Die Ausschusssitzungen finden im Rathaus Bensberg statt. Foto (Archiv): Thomas Merkenich

Mit den Stimmen von Grünen, SPD und FWG hat der Hauptausschuss dem Klimaschutzkonzept der Stadt Bergisch Gladbach in einer geänderten Fassung zugestimmt, gegen Widerstand der CDU und FDP. Die Sachdebatte wurde von heftigen, zum Teil persönlichen Angriffen überschattet. Dennoch machte die CDU vor dem endgültigen Beschluss durch den Stadtrat ein neues Gesprächsangebot.

Der gemeinsame Änderungsantrag von Grünen, SPD und FWG für ein städtisches Klimaschutzkonzept hat sich am Dienstagabend mit den Stimmen dieser drei Fraktionen im Hauptausschuss durchgesetzt. Das Konzept enthält neben einer grundsätzlichen Bestandsaufnahme und Strategie rund 40 Einzelmaßnahmen. Sie sollen dafür sorgen, dass Bergisch Gladbach spätestens bis 2045 klimaneutral wird.

Um eine breite Mehrheit für dieses Konzept zu erreichen hatten Grüne, SPD und FWG in drei langen Verhandlungsrunden mit CDU und FDP um eine Anpassung eines Teils der Maßnahmen gerungen. Dabei hatten sie einen gemeinsamen Änderungsantrag fast bis zum Ende ausgehandelt – bevor die Kompromiss-Suche in letzter Minute kollabierte.

Daher legten CDU und FDP im Hauptausschuss einen weiter reichenden Änderungsantrag vor, mit dem sie jedoch unterlagen.

Zuvor hatte der Beigeordnete Ragnar Migenda klar der neuen Kritik von CDU und FDP widersprochen; diese hatten bemängelte, das Klimaschutzkonzept erfülle weder die Kriterien des Bundeswirtschaftsministeriums noch die Erfordernissen für erfolgreiche Förderanträge. Das Gegenteil, so Migenda, sei der Fall.

Die Debatte im Ausschuss wurde immer wieder von persönlichen Angriffen überschattet. Dennoch bot CDU-Fraktionschef Michael Metten zum Schluss den Grünen und der FWG vor der abschließenden Ratssitzung am Dienstag einen letzten Konsensversuch an. Mit SPD-Fraktionschef Klaus Waldschmidt, der sich durch besonders heftige Attacken hervorgetan hatte, wolle er nicht mehr reden.

Emotionale Schuldzuweisungen

Wer den Abbruch der Verhandlungen am Dienstagabend verursacht hatte, blieb auch gestern umstritten. CDU und FDP warfen Grünen, SPD und FWG vor, das Scheitern vorschnell öffentlich verkündet zu haben – obwohl die gewusst hätten, dass eine letzte Abstimmungsrunde zwischen CDU und FDP noch ausstand.

Dagegen argumentierten Grüne, SPD und FWG, von der Gegenseite keine Rückmeldung mehr erhalten zu haben; so kurz vor der Sitzung des Hauptausschusses hätten sie daher die Reißleine ziehen und alleine voranschreiten müssen.

In ihrer Pressemitteilung hatte die Dreiergruppe der CDU und der FDP vorgeworfen, mit einer „starren und kompromisslosen Haltung“ eine Einigung zu blockieren und „die Menschen von Bergisch Gladbach bei Hitzesommern, Dürre und Starkregen allein“ zu lassen.

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Grüne und SPD werfen der CDU und FDP vor, mit einer „starren und kompromisslosen Haltung“ einen breiten Konsens für das Klimaschutzkonzept der Stadt Bergisch Gladbach zu verhindern. Wir dokumentieren die Erklärung von Grünen und SPD im Wortlaut.

Eine Kritik, die CDU und FDP noch vor der Sitzung des Hauptausschusses als falsch, hochemotional und unredlich zurückwies. Die Verzögerungen seien allein auf die hohe berufliche Belastung der kommunalpolitisch ehrenamtlich Tätigen zurückzuführen. Mehrfach betonten CDU-Fraktionschef Metten und FDP-Fraktionsvorsitzende Dorothee Wasmuth in einem Pressegespräch, für einen starken und effektiven Klimaschutz einzustehen – sonst hätten sie sich die schwierigen Verhandlungen gar nicht angetan.

Auch die Diskussion im Hauptausschuss war von scharfen Attacken geprägt, die SPD-Fraktionschef Waldschmidt mit einem Frontalangriff auf CDU und FDP anfeuerte. Ihm sei rasch klar geworden, dass diese beiden Fraktionen zu Kompromissen nicht bereit seien, ihnen der Klimaschutz „am A… vorbeigehe“.

Auch Theresia Meinhard, Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen, unterstellte den Kontrahenten, den Klimaschutz eher behindern zu wollen. Im Gegensatz zu ihrem Ko-Kollegen Friedrich Bacmeister und FWG-Fraktionschef Benno Nuding, die der CDU und FDP immerhin ein ernsthaftes Bemühen attestierten.

Nuding wertete den Antrag des Trios als guten Kompromiss zwischen dem, was wünschenswert und machbar sei. Die zentralen Ziele der FWG, die Bauleitplanung in das Konzept einzubinden und die Kosten im Rahmen zu halten, seien erreicht worden. Zwar enthalte auch der Antrag der CDU / FDP gute Ansätze, aber sie rechtfertigten es nicht, noch einmal ein Jahr für das Umschreiben des Konzeptes zu verlieren.

Sachdebatte auf zwei Ebenen

Die parallel geführte Sachdebatte drehte sich zunächst um die Frage, welche der ursprünglich 43 Maßnahmen im Konzept sinnvoll, effektiv und finanzierbar seien. Auf Druck von CDU und FDP waren zum Beispiel Hinweise auf fleischloses Essen in den Schulen oder das Angebot von Kochkursen gestrichen worden.

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Wie Bergisch Gladbach den Klimaschutz voranbringen will

Mit dem Entwurf für das Integrierte Klimaschutzkonzept der Stadt Bergisch liefern die Klimaschutzmanagerinnen eine gründliche Bestandsaufnahme, spüren Verbesserungspotenziale auf, entwickeln eine Strategie und listen jede Menge konkreter Maßnahmen auf. Jetzt geht der Entwurf in die Beratung der Ausschüsse – wir haben schon einmal einen Blick hinein geworfen. Dabei fällt auf: den größten Teil der Einsparungen müssen die privaten Haushalte liefern.

Daher stehe ein grundsätzlicher Dissens, was Menschenbild und Wertesystem angehe, erläuterte CDU-Mann Metten: Seine Fraktion und die FDP seien überzeugt, dass man die Bevölkerung beim Klimaschutz nur dann mitnehmen könne, wenn sie mit Hilfe des gesunden Menschenverstandes zu einer Erkenntnis komme. Jede Form der staatlichen Einflussnahme lehne er dagegen ab.

Grüne und SPD hielten dem entgegen, dass Beratungs-, Informations- und Partizipationsangebote extrem wichtig seien, um die private Haushalte zu mobilisieren. Dafür sei ein übergreifendes Klimaschutzbudget von rund 220.000 Euro pro Jahr erforderlich. Eine Summe, die die CDU dagegen auf 90.000 Euro kürzen will.

Raus aus dem Tunnel

Eine ganz neue Debatte hatten CDU und FDP in letzter Minute eröffnet. Statt diese Maßnahmen immer detaillierter zu erörtern müsse man aus dem Klein-Klein herausgekommen und das ganze Konzept in den Blick nehmen. Genau das hätten die Vertreter:innen von CDU und FDP nach einer schwierigen Verhandlungsrunde getan, und sich das Vorgehen anderer Städte sowie die Vorgaben des Bundeswirtschaftsministeriums angeschaut, berichtet FDP-Frau Wasmuth: „Plötzlich sind wir aus dem Tunnel raus gekommen.“

Bei diesem Rundblick sei aufgefallen, erläutert Wasmuth, dass der Entwurf für das Klimaschutzkonzept die sogenannten SMART-Kriterien des Wirtschaftsministeriums (spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminiert) nicht erfülle, dass viele Maßnahmen nicht quantifiziert worden seien, was personellen Aufwand, Kosten und Effekt angehe.

In einer Zeit, wo die Stadt Bergisch Gladbach auf einen Nothaushalt zusteuere könne das nicht angehen, ergänzte Metten – jede Maßnahme müsse auf ihre Finanzierbarkeit überprüft werden, sonst führe man die Bevölkerung an der Nase herum.

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CDU und FDP legen eigenen Antrag zum Klimaschutz-Konzept vor

Nach den Fraktionen Grünen, SPD und FWG legen nun auch CDU und FDP, vier Stunden vor der entscheidenden Ausschusssitzung, einen eigenen Änderungsantrag zum Klimaschutzkonzept vor. Demnach soll das Konzept anhand neuer Kriterien noch einmal grundlegend überarbeitet werden.

Im Ergebnis, so das Fazit von CDU und FDP, müsse die Verwaltung und das von ihr beauftragte Büro Gertec noch einmal von vorne anfangen und das Konzept anhand der Kriterien komplett durcharbeiten. Genau das war dann die Kernforderung des (erfolglosen) Antrags von CDU und FDP.

Verwaltung wehrt sich

Zuvor hatte der zuständige Beigeordnete Ragnar Migenda der Kritik widersprochen, ergänzt durch Hinweise einer Gertec-Mitarbeiterin. Das Klimaschutzkonzept entspreche den SMART-Kriterien sowie den Regeln des Bundes und sei durch die Einbindung in den European Energy Award einem ständigen Controlling unterworfen.

Das Konzept habe ein klar definiertes Ziel, könne als als dynamisches Konzept aber auf dem Weg dorthin immer wieder nachjustiert werden. „Die Verwaltung hat geliefert, jetzt liegt es an der Politik, Verantwortung zu übernehmen“, folgerte Migenda.

Die Grüne-Fraktionschefin Meinhardt wertete die neue Kriterien-Kritik von CDU und FDP als weiteren Beleg, dass beide Fraktionen mit immer Vorwände vorbrächten, um das Klimaschutzkonzept eben doch zu verhindern. Damit müssen nun endlich Schluss sein, das Konzept endlich verabschiedet werden.

Die Rolle des Bürgermeisters

Bürgermeister Frank Stein, der die Sitzung des Hauptausschusses leitet, sich aber in seiner Rolle als Verwaltungschef nicht an der Debatte beteiligte, verteidigte das von seiner Verwaltung vorgelegte Konzept als hervorragend, alle fachlichen Standards würden voll erfüllt. Dann rief er beide Änderungsanträge zur Abstimmung auf.

Dem Antrag von CDU und FDP stimmte nur die AfD zu, er fiel mit 9 zu 12 Stimmen (von Grünen, SPD, FWG und Bürgermeister) durch.

Der Antrag von Grünen, SPD und FWG erhielt (die eigenen) 12 Stimmen, bei 9 Gegenstimmen. Die Bergische Mitte enthielt sich bei beiden Anträgen.

Damit habe der Hauptausschuss formal eine klare Beschlussempfehlung abgegeben, sagte Stein.

Das letzte Wort hat am kommenden Dienstag der Stadtrat, in dem dieselben Mehrheitsverhältnisse herrschen. Voraussichtlich wird dort die Haltung von Grünen, SPD und FWG bestätigt. Es sei denn, es kommt doch noch einmal zu Lager-übergreifenden Gesprächen und doch noch zu einem Konsens.

Dokumentation

Der Änderungsantrag von Grünen, SPD, FWG

Der Änderungsantrag von CDU und FDP

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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