Eine Initiative geschichtsbewusster junger Menschen hat den Hindenburgplatz in Bensberg symbolisch umbenannt: Sie überklebte die Straßenschilder mit einem neuen Namen und erinnert damit zugleich an eine junge Frau, die vor 25 Jahren von einem rechtsextremen Serienmörder in Bergisch Gladbach umgebracht worden und weitgehend in Vergessenheit geraten war. Der Bürgermeister reagiert umgehend.

Der Hindenburgplatz und der benachbarte Deutsche Platz in Bensberg werden in den kommenden Monaten neu gestaltet, eine echte Debatte über die Namen und die dort versammelten Denkmäler kommt trotz der Impulse einiger Bürger nicht richtig in Gang.

Daher haben jetzt „ein paar junge Menschen aus Bergisch Gladbach“ die Initiative ergriffen und den Hindenburgplatz eigenmächtig und symbolisch in „Patricia-Wright-Straße“ umbenannt.

Der Hindenburgplatz und der Deutsche Platz liegen unmittelbar nebeneinander zwischen Gladbacher und Kölner Straße; siehe Karte unten

Damit fordere die „Erinnerungspolitische Initiative Bergisch Gladbach“ eine „kritische Auf- und Überarbeitung des deutschen Platzes und des Kriegerdenkmals“, heißt es in einer anonymen Mitteilung an das Bürgerportal.

Die Initiative macht zugleich auf Patricia Wright aufmerksam, die am 3. Februar 1996 in ihrer Wohnung in Hand durch den rechtsextremen Serienmörder Thomas Lemke brutalst vergewaltigt und ermordet worden war. Die 23-Jährige hatte sich mit einem „Nazis raus“-Sticker auf der Jacke positioniert.

Hinweis der Redaktion: 1996 hatten auch überregionale Medien berichtet (Spiegel, Welt). Vor kurzem gab es im „Lotta Magazin“ einen ausführlichen Rückblick 25 Jahre nach der Ermordung von Patricia Wright, mit einer Einordnung in die aktuelle Politik und Kritik der lokalen Berichterstattung.

Patricia Wright ist offiziell als Opfer rechtsextremer Gewalt anerkannt, es fehle aber „jegliches öffentliches Gedenken“ in Bergisch Gladbach, kritisiert die Initiative.

Im Zentrum der Aktion der „Erinnerungspolitischen Initiative“ steht jedoch die Auseinandersetzung mit der geschichtlichen Bedeutung von Hindenburg und der in Bensberg stehenden Kriegerdenkmäler.

Die Initiative greift eine Pressemitteilung der Stadt Bergisch Gladbach auf, die im Rahmen der Bürgerbeteiligung bei der Neugestaltung des Platzes Kinder aufgefordert hatte, für den dortigen Spielplatz unter dem Motto „internationales Spielen” Wünsche zu äußert.

Die Gruppe zitiert eine Mitstreiterin: „Eine Ausschreibung zum ‚internationalen Spielen‘ ist unerträglich, wenn dies im Schatten eines Denkmals für deutsche Täter stattfinden soll. ‚Treue um Treue‘ prankt noch immer auf der Säule am Deutschen Platz, obwohl dieser Spruch selbst von der Bundeswehr 2014 verboten wurde, da er mit den Fallschirmjägern der Wehrmacht assoziiert wird.“

Die Wahl des Namensgebers (Reichspräsident Paul von) Hindenburg wird kritisiert, weil er nicht nur „den Nationalsozialismus besiegelt“ habe, sondern auch „wie kein Zweiter für einen preußischen Militärkult steht, der völlig aus der Zeit gefallen ist“.

Bürgermeister Stein bietet Gespräch an, aber …

Bürgermeister Frank Stein reagierte schnell auf die Aktion. Die Initiative, an eine „historisch zwiespältige Person“ nicht mit einem Straßennamen zu erinnern, sei „sicherlich ehrenwert“. Allerdings sei die kontroverse Diskussion über den Hindenburgplatz im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt bereits 2013 ausführlich geführt worden.

Mit dem Ergebnis, den Namen beizubehalten, schreibt Stein in einer Stellungnahme. Den 40 Parteien, die unter diese Adresse gemeldet seien, sollte keine Adressänderung zugemutet werden. Parallel sei aber beschlossen worden, durch ein Zusatzschild auf den geschichtlichen Hintergrund zu verweisen.

Stein stellt auch klar, dass die Stadt eine eigenmächtige Umbenennung nicht hinnehmen könne und den aufgeklebten neuen Straßennamen entferne werde. Es stehe der Initiative frei, mit den Fraktionen Kontakt aufzunehmen oder selbst einen Antrag im Ausschuss für Anregungen und Beschwerden zu stellen.

Der Deutsche Platz ist die Grünfläche am westlichen Ende der Schlossstraße, zwischen Gladbacher und Kölner Straße. Der Hindenburgplatz schließt sich als Dreieck nach Süden an.

Open Street Map

Mehrfache Anläufe zu einer breiten Debatte

Über die Anträge der Linken im Stadtrat hinaus hatte es in der Bürgerschaft in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche gegeben, die Namensgebung zu problematisieren und zu diskutieren. Sie blieben jedoch ohne größere Resonanz.

Zuletzt hatte Klaus Hansen das Thema und die Behandlung durch die Stadt Bergisch Gladbach gründlich aufgearbeitet; zuvor hatte Engelbert M. Müller den Platz und die Denkmäler kritisch in Augenschein genommen.

Pflichtlektüre zum Thema

Was ist deutsch am Deutschen Platz?

Der Deutsche Platz und der Hindenburgplatz in Bensberg werden städtebaulich umgestaltet. Dabei soll „das historische Erbe bewahrt und Zukunft gestaltet“ werden. Dazu gehört aber mehr, als die Pflege von Hecken: Eine Auseinandersetzung mit den Namen und dem Erbe von 1930 ist überfällig. Eine Schülerin und einige andere haben gute Ansätze geliefert, jetzt muss etwas geschehen!

Deutscher Platz oder Hindenburgplatz? Eine Ortsbegehung

Durch den Start der Bürgerbeteiligung zur Gestaltung der Grünanlage in Bensberg sind der Deutsche Platz und der Hindenburgplatz für viele zum ersten Mal ins Bewusstsein gerückt. Unser Autor war in Bensberg vor Ort, hat die beiden Plätze in Augenschein genommen, Passanten befragt – und ein zweites „Helden“-Denkmal entdeckt.

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des Bürgerportals. Kontakt: info@in-gl.de

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17 Kommentare

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  1. Wie ich einigen Kommentatoren entnehmen kann, haben sie nicht richtig die historische Einordnung der Person Hindenburgs gelesen. Klaus Hansen hat sehr akribisch die Hintergründe zu den Namen „Deutscher Platz“ und „Hindenburgplatz“ dargestellt. In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, die Texte hinter dem QR-Code an den Schildern zu lesen. Da braucht es schon mehr Informationen und Hintergründe.

    Es ist wirklich an der Zeit, eine inhaltliche Auseinandersetzung zuzulassen und sie nicht mit Plattitüden abzutun. Eine inhaltliche Neugestaltung steht vor der formal-ästhetischen Veränderung. Und da die Plätze aneinandergrenzen wäre der ursprüngliche Name „Friedensplatz“ für beide Plätze eine gute Lösung.

    Wenn der Bürgermeister und der Stadtrat das Thema Bürgerbeteiligung ernst meinen, dann sollten sie das kundtun, indem sie Bürgervorschläge zur inhaltlichen und formalen Neugestaltung digital sammeln.

    Ein Herausreden mit dem Zitieren des Arguments „Das wollen die Anwohner nicht“ reicht nicht. Vielleicht wäre hier eher der Versuch angebracht, die Anwohner mit Informationen über die Rolle Hindenburgs in der deutschen Geschichte zu informieren.

    Der Versuch, das Schild zu überkleben und einen Namen zu präsentieren ist provokativ, aber sehr wirkungsvoll. Ziviler Ungehorsam, den die jungen Leute hier praktizieren, ist verständlich. Wir sollten sie unterstützen!

    Und die Überschrift in dem Stadtanzeigerartikel „Die neue Diskussion um den Hindenburgplatz“ ist eine alte Diskussion. Es ist an der Zeit, die immer wieder neu aufflammende Diskussion zu diesem Thema in einem Bürgerantrag zu formulieren, wie es Klaus Hansen am 10.12.2020 an den Bürgermeister und die Fraktionen im Stadtrat getan hat.

  2. Das einzig Negative an diesem Platz ist , ist die mangelhafte Nutzung der Freifläche. Er hätte schon lange besser genutzt werden können. Und es wäre sinnvoll die angrenzende Rasenfläche ein zu beziehen. Die Namensänderung halte ich nicht für sinnvoll. Der Namen Hindenburg bleibt mit unserer Geschichte verbunden auch wenn wer durch einen anderen ersetzt wird. Wie man zu dem Teil der Geschichte unseres Landes steht, ist doch jedem selbst überlassen.

  3. Frau Kleinert, was bedeutet der Ausspruch „Wer hätte das gedacht.“? Bensberg als schläfriger Stadtteil, der ohnehin nichts auf die Reihe bekommt? Da fallen mir andere ein, die ich aber so nicht bezeichnen würde. Vielleicht wird sich das ja auch mit den neuen Ratsmitgliedern, die für Bensberg in den Wahlkampf gingen, ändern. Wir hatten vorher keine so eifrige Kämpfer wie es die neue FWG für Paffrath und Schildgen ist.

  4. Das Echauffieren einzelner über die Kosten für den Steuerzahler und den Verlust der eigenen Identität ist wirklich ein trauriges Beispiel, wie Solidarität und die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit in unserer Gesellschaft teilweise gelebt wird.
    Es wird sich tatsächlich aufgeregt, dass Menschen einer jungen Frau gedenken, die sich gegen die Greueltataten der Nazidiktatur positioniert hat und dafür von eben einem solchen Ermordet wurde.
    Es wird sich weiter darüber aufgeregt, dass man den Ort entfernen könnte, an dem man Gedenken für die Menschen abhalten möchte, die an der Ermorduung von 13.000.000 willfährig beteiligt waren.
    Das muss man sich im 21. Jahrhundert einmal vorstellen, die Beschmutzung eines Straßenschildes wird höher gewichtet, als ein Menschenleben.
    In was für einer Gesellschaft lebe ich denn hier? Welches Gefühl wird denn tatsächlich verletzt, wenn wir dazu gezwungen sind unserer Großväter ganz für uns zu Gedenken, als Menschen und nicht öffentlich als Masse tötender Soldaten? Was genau geht in einem Menschen vor, wenn er sich davon beleidigt, oder verletzt fühlt? Und was hat das alles mit einer „ACAB“ Schmiererei zu tun? Wo ist der Zusammenhang?

  5. Bensberg lebt, wer hätte das gedacht – tolle Aktion!

    Ja, der Platz ist ein ewiges Trauerspiel in jeder Hinsicht.
    Der Name, das Denkmal, die fehlende Nutzung durch die Bürger:innen – einfach alles daran.
    Wie auch immer der Platz heißt – wichtig finde ich eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Geschichte und seinen (Ex-)Namensgebern. Auch das Denkmal sollte nicht länger unkommentiert dort stehen und den „glorreichen“ mörderischen Militärs huldigen. Warum gibt die Stadt nicht ein ergänzendes Friedensdenkmal in Auftrag, bzw. ruft einen Wettbewerb dafür aus? Oder müssen dafür erst Bürger:innen ein Crowdfunding starten?

    Bei der Überklebung handelt es sich maximal um eine Ordnungswidrigkeit, allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass es als ‚politische Interventionskunst im öffentlichen Raum‘ unter die Kunstfreiheit fällt.
    Die Stadt muss entscheiden, ob sie die ‚eigenmächtige‘ Namensänderung entfernt. Anderswo werden solche Überkleber geduldet; der Platz hat dann eben einen zweiten, ‚inoffiziellen‘ Namen.

  6. @Mehmet Schreiner
    Ja! Tatsächlich ist die Kurzbiografie auch in der Begründung des Antrags der LINKSFRAKTION Bergisch Gladbach so enthalten. Damals hatte DIE LINKE. beantragt, Hindenburg die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen und den Hindenburgplatz umzubenennen. Dem Entzug der Ehrenbürgerschaft hat der Stadtrat entsprochen, der Umbenennung des Platzes leider nicht, obwohl beide Anträge die gleiche Begründung hatten.

    Hier der Antrag von 2013 im Original als PDF, denn welch eine „Merkwürdigkeit“ ist dieser Antrag an den Stadtrat im Ratsinformationssystem „nicht mehr zu finden“. „Ein Schelm, der Böses dabei denkt!“ >> https://www.dielinke-rbk.de/fileadmin/kvrheinberg/DOCS/antraege/Antrag-Ehrenbuergerschaft_entziehen-Hindenburgplatz-umbenennen-14022013.pdf

    Auf ihre Frage zur Aktion der „Erinnerungspolitische Initiative Bergisch Gladbach“ antworte ich ihnen, dass ich diese Form vollumfänglich befürworte und auch mittrage und mich ausdrücklich NICHT davon distanzieren. Ich begrüße diese Form des antifaschistischen Widerstands und Notwehr als absolut angemessen und bedanke mich bei diese Initiative für ihre respektvolles Engagement.

    Besonders begrüße ich, dass man auch das Schicksal von Patricias Wright aufgegriffen hat. Der damalige Umgang der lokalen Medien und auch der Politik mit diesem Verbrechen war nicht sehr rühmlich.

    Ich würde mich nicht darüber wundern, dass nachdem das Schild wiederhergestellt wurde, wenige Tage später ein neuer Aufkleber dort erscheint.

  7. Die schrecklichen Erlebnisse einer jungen Frau Jahre später herzunehmen, um ihr ein Denkmal auf diese Weise zu setzen, wird weder ihrem Schicksal gerecht noch ist es eine Mahnung. Da wäre ständiges öffentliches und verbales Agieren gegen solche Täter effektiver.

    An diesem „Denkmal“ hat sich nun mal wieder eine Diskussion entfacht, in der einiger Unsinn und viel Unwahres in den Ring geführt wird. Dem „Bürgerportal“ eine grundsätzlich linke Gesinnung vorzuwerfen und diese zu verunglimpfen, wird den Tatsachen nicht gerecht und ist undemokratisch. Kleingruppen grundsätzlich mit Querulanten gleichzusetzen ist diffamierend. Das Überkleben des Schildes gleich „Sachbeschädigung“ zu nennen verhilft dem Tatbestand zu einer Größe, die er nicht verdient. Da lässt man ihn lieber eine wenn auch schlappe Idee junger Leute sein, bevor man darüber auch noch das Bürgerportal aller möglichen Verfehlungen bezichtigt. Und mancher Artikel erschließt sich mir nicht in seiner wechselhaften Beschreibung, wofür und wogegen der Schreiber schreibt.

    Patricia Wright ist Schreckliches widerfahren. Leider ist sie nicht die einzige, weswegen für alle mit ähnlichen Schicksalen Denkmäler gesetzt werden müssten. Das wird sich nicht realisieren lassen, aber dass diese „Sachbeschädigung“ (?) solche Schicksale wieder vor Augen halten und dabei noch rechte Tendenzen zum Vorschein bringt, halte ich für wichtig!

  8. Alle Bürger, die an echten Informationen interessiert sind, sind dem Bürgerportal sehr zu Dank für diesen Artikel verpflichtet. Ich kannte den Fall von Patricia Wright nicht und bin davon äußerst schockiert. Die Informationen konnte ich mir nun durch die Links des Bürgerportals verschaffen. Übrigens stammt die Mehrzahl der Artikel über den Hindenburgplatz von sogenannten Bürgerreportern (wie ich auch einer bin und wie es jeder werden kann) und nicht von der Redaktion des Bürgerportals, wie fälschlich in einem Kommentar behauptet wird.

  9. @TMS:
    Sieht ziemlich nach Ihrem Antrag bzw. Ihrer Initiative von 2013 aus.
    Auch 7 Jahre später werden Sie keinen Erfolg haben.

    Wie stehen Sie denn zu der Sachbeschädigung und den damit verbundenen Kosten für die Stadt, bzw. den Steuerzahler?

  10. Da viele falsche, halbe Informationen und Märchen im Umlauf sind hier eine kurze biografische Informationen über Paul von Hindenburg:

    Der Feldmarschall und Reichspräsident Paul von Hindenburg war in der Weimarer Republik für viele ein Kriegsheld, dessen Mythos eng mit der Schlacht von Tannenberg verbunden ist. Er war immer überzeugter Monarchist und als solcher Gegner demokratischer Bewegungen und insbesondere der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie. Hindenburg, mit Ludendorff einer der hartnäckigsten Gegner eines Verhandlungsfriedens zur Beendigung des Ersten Weltkrieges, war Urheber der sogenannten Dolchstoßlegende. Vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung entlastete er am 18.11.1919 Heeresleitung und Soldaten von der Verantwortung für die Niederlage. Hätten nicht Parteiinteressen die nationale Einheit untergraben und die geschlossene und einheitliche Zusammenwirkung von Heer und Heimat verhindert, hätte der ungleiche Kampf dennoch zu einem positiven Ende geführt, so Hindenburg. Dies war die Geburtsstunde der Dolchstoßlegende.

    Die Behauptung, das im „Felde unbesiegte“ Heer habe durch die oppositionellen „vaterlandslosen“ Zivilisten in der Heimat einen „Dolchstoß von hinten“ erhalten, wurde in den Folgejahren von deutschnationalen, völkischen und rechtsextremen Gruppierungen als Propaganda gegen die Novemberrevolution, den Versailler Vertrag, die linken Parteien sowie die Weimarer Republik und Verfassung benutzt. Hindenburg hat so sehr früh der noch jungen Weimarer Demokratie einen schweren Schaden zugefügt.

    Nach dem überraschenden Tod von Friedrich Ebert kandidierte Hindenburg 1925 im zweiten Wahlgang für das Amt des Reichspräsidenten, nach dem im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten eine Mehrheit erzielen konnte. Die Weimarer Verfassung stattete dieses Amt mit weitreichenden Befugnissen aus (Recht auf Parlamentsauflösung, alleiniges Ernennungsrecht des Reichskanzlers). Ohne wirklich einen Wahlkampf zu führen, wurde Hindenburg am 26. April 1925 mit großer Mehrheit zum Reichspräsidenten gewählt.

    Mit ihm stand damit ein Mann an der Spitze des Staates, der zumindest ein ambivalentes Verhältnis zu den demokratischen Institutionen hatte und innerlich nie auf dem Boden des demokratischen Verfassungsstaates stand (vgl. Wolfram Pyta, Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler, München, Siedler Verlag, 2007).

    In der Krise ab 1930 wurde offensichtlich, welche Hypothek sich die Weimarer Republik mit der Wahl Hindenburgs aufgeladen hatte. Nach dem Bruch der Großen Koalition um den Sozialdemokratischen Kanzler Hermann Müller, ließ Hindenburg nicht mehr zu, dass sich die SPD, bis 1932 stärkste Fraktion im Reichstag, an der Regierungsbildung beteiligte.

    Mit der Etablierung der Präsidialregierungen wurden die Befugnisse des Parlaments zunehmend ausgehebelt. Nach dem Sturz des Reichskanzlers Heinrich Brüning am 30. Mai 1932 begann eine autoritäre, offen antiparlamentarische Phase des Präsidialsystems (vgl. H.A. Winkler).

    War Hindenburg bei seiner Wiederwahl 1932 noch Gegenspieler von Hitler um das Amt des Reichspräsidenten, so war er es schließlich, der am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannte. Der Historiker Heinrich August Winkler kommt zu dem Schluss: „Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler war nicht der unausweichliche Ausgang der deutschen Staatskrise, die mit dem Bruch der Großen Koalition am 27. März 1930 begonnen und sich seit der Entlassung Brünings am 30. Mai 1932 dramatisch zugespitzt hatte. … Nichts zwang den Reichspräsidenten dazu, Hitler zum Reichskanzler zu machen. … Hitlers Massenbewegung machte seine Ernennung möglich, aber erst durch den Willen Hindenburgs und des Milieus, das er verkörperte, wurde er Kanzler.“

    Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler erloschen umgehend alle politischen Eigeninitiativen Hindenburgs. Schon am 4. Februar 1933 unterzeichnete Hindenburg eine „Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes“ die den Machthabern das Verbot von Zeitungen und Versammlungen nahezu jederzeit ermöglichte. Dem nationalsozialistischen Terror in den Monaten nach dem 30. Januar 1933 waren zunächst vor allem Angehörige der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) ausgesetzt.

    Zeitungsverbote, Besetzung von Parteihäusern, Repressalien sowie Verfolgung und Ermordung von Funktionären durch die Nationalsozialisten schürten aber auch in den anderen Parteien zunehmend eine Stimmung nackter Angst.

    Sofort nach Hitlers Machtantritt begannen die NSDAP und ihre Unterorganisationen SA, SS, NSDStB und Hitlerjugend mit teils ungeplanten, teils organisierten Gewalttaten gegen jüdischen Bürgerinnen und Bürger.

    Paul von Hindenburg, immer noch Staatsoberhaupt und als höchster Mann im Staat mit Machtfunktionen eines Reichspräsidenten ausgestattet, hat nicht versucht dieses zu verhindern, sondern dieses Vorgehen Hitlers geduldet.

    Nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 unterzeichnete Hindenburg die ihm von Hitler vorgelegte Notverordnung, die als „Grundlage der Diktatur“ bezeichnet werden kann, da sie die Suspendierung sämtlicher bürgerlicher Grundrechte erlaubte.

    Das Ergebnis der Wahl vom 5. März 1933, aus der die NSDAP als mit Abstand größte Fraktion im Reichstag hervorging, wertete Hindenburg als Bestätigung seiner Entscheidung vom 30. Januar 1933. Zur Eröffnung des Reichstages am 21. März 1933 organisierte Goebbels ein spektakuläres

    Fest in Potsdam, das zur „nationalen Versöhnungsfeier“ stilisiert wurde. Hindenburg ließ sich dabei als Symbol der Verbindung des „alten und neuen Deutschlands“ feiern. In seiner preußischen Marschallsuniform verkörperte er die Verbrüderung des Preußentums mit dem Nationalsozialismus.

    Am 23. März beschloss der Reichstag das „Ermächtigungsgesetz“, das Hindenburg am 24. März unterschrieb.

    Zur Reichstagswahl im November 1933 war nur noch eine sogenannte nationalsozialistische „Einheitsliste“ wählbar, alle demokratischen Parteien waren verboten. Gleichzeitig fand eine Volksabstimmung über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund statt. Noch am Vorabend der Wahl rief Paul von Hindenburg in einer Radioansprache zur Wahl der nationalsozialistischen „Einheitsliste“ Adolf Hitlers auf. Dank der Rede Paul von Hindenburgs, in der er Hilter einen „mutigen Mann“ nannte, stimmten 90% für die Nationalsozialisten und den Austritt aus dem Völkerbund.

    Mordaktionen der Nazis nach dem sogenannten „Röhm-Putsch“ kommentierte Hindenburg zustimmend: „Das ist richtig so. Ohne Blutvergießen geht es nicht.“ Wolfram Pyta, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Stuttgart und Direktor der „Forschungsstelle Ludwigsburg“ zur NS-Verbrechensgeschichte kommt in seiner Abhandlung über Hindenburg zu dem Schluss: „Diese gezielte Reduzierung Hindenburgs auf die Gestalt eines hünenhaften Weltkriegsheros darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hindenburg von 1914/15 bis 1933 als stärkste symbolische Expression des Dranges nach nationaler Vergemeinschaftung gewirkt und aus dieser Zuschreibung politische Herrschaftsansprüche abgeleitet hat.“

    Es ist eine hartnäckig verbreitete Mär, dass Paul von Hindenburg zuletzt ein geistig und körperlich verfallenen Greis gewesen sei, der in seinen letzten Lebensjahren unter fremdem Einfluss gestanden habe. Hindenburg traf alle politischen Entscheidungen bis kurz vor seinem Ableben bei klarem Verstand. Das politische Testament Hindenburgs, dessen Inhalt davon bestimmt ist, dass durch die Politik Hitlers das politische Lebenswerk Hindenburgs gekrönt werde, bestätigt diese Einschätzung. Wolfram Pyta lässt keinen Zweifel daran, dass Hindenburg im Vollbesitz diesen Text in Vollbesitz seiner geistigen Kräfte verfasst hat. Im Schlussteil schreibt Hindenburg: „Mein Kanzler Adolf Hitler und seine Bewegung haben zu dem großen Ziele, das deutsche Volk über alle Standes und Klassenunterschiede zur inneren Einheit zusammenzuführen, einen entscheidenden Schritt von historischer Tragweite getan. Ich weiß, dass vieles noch zu tun bleibt, und ich wünsche von Herzen, dass hinter dem Akt der nationalen Erhebung und des völkischen Zusammenschlusses der Akt der Versöhnung steht, der das ganze deutsche Volk umfasst. Ich scheide von meinem deutschen Volk in der festen Hoffnung, dass das, was ich im Jahre 1919 ersehnte, und was in langer Reife zu dem 30. Januar 1933 führte, zu voller Erfüllung und Vollendung der geschichtlichen Sendung unseres Volkes reifen wird. In diesem festen Glauben an die Zukunft des Vaterlandes kann ich beruhigt meine Augen schließen.“

    International renommierten Historikern wie Roger Moorhouse, Pierre Jardin, Wolfram Pyta und Anna von der Goltz kommen zu einer Neubewertung der geschichtlichen Bedeutung Paul von Hindenburgs. Das politische Wirken Hindenburgs und sein politisches Testament machen es heute, 80 Jahre nach der Machtübertragung an Hitler und die Nationalsozialisten, für eine aufgeklärte, pluralistische Gesellschaft unmöglich, Hindenburg als Ehrenbürger zu führen und die Benennung öffentlicher Flächen nach ihm zu akzeptieren. Hindenburg kann kein Vorbild in einer demokratischen Gesellschaft sein. Wer heute noch Hindenburg ehrt, begeht diese Ehrungen im Wissen seines Wirkens und dessen historischer Folgen. Mit der republikanischen und demokratischen Zielen der Bürgerinnen und Bürger in Bergisch Gladbach ist dies heute nicht mehr vereinbar.

    Ich empfehle auch die Dokumentation aus Arte/Phoenix zu dem Thema: „Hindenburg – Der Mann, der Hitler zum Kanzler machte“ (siehe YouTube) >> https://youtu.be/QNy8rhru8-w

  11. Was er Schreiner in seinem Beitrag anregt halte ich für ganz wichtig. Es hat diese Personen gegeben, die Tatsachen gab es auch und Hindenburg war eine Person seiner Zeit; der Monarchie; Sie hat eine Menge zugelassen und mit dazu beigetragen,dass das Nazi- Deutschland entstehen konnte. Ich glaube nicht, dass Hindenburg einen Adolf Hitler befürwortet noch bewusst unterstützt hatte. Vielleicht sollte wirklich bei dem Namensschild eine bessere Erklärung angebracht werden. Ausserdem möchte ich auch einmal daran erinnern,dass im heutigen Geschichts- und politischen- Unterricht diese Zeit häufig nicht den Stellenwert bekommt, damit solche Vorkommnisse in der Zukunft nicht wieder geschehen können. Das Wegwischen solcher Ereignisse und die damit verbundenen Personen machen die Begebenheiten nicht ungeschehen. Etwas mehr kritische A U S E I N A N D E R S E T Z U N G mit der Vergangenheit, ihrer Vorgeschichte und deren Folgen halte ich für sehr wichtig. Ich denke so eine Namensgebung für einen Platz könnte uns immer wieder vor Augen führen, was in unserer Geschichte einmal gelaufen ist. Oder wollen wir so mit der Geschichte umgehen, wie es die Amerikaner leben, die Sklaverei, Indianer Ausrottung und einiges mehr unter den Tisch kehren und uns an unsere Fehler immer erinnern. Warum sehen sie eigentlich immer die Splitter in unseren Augen( Blickwinkeln) aber nicht den Balken in ihren eigenen Augen. Durch das immerwährende Bewusstmachen solcher Begebenheiten und die damit verbundenen Namen können wir sicher vor erneuten schrecklichen Taten wie sie während der Nazizeit abgelaufen sind warnen. Das bringe ich mit der Namensgebung eines solchen Platzes auch in Verbindung.

  12. Eine merkwürdige und nicht nachvollziehbare Reaktion und Position der Redaktion.

    Den Status zum Thema muss man schließlich sogar bei der Redaktion nach all den Diskussionen, Kommentaren und Berichterstattungen voraussetzen können, insofern die Einordnung als „Eine Initiative geschichtsbewusster junger Menschen“ zu bezeichnen, das ist schon mehr als fragwürdig.

    Die Feststellung aber „eine echte Debatte über die Namen und die dort versammelten Denkmäler kommt trotz der Impulse einiger Bürger nicht richtig in Gang“, die zeichnet doch eher das Bild, dass das Ergebnis dieser langen Diskussion, welches richtiger Weise von Bürgermeister Frank Stein in einer Stellungnahme nochmals wiederholt wurde, dass dieses Ergebnis der Redaktion nicht gefällt.

    Völlig abwegig ist aber dann die Darstellung der Redaktion, wenn sie ausführt, „….hatte es in der Bürgerschaft in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche gegeben, die Namensgebung zu problematisieren und zu diskutieren. Sie blieben jedoch ohne größere Resonanz.“ Dieser Aussage widerspricht alleine schon die eigene Darstellung der Quellen, hier ist die Resonanz nachlesbar.

    Bei dem Wissensstand könnte die Redaktion eher über mögliche Sachbeschädigung berichten…..

  13. Liebes Bürgerportal, ich verstehe nicht welche politische Agenda hier von Ihnen verfolgt wird. Hier der dritte Artikel zum gleichen Thema. Immer mit der Absicht, eine Linke Position mit der Umbenennung der Plätze zu vertreten.
    Dazu Aussagen wie „Spielen ist unerträglich, wenn es im Schatten eines Denkmals für Deutsche Täter stattfinden soll?“ Gehts noch?

    1. Wir verfolgen keine Agenda, sondern stellen Initiativen dar, die in Bergisch Gladbach aktiv sind. Damit können Sie sich inhaltlich auseinandersetzen, oder es lassen.

  14. Man kann dem ollen Hindenburg eine Menge unterstellen, aber das er irgendwie Nazi war, stimmt definitiv nicht.
    Das war mit Sicherheit sein Sohn Oskar und nach dem ist der Platz nun mal nicht benannt.
    Etwas mehr historische Kenntnisse hätten den Initiatoren sicher gut zu Gesicht gestanden.

  15. Diese Gruppe, wenn Sie hier liest, könnte sich doch auch mal daran setzen, den Telekommunikationskasten an der Ecke Kölner Str. / Ferdinand Stucker Straße zu überkleben.
    Da sticht seit Monaten (oder bereits Jahren) ein für alle Verkehrsteilnehmer sichtbares A.C.A.B hervor.
    Aber ich denke, dass diese „Aktivisten“ (Unwort des letzten Jahrzehnts) eher mit einem dicken Grinsen an diesen Schriften vorbei fahren.

    Daher liebes Bürgerportal:
    In der Überschrift sollte es eher „Aktivisten beschmieren Namensschilder am Hindenburgplatz“ heißen.

  16. Die Kosten für die Reinigung bitte den Herrschaften*Innen in Rechnung stellen, wenn man herausfindet, wer es war.

    Ich kann nun hoffen, dass die Stadtverwaltung nicht vor dieser Kleinstgruppe und sonstigen Querulanten einknickt.

    Ein schöne Gestaltung des alten Platzes mit Info-Tafeln zur Gesichte der Person Hindenburg und der Entstehungszeit des Denkmals ist viel interessanter und fördernder als alle unliebsamen Ereignisse und Personen aus der Geschichte zu streichen