Bevor die Voraussetzungen für eine Lockerung der Corona-Auflagen in Rhein-Berg vorliegen, dauert es trotz des Abwärtstrends noch. Zudem ändern die Bundesländer womöglich die Grundlage, auf der sie festlegen, ob die Bundesnotbremse gilt oder nicht. Künftig sollten auch die aktualisierten Inzidenz-Werte mit den Nachmeldungen berücksichtigt werden, bestätigte das NRW-Gesundheitsministerium dem Bürgerportal. Das käme der realen Lage sehr viel näher. Und hätte auf den Kreis Rhein-Berg – der mit besonders vielen Nachmeldungen kämpft – deutliche Auswirkungen.

Immer wenn sich die 7-Tage-Inzidenz im Rheinisch-Bergischen Kreis einem Grenzwert nähert, gerät die Datenlage ins Schwimmen. Das ist auch jetzt so, wenn die Inzidenz sich unter der 100er Grenze festzusetzen scheint. Heißt das nun, dass die Bundesnotbremse bald gelockert und die Ausgangssperre gekippt wird, die Schulen zum Normalunterricht zurückkehren?

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Wahrscheinlich nicht. Und das aus zwei Gründen.

Die Regel für die Auslösung der Bundesnotbremse ist simpel: befindet sich ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt drei Tage lang über der offiziell vom RKI ausgewiesenen Inzidenz, dann tritt sie in Kraft, heißt es in § 28b des Bundesinfektionsschutzgesetzes.

Die Regel für das Lockern der Bremse ist komplexer: Die Inzidenz muss an fünf aufeinander folgenden Werktagen unter 100 liegen, dann treten am übernächsten Tag die Maßnahmen außer Kraft. Sonn- und Feiertage werden nicht mitgezählt.

Die konkrete Beurteilung trifft in NRW das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Sicherheit (MGAS) auf Basis der vom Robert Koch-Institut auf der Seite www.rki.de/inzidenzen veröffentlichten Zahlen.

Dort gibt es jeden Morgen frische Werte; Nachmeldungen und Korrekturen werden aber nicht berücksichtigt. Das RKI selbst spricht von „eingefrorenen“ Daten. Diese Erstmeldungen liegen immer unter der realen Infektionslage. Regelmäßig um zehn bis 15 Prozent, in Rhein-Berg war die Differenz zuletzt noch größer.

In der Grafik von Hilger Müller zeigt die blaue Linie die Erstmeldungen an, die Balken stehen für die aktualisierten Werte, die sich im farbigen Bereich rechts noch verändern (können).

Schon drei Tage unter 100?

Soweit der Hintergrund. Nun zu den aktuellen Daten im Rheinisch-Bergischen Kreis.

Laut RKI-Daten fiel die Inzidenz am Samstag auf 90 Fälle, am Sonntag weiter auf 77 und liegt am heutigen Montag bei 82.

Fehlen jetzt nur noch zwei Tage unter 100, am Dienstag und Mittwoch, und das Land hebt die Bundesnotbremse ab Freitag wieder auf?

Nein, aus zwei Gründen nicht.

Erstens werden Sonn- und Feiertage nicht gewertet. Der 1. Mai und der 2. Mai (Sonntag) fallen also aus der Betrachtung. Fünf Werktage in Folge hieße Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag.

Bleibt die Inzidenz in Rhein-Berg so lange so niedrig, wird die Bundesnotbremse dann ab Sonntag beendet?

Vielleicht ja. Vielleicht aber auch nicht. Konkreter lässt sich das im Moment leider nicht sagen.

Gesundheitsministerium für andere Daten

Denn einerseits will das Gesundheitsministerium künftig nicht mehr die unkorrigierten, eingefrorenen Daten zugrunde legen. Sondern die Inzidenzwerte, die solange aktualisiert werden, bis alle Nachmeldungen eingeflossen sind.

Die Vermutung, dass genau das sinnvoll sein könnte, liegt auf der Hand. Hamburg nutzt diese Methode schon länger offensiv und im Widerspruch zum RKI. Als die neue Tabelle mit den korrigierte Inzidenzen auf der RKI-Seite auftauchte fragte das Bürgerportal im NRW-Gesundheitsministerium nach, ob es künftig diese aktualisierten Daten verwenden will.

Die kurze Antwortet lautete: Eigentlich ja.

Die längere Antwort der Ministeriumssprecherin im Wortlaut:

„Weil bei der Vielzahl der Meldevorgänge technische und auch menschliche Fehler nie ausgeschlossen werden können und diese nicht zu falschen infektiologischen Schlüssen/Maßnahmen führen sollten, ist es zu begrüßen, dass nun für die Anwendung der Bundesnotbremse rückwirkende Aktualisierungen der Meldedaten vorgenommen werden. Diese werden bei der Feststellung des MAGS hinsichtlich der inzidenzabhängigen Regelungen der Bundesnotbremse berücksichtigt.“

Jetzt wird es endgültig kompliziert. Denn das MAGS stellt auf Rückfrage klar, dass ein Alleingang nicht möglich sei, eine Änderung müsste bundesweit einheitlich erfolgen.

Und auf der RKI-Seite steht nun ein Warnhinweis:

„Diese (eingefrorenen) Werte sind für das In- und Außerkrafttreten der bundeseinheitlichen Maßnahmen nach § 28b des Infektionsschutzgesetzes maßgeblich.  Die Zugrundelegung der „eingefrorenen“ Werte stellt sicher, dass die Werte keinen Schwankungen unterliegen und sich die von den Maßnahmen Betroffenen auf das In- bzw. Außerkrafttreten dieser mit einem zeitlichen Vorlauf einstellen können.“

Das hört sich nun wieder nicht nach einer raschen Anpassung an.

Hält der Trend?

Was wären die Auswirkungen in Rhein-Berg, wenn diese Anpassung doch käme?

Die aktualisierte Inzidenz von Samstag läge dann nicht bei 90, sondern nur sehr knapp unter 100. Und auch am Sonntag nicht bei 77, sondern bei 86. In den nächsten Tagen können – das zeigen die Erfahrungen der vergangenen Wochen – die Erstmeldungen um 10 bis 25 Punkte steigen – und damit knapp unter oder knapp über 100 liegen.

Dann könnte es deutlich länger dauern, bis die Inzidenz wirklich stabil fünf Tage lang unter 100 liegt.

Ohnehin gibt es eine dritte Frage, die jede Öffnungshoffnung rasch zunichte machen kann: Hält der positive Trend in Rhein-Berg überhaupt? Die Nachbar-Städte und Kreise weisen eine sehr viel höhere Inzidenz aus, zum Teil über 200, zum Teil mit steigender Tendenz. Warten wir es ab.

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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10 Kommentare

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  1. In ihrem folgenden Absatz stellen Sie generell fest, dass „erstens Sonn- und Feiertage“ nicht gewertet werden! Das stimmt in diesem Fall für den 1. und. 2. Mai 2021! Sie scheine ihre eigene Aussage nicht zu kennen. Man scheint ihnen schnell auf die Füße treten zu können. Im Übrigen verbitte ich mir ihren anmaßenden Ton ebenfall. Schönen Tag noch. Sie mich auch.
    Erstens werden Sonn- und Feiertage nicht gewertet. Der 1. Mai und der 2. Mai (Sonntag) fallen also aus der Betrachtung. Fünf Werktage in Folge hieße Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag.

    1. Sehr geehrter Herr „Werker“, wir können nach wie vor nicht nachvollziehen, was Ihr Problem ist.

      „In ihrem folgenden Absatz stellen Sie generell fest, dass “erstens Sonn- und Feiertage” nicht gewertet werden!“

      Korrekt

      „Das stimmt in diesem Fall für den 1. und. 2. Mai 2021!“

      Korrekt

      „Sie mich auch“

      Ist nicht korrekt, sondern eine Beleidigung. Noch dazu von jemandem der hier offenbar unter falschem Namen auftritt.

  2. Zunächst bin ich froh, dass wir dieses Portal haben, so haben wir wenigstens die Möglichkeit uns basierend auf den korrekten Informationen auszutauschen.
    Ich verstehe nicht, dass Herr Santelmann zu keiner Zeit und nirgends Stellung nimmt! In jedem Betrieb , in jedem Unternehmen muss man Stellung beziehen, wenn man etwas “verbockt” hat. Hier ist es allerdings so, dass er unverhohlen weiter macht – mit offensichtlichem “Nichtstun”. Das kann wirklich nicht wahr sein. Vereine, Schulen und Geschäfte alle schauen auf die Inzidenz und keiner weiß was richtig ist.
    Sicher , sie ist bundesweit rückläufig . Relevant ist aber die des Kreises und deshalb haben wir einen Anspruch auf Richtigkeit und einen Landrat der seinen Job ernst nimmt!

    1. Sehr geehrter Herr „Werker“, wo ist das Problem? Alle Kalendertage, die keine Sonntage oder gesetzliche Feiertage sind, sind Werktage. So wird der Begriff auch in diesem Text verwendet.

      Ihr belehrender Ton ist ohnehin nicht angemessen. Und warum treten Sie hier eigentlich unter einem falschen Namen auf, bzw. gegen eine falsche Mailadresse auf?

  3. @ Hajo Müller,
    Sie haben völlig Recht. Es ist schon peinlich, was sich der Kreis unter Anleitung des sehr fragwürdigen Landrats hier erlaubt. Ich glaube, die haben vergessen, dass wir hier auch über Menschenleben sprechen, die diese abenteuerlichen Zahlenspielchen gefährden. Vielleicht könnte hier mal die Kölner Oberbürgermeisterin als gutes Beispiel dienen. Einen solchen Landrat sollten wir uns zukünftig nicht mehr leisten, ein Landrat, der aus reinster Geltungssucht die Bevölkerung im RBK gefährdet, weil er wissentlich falsche Zahlen ans RKI toleriert.

  4. Okay, es gibt Gesetze, rechtliche Regelungen und Übereinkünfte an die man sich halten muss! Auch wenn sie vollkommen unlogisch sind!

    Für mich als Naturwissenschaftler stell sich die Lage nun so dar:
    Im RBK wird die Corona-Pandemie anhand völlig sinnfreier Inzidenzen gemanagt und dies ist rechtlich nicht in Zweifel zu Ziehen!

    Von den enormen Meldeverzögerungen seit dem 13. April im RBK erfährt man dabei nichts und spricht man natürlich lieber nicht, in übergeordneten Instanzen!

    Logischer Schluß: Da muss man ansetzen, durch Beschwerden und Öffentlichkeit, damit wir wieder zeitnah korrekte und halbwegs richtige Inzidenzen erhalten!

    Zum Glück scheinen sich die Werte ja wirklich nach Unten zu bewegen und diesen Erfolg sollte man nicht durch vorzeitige (und auf falschen Zahlen beruhende) Lockerungen aufs Spiel setzen!

  5. Die Kreisverwaltung des RBK schreibt heute, dass das RKI keine rückwirkenden Korrekturen durchführen würde, dass die jeweiligen Tagesmeldungen durch das LZG verbindlich wären und dass für die Rechtsfolge die Zahlen des RKI entscheidend seien:
    ______________________________________

    RBK, 03.05.2021

    Corona-Virus: Erläuterungen zum Meldeverfahren im Rheinisch-Bergischen Kreis

    Am 29.04.2021 lag die 7-Tage-Inzidenz noch bei 116,5, am 30.04.2021 sank der Wert auf unter 100. Heute liegt die aktuelle 7-Tage-Inzidenz bei 81,9. Dieser Inzidenz-Wert bildet die positiven PCR-Testungen pro 100.000 Einwohner im Rheinisch-Bergischen Kreis in den letzten 7 Tagen ab. Die Berechnung der 7-Tage-Inzidenz erfolgt auf Basis des Meldedatums der letzten 7 Tage, an dem das Gesundheitsamt des Kreises Kenntnis über die positiven Fälle erlangt, diese elektronisch erfasst und an das Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG) übermittelt hat.

    Obwohl die digitale Labormeldung positiver Testergebnisse mit Hilfe des Programmes DEMIS (Deutsches Elektronisches Melde- und Informationssystem) bundesweit verbindlich vorgegeben ist, bekommt das Gesundheitsamt je nach Labor immer noch Meldungen per Fax oder E-Mail. Nur die bis 19 Uhr eingegangenen und eingegebenen Testergebnisse können an das LZG weitergegeben werden. Erfolgte eine Eingabe also nach 19 Uhr, konnten diese Daten am gleichen Tag nicht mehr an das LZG übermittelt werden und führten am Folgetag zu Korrekturen. Zusätzlich kam es zu Verzögerungen durch Fehler in den Angaben des Labors (Name, Vorname, Geburtsdatum etc.). Auch technische Gründe bei den Meldewegen oder der in Abhängigkeit der Höhe der Fallzahlen unterschiedlicher Erfassungsaufwand konnten einen Einfluss auf den Eingabezeitpunkt haben.

    Das LZG übermittelt die tagesaktuelle Inzidenz an das Robert Koch-Institut. Beim Robert Koch-Institut (RKI) werden keine rückwirkenden Korrekturen durchgeführt, so dass die jeweiligen Tagesmeldungen durch das LZG verbindlich sind. Für die Rechtsfolge sind die Zahlen des RKI entscheidend.

    Der Kreis hat keinen Einfluss auf die automatisierten Meldewege. Hier kann es auf allen Ebenen zu Verzögerungen kommen. Bei der DEMIS-Übermittlung, bei der Meldesoftware ISGA (hierüber erfolgt die Übermittlung an das LZG), aber auch bei der Datenweitergabe von LZG ans RKI und beim RKI selber. All diese technischen Vorkommnisse hat es in der Vergangenheit bereits gegeben und gibt es weiterhin. Entsprechend führte ein Serverausfall ebenfalls unabhängig von der Ebene des Ausfalls zu einer Verzögerung der Weitergabe der Meldungen.

    https://www.rbk-direkt.de/news/36709/corona-virus-erlaeuterungen-zum-meldeverfahren-im-rheinisch-bergischen-kreis

    1. Was der Kreis in dieser Frage schreibt, ist nicht wirklich erheblich, die Entscheidung trifft das Gesundheitsministerium. Danke aber für den Hinweis auf den (neuen?) Hinweis des RKI, dass die eingefrorenen Daten maßgeblich bleiben. Entweder stand der da früher nicht, oder wir haben das überlesen. Wir haben noch einmal beim MAGS nachgefragt, und die stellen nun auch heraus, dass eine bundeseinheitliche Regelung (oder Änderung) notwendig ist. Daher haben wir den Beitrag noch einmal überarbeitet.

  6. Hoffentlich werden im RBK und in ganz NRW endlich die tatsächlichen 7-Tage-Inzidenzen berücksichtigt!

    Das RKI schreibt auch heute noch auf seiner Internetseite, dass die „eingefrorenen“ Inzidenzwerte maßgeblich sind:

    „Bei den 7-Tage-Fallzahlen und -Inzidenzen für frühere Tage muss berücksichtigt werden, dass es sich um die jeweils an dem angegebenen Tag berichteten Werte handelt, die nicht durch an Folgetagen nachübermittelte Fälle aktualisiert werden (für den Berichtstag „eingefrorene“ Werte).

    Diese Werte sind für das In- und Außerkrafttreten der bundeseinheitlichen Maßnahmen nach § 28b des Infektionsschutzgesetzes („Bundesnotbremse“) maßgeblich. Die Zugrundelegung der „eingefrorenen“ Werte stellt sicher, dass die Werte keinen Schwankungen unterliegen und sich die von den Maßnahmen Betroffenen auf das In- bzw. Außerkrafttreten dieser mit einem zeitlichen Vorlauf einstellen können.“

    http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Inzidenzen.html

    Wenn das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales NRW (MAGS NRW) jetzt – ab wann genau? – die tatsächlichen Inzidenzwerte zum Maßstab nimmt, wäre es vertrauensstiftend, wenn die breite Öffentlichkeit das auf der Internetseite des MAGS NRW nachlesen könnte.