.

PM 1 und 2

In benachbarten Hallen befanden sich ältere, kleine Papiermaschinen. Auch sie ragten tief in den Boden hinein. Eine Maschine wurde schon früh demontiert und verschrottet. Die andere, etwas modernere, konnte verkauft werden.

Die Zentralwerkstatt

Die Zentralwerkstatt gehört zu den vielen geschützten Denkmälern auf dem Gelände. Sie wurde frühzeitig an die Stadt übergeben, zwischenzeitlich für Präsentationen und studentische Projekte genutzt – und soll als erstes Gebäude neu genutzt werden – als Begegnungsort und als Keimzelle einer neuen Altstadt.

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Zanders-Zentralwerkstatt: Verbaute Schönheit mit Geschichte und Perspektive

Die alte Zentralwerkstatt soll bei der Neugestaltung des Zanders-Areals eine besondere Rolle spielen – als Begegnungsort und als Keimzelle einer neuen Altstadt. Das passt nicht nur zur Architektur des gut 140 Jahre alten Backsteingebäudes, sondern auch zu seiner Geschichte. Denn die Werkstatt steht für den Wandel von Zanders zu einem Industriebetrieb – und ist im Laufe ihrer Geschichte immer wieder umgebaut und erweitert worden.

Ein Zukunftslabor für Zanders – auf Zanders

Der Fachbegriff lautet „Reallabor“ und meint eine Umgebung, in der Menschen ausprobieren können, wie sie ihre Zukunft gestalten wollen und können. Zum Beispiel, wie man das Zanders-Areal für die Gesellschaft nutzen kann. Ein solches Reallabor haben zwei Master-Studenten der Architektur auf Zanders eingerichtet und erprobt. Ihr Studium haben die beiden mit Bravour beendet – das Reallabor bleibt.

Holländer und Kollergang

Die sogenannten „Holländer“ spielten im 19. Jahrhundert noch eine wichtige Rolle für die Papierproduktion aus Lumpen. Seit vielen Jahrzehnten waren sich nicht mehr benutzt worden, sind aber nach wie vor vorhanden.

Das Kraftwerk

Das Zanders-Kraftwerk war ursprünglich vom Kirchenbaumeister Gottfried Böhm entworfen und über die Jahrzehnte immer wieder erweitert worden, dass vom eigentlichen Gebäude kaum noch etwas zu sehen war. Die Anbauten sind zum kleinen Teil entfernt worden, das Kraftwerk selbst steht unter Denkmalschutz und hat sich im Turbinenraum kaum verändert.

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Böhms Kraftwerk und die Schornsteine

Die Papierfabrik ist Geschichte, doch von Zanders bleiben Erinnerungen und Baudenkmäler, die Teil des künftigen Zanders-Viertel werden. Das Bürgerportal schaut genau hin, was war und was ist – in Text und Bild. Zum Start der neuen Serie befasst sich Michael Werling mit dem von Domenikus Böhm gebauten Kraftwerk, ergänzt durch Fotos von Thomas Merkenich und Luftaufnahmen von Stefan Krill. Tauchen Sie ein, in die Geschichte der für Bergisch Gladbach so prägenden Fabrik.

Das Museum

Das sogenannte Museum war relativ früh geräumt, der Stadt übergeben und provisorisch hergerichtet worden. Seither wird es für interne Veranstaltungen und Bürgerforen genutzt.

Das Werkstattgebäude

Im Untergeschoss des Werkstattgebäudes ist die Feuerwehr untergebracht. In einem der oberen Stockwerke sollte in Form einer Zwischennutzung ein Atelierhaus für freie Künstler entstehen. Doch dann zerschlugen sich die Pläne wieder, weil sie mit dem Baurecht nicht zu vereinbaren waren. Jetzt wird erneut nach Alternativen für die Künster:innen gesucht.

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Kunst und Kultur sollen eine Atelier-Etage auf Zanders erhalten

Das Zanders-Areal soll wenigstens für eine gewisse Zeit Heimat für bis zu neun Künstler:innen werden. Der Stadtverband Kultur hat interessierten Kreativen jetzt ein Konzept für eine Atelier-Etage im Werkstattgebäude vorgestellt. Das Pionierprojekt geht auf eine Initiative der Künstlerin Iris Stephan zurück und stößt auf großes Interesse, Stadt und Projektteam Zanders sind mit an Bord. Vor dem Einzug der Künstler:innen gilt es aber noch einige nicht gerade niedrige Hürden zu beseitigen.

Künstlerische Forschungsreise

Die Künstlerin Iris Stephan hatte sich mit einem Stipendium als Spurensammlerin auf dem Zanders-Gelände betägigt, geschichtliche Zeugnisse und Materialien gesammelt und künstlerisch verarbeitet. Erste Ergebnisse waren in einer Open-Air-Ausstellung während eines Tags der Offenen Tür gezeigt worden.

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Tafelrunde: Erste Arbeiten von Iris Stephan auf Zanders zu sehen

Kunst im leider nur halb öffentlichen Raum zeigt Iris Stephan auf dem Zanders-Areal. Zum Tag des offenen Denkmals präsentiert die Künstlerin ihre Bilderserie „Tafelrunde“. Auf sieben großformatigen Werken, verortet an Denkmälern der Papierfabrik, trifft moderne Kunst auf Industriegeschichte. Eine Reflexion auf Leben und Arbeit der Papiermacher.

Iris Stephan – die Spurensucherin auf Zanders

Die Malerin und Bildhauerin Iris Stephan arbeitet auf dem Zanders-Areal, mit Zanders-Material. Fundstücke der Papierindustrie wandelt sie in Collagen und Installationen um. Spannend ist nicht nur, was sie macht, sondern vor allem wie sie arbeitet. Daher haben wir sie ein paar Wochen begleitet. Und dabei seltene Einblicke in das außergewöhnliche Projekt einer umtriebigen Künstlerin gewonnen. Aber auch das Zanders-Gelände selbst bietet immer wieder Überraschungen.

Der Gleispark

Auf der Gleisharfe soll möglichst bald ein öffentlicher Park entstehen. Für einzelne Veranstaltungen wie einem Biergarten-Konzert mit den Blänk Notes ist er schon 2023 genutzt worden.

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Die Eroberung des Zanders-Areals in kleinen Etappen

Die Öffnung des Zanders-Geländes kommt voran, in sehr kleinen Schritten. Es gibt einen Pop-up-Biergarten und erste, punktuelle Nutzungen mit begrenzter Personenzahl. Bis zum Sommer im nächsten Jahr soll wenigstens der Park an der Gleisharfe frei zugänglich sein und eine Durchfahrt für Fahrräder in Nord-Süd-Richtung geöffnet werden. Für Anfragen ist das Projektteam der Stadt ansprechbar.

Abschluss des Rückbaus

Im Frühjahr waren letzte große Bauteile am Kraftwerk mit einem riesigen Kran demontiert worden. Im Mai konnte der Insolvenzverwalter die Räumungsarbeiten abschließen. Nach drei Jahren ist das gesamte Gelände an die Stadt Bergisch Gladbach übergeben worden – die es in den kommenden zwei Jahrzehnten in ein lebendiges Quartier für Wohnen, Arbeiten und Lernen verwandeln will. Wir bleiben dran!

Entdecken Sie das Zanders-Areal aus der Luft

Ein Doppelklick öffnet und schließt die volle Ansicht, mit der besten Wirkung auf einem größeren Bildschirm, auf dem Handy im Querformat. Sie können über die blauen Punkte und die Navigation oben verschiedene Perspektiven ansteuern. Sie können die Ansicht drehen, Details heranzoomen. Hinter den roten Symbolen finden Sie Texte, historische und aktuelle Fotos. Manche Infos sind ein wenig versteckt. Gute Entdeckungsreise!

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ist der Fotograf des Bürgerportals. Mittlerweile wohnt er „im schönen Kürten" und liebt das Bergische Land. Aber das sieht man seinen Fotos ja auch an. Mehr Infos auf seiner Website www.thomasmerkenich-fotografie.de, mehr Foto im Bildershop: https://www.pictrs.com/thomasmerkenich-fotografie

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