Die Caritas-Kita Ferrenberg hatte bereits im Dezember auf ihre Notlage hingewiesen.

Beim Ausbau der Kitas und OGS kommt Bergisch Gladbach voran, ist aber noch lange nicht am Ziel. Das wurde im Jugendhilfeausschuss mehrfach deutlich. Bei der Finanzierung hilft die Stadt den freien Kita-Trägern aus, der Fachkräftemangel wird zum immer größeren Problem – und bei der Qualität der OGS gehen die Meinungen weit auseinander. Alle wichtigen Themen und Entscheidungen in der Zusammenfassung.

Bei der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am Donnerstag wurde es voll im Ratssaal: Rund 30 Mütter, Väter und Großeltern aus den Caritas-Kitas waren gekommen, zum Teil mit kleinen Kindern und einem Kita-Hund. Sie wollten sich anhören, was Verwaltung und Politik zu ihren Belangen zu sagen haben. Es war eine Menge, Gutes wie Schlechtes.

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Wir fassen die wichtigsten Themen und Ergebnisse im Schnelldurchgang zusammen. Soviel vorab: alle Entscheidungen fielen einstimmig. Nicht zuletzt, weil der Jugendhilfeausschuss anders zusammengesetzt ist als andere Fachausschüsse: neben den Fraktionen haben hier auch die freien Träger der Jugendhilfe Sitz und Stimme. Parteipolitik bleibt weitgehend außen vor.

Der Fachkräftemangel überlagert alles und werde in den kommenden Jahren viele Dinge in Frage stellen, darauf wies Frank Köchling, Geschäftsführer der Katholischen Erziehungsberatung, gleich zum Einstieg hin. Die AG der Jugendhilfeträger plane eine Zukunftswerkstatt, um darüber nachzudenken, was in Zukunft noch geht – und was nicht. Daran werde sich auch das Jugendamt beteiligen, betonte Fachbereichsleiterin Sabine Hellwig, denn der Fachkräftemangel betreffe alle: vom Jugendamt selbst bis hinein in jede Einrichtung der Jugendhilfe.

Ein Großvater und eine Großmutter hatten sich beim Jugendamt beschwert, die Stadt würde Eltern über die Kita-Abgaben „abzocken“, mit Verweis auf eine Studie des IW, wonach in Bergisch Gladbach mit 1200 Euro die höchsten monatlichen Beiträge fällig würden. Das sei aber nur dann der Fall, wenn man über 200.000 Euro verdiene und ein Kind unter zwei Jahre in Vollzeit in eine Kita gebe, sagte Hellwig. Der Beigeordnete Ragnar Migenda ergänzte, dass die Beitragshöhe sozial gerecht gestaffelt worden sei; Einkommen bis 40.000 Euro sind freigestellt. Hintergrund

Einkommensstatistik: In die Gruppe bis 40.000 Euro fallen 2091 der insgesamt 5527 erfassten Eltern, immerhin 190 Eltern erzielen ein Einkommen von mehr als 200.000 Euro netto. Das geht aus einem ersten Erfahrungsbericht zur Umstellung der Kita-Beiträge hervor. Ratsinfosystem

Für eine weitere Kita gibt es auf dem Weig-Gelände am Randes des Zanders-Areals nicht genug Platz, teilte Migenda mit. Das sei im Zusammenhang mit dem geplanten Bau der Grundschule 21 geprüft worden, leider mit negativem Ergebnis.

Die Planung der Kita-Plätze für das neue Jahr wurde vom Ausschuss nicht weiter diskutiert, die Grünen werteten das Ausbauprogramm (s.u.) als Beleg, „dass sich etwas bewegt in der Stadt“.

Zur Erinnerung: Die Stadt plant für 2024 /2025 insgesamt 4312 Kita-Plätze, knapp 300 mehr als noch ein Jahr zuvor. Die Zahl der benötigten Plätze geht leicht zurück. Unter dem Strich fehlen im Plan über die gesamte Stadt hinweg nur noch 36 Plätze, statt wie im Vorjahr mehr als 400. Dennoch kann die Stadt den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz nicht für alle Altersgruppen und alle Stadtteile erfüllen.

Details dazu in diesen aktuellen Beiträgen:

Stadt sieht Fortschritte beim Kita-Ausbau

In Sachen Kita befindet sich Bergisch Gladbach „auf einem guten Weg“ betonen Bürgermeister Frank Stein und der Beigeordnete Ragnar Migenda. Das geplante Defizit an Kita-Plätzen geht zurück, auch die Zahl der suchenden Familien sinkt. Die Kita Mondsröttchen wird bald fertig, vier weitere Kitas sollen bis Mitte 2025 folgen. Aber Defizite bleiben – und auf die großen strukturellen Probleme hat die Stadt kaum Einfluss.

Keine Entwarnung bei den Kita-Plätzen – im Gegenteil

Die Zahl der Kita-Plätze in Bergisch Gladbach wächst, das Defizit schließt sich perspektivisch. Allerdings nur auf dem Papier – denn die geplanten neuen Kitas sind noch nicht fertig. Zudem wirkt sich der Fachkräftemangel noch stärker als bisher. Daher rechnet die Stadtverwaltung mit weiteren Klagen von Eltern und sieht dringenden Handlungsbedarf.

Die Kita-Planung wurde einstimmig beschlossen.

Die künftige Kita an der Odenthaler Straße (geplant für 2026) ist nicht ausschließlich für Kinder mit Autismus-Spektrumstörungen vorgesehen, stellte Jugendhilfeplanerin Julia Austermühle auf Nachfrage klar. Die Kita sei für alle Kinder offen, es werde aber ein Kompetenzzentrum für Autismus angegliedert, das wiederum für alle Einrichtungen in der Stadt zur Verfügung stehen soll. Hintergrund

Im Rahmen des Kita-Ausbauprogramms stellte die Schulbaugesellschaft Details zu den ersten vier Kitas in Sand, Innenstadt, Schildgen und Lückerath (Fertigstellung 2025) vor. Diese Kitas werden in Form von vorgefertigten Modulen in Holzständer-Bauweise gebaut. Dafür hat die Schulbau GmbH mit dem Anbieter Standardmodule entwickelt, die für jeden Standort individuell zusammengesetzt werden.

Die Kita-Ausbaupläne im Detail

Sofortkita Innenstadt

An der Jakobstraße hinter dem Bahnhof in der Innenstadt ist die alten Flüchtlingsunterkünfte freigezogen worden und wird jetzt abgerissen. Auf dem 3800 qm großen Grundstück wird eine vierzügige Kita mit rund 70 Plätzen gebaut, später ist dort auch ein Spielplatz vorgesehen. Fertigstellung ist für Juni 2025 geplant.

Sofortkita Schildgen

Am Nittumer Weg in Schildgen liegt ein städtisches Grundstück mit 940 qm, das zur Zeit als Parkplatz genutzt wird. Hier entsteht eine dreizügige Kita mit rund 50 Plätzen; die Parkplätze fallen weg, ein Teil der Fläche wird entsiegelt. Fertigstellung: Mai 2025

Sofortkita Sand

An der Schulstraße in Sand, neben dem Friedhof und hinter dem Schotterparkplatz, wird eine Wiese bebaut, die als Reservefläche für den Friedhof vorgesehen war. Das Grundstück mit 1700 qm reicht ebenfalls für eine vierzügige Kita mit weiteren 70 Plätzen. Fertigstellung: März 2025

Sofortkita Lena-Wiese / Am Fürstenbrünnchen

Für den Bau einer Kita am Rand der Bienen- und Blumenwiese am Lückerather Anger an der Straße „Am Fürstenbrünnchen“ hatte es schon 2020 einen Beschluss gegeben, der nach der Kommunalwahl zurückgestellt worden war. Im September 2023 setzte die CDU durch, diesen Standort ebenfalls im Sofort-Kita-Programm voran zu treiben. Fertigstellung: April 2025

Weitere Sofortkita (noch offen)

Der Standort einer möglichen weiteren Sofortkita ist noch offen, ein Grundstück im Bereich Moitzfeld / Bensberg / Lückerath werde geprüft, hatte die Stadt im Juni 2023 erklärt.

AWO-Kita Mondsröttchen / Am Reiser (Lückerath)

Die vierzügigen Kita Mondsröttchen mit 90 Plätzen befindet sich bereits in Bau und soll laut Planung ab dem 1.8.2024 schrittweise in Betrieb gehen. 

Kita auf dem Carpark-Gelände (Lückerath)

Auf dem ehemaligen Areal der belgischen Armee an der Bensberger Straße in Lückerath soll nun doch eine große Kita gebaut werden, auf der Grünfläche zwischen Flüchtlingsunterkunft und dem Seniorenwohnheim. Dazu müssen zunächst der Flächennutzungs- und der Bebauungsplan geändert werden.

Kita mit Kompetenzzentrum Autismusspektrum-Störungen (Hebborn)

Diese Kita, ebenfalls von der AWO betrieben, soll auf dem brachliegenden Grundstück gegenüber der Grundschule Hebborn an der Odenthaler Straße entstehen, die Ausschreibung steht bevor.

Kita Weig-Gelände (Zanders-Areal)

Auf dem Gelände der ehemaligen Weig-Kartonagenfabrik am Rande des Zanders Areals an der Cederwaldstraße soll parallel zur einer Grundschule 21 auch eine Kita mit 90 Plätzen gebaut werden, hatte der Jugendhilfeauschuss im Mai 2023 beschlossen. Eine erste Untersuchung ergab jetzt jedoch, dass der Platz dafür nicht ausreicht.

Visualiserungen zeigen sehr helle und offene Räume, auch die Flure sollen als Bewegungsflächen genutzt werden können, die Außenanlagen werden bereits jetzt mitgeplant. Die Fassaden sollen mit extrem langlebigen Holzschindeln bedeckt werden, Gründächer und Photovoltaik seien selbstverständlich.

Die Stadt entlastet die freien Träger finanziell, indem sie die Anteile, die die Träger eigentlich selbst stemmen müssten, im kommenden Kitajahr in Höhe von 780.000 Euro übernimmt. Das hatte die Verwaltung auf Antrag von CDU, FDP und FWG vorgeschlagen, der Jugendhilfeausschuss stimmte einstimmig zu. Details zum Antrag und zur Berechnung im Ratsinfosystem.

Die Ergebnisse der Elternbefragung zum Bedarf an Kinderbetreuung legte die Verwaltung schriftlich und sehr detailliert vor. Dazu gab es im Ausschuss weder Fragen noch eine Diskussion. Die Auswertung ist im Ratsinfosystem zu finden.

Maximal 3351 OGS-Plätze sieht die Planung für 2024 / 2025 vor, 140 mehr als im laufenden Jahr. Die Versorgungsquote liegt im gesamten Stadtgebiet bei 76 Prozent, damit ist Bergisch Gladbach nach Einschätzung der Verwaltung relativ gut aufgestellt. In vielen Grundschulen fehle es jedoch an Räumen. Bis 2028/29, wenn der Rechtsanspruch auf eine OGS-Platz für alle Klassen gilt, soll es laut Plaung 3850 OGS-Plätze geben. Mehr dazu im Ratsinfosystem

Zum Schluss der Sitzung ging es dann noch einmal um die Qualität der OGS. Martin Schäfer von der Katholischen Jugendagentur wies daraufhin, dass der Offene Ganztag insgesamt viel zu wenig beachtet werde. Die Finanzierung der Träger reiche nicht aus, die Raumbedingungen seien zum Teil katastrophal, der Mangel an Fachkräften eklatant. „Die Mitarbeiter dort machen den härtesten Job überhaupt“, brachte es Schäfer auf den Punkt. Daher müsse auch die Politik bei der OGS viel mehr hinschauen und für Verbesserungen sorgen.

Dem widersprach der Beigeordnete Migenda. Natürlich gebe es eine Lücke zwischen dem, was wünschenswert und dem, was machbar sei. Er habe sich viele OGS angeschaut, „und insgesamt finde ich das gar nicht so schlecht“, befand Migenda.

Das wiederum wollte Anne Skribbe als Vertreterin des Inklusionsbeirats, nicht stehen lassen. Tatsächlich sei die (Über-)Belastung der Mitarbeitenden so groß, dass viele Kinder abgewiesen oder von ihren Eltern wieder abgemeldet werden. Vor allem Kinder mit erhöhtem Förderbedarf würden so faktisch von der OGS ausgeschlossen.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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7 Kommentare

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  1. Vielleicht, indem die Stadt endlich die Dinge selbst mit einsteigt in den Betrieb von OGS und Kitas – mit fairer und transparenter Bezahlung, mit klaren Anreizen für Fachkräfte vor Ort. Und nicht mehr den prekären kirchlichen u. ä. Unternehmen das Feld überlässt.

    1. Hallo Oliver, schöner Gedanke, dass die Stadt Fachkräfte finden würde. Schauen Sie sich doch nur mal die Stellenangebote der Stadt Köln an. Dort ist der Personalmangel nicht minder gering.

      1. Die Aussichten werden nicht besser, nur weil man den billigen Arbeitgebern das Feld überlässt. Ohne Kreativität wird es nicht gehen. Aber da habe ich in GL leider wenig Hoffnung.

      2. Hallo Oliver, warum sind AWO, Caritas, …, Elterninitiativen billige Arbeitgeber? Zugegeben, Firmen-Kitas (bei denen nur die Kinder der Arbeitnehmer einen Platz bekommen) zahlen häufig höhere Gehälter für das Kita-Personal. Aber ansonsten ist das Einkommen bei den Arbeitgebern (kommunal, kirchlich, frei) vergleichbar hoch.

  2. Als ich damals in der Berufsschule war gab es ein Unternehmend-Planspiel.
    Es war ein Komplexes pC Programm bei dem man in Gruppenarbeit ein gesamtes Unternehmen am Markt führen musste
    Ich war der Gruppenleiter und alle haben sich auf mich verlassen.

    Am Ende wurden wir dennoch letzter mit einer anderen Gruppe
    Und das obwohl ich auf alles geachtet habe. Auch gute Bezahlung der Mitarbeiter, gute Preise, Gute Einkaufsmengen, Investitionen, Mengen usw.

    Was hat das nun mit Bergisch Gladbach zu tun ?
    Ganz einfach: Ich bin nach der Stunde zum Lehrer gegangen und habe gesagt wie kann es sein ? Schließlich war ich sonst sehr gut.

    Er meinte nur kurz und knapp:
    Du hast alles perfekt gemacht. Sogar besser als andere.
    Jeder aus meiner gruppe hat gute Arbeit geleistetm wir waren ein gutes Team.
    Aber ihr habt keine Werbung gemacht.
    Euer Marketingmix war geschlossen

    Vielleicht sollte die Stadt Anreize schaffen damit Fachkräfte hierher ziehen.
    Wohnungsbau, förderung der Kitas in Sachen ausbildung, Werbung für die Jobs, ÖPNV rund um die Kitas ausbauen , Grünflächen und schönheit der umgebung aufwerten

    1. Herr Flosbach, ich stimme ihnen mit einem Beispiel zu:
      Ein guter Bekannter, eine sehr gesuchte und hoch qualifizierte Fachkraft, ist von einem Headhunter auf eine interessante und gut dotierte Stelle in einem Unternehmen in GL angesprochen worden. Nach dem ersten Besuch in GL hat er die besser dotierte und perspektivisch aussichtsreichere Stelle dankend abgelehnt. Er bliebe lieber in Reutlingen, fahre lieber morgens 20 Minuten auf sicheren Radwegen zur Arbeit, gemeinsam mit seinen beiden Kindern, die ebenfalls auf sicheren Radwegen zur Schule fahren. Die Worte mit denen er die Situation hier in GL beschrieb sind sicherlich nicht als Lob für die bisherigen Stadtplanungen zu verstehen.
      Mich wundert es wirklich, warum die Unternehmerinnen und Unternehmer in GL so still sind und sich nicht stärker für eine lebenswertere Stadt einsetzen.
      In meiner Firma rumort es jedenfalls ordentlich weil uns der Fachkräftemangel ziemlich zusetzt und schon mehrere Absagen von Bewerbern, die auf die fehlende Attraktivität- bezieht auch die häufig ausfallende S11 ein – dieser Stadt zurückzuführen ist. Es kann doch nicht das einzige Qualitätsattribut von GL sein, nahe der Stadt Köln zu liegen!?

  3. Ist bekannt, ob bei den Planungen der erwähnten Kitas „vollwertige“ Küchen im Sinne von „man kann da richtig frisch kochen“ mit vorgesehen sind?
    Danke für eine Rückmeldung.