Die Kreisverwaltung reagiert mit einer Pressemitteilung auf wiederholte Anfragen des Bürgerportals und Forderungen von CDU und Grünen, für Klarheit bei der Corona-Statistik zu sorgen. Im Kern, so der Kreis, gehe der Meldeverzug auf technische Probleme zurück. Zur Vereinfachung werde die Information nun auf RKI-Daten umgestellt.

Seit gut zwei Wochen fordert die Redaktion des Bürgerportals die Kreisverwaltung auf, Änderungen im Meldeverfahren zu erläutern, den hohen Korrekturbedarf bei der Berechnung der Inzidenz zu begründen und Angaben zu Defiziten bei der Kontaktnachverfolgung zu machen. Am Wochenende hatten auch die Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen von CDU und Grünen eine bessere Information der Öffentlichkeit gefordert.

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Am Nachmittag verschickt der Kreis nun eine Pressemitteilung, die auf konkrete Fragen jedoch nicht eingeht und den hohen Korrekturbedarf über zum Teil bis zu zwei Wochen hinweg nicht aufgreift.

Gleichzeitig nahm der Kreis die Kommunikation auf seiner Facebookseite nach rund zwei Wochen wieder auf und kündigte an, dem „Wunsch nach Antworten und Aufklärung (…) in Kürze“ nachzukommen. Die Pressemitteilung wurde dort jedoch nicht veröffentlicht.

Anfällige Meldekette

Zur Erklärung der Nachmeldungen führt der Kreis in der Pressemitteilung vor allem die komplizierte und anfällige Meldekette von Labor über Kreis und Landeszentrum zum Robert-Koch-Institut an. An jeder Stufe könne es Verzögerungen geben. Nur indirekt deutet der Kreis an, dass es bei hohen Fallzahlen zu Überlastungen gekommen sein könnte.

Der Kreis betont zudem, dass das RKI keine rückführenden Korrekturen ausführt, daher seien die Tagesmeldungen durch das LZG verbindlich. In der Zwischenzeit hat das RKI diese Praxis allerdings verändert, seit heute werden auf der einschlägigen RKI-Website die täglich neu aufbereiteten Korrekturen ausgewiesen.

Konzentration auf RKI-Werte

Wann und wie das Meldeverfahren des Kreises verändert worden ist, erläutert der Kreis nicht. Er verweist lediglich darauf, dass er künftig nur noch die Fall-Zahlen des RKI veröffentlichen werde, um „einheitlicher und verständlicher informieren zu können“. Im eigene Daten-Dashboard habe der Kreis bereits alles auf die RKI-Werte umgestellt. Aber auch dort gibt nach wie vor Diskrepanzen, so weicht die Gesamtzahl der Fälle des RBK von der des RKI ab.

Bis heute hatte der Kreis einmal täglich die eigenen Fallzahlen, aufgeschlüsselt auf die kreisangehörigen Kommunen, veröffentlicht. Ob diese Praxis weiter geführt wird, ist offen.

In einer weiteren Passage bekräftig die Kreisverwaltung: „Ziel der Kontaktnachverfolgung ist es, positiv getestete innerhalb von 24 Stunden zu kontaktieren.“ Ob und in welchem Ausmaß dieses Ziel erreicht wird, wird nicht erläutert. Statt dessen weist die Verwaltung draufhin, dass es auch ohne eine Kontaktaufnahme die Pflicht der Betroffenen sei, sich zu isolieren.

Die Pressemitteilung der Kreisverwaltung im Wortlaut

(Hervorhebungen durch die Redaktion)

„Am 29.04.2021 lag die 7-Tage-Inzidenz noch bei 116,5, am 30.04.2021 sank der Wert auf unter 100. Heute liegt die aktuelle 7-Tage-Inzidenz bei 81,9. Dieser Inzidenz-Wert bildet die positiven PCR-Testungen pro 100.000 Einwohner im Rheinisch-Bergischen Kreis in den letzten 7 Tagen ab. Die Berechnung der 7-Tage-Inzidenz erfolgt auf Basis des Meldedatums der letzten 7 Tage, an dem das Gesundheitsamt des Kreises Kenntnis über die positiven Fälle erlangt, diese elektronisch erfasst und an das Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG) übermittelt hat.

Obwohl die digitale Labormeldung positiver Testergebnisse mit Hilfe des Programmes DEMIS (Deutsches Elektronisches Melde- und Informationssystem) bundesweit verbindlich vorgegeben ist, bekommt das Gesundheitsamt je nach Labor immer noch Meldungen per Fax oder E-Mail. Nur die bis 19 Uhr eingegangenen und eingegebenen Testergebnisse können an das LZG weitergegeben werden. Erfolgte eine Eingabe also nach 19 Uhr, konnten diese Daten am gleichen Tag nicht mehr an das LZG übermittelt werden und führten am Folgetag zu Korrekturen. Zusätzlich kam es zu Verzögerungen durch Fehler in den Angaben des Labors (Name, Vorname, Geburtsdatum etc.). Auch technische Gründe bei den Meldewegen oder der in Abhängigkeit der Höhe der Fallzahlen unterschiedlicher Erfassungsaufwand konnten einen Einfluss auf den Eingabezeitpunkt haben. 

Das LZG übermittelt die tagesaktuelle Inzidenz an das Robert Koch-Institut. Beim Robert Koch-Institut (RKI) werden keine rückwirkenden Korrekturen durchgeführt, so dass die jeweiligen Tagesmeldungen durch das LZG verbindlich sind. Für die Rechtsfolge sind die Zahlen des RKI entscheidend.

Der Kreis hat keinen Einfluss auf die automatisierten Meldewege. Hier kann es auf allen Ebenen zu Verzögerungen kommen. Bei der DEMIS-Übermittlung, bei der Meldesoftware ISGA (hierüber erfolgt die Übermittlung an das LZG), aber auch bei der Datenweitergabe von LZG ans RKI und beim RKI selber. All diese technischen Vorkommnisse hat es in der Vergangenheit bereits gegeben und gibt es weiterhin. Entsprechend führte ein Serverausfall ebenfalls unabhängig von der Ebene des Ausfalls zu einer Verzögerung der Weitergabe der Meldungen.

Im Dashboard hat der Kreis bereits alles auf die RKI-Zahlen umgestellt. Das Diagramm zeigt jetzt den Verlauf der jeweiligen Tagesmeldungen.  Auch bei der unverzüglichen Meldung an die Bezirksregierung (Erhöhung der Inzidenz um 5 Punkte in 2 Tagen) wird sich nur noch auf die RKI Zahlen bezogen. Um künftig einheitlicher und verständlicher informieren zu können, veröffentlicht der Kreis, wie auch andere Gebietskörperschaften, nur noch die Positiv-Befunde des RKI.

Ziel der Kontaktnachverfolgung ist es, positiv getestete innerhalb von 24 Stunden zu kontaktieren. Im Fall eines positiven Testergebnisses besteht nach der Corona-Test- und Quarantäne-Verordnung die Verpflichtung, sich konsequent zu isolieren und keine Zeit verstreichen zu lassen, bis sich das Gesundheitsamt meldet.

Auch bei den Meldungen über Todesfälle gab es zuletzt Nachmeldungen. Neue Fälle werden wöchentlich gemeldet. Ein zeitlicher Verzug wird bleiben, da die Meldungen beim Gesundheitsamt über Totenscheine oft erst nach einigen Wochen eingehen. „

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9 Kommentare

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  1. Vielleicht liegt es nicht an den Mitarbeitern der Kreisverwaltung sondern an dem demokratisch gewählten Chef.
    Das trifft im übrigen nicht nur für die Kreisverwaltung, sondern auch auf die Kommunen im Kreis und ihre Bürgermeister zu. Manches, was man den Mitarbeitern einer Verwaltung zur Last legt, ist das Ergebnis der Entscheidung einzelner Personen oder politischer Gremien.

  2. Mag sein, dass Herr Havermann mit seiner Kritik an den Mitarbeitern der Verwaltung über das Ziel hinausgeschossen ist, aber im Grundsatz hat er leider recht. Ihre tägliche Berichterstattung lässt für Außenstehende doch nur den Schluss zu, dass es im Kreis an fachlicher Kompetenz mangelt, an welcher Stelle kann ich aus meinem gemütlichen Sessel nicht mit Bestimmtheit sagen. Das die Bürger die Geduld und hier und da die Contenance verlieren, muss sich Herr Santelmann anrechnen lassen, leider ist es bis zur nächsten Landratswahl noch etwas hin.

    1. Sehr geehrter Herr Nebel, Landrat Santelmann steht als gewählter Politiker und Chef der Kreisverwaltung in der Verantwortung und muss sich Kritik gefallen gefallen lassen. Für die Mitarbeiter:innen der Kreisverwaltung sollten andere Maßstäbe gelten. Sie ausgerechnet jetzt mit wohlfeilen Beamten-Schimpfworten zu belegen ist nach unserer Meinung nicht angemessen. Dass es bei den Fachleuten und Sachbearbeitern an fachlicher Kompetenz fehlt haben wir bisher nicht feststellen können. Wohl aber eine massive und dauerhafte Überlastung. Daher plädieren wir für eine differenziert Kritik, hier in aller Öffentlichkeit.

  3. Ist das nicht gerade der Kommentator, der gestern noch schrieb (ich zitiere):
    “ Kritik aber sollte sachlich und weder polemisch noch beleidigend sein, wenn man was zu sagen hat…“?
    Vielleicht sollte Herr Havermann sich selbst einmal ab und zu reflektieren und seine vielen Kommentare vorab auf das oben Gesagte überprüfen!

  4. Für was hält die Kreisverwaltung die Pandemie? Für einen hoch wissenschaftlich betrachteten Schnupfen, für eine lästige, administrative Aufgabe, der sie sich möglichst arbeitsfrei entledigen will, für eine Bedrohung, die die eigenen Leistungsgrenzen und die ihres Chefs aufzeigen kann, für ein Kampfgebiet, auf dem eine Schlacht wir gegen alle anderen ausgetragen wird?

    Erst auf dringende Nachfragen und politische Ermahnung reagiert die Kreisverwaltung – und das mit oberflächlichen Statements. Warum? Hat es an den entscheidenden Stellen nur Sesself . . . . ., so unbeweglich wie Säulen, wurde Effektivität mit Auflösung des Krisenstabes gleich mit beerdigt, hat Santelmann nicht die geeigneten Mitarbeiter?

    Ich kenne eigentlich nicht die Aufgaben einer Kreis-Behörde, weiß aber jetzt, welche sie nicht bewerkstelligen kann.

    1. Sehr geehrter Herr Havermann, bitte mäßigen Sie Ihren Ton. Es gibt überhaupt keinen Anlass, sich in dieser Art und Weise über die Beschäftigten der Kreisverwaltung herzuziehen, von denen sich in den vergangenen 14 Monaten bei der Bekämpfung der Pandemie sehr stark engagiert haben – und wahrscheinlich einige von ihnen auch aufgerieben haben. Sachliche Kritik ist nötig, konstruktive Kritik wünschenswert. Aber diese Art der Urteile aus dem bequemen Sessel heraus sind unangebracht.

  5. Auch eine Online-Petition für die bundesweite Verwendung der tatsächlichen, korrigierten 7-Tage-Inzidenzen für die infektiologischen/politischen Entscheidungen könnte helfen.

  6. Es könnte helfen, wenn möglichst viele BürgerInnen eMails mit Verweis auf die Berichte des Bürgerportals und des Kölner Stadtanzeigers an das Gesundheitsministerium NRW, das Landeszentrum für Gesundheit NRW ( das ist das Landesgesundheitsamt), die Präsidenten des RKI, das Bundesgesundheitsministerium und die Vorsitzende des Berufsverbandes der Amtsärzte Dr. Ute Teichert schreiben, mit wichtigen überregionalen Medien im Cc. In den eMails um zeitnahe Überprüfung des Sachverhaltes – systematisch zu geringe Inzidenzwerte im RBK – bitten, danach fragen, ob dieses Problem möglicherweise NRW-weit oder gar bundesweit besteht und dazu auffordern, dass schnellstmöglich die TATSÄCHLICHEN, nachträglich korrigierten Inzidenzen für die politischen Entscheidungen über Pandemiebekämpfungsmassnahmen zugrundegelegt werden. Bitten Sie um zeitnahe Stellungnahme.

    1. Die Inzidenz wird bundesweit und auch in NRW nachträglich korrigiert, Nachmeldungen ein oder zwei Tage zurück lassen sich schon aus technischen Gründen nicht verhindern. Allerdings sind die Nachmeldungen im Rheinisch-Bergischen Kreis zeitweise besonders hoch, die Nachkorrekturen gehen extrem weit zurück. Hinzu kommt, dass die Kreisverwaltung die Fakten und ihr Vorgehen nicht transparent macht.

      Immerhin gibt es inzwischen Ansätze, die realen Inzidenz bei der Beurteilung der Pandemielage zu verwenden, das Land NRW plädiert dafür. Mehr dazu in diesem Beitrag:

      https://in-gl.de/2021/05/03/warum-die-bundesnotbremse-in-rhein-berg-noch-haelt/