Margret Grunwald-Nonte ist ehrenamtlich im Flüchtlings-Netzwerk Schildgen aktiv. Sie hat bei der Begleitung  von Familien aus der Ukraine gute Erfahrungen mit den lokalen Behörden gemacht – und das sogar am Wochenende. Sie findet: Solche positiven Erlebnisse sollten auch erzählt werden. 

„Ich betreue zwei Familien, bei einer stellte sich die Frage nach der Aufenthaltserlaubnis eines Ehemannes“, berichtet die Psychologin. Sie ist seit 2015 in der Flüchtlingshilfe aktiv. Aktueller Schwerpunkt sind natürlich die Menschen aus der Ukraine.

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Donnerstagnachmittag sei der Anruf gekommen, der Mann möge zur Registrierung bei der Ausländerbehörde des Kreises vorbeikommen. Gleich am kommenden Samstag. Die Registrierung sei u.a. notwendig, um als Flüchtling ab 1. Juni Unterstützungsleistungen (nach SGB II) zu erhalten, berichtet sie.

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Ein Ort, zwei Behörden

Diplom-Psychologin Margret Grunwald-Nonte ist ehrenamtlich aktiv im Flüchtlings-Netzwerk Schildgen für die Ukraine

„Wir waren pünktlich vor Ort, da war noch alles dunkel“, erinnert sich Margret Grunwald-Nonte. „Wir haben nur kurz warten müssen, und prompt wurden wir eingelassen.“ Dort dann die Überraschung: Sie trafen nicht nur auf Mitarbeiter:innen der Ausländerbehörde, die für die Registrierung zuständig sind.

„Es waren auch gleich Vertreter des Jobcenter vor Ort, damit Unterstützungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II beantragt werden können.“ Das habe einen weiteren Behördengang erspart, schildert die Ehrenamtlerin. Einfacher für ihre Schützlinge, aber auch für sie als Helferin.

Die Registrierung ging schnell und professionell vonstatten: „Am Empfang war der Termin hinterlegt, es ging gleich weiter zur Registrierung. Wir verständigten uns in Englisch oder mit einer Übersetzungs-App auf dem Handy.“

Hintergrund: Die Sozialleistungen für Kriegsvertriebene aus der Ukraine werden ab Juni über das Jobcenter oder über die Grundsicherung abgewickelt. Dafür sind neue Anträge notwendig, die sofort eingereicht werden können. Alle Infos und Ansprechpartner dazu finden Sie in diesem Beitrag.

Mehr Zeit für Einzelfälle

Es sei eine entspannte Situation gewesen, alle Mitarbeiter:innen der Behörde hätten freundlich und geduldig gearbeitet, „auch bei kurzen technischen Problemen mit der Fingerabdruckmaschine.“

2015, mit Beginn der damaligen Flüchtlingswelle, habe sie die Situation bei der Verwaltung leicht anders erlebt: „Volle Gänge, hektischer,  manchmal weniger empathisch, unter dem Strich aber auch OK.“

Jetzt sei mehr Zeit für die einzelnen Fälle eingeplant. Selbst Mitarbeiter:innen, welche aus anderen Bereichen der Verwaltung zur erkennungsdienstlichen Behandlung eingezogen worden seien, würden für ruhige und besonnene Abläufe sorgen. „Und das an einem Wochenende, in der Freizeit, bei schönem sommerlichen Wetter“, freut sich Margret Grunwald-Nonte.

Margret Grunwald-Nonte im Video-Chat mit Bürgerportal-Reporter Holger Crump

Nicht nur auf Defizite schauen

Auch die Familien aus der Ukraine, die sie betreue, zeigten sich dankbar, fast ein wenig zurückhaltend. Dennoch: „Man hat das Gefühl die Situation auf dem Amt ist ihnen nicht ganz geheuer“, so Grunwald-Nonte. Man wisse nicht, welche Erfahrungen sie in der Ukraine mit Behörden gemacht hätten. Vielleicht sei es auch Unsicherheit, Ungewissheit wie sich alles weiterentwickelt.

Die Menschen seien zwar physisch anwesend, aber mit Herz und Seele bei ihren Familien, Ehemännern und Freunden in der Ukraine. In dieser Situation – und an einem Wochenende – einfach freundlich und professionell bei der Behörde empfangen zu werden, damit sie Hilfe bekommen: Das ist für die Flüchtlingshelferin Anlass genug einfach einmal zu erzählen, dass es bei der Verwaltung rund laufe.

„Die Sonderschichten der Mitarbeiter:innen – gerade am Wochenende – sind keine Selbstverständlichkeit. Es wird so häufig im Umgang mit behördlichen Themen auf die Defizite geschaut und weniger auf das, was auch gelingt, was gut und erfreulich ist.“ Daher wolle sie öffentlich ein positives Feedback geben.

Wenige Tage nach dem Angriff auf die Ukraine fand in Bergisch Gladbach eine Kundgebung statt, mit den Forderungen, die nach 50 Tagen immer noch aktuell sind: „Stoppt den Krieg“, „Kämpft für Demokratie“. Foto: Thomas Merkenich

Klar: Manchmal könne der Gang zum „Amt“ auch nerven. Etwa wie vor kurzem als sie beim Sozialamt gewesen sei und anschließend flott ins Bürgerbüro wollte, um eine Ummeldung zu beantragen. „Ohne Termin ging da nichts“, seufzt die Helferin und fragt sich, warum die Systeme der Verwaltung untereinander nicht besser vernetzt seien.

Große Defizite sehe sie in der Flüchtlingsarbeit vor Ort derzeit nicht, aber es gäbe natürlich noch Verbesserungsbedarf.  

Keine Flüchtlinge zweiter Klasse

Ärgerlich finde sie indes die Debatte über Flüchtlinge erster und zweiter Klasse. „Auch ab 2015 haben sich die Ehrenamtliche und Mitarbeiter:innen der Behörden ins Zeug gelegt“, sagt sie. Ja, die Wohnungsvermittlung sei schwieriger gewesen, damals kamen oft Männer, heute meist Frauen und Kinder.

„Aber die Situationen sind nicht miteinander zu vergleichen. Es gilt jetzt einen akuten Brand zu löschen, der sehr herausfordernd ist. Das heißt aber nicht, dass man andere Gefahrenherde aus dem Auge verliert“, betont die Psychologin.  

Die Flüchtlingshilfe sei nicht in schwarz-weiß zu denken, in leichterem Zugang zu Arbeitserlaubnissen oder ähnlichem. „Die geflüchteten Ukrainer sind jeden Tag massiv mit Ängsten konfrontiert und werden von schrecklichen Erinnerungen immer wieder eingeholt. Unsererseits die Hilfen für Flüchtlinge aus verschiedenen Kulturen zu bewerten und offen Öl ins Feuer zu gießen – das ist kontraproduktiv und hilft keinem. Wir sollten lieber alle miteinander an einem Strang ziehen.“

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ist Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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1 Kommentar

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  1. Erfreulich zu hören, dass behördliche Dinge auch einmal gut organisiert ablaufen können und sogar Bereitschaft für Wochenend-Einsätze vorhanden ist.
    Danke für diesen Beitrag, liebes Bürgerportal!