Regionale Naturschutzverbände haben die Vegetation auf dem Grundstück an der Autobahn in Frankenforst untersucht, auf dem die Stadt die Feuerwache Süd in den Wald bauen will. Ihr Urteil ist eindeutig: dort gebe es streng geschützte Biotoptypen, eine Bebauung sei unmöglich. Die Stadt hat eigene Voruntersuchungen erstellt, die zu einem anderen Urteil kommen. Dennoch bringen die Naturschützern nun einen neuen Standort ins Spiel, den 23sten.
Beim geplanten Bau der dringend nötigen Feuerwache Süd kommt es zu einem weiteren Schlagabtausch zwischen Naturschützer und Stadt: Die regionalen Vertreter der einschlägigen Verbände (BUND, Landesgemeinschaft Naturschutz, Bergischer Naturschutzverein) warnen die Stadt, dass sie mit der Planung in eine Sackgasse laufe und bei der Prüfung der Umweltbelange im Bebauungsplanverfahren scheitern werde.
Realisierungschance „weniger als 50 Prozent“
„Diese Fläche kann nicht für eine Baunutzung in Frage kommen“, postuliert Holger Sticht, der BUND-Landesvorsitzende und intimer Kenner des Königsforst, bei einem Termin vor Ort.
Zwar falle der Naturschutz bei der Abwägung der Interessen häufig unter den Tisch, räumt Mark vom Hof ein, der Vorsitzende des Bergischen Naturschutzvereins. Dennoch schätze er die Chancen der Stadt, die Feuerwache hier wirklich zu bauen, auf weniger als 50 Prozent ein.
Stadt: keine „harten Planungsschranken“
Eine Einschätzung, die von Feuerwehr und Stadt nicht geteilt wird. Zwar stehen sie bei den Planungen für das Grundstück zwischen Frankenforster Straße und Rather Weg erst am Anfang eines im Prinzip offenen Prozesses: erst auf der Basis vieler Gutachten kann der Bebauungsplan aufgestellt werden. Das grundsätzliche Mandat für eine Verplanung von inzwischen knapp 8000 Quadratmeter Fläche hatte der Stadtrat im September 2021 mit den Stimmen der Ampel erteilt.
Aber erste Vorprüfungen, das hatte Feuerwehrchef Jörg Köhler am Dienstagabend im zuständigen Fachausschuss des Stadtrats verkündet, hätten für die weitere Planung grünes Licht gegeben: Mit Blick auf den Artenschutz sowie Flora, Fauna und Habitat (FFH) gebe es „keine harten Planungsschranken“, sagte Köhler.
Im Rahmen der Machbarkeitsuntersuchungen hatte die Stadt das Gelände, von den Anwohnern auch „Frankenwald“ genannt, von externen Gutachtern untersuchen lassen, mit Blick auf den Artenschutz und die Vereinbarkeit mit dem benachbarten FFH-Gebiet. Diese Gutachten sollen im Rahmen des B-Plan-Verfahrens veröffentlicht werden, damit die Bevölkerung, Verbände und Behörden Stellung nehmen können – bevor die Politik endgültig entscheidet.
Zwei geschützte Biotoptypen gefunden
Darauf wollen die Naturschützer nicht warten. Sie haben in einem ersten Schritt die Vegetation des Waldstücks „Rather Weg“ an der Autobahn untersucht. Schon dabei, das berichteten Sticht und vom Hofe jetzt vor Ort, seien sie in dem Wäldchen auf zwei streng geschützte Biotoptypen gestoßen, die eine Bebauung aus ihrer Sicht verbieten.
Dabei handelt es sich zum einen um den „Trockenen Eichen-Hainbuchenwald“, zum anderen um das „Besenginstergebüsch“. Die Tierwelt wurde noch gar nicht erfasst, aber genau in der Ecke des Geländes, in der die Feuerwache gebaut werden soll, stehe ein sehr alter Eichenforst, der wahrscheinlich eine hohe Bedeutung für Fledermäuse, aber auch für Vögel und Insekten habe.



Zudem werde der Mindestabstand zum FFH- und Vogelschutzgebiet Königsforst nicht eingehalten. Ohnehin gehöre auch dieses Waldstück, dass Ende der 60er Jahre durch den Bau der Autobahn abgetrennt worden war, weiterhin zur Heideterrasse und zum Königsforst – und damit zum europäischen Naturschutzerbe. Die Details haben die die Naturschützer in einer „Stellungnahme zur vegetationskindlichen Wertigkeit“ festgehalten (siehe Dokumentation unten).
Das letzte Wort hat das Land
Ob sie sich am Ende mit diesen Argumenten durchsetzen können, da sind sich die Naturschützer selbst nicht sicher. Aber sie haben weitere Trümpfe im Ärmel. Denn abgesehen vom B-Plan-Verfahren werde am Ende das Land NRW entscheiden, ob die Feuerwache hier gebaut werden.
Es ist Eigentümer der Fläche und hatte sich zum Verkauf nur unter einer Bedingung bereit erklärt: Die Stadt muss nachweisen, dass für die Feuerwache tatsächlich kein anderes Grundstück in Frage kommt.
Eine Alternative weiter im Osten?
Genau diesen Punkt bezweifelt Mark vom Hofe. Zwar hatte die Stadt im Laufe der vergangenen zehn Jahre bereits 22 Alternativen geprüft und verworfen. Darunter auch von Hofes Vorschlag, das Gelände etwas weiter östlich, zwischen Autobahn und Technologiezentrum, nicht nur für den „Grünen Mobilhof“ des RVK zu nutzen, sondern gleichzeitig auf für die Feuerwehr.

Nun präsentiert von Hofe den 23. Standort: ein Geländestreifen westlich des Grünen Mobilhofs, zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Overather Straße. In diesem Bereich werde in den kommenden Jahren ohnehin „kräftig gewühlt“: Das expandiere Unternehmen Miltenyi Biotech baut seinen Komplex immer weiter aus, im Technologiepark werde gebaut und auch das Porschezentrum Meisheide werde erweitert.


Wenn schon der neue, so mühselig ausgehandelte Flächennutzungsplan um das „flächenraubende Projekt Mobilhof“ und um das Gelände für die Feuerwache erweitert werden müsse, warum dann nicht konzentriert an einer Stelle, fragt vom Hofe. Der Eigentümer des Geländes wäre bereit, zu verkaufen oder zu verpachten. Mit Bürgermeister Frank Stein habe er darüber schon vor Monaten gesprochen, doch die Stadt zeige kein Interesse.
23. Option geprüft und verworfen
Die Stadtverwaltung bestätigt die Gespräche, der Eigentümer habe das Grundstück im August 2021 zum Kauf angeboten. Feuerwehrchef Jörg Köhler, der das Projekt federführend betreut, habe diese 23. Option gründlich geprüft – und sei auf eine Reihe von Problemen gestoßen.

Zunächst könne die Feuerwehr von diesem Standort aus große Teile Refraths nicht innerhalb der vorgeschriebenen Hilfsfrist erreichen.
Zudem habe das gesamte Areal denselben Naturschutz-Status wie das Areal in Frankenforst, sei zum Teil bewaldet und von Siefen durchzogen.
Auch die Überlegung, besser an einer Stelle groß als an zwei Stellen weniger groß in die Natur einzugreifen, trage nicht. Denn der Grüne Mobilhof werde wohl nur unter der Bedingung genehmigt, dass die Nachbarschaft nicht weiter beschädigt wird. Schon eine Diskussion über einen B-Plan in diesem Gebiet könnte das Projekt „Grüner Mobilhof“ aus dem Gleis werfen.
Am Ende mehr Wald als vorher
Für die Feuerwache im Frankenforst spreche zudem immer noch ein bekanntes Argument zugunsten des Waldes: Die Waldfläche, die dort verschwindet, wird doppelt kompensiert. Durch die Stadt, die Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle finanzieren muss. Und durch das Land NRW, das den Verkaufserlös für die Aufforstung an anderer Stelle einsetzen will. Ein Effekt, der beim Kauf bei einem Privatmann verloren geht.
Nach Abwägung aller Aspekte sei die Verwaltung zum Ergebnis gekommen, dass das Grundstück westliche des Grünen Mobilhofs „in taktischer, ökologischer, zeitlicher und finanzieller Hinsicht deutlich schlechter zu bewerten ist als das Grundstück in Frankenforst“ – und keine sinnvolle Alternative darstelle.
Köhler hatte die Ergebnisse der Umweltgutachten am Dienstag im Ausschuss für Infrastruktur, Umwelt, Sicherheit und Ordnung nur kurz reingerufen, doch früher oder später wird sich auch die Politik wieder mit dem Thema beschäftigen müssen. Ihr Gegengutachten haben die Naturschützer auch an den Stadtrat geschickt.
@Drucker, schade das mit dem Pseudonym, aber Aufklärung tut hier Not. Totales Missverständnis…..um Gottes Willen, es geht hier nicht darum, Zitat: „wie alt oder wertvoll das angefahrene Gebäude ist“, völlig unerheblich, vielleicht noch schade.
Es geht aber um die Gefahrgüter, um die Risikobewertung, wie viele Menschen sind (bei einem Schadensereignis) in Gefahr, Kinder, Hilfsbedürftige, Alte, Kranke, Hochhausbewohner, Hotelgäste…….
@Lothar Eschbach: „Kitas, Schulen, Altenheime, Krankenhaus, Rehazentren, Hotels, Hochhäuser, kritische Bauwerke, Schloss, Rathaus, Museum, Industrieanlagen, Technologiepark….alles auf der Bergseite der Strassenbahn, eher weniger in Refrath/Lustheide. Auch das spricht deutlich für einen anderen Standort als Frankenforst“
Das ist doch wirklich an den Haaren herbeigezogen, zumal es nur zum kleineren Teil der Wahrheit entspricht. Es sind Vorgaben zu erfüllen, innerhalb welcher Zeit die Einsatzstellen nach Alarmierung erreicht werden müssen. Dem muss durch die räumliche Anordnung der Wachen Rechnung getragen werden. Und zwar ganz unabhängig davon, wie alt oder wertvoll das angefahrene Gebäude ist.
Und genau deshalb ist der östliche Stadtrand eben keine Alternative zu Frankenforst.
Sonst werden sich die Schützer des struppigen Autobahnwalds eines Tages wohl sagen können: „Ach, da ist die Familie in Refrath in ihrer Wohnung verbrannt, weil die Anfahrtzeit der Feuerwehr zu lang war? Na, wenigstens stört uns das doofe Blaulicht nicht beim Fernsehen und das Besenginstergebüsch durfte bleiben … das ist doch auch was wert!“
„Ein Herz für den Königsforst, den Wald vor der Haustür“
Zunächst herzlichen Dank den Fachleuten für Naturschutz in unserer Region für Ihre Expertise und Einschätzung und für diese Berichterstattung. Wer mit Interesse für den Königsforst, den Naturschutz und die heimische Region unterwegs ist, der hat bereits im September des vorigen Jahres, also vor einigen Monaten die jetzt öffentlich gemachte Studie auf der Website Die Bergische Heideterrasse zur Kenntnis nehmen können.
So war und ist es auch in Kenntnis der Örtlichkeit nicht überraschend, dass dieses Stück beim Autobahnbau abgeschnittener Königsforst als gewachsener Forst gerade in heutiger Zeit höchst wertvoll ist und in seiner Beschaffenheit und seiner Wirkung bei der Lage nicht zur Disposition stehen darf, egal für wen, egal für was. Auch ist in diesem Zusammenhang ist die Bewertung oberflächlich und fahrlässig, ein Baum ist ein Baum, egal wo er steht. Insofern hilft die doppelte Fläche oder mehr irgendwo angepflanzt auch nicht, Augenwischerei.
Man muss sich im Vergleich zu diesem leichtfertigen Umgang mit einem ökologisch wertvollen gewachsenen Stück innerstädtischem Wald nur die öffentlichkeitswirksamen Anstrengungen in Erinnerung rufen, um am Kreisel in der Innenstadt einen neuen Wald anzulegen. Jede Anstrengung zur Verbesserung ist gut, aber wir brauchen nichts für die Galerie, wir brauchen als aller erstes den Schutz unseres gewachsenen innerstädtischen Waldes und dazu gehört dieses Stück Königsforst.
Dazu muss ich mir nicht erst vorstellen, dass der Rather Weg als neuer Jagdweg von Jan Wellem direkt geradewegs auf eines der bedeutendsten Barockschlösser Europas zuführt und auch am Ortseingang waldgesäumt eine andere Wirkung hinterlässt als ein nüchterner mehrgeschossiger Feuerwehrbau. Die Schutzwirkung des Waldes durch seine Fähigkeit klimaschädliches Kohlendioxid aus der Luft zu Filtern und das genau zwischen Autobahn und Wohnbebauung gelegen, die ist unübersehbar und nicht zu ersetzen.
Wenn dann auch noch seit langem bekannt eine Alternative benannt ist zum Bauplatz Frankenforst, dann sollte bei einer solch schwergewichtigen Entscheidung nicht mit Vermutungen gearbeitet werden, dann sollten die Fakten betrachtet werden.
Zu diesen Fakten zählt auch ein aktuelles Gefahrenkataster und natürlich die Betrachtung eines der Haupthindernisse wegen der Vorgaben zur Erreichbarkeit, die Querung der Kölnerstrasse durch die Linie 1. Dieses Hindernis allein könnte ca. zwei Minuten ausmachen bei geschlossener Schranke und kreuzender Bahn, was natürlich rauf, von Frankenforst kommend, wie runter von Bensberg nach Refrath gilt.
Zum Gefahrenkataster empfiehlt sich ein Ausschnitt einer Stadtkarte und nach alter Väter Sitte bunte Nadeln zu stecken. Kitas, Schulen, Altenheime, Krankenhaus, Rehazentren, Hotels, Hochhäuser, kritische Bauwerke, Schloss, Rathaus, Museum, Industrieanlagen, Technologiepark….alles auf der Bergseite der Strassenbahn, eher weniger in Refrath/Lustheide. Auch das spricht deutlich für einen anderen Standort als Frankenforst, zumal es in Refrath auch einen Feuerwehrstandort gibt.
Eine neuerliche Bewertung dieser Situation macht allein aus Gründen des aktuellen Status zum Klimaschutz und des fortgeschrittenen Wissensstandes sehr viel Sinn.
@Hanns-Eberhard Schulze: Das dürfte ein wichtiger Punkt sein. Statt nach dem St.-Florians-Prinzip einfach das Problem möglichst weit weg von der eigenen Haustür zu verlagern, ist es schon sinnvoller, sich die Knackpunkte des Projekts erst einmal näher anzuschauen.
Auf den ersten Blicke erscheint es aus Sicht des Schutzes unserer Umwelt begrüßenswert, dass sich die Naturschützer kritisch zu Wort melden und auf den hohen Wert des Waldstücks in Frankenforst hinweisen. Bei näherer Betrachtung erscheint mir ihr Vorschlag aber doch eher wie ein Wechsel von Cholera zur Pest oder umgekehrt: Anstatt 8.000 qm Waldfläche in Frankenforst zu opfern soll eine gleich große Fläche Wald in Moitzfeld dran glauben.
Dies hilft dem Schutz von Wald, Klima und Menschen aus meiner Sicht kaum oder gar nicht. Es wäre im Grunde lediglich eine Verlagerung des Problems, eben von Frankenforst nach Moitzfeld.
Stattdessen wünschte ich mir, die Naturschützer hätten zuallererst die Vernichtung der 2.000 qm Waldfläche (von den geplanten 8.000) in Frage gestellt, die für den Ersatz der heutigen Wache nachweislich nicht notwendig ist. Denn diese Fläche wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von unserem neuen Stadtrat zusätzlich in das Projekt eingebaut und soll – ohne Not, entgegen aller vorherigen Zusagen gegenüber der Bürgerschaft und zum großen Schaden unseres Waldes – zur Fällung frei gegeben werden.
Ich meine, wir sollten Bäume und Waldstücke zuallererst dadurch schützen, indem wir sie so weit wie möglich erhalten.
Eine Vernichtung von Wald zu verlagern, hilft wenig.
In diesem Fall liegt „Schwachsinn“ im Auge des Betrachters, Rainer Z. (leidiges Pseudonym) oder in seiner Wahrnehmung. Wohnten Sie an der Frankenforster Str. oder dahinter, würden auch Sie sich dem Bau einer Feuerwache verwehren, hindert doch der „grüne Verhinderungsschwachsinn“ in großem Maße die vielfäligen Schadstoff-Emissonen von der Autobahn in das Wohngebiet zu ziehen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Feuerwache noch vor 2049 gebaut wird. Diesen grünen Verhinderungsschwachsinn kann man sich nicht mit ansehen.