Kinderärztin Uta Römer. Foto: privat

Viele Eltern denken mit Sorge an die kommenden Monate. Auf welche Infekte müssen Familien sich in diesem Herbst und Winter einstellen? Wie sind diese zu erkennen? Welche Symptome lassen sich selbst behandeln – und wann heißt es: Ab zum Arzt? Kinderärztin Uta Römer beantwortet alle Fragen in ihrer Kolumne.

Seit Anfang des Jahres hört die Infektwelle nicht auf: Coronainfektionen, normale Virusinfekte, Scharlach und andere bakterielle Infektionen. Dazu kommt erneut die Aussicht auf fehlende Medikamente. Kein Wunder, dass viele Eltern und auch Kinderärzte  mit Sorge auf den Winter blicken.

Als Mutter und Kinderärztin rate ich Ihnen: Bewahren Sie Ruhe und hören Sie auf Ihr Bauchgefühl – Sie kennen Ihr Kind am besten und merken, wenn Sie dringend medizinische Hilfe benötigen.

Was kann man selbst tun?

Viele Eltern sind in Sorge, wenn ihr Kind  Fieber (Temperaturen ab 38 Grad) bekommt. Fieber ist aber eine normale Reaktion des Körpers, um sich gegen Krankheitserreger zu wehren. Wenn Sie Medikamente (Ibuprofen und Paracetamol) vorrätig haben, senken Sie erst einmal das Fieber (und behandeln damit auch eventuelle Schmerzen), dann beobachten Sie ihr Kind.

Solange Ihr Kind gut drauf ist und das Fieber sich problemlos senken lässt, handelt es sich meist um einen einfachen Virusinfekt. Ruhe, Schonung (kein Kindergarten oder Schule) und vitaminreiche Kost sind häufig schon ausreichend, um den kleinen Patienten nach einigen Tagen wieder fit zu machen.

Ein Klassiker: tagelang laufende Nase, dann starke Ohrenschmerzen mitten in der Nacht (mit oder ohne Fieber). Geben Sie erst einmal Schmerzmittel, Nasentropfen und setzen den kleinen Patienten aufrecht hin. Werden die Beschwerden besser, reicht ein Arztbesuch am nächsten Morgen.

Bei Reizhusten helfen manchmal schon abschwellende Nasentropfen und frische Luft. Achten Sie außerdem auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr.

Was gehört in die Hausapotheke?

  • ein Schmerzsaft (Ibuprofen oder Paracetamol)
  • abschwellende Nasentropfen 

Wann benötigen Sie ärztliche Hilfe?

Sollten z.B. nicht senkbares Fieber, Luftnot, ein auffällig schlechter Allgemeinzustand, dauerndes Erbrechen oder starke Kopfschmerzen auftreten, suchen Sie bitte Ihren Kinderarzt auf, melden sich außerhalb der Sprechstunden telefonisch bei der 116 117 oder rufen notfalls auch den Notarzt unter 112.

Säuglinge unter drei Monaten mit z.B. Fieber stellen Sie bitte immer einem Kinderarzt vor!

Typische Erkrankungen, die einen Arztbesuch nötig machen:

Scharlach – eine bakterielle Infektion mit Streptokokken-Erregern der Klasse A – grassiert seit Januar in Deutschland außergewöhnlich häufig. Typische Symptome sind:

  • ein starkes Krankheitsgefühl
  • Kopfschmerzen
  • Bauchschmerzen
  • eventuell Hautausschlag
  • die Temperatur kann nur um die 38 Grad liegen
  • die Lymphknoten im Kieferwinkel sind geschwollen
  • der Hals tut weh – die klassischen Schmerzmittel helfen oft nicht

Sicherheit gibt hier ein Rachenabstrich im Rahmen der ärztlichen Untersuchung. Das Ergebnis dauert nur zehn Minuten. Unter einer antibiotischen Therapie geht es den Erkrankten nach kurzer Zeit besser (ohne diese ist man zehn Tage ansteckend).

Corona, Influenza und RSV – Mit dem herannahenden Winter ist auch Corona wieder da, die Influenza-Saison kommt, und besonders die Eltern von Säuglingen fürchten sich vor einer erneuten RSV-Welle.

Bei diesen drei Infektionserkrankungen handelt es sich um Virusinfektionen  die u.a. besonders mit Symptomen des Bronchialsystems auffallen können. Mögliche Symptome sind z.B.:

  • ein bellender, ziehender Husten – der Pseudokrupp als Entzündung des Kehlkopfes
  • und/oder schnelle Atmung und ein pfeifendes Atemgeräusch bei der Ausatmung, das man oft schon ohne Stethoskop hört – ein Infektasthma als Entzündung der kleinen Atemwege bzw. Bronchien
  • Fieber, schlechter Allgemeinzustand, Kopfschmerzen

Diese Infektionen können zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut führen, einhergehend mit einer sehr schnellen Atmung, Husten, schlechtem Allgemeinzustand, Blässe und starker Angst im Rahmen von Luftnot.

Medikamente, die zur Verfügung stehen, um die Luftnot zu verringern und die Atmung zu stabilisieren, sind Cortison und Asthmapräparate als Inhalationen. Diese Medikamente erhält man bei der notfallmäßigen Versorgung durch den Kinderarzt oder Notarzt und kann diese dann zu Hause weiter verabreichen, bis es dem Kind wieder besser geht.

Medikamente zur Fiebersenkung sollten und können nach Gebrauchsanweisung zusätzlich gegeben werden.

Bei sehr kleinen Säuglingen und schwerer Infektion hilft manchmal nur noch die Gabe von Sauerstoff im Rahmen eines stationären Klinikaufenthaltes, da diese auf die erkömmlichen Notfallmedikamente nicht ausreichend gut ansprechen können.

Bei Kindern mit wiederkehrendem Pseudokrupp oder Infektasthma wären Cortisonpräparate und Medikamente zur Inhalationstherapie auch in der Hausapotheke zu bevorraten.

Vorbereitung auf den Winter

Wer bereits Erfahrungen mit Pseudokrupp und Co. gesammelt hat, sollte sich rechtzeitig die notwendigen Medikamente in die Hausapotheke legen, denn Lieferengpässe sind auch diesen Winter nicht ausgeschlossen.

Grundsätzlich soll das Immunsystem arbeiten dürfen, dann bleibt es fit. Aber manchmal sind es dann doch zu viele Infekte für die Kleinen – besonders für die Kindergartenanfänger. Hier helfen vitaminreiche Kost, Auszeiten zur Erholung und Impfungen, die das Immunsystem auf die Infekte vorbereiten.

Auch Masken tragen und Abstand halten können durchaus sinnvoll sein, um im Winter nicht jeden Infekt mitzunehmen und um die anderen zu schützen. Besonders die Kleinsten danken es uns.

Impfungen

Die Coronaimpfstoffe sind aktuell von der EMA zugelassen, laut Stiko sollten aber Kinder nur im Rahmen von schweren Grunderkrankungen geimpft werden.

Dasselbe gilt für die Influenzaimpfung – zugelassen ab dem sechsten Lebensmonat. Jeder sollte das individuelle Risiko abwägen und die Grippeimpfung mit der Kinderarztpraxis besprechen.

Gegen RSV-Viren steht ab diesem Jahr eine Impfung für Personen ab 60 Jahre zur Verfügung. Leider ist sie für Säuglinge noch nicht zugelassen. Die können wir im Moment nur vor Ansteckung schützen und abschirmen. Für Frühgeborene unter sechs Monate, die vor der 29. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen sind, empfiehlt die Stiko die Gabe von Immunglobulinen (passive Immunisierung – alle 4  Wochen eine Spritze in den Monaten September bis April).

Gegen bakterielle Infektionen helfen Impfungen gegen Pneumokokken, Meningokokken und Hämophilus influenza. Die meisten Kinder erhalten diesen Schutz im Rahmen der Grundimmunisierung gemäß Stiko in den ersten beiden Lebensjahren.

Impfstoffe gegen Meningokokken B und  Meningokokken ACWY stehen zusätzlich zu den bisher geltenden Stikoempfehlungen zur Verfügung. Im Rahmen von Reiseimpfungen oder abhängig von der individuellen Situation werden diese von den Krankenkassen zum Teil übernommen oder als Igelleistung angeboten.

Diese Schutzimpfungen gegen bakterielle Hirnhautentzündungen sind für unsere Kinder auch ohne Auslandsreise sehr sinnvoll. Die entsprechende Empfehlung der Stiko wird von den Kinderärzten dringend erwartet. Lassen Sie sich dazu in der Praxis beraten.

Bleiben Sie gesund!!

Ihre Uta Römer

Mehr Informationen auf der Webseite meiner Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin in Refrath


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Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Sie hat eine Praxis in Refrath.

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