Als zweite Kirche im ganzen Erzbistum ist die Herz-Jesu-Kirche in Schildgen mit einer Photovoltaik-Anlage bestückt worden. Die Gemeinde will damit einen „Leuchtturm“ setzen, für Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung. Ausgerechnet auf der von Gottfried Böhm gebauten Kirche – und beweist so nebenbei, dass Solarstrom auch auf denkmalgeschützen Gebäuden möglich ist.

Leuchttürme sind gemeinhin weit sichtbar, doch den neuen Leuchtturm der Katholischen Kirchengemeinde Herz Jesu in Schildgen zeichnet aus, dass er nicht sichtbar ist. Genau das war die Voraussetzung dafür, dass die Architektenfamilie Böhm und der Denkmalschutz die Zustimmung gaben, einen Teil des Dachs der geschützten Kirche mit Solarmodulen zu belegen.

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Unsichtbar, aber dennoch soll dieses Projekt ausstrahlen: „Wir wollen als Kirche vor Ort zeigen, dass wir in Zeiten der spürbaren Klimaveränderung Verantwortung übernehmen und aktiv werden“, sagt Pfarrer Wilhelm Darscheid. Als engagierte Christen wolle die Gemeinde nicht in Hoffnungslosigkeit verfallen, sondern einen eigenen kleinen Beitrag leisten – „für das Klima, für die Gesellschaft und für unsere Nachkommen“.

Das Engagement für die Solaranlage kam tatsächlich aus dem ehrenamtlichen Gemeindevorstand, in Person von Achim Rieks und Rolf Büchel und einigen Mitstreitern, die bereits vor mehr als zwei Jahren erste Pläne schmiedeten.

Wohl wissend, dass die Herz-Jesu-Kirche, die von Gottfried Böhm entworfen und 1960 fertig gestellt worden war, eine besondere Kirche ist und unter Denkmalschutz steht. Was eigentlich lange Zeit als Ausschlusskriterium für Photovoltaik-Anlagen galt.

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Gottfried Böhm: Der alte Mann und die Kirche

Mit 99 Jahren erinnert sich Gottfried Böhm noch gut an die Herz Jesu Kirche. In der Serie „Schildgen wie es war“ erzählt der Jahrhundert-Architekt, wie er auf die Idee mit den Türmen kam, was die Kirche für Schildgen bedeutet – und dass sie eine seiner liebsten ist.

Die Schildgener fanden aber im Erzbistum Köln Unterstützung, im Fachbereich Schöpfungsverantwortung mit eigenen Umweltbeauftragten und Energie-Experten. Gemeinsam wurde ein Konzept entworfen und sowohl den Denkmalschutzbehörden als auch der Böhm-Familie vorgestellt.

„Absolutes Kriterium war, dass von unten nichts zu sehen ist“, berichtet Achim Rieks. Daher installierte das Projektteam ein paar Dummy-Panele auf dem Dach, machte Drohnenaufnahmen und überzeugte damit auch die Skeptiker. Das gelang auch deshalb relativ leicht, weil das Flachdach der Kirche von einer 50 cm hohen Brüstung umfasst ist – die Solaranlage kann man tatsächlich nur aus dem Flugzeug oder Fesselballon sehen.

Belegt worden ist nur ein Teil der Dachfläche, die nach Süden hin ausgerichtet ist und einen optimalen Ertrag liefert, berichtet Philipp Weingarten, der das Projekt für das Erzbistum begleitet. Auch für das Erzbistum sei die Herz Jesu Kirche, zusammen mit einer Kirche in Zülpich, ein echtes Pionierprojekt. Zwar seien schon einige Gebäude im Eigentum des Erzbistums mit PV belegt worden, aber keine weiteren Kirchen.

Die Männer hinter dem Projekt, im Innenhof der Herz Jesu-Kirche: Philipp Weingarten, Rolf Büchel, Wilhelm Darscheid und Achim Rieks

Großer Teil des Stroms wird abgegeben

Installiert worden sind 58 Module mit jeweils 410 Watt auf rund der Hälfte der 600 Quadratmeter Dachfläche, insgesamt kann eine maximale Leistung von 23,8 KWp produziert worden. Rund ein Viertel davon werden direkt in der Kirche und im Pfarrsaal verbraucht, der Rest ins Netz eingespeist.

Das insgesamt rund 50.000 Euro teure Projekt sei zwar wirtschaftlich kalkuliert und trage sich über 20 Jahre gerechnet selbst, sei ab nicht auf einen maximalen wirtschaftlichen Ertrag hin optimiert worden, erläutert Weingarten.

Es gehe der Gemeinde ja nicht um einen ökonomischen Vorteil, ergänzt Pfarrer Darscheid, sondern darum, einen möglichst großen Beitrag für Klimaschutz zu leisten und einen Impuls für die Nachahmung zu setzen. Daher habe man kein Problem damit, dass große Teil des Stroms gegen ein nur sehr geringes Entgelt in das allgemeine Netz fließt.

Die Kirche kann mit der Anlage rund die Hälfte ihres eigenen Strombedarfs decken und muss nur zukaufen, wenn die Sonne nicht scheint. Im nächsten Schritt wäre es möglich, die bislang mit Gas betriebene Heizung der Kirche auf eine elektrische Sitzbank-Heizung umzustellen, sagt Weingarten, das sei bislang aber noch nicht konkret angedacht.

Denkbar wäre es auch, künftig Wallboxen für Elektroautos auf dem Parkplatz der Kirche zu installieren, und so den Solarstrom an die Stadtgesellschaft abzugeben, sagt Rieks. Räumt aber auch ein, dass dafür einige schwierige (steuer-)rechtliche Fragen zu klären sind.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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7 Kommentare

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  1. Ich frage mich, warum Obi, Lidl, Aldi, Edeka und andere Discounter oder das LoewenCenter bzw. die Eigentümer dieser Gebäude mit ihren riesigen Dachflächen hier nicht wegweisend vorangegangen sind. Auf google earth konnte ich in B-GL von oben zumindest nichts dergleichen erkennen.
    Diese großen, asphaltierten Parkplätze könnten auch klüger genutzt werden z.B. durch überbauen mit Solaranlagen.

    1. Hallo Rita,
      die Aldifilialen in Bergisch Gladbach haben fast alle (bis auf Bensberg-Zentrum) Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Auch deutschlandweit ist Aldi anderen Unternehmen sehr weit voraus. Obi hat sehr schnell zumindest so gehandelt, dass die Beleuchtung in den Innenräumen (auch der Verkaufsfläche) sehr stark reduziert wurde. Wenn alle Unternehmen so handeln würden wäre schon viel getan. Obi ist meist Mieter der Objekte, kann keine Photovoltaikanlagen auf den Dächern installieren.
      Aber Bäckereien (die ja so arg gebeutelt sind durch die hohen Strompreise) haben selten mal eine Anlage auf dem Dach installiert. Da ist noch Ausbaupotential auf den Betriebsgebäuden.

      1. Was bringt des dem Bäcker in der Nacht, eine PV Anlage auf dem Dach zu haben? Wäre nichts anderes als eine Investition, die er auch woanders tätigen könnte.
        Und genau da ist das Problem. Die Firmen sehen es als Investition und Marketing und da zählt eben das Ergebnis am Ende, nicht der Umweltschutz.

      2. Der Bäcker backt mittlerweile auch tagsüber Brötchen auf, der Kunde will sie ja ganz frisch haben. Es gibt zwischenzeitlich sogar Bäcker die arbeiten fast nur noch über Tag (u.a. auch da sie für die Nachtarbeit kein Personal mehr finden).
        Ich stimme Ihnen zu, dem Bäcker zählt am Ende das Ergebnis. Und das kann er durch Investition in den Umweltschutz für sich verbessern.

      3. „Mieter der Objekte, kann keine Photovoltaikanlagen auf den Dächern installieren“.
        Die Mieter müssen die Eigentümer natürlich um Einverständnis bitten!
        Was könnten die Eigentümer dagegen einzuwenden haben, wenn ihre Mieter Photovoltaikanlagen auf den Dächern installieren möchten? Solche Investitionen können die Mieter ebenso wie Vermieter vollständig abschreiben/ steuerlich geltend machen.

      4. Es soll sogar Vermieter geben, die die Installation eines Balkonkraftwerks vermietet. Der Gesetzgeber ist gerade dran, dass neu zu regeln. Und damit wird nicht in die Bausubstanz eingegriffen.

        Die Installation auf einem Dach bedeutet, dass die Abdeckung durch die Photovoltaikanlage Schaden nehmen kann. Den Rechtsstreit, wodurch dann der Schaden – Undichtigkeit, Wassereintritt in die Verkaufsräume und damit verbundene Haftungsfragen – entstanden ist, wird kein Vermieter eingehen wollen. Es ist im Mietrecht (privat, aber auch gewerblich) nicht immer alles so einfach.

  2. Das ist ein tolles, Mut machendes Projekt. Danke an alle Beteiligten für die Vision und die Beharrlichkeit zur Umsetzung.
    Ich freue mich, in so einem kreativen Stadtteil zu wohnen.