Die Zahl der Menschen, die aus der Ukraine in Bergisch Gladbach Zuflucht gesucht haben, steigt zwar weiter an. Inzwischen sind davon aber fast drei Viertel in privaten Wohnungen untergebracht worden. Nur noch sehr wenige leben in den großen Hallen – und die Vermittlung läuft weiter. Wer „nur“ ein Zimmer angeboten hatte, könnte jedoch unberücksichtigt bleiben.
Das Angebot der Bergisch Gladbacher, Wohnraum für die Flüchtlinge aus der Ukraine bereit zu stellen, ist ungebrochen stark. Das zeigt sich bereits in den nackten Zahlen: 944 Ukrainer:innen hat die Stadt zur Zeit erfasst, davon sind 675 privat untergekommen. 269 leben in städtischen Unterkünften; und dabei handelt es sich zum großen Teil ebenfalls um Wohnungen.
Das Angebot der Bürger:innen ist so groß, dass die Stadtverwaltung noch nicht alle Offerten beantworten konnte. Bürgermeister Frank Stein bittet daher um Geduld und Verständnis: Der Vorgang der Vermittlung sei „sehr komplex“. Das Angebot der Unterbringung und auch die Bedürfnisse der Familien müssten übereinstimmen.
„Diese Überprüfung und Abstimmung benötigt Zeit. Da alle Betroffenen bereits eine Unterkunft haben, ist die Vermittlung in gegebenenfalls bessere private Wohnungen in der Priorität nicht ganz oben,“ sagt Stein.
Abgeschlossene Wohnungen werden bevorzugt
Ein Sachverhalt, den die Opposition öffentlich kritisiert. „Ein Zuviel an Nachprüfungen und Bürokratismus könnte sehr schnell demotivierend wirken“, sagt CDU-Fraktionschef Michael Metten. Und fordert, dass die „Bereitschaft einer aktiven Solidarität innerhalb der Bevölkerung auf allen Ebenen anerkannt und unterstützt“ wird.
Tatsächlich legt die Stadtverwaltung ihren Fokus auf „abgeschlossenen Wohnraum“: Einlieger- oder Dachgeschosswohnungen mit einem separaten Eingang, eigener Küche und Bad.
Entsprechende Angebote, so die Stadt, würden durch den Fachbereich Jugend und Soziales geprüft. Telefonisch würden Größe, Aufteilung und Zustand erfragt und eine Besichtigung vor Ort vereinbart. Jede Vermittlung, so die Stadt, sei ein individueller Fall.
Die Unterbringung in privaten Haushalten gemeinsam mit den Bewohnenden könne sich dagegen „auch schwierig gestalten“; viele der Kriegsvertriebene seien (hoch-)traumatisiert.
In einigen Fällen hatten sich die Anbieter nur auf eine kurze Dauer eingestellt – doch nun zeigt sich, dass eine Rückkehr in die Ukraine nicht absehbar ist. Wobei es auch Beispiele gibt, in denen sich das Zusammenleben gut entwickelt:
Die Flüchtlinge in meinem Haus
Sigrid Quest hat eine ukrainische Familie aufgenommen. Seither hat sich in ihrem Alltag einiges verändert. Über eine Refrather Wohngemeinschaft der besonderen Art.
Die Priorisierung durch die Stadt bedeutet daher: Wer ein Gästezimmer oder ein freies Kinderzimmer mit gemeinsamer Bad- und Küchennutzung angeboten hat, könnte bislang noch keine Reaktion bekommen haben.
Große Unterkünfte stehen weitgehend leer
Hinzu kommt, dass nur ein sehr kleiner Teil der Flüchtlinge in den großen Unterkünften lebt. So sind in der Herman-Löns-Halle, die mehr als 200 Menschen Platz bietet, zur Zeit nur 33 Personen untergebracht, in den Containern an den Otto-Hahn-Schulen sind 35 der 140 Plätze belegt. Und einige der Menschen, die hier zusammen gekommen sind, wollen gar nicht in eine andere Unterkunft umziehen.
Darüber hinaus hat die Stadt 69 Personen in angemieteten Wohnungen (u.a. in der RBS-Märchensiedlung), 43 in der ehemaligen AM-Akademie auf dem Gelände des Bensberger Schlosses, 40 im Lübbe-Haus und 49 in den neu hergerichteten Container auf dem Carpark-Gelände versorgt.
Insgesamt 269, dabei verfügt die Stadt inzwischen über gut 700 Plätze. Die Kapazität der Hermann-Löns-Halle und der Anlage auf dem Carpark-Gelände könnten rasch erweitert werden.
Keine Entwarnung
Angesichts der Unsicherheit, wie sich der Krieg weiter entwickelt und wieviele Menschen noch kommen, ist die Lage aber alles andere als entspannt. Auch so kommen stetig weitere Ukrainer:innen in die Stadt, innerhalb einer knappen Woche hat sich die Zahl von 900 auf 944 erhöht.
Daher freue sich die Stadtverwaltung über jedes Angebot (über die Hotline 02202 14-2928 und -2929 oder per Mail ukraine@stadt-gl.de), betont der zuständige Beigeordnete und Sozialdezernent Ragnar Migenda.
„Wir sind froh und dankbar für das große bürgerschaftliche Engagement der Menschen unserer Stadt, wodurch es gelungen ist in so kurzer Zeit vielen Kriegsvertriebenen aus der Ukraine in unserer Stadt Zuflucht und Schutz bieten zu können“, sagt Migenda.
So sehr ich mich für die Geflüchteten aus der Ukraine auch freue, schnell Wohnungen gefunden oder vermittelt bekommen zu haben.
Vielleicht sollte es uns dennoch nachdenklich stimmen, warum Geflüchtete aus anderen Staaten nicht so leicht fündig werden. Sie leben zum Teil Jahre in städtischen Notunterkünften und erhalten nicht so große Unterstützung und sind nicht so willkommen in der Nachbarschaft.