Der Stadtrat hatte mit knapper Mehrheit für eine 30-Prozent-Quote für den sozialen Wohnungsbau innerhalb großer Projekte gestimmt – aber gegen das zugrunde liegende Handlungskonzept Wohnen. Dennoch könne die Quote rechtswirksam umgesetzt werden, teilt der Beigeordnete Ragnar Migenda jetzt nach Prüfung der Rechtslage mit. Allerdings stelle sich die Frage, was ein so vage formulierter Beschluss ohne Konzept wert sei.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Metten hatte die Frage nach der Rechtswirksamkeit der 30-Prozent-Quote ohne Handlungskonzept Wohnen gestellt, die Antwort des zuständigen Beigeordneten Ragnar Migenda ging daher auch namentlich an Metten (und parallel an alle Fraktionen im Stadtrat), wurde jetzt jedoch von SPD und Grünen veröffentlicht. Sie ziehen den Schluss: „Die 30-Prozent-Quote steht.“
Migenda stellt die Sache in seinem Schreiben etwas differenzierter dar. Zwar heißt es auch dort: „Nach Überprüfung der Rechtslage kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass der Baulandbeschluss auch ohne Handlungskonzept Wohnen wirksam ist, sodass die Investoren seitens der Verwaltung zur Einhaltung einer Quote von 30 Prozent bei gefördertem Wohnen aufgefordert werden können.“
Dazu führt Migenda aus, dass der Baulandbeschluss lediglich als „Richtlinie für das interne Verwaltungshandeln“ und als „Art Selbstverpflichtung“ beim Abschluss von städtebaulichen Verträgen anzusehen sei. Dabei spiele der Aspekt der Angemessenheit eine Rolle. Der Beschluss verfolge das Ziel, Investitionssicherheit und Transparenz herzustellen.

Sollte auf dieser Grundlage ein Vertrag mit einer verpflichtenden Quote geschlossen werde könnte der Investor womöglich doch eine Klagerecht erhalten und der Baulandbeschluss rechtlich angegriffen werden, räumt Migenda ein.
Was bringt ein Beschluss, der nichts regelt?
Da der Baulandbeschluss jedoch rechtlich nicht normiert und eher vage formuliert sei ließen sich über die Erfolgschancen einer Klage keine allgemeinen Aussagen treffen.
Allerdings stelle sich damit die Frage, ob „die angestrebten Zielsetzungen mit einer geringen Anzahl von Regelungen überhaupt erreicht werden können“, führt Migenda aus. Und weiter: „Wenn in einem Beschluss praktisch nichts geregelt wird, dann stellt sich die Frage, ob und wozu eine Kommune einen Baulandbeschluss überhaupt braucht.“
Der Stadtrat habe mit dem Baulandbeschluss der Verwaltung aber auch den Auftrag erteilt, einen Arbeitsprozess zur Operationalisierung des Beschlusses zu erarbeiten und zur Abstimmung vorzulegen. Das öffne der Verwaltung einen Weg, weitere Vorschläge zur Ergänzung des Beschlusses zu formulieren, und dann doch noch eine höhere Regelungsdichte zu erreichen.
Grüne und SPD begrüßen Klarstellung
Für die Grünen und SPD ist das Ergebnis der rechtlichen Prüfung eindeutig: „Die 30% Quote steht und kann angewendet werden“, heißt es in einer Stellungnahme. Sie hätten „in dieser hart geführten Debatte gemeinsam mit Bürgermeister Frank Stein einen klaren Standpunkt vertreten“: mit dem Beschluss werde „einer der wenigen Hebel der Lokalpolitik“ gezogen, um auf den „in Bergisch Gladbach aus den Fugen geratenen Wohnungsmarkt einzuwirken“. Mit „Zuschauen und politischem Nichthandeln“ könne die Krise auf dem Wohnungsmarkt nicht gelöst werden.
Theresia Meinhardt, Fraktionsvorsitzende, der Grünen erklärt: „Wir freuen uns sehr über diese rechtliche Klarstellung. Für uns war immer klar, diese Quote ist dringend geboten, um den Wohnungsmarkt ein kleines Stück gerechter gestalten zu können. Die letzten größeren Wohnbauprojekte sind in Bergisch Gladbach fast ohne sozial geförderte Wohnungen genehmigt worden. Auf dem Kalköfen Gelände entstehen leider nur 21 geförderte Wohnungen – von 168 – was einer Quote von nur 12,5 % entspricht. Auf dem ehemaligen Steinbüchelgelände (Stadtquartier 13) ist keine einzige der 168 Wohnungen sozial gefördert.
Der Bauboom der letzten Jahre konzentrierte sich viel zu einseitig auf den hochpreisigen Wohnungsmarkt. Ohne politische Steuerung wird sich hieran nichts ändern. Es ist höchste Zeit, dass wir bei den wenigen Flächen, wo die Stadt über Bebauungspläne Ziele definieren kann, dies auch tun.“
Klaus W. Waldschmidt (Fraktionschef SPD) ergänzt: „Die Wohnungssituation für Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen wird immer prekärer. In weniger als einem Jahrzehnt fallen in Bergisch Gladbach mehr als die Hälfte der Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung. Nach der Modellrechnung der NRW.Bank wird sich in unserer Stadt der Bestand preisgebundener Mietwohnungen von 1.764 im Jahre 2021 auf 880 im Jahre 2030 reduzieren. Die sogenannten Kräfte des freien Marktes haben bei der Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungsschichten völlig versagt. Unser Sozialstaat darf dieser Entwicklung nicht weiter tatenlos zusehen, sondern muss sich seiner Verantwortung stellen. Deshalb ist beschlossene und nach rechtlicher Klarstellung umsetzbare 30%-Quote mir so wichtig.“